Betreff
Bürgerbegehren "Rettet die Barbara-Gerretz-Schule in Osterath"
Vorlage
DezII/435/2012
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.         Der Rat der Stadt Meerbusch stellt fest, dass das Bürgerbegehren mit der Fragestellung „Soll die städt. Barbara-Gerretz-Schule, kath. Grundschule, Fröbelstr.14 in 40670 Meerbusch-Osterath erhalten bleiben?“ zulässig ist.

2.         Der Rat nimmt die Erläuterungen der Vertreter des Bürgerbegehrens gem. § 26 Abs. 6 Satz 5 Gemeindeordnung NW zur Kenntnis.

3.         Der Rat der Stadt Meerbusch beschließt, dem Bürgerbegehren mit der Fragestellung „Soll die städt. Barbara-Gerretz-Schule, kath. Grundschule, Fröbelstr.14 in 40670 Meerbusch-Osterath erhalten bleiben?“ nicht zu entsprechen.

 


Sachverhalt:

 

 

Zulässigkeitsentscheidung

 

Der Rat der Stadt Meerbusch hat in seiner Sitzung vom 28. Juni 2012 beschlossen, die städt.
Barbara-Gerretz-Schule ab dem Schuljahr 2013/14 sukzessive aufzulösen.

 

Gegen diesen Ratsbeschluss hat die Initiative „Rettet die Barbara-Gerretz-Schule in Osterath“ ein Bürgerbegehren initiiert.

 

Gem. § 26 Abs. 2 GO NW muss ein Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden und die zur Entscheidung zu bringende Frage sowie eine Begründung enthalten. Es muss bis zu drei Bürger benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Die Verwaltung ist in den Grenzen ihrer Verwaltungskraft ihren Bürgern bei der Einleitung des Verfahrens behilflich. Sie teilt den Vertretungsberechtigten schriftlich eine Einschätzung der mit der Durchführung der verlangten Maßnahme verbundenen Kosten mit, die Kostenschätzung ist bei der Sammlung der Unterschriften anzugeben.

 

 

 

 

 

Die Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens beträgt drei Monate nach dem Sitzungstag, sie wird gehemmt mit dem Eingang der Mitteilung eines Bürgerbegehrens und beginnt erst dann wieder zu laufen, wenn die Verwaltung ihre Kostenschätzung den Initiatoren des Bürgerbegehrens mitgeteilt hat.

 

Ein Bürgerbegehren ist unzulässig in den in § 26 Abs. 5 GO NW genannten Fällen.

 

Nach § 26 Abs. 4 GO NW muss in Gemeinden von bis zu 100.000 Einwohnern ein Bürgerbegehren von 6 % der Bürger unterzeichnet sein. „Bürger“ ist nach § 21 Abs. 2 GO NW, wer zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt ist. Wahlberechtigt ist nach § 7 des Kommunalwahlgesetzes Nordrhein-Westfalen  (KWahlG NW), wer am Wahltag Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzt, das 16. Lebensjahr vollendet hat und mindestens seit dem 16. Tag vor der Wahl in Meerbusch seine Wohnung, bei mehreren Wohnungen seine Hauptwohnung hat oder sich sonst gewöhnlich aufhält und keine Wohnung außerhalb der Stadt Meerbusch hat.

 

Die Initiatoren haben am 30. August 2012 dem Bürgermeister schriftlich mitgeteilt, dass sie ein Bürgerbegehren gegen den Ratsbeschluss vom 28. Juni 2012, die städt. Barbara-Gerretz-Schule ab dem Schuljahr 2013/14 sukzessive aufzulösen, durchführen wollen und gebeten, die Kostenschätzung für den Erhalt der Schule mitzuteilen; mit weiteren Mails haben die Initiatoren gebeten, den Text der Begründung auf Verständlichkeit und Richtigkeit zu überprüfen und die Anzahl der erforderlichen Unterschriften zu benennen.

 

Die Fragestellungen wurden vom Bürgermeister beantwortet, die Anzahl der erforderlichen Unterschriften von Meerbuscher Bürgern wurde mit 2.681 benannt.

 

Durch die Hemmung der 3-Monatsfrist endete die Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens am 8. Oktober 2012.

 

Die Unterzeichnungslisten wurden der Unterzeichnerin am 8. Oktober 2012 in 3 Ordnern übergeben. Die Ordner 1 und 2 weisen den „finalen“ Text der Begründung aus (Anlage 1) und wurden nach § 26 Abs. 4 GO NW i.V. mit § 25 Abs. 4 GO NW geprüft, Ordner 3 enthält Unterzeichnungslisten mit einem Begründungstext, der nicht in allen Aussagen den Tatsachen entspricht (Anlage 2).

 

Gem. § 26 Abs. 6 GO NW muss der Rat unverzüglich feststellen, ob das Bürgerbegehren zulässig ist.

 

 

Ergebnis der Zulässigkeitsprüfung

 

Das Bürgerbegehren erfüllt die in § 26 GO NW genannten Anforderungen; es wurde

  • schriftlich eingereicht,
  • benennt die zur Entscheidung zu bringende Frage,
  • enthält eine Begründung mit der von der Verwaltung mitgeteilten Kostenschätzung,
  • benennt drei vertretungsberechtigte Personen,
  • erfüllt keinen Unzulässigkeitstatbestand nach § 26 Abs. 5 GO NW und
  • wurde fristgerecht eingereicht.

 

 

 

 

 

 

 

Das Ergebnis der Überprüfung der Unterschriftslisten der Ordner 1 und 2 mit insgesamt 4.991 Unterzeichnungen führte zu folgendem Ergebnis:

 

geprüfte Unterzeichnungen: 3.295; davon

 

       534 Unterschriften (16,2%)    ungültig

    2.761 Unterschriften (83,8%)    gültig.

 

Da bereits bei der Überprüfung von 3.295 Unterschriften das erforderliche Unterschriftsquorum von 6 % der Wahlberechtigten (2.681 gültige Unterschriften) erreicht wird, wurde eine Überprüfung weiterer Unterschriften entbehrlich.

 

 

Entscheidung, ob der Rat dem Begehren entspricht

 

Nach Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens hat der Rat nach § 26 Abs. 6 Sätze 3 und 4 GO NW zu entscheiden, ob er dem Bürgerbegehren entspricht oder nicht. Ein dem Bürgerbegehren entsprechender Beschluss kann nur in einer uneingeschränkten vorbehaltlosen Übernahme der nach dem Text des Bürgerbegehrens beantragten Entscheidung in einen Ratsbeschluss bestehen.

 

 

Wird dem Bürgerbegehren entsprochen, so entfällt die Pflicht zur Durchführung eines Bürgerentscheides.

 

Nach § 26 Abs. 6 Satz 5 GO NW soll den Vertretern des Bürgerbegehrens Gelegenheit gegeben werden, ihren Antrag in der Sitzung des Rates zu erläutern. Die Vertretungsberechtigten wurden von der Verwaltung entsprechend informiert.

 

Die Verwaltung empfiehlt dem Rat, dem Bürgerbegehren aus folgenden Gründen nicht zu entsprechen und dadurch den Weg für die Durchführung eines Bürgerentscheids zu eröffnen:

 

Der Ausschuss für Schule, Sport hat in seinen Sitzungen vom 13. März 2012 und 13. Juni 2012, der Rat in seiner Sitzung am 28. Juni 2012 intensiv die Grundschulsituation im Ortsteil Osterath diskutiert und nach Abwägung der unterschiedlichen Interessen mit 40 Ja-Stimmen und 14 Nein-Stimmen entschieden, die städt. Barbara-Gerretz-Schule ab dem Schuljahr 2013/14 sukzessive aufzulösen. Die Bezirksregierung Düsseldorf als obere Schulaufsicht hat den Beschluss des Rates genehmigt.

 

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 1. Oktober 2012 entschieden, dass eine Klage, die aufschiebende Wirkung einer beabsichtigten Klage gegen den Schließungsbeschluss wiederherzustellen, keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Beschluss ist der Beratungsvorlage als Anlage 3 beigefügt. Gegen den Beschluss haben die Antragssteller Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt. Die Klage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf wurde am 5. Oktober 2012 eingereicht.

 

Auf die Abwägung und Begründung des Rates, die städt. Barbara-Gerretz-Schule sukzessive aufzulösen, soll hier nur kurz eingegangen werden; bezüglich der vollständigen Darlegung und Abwägung der Entscheidungsgründe wird auf die Beratungsvorlagen und die Niederschriften der vorgenannten Sitzungen verwiesen.

 

Im Ortsteil Osterath bestehen mit der städt. Erwin-Heerich-Schule in Bovert, der städt. Barbara-Gerretz-Schule und der städt. Eichendorffschule „im Dorf“ drei Grundschulen. Die Anzahl der Grundschüler im Ortsteil ist in den letzten Jahren in der Weise gesunken, dass die städt. Erwin-Heerich-Schule in Bovert in zwei Schuljahren nur noch eine Eingangsklasse bilden konnte.

 

Im Schuljahr 2012/13 sind an den drei Osterather Grundschulen insgesamt 100 Kinder eingeschult worden, davon 6 Kinder mit Wohnsitz außerhalb von Meerbusch. Damit ist die Anzahl der Einschulungen hinter den Prognosen der Verwaltung und des beauftragten Gutachters Dr. Ernst Rösner von der Universität Dortmund zurückgeblieben (Prognose Schuljahr 2012/13: 108 bzw. 103 Schüler).

 

Für die Klassenbildung an Grundschulen gilt gem. § 6 Abs. 4 der VO zur Ausführung des § 93 Abs. 2 des Schulgesetzes vom 18. März 2005 zuletzt geändert durch VO vom 10. Juli 2011 eine Bandbreite von 18 bis 30 Schüler.

 

Nach den amtl. Schülerzahlen (sog. Oktober-Statistik) hat im Schuljahr 2012/13

  • die städt. Erwin-Heerich-Schule mit 23 Schülern – 1 Klasse,
  • die städt. Eichendorffschule mit 41 Schülern, davon 4 mit Wohnsitz außerhalb von Meerbusch – 2 Klassen und
  • die städt. Barbara-Gerretz-Schule mit 36 Schülern, davon 2 mit Wohnsitz außerhalb von Meerbusch – 2 Klassen gebildet.

 

Soweit an der städt. Barbara-Gerretz-Schule keine auswärtigen Schüler aufgenommen worden wären, hätte dort keine 2. Eingangsklasse gebildet werden können, weil die Mindestgröße von 18 Schülern unterschritten worden wäre; vielmehr hätten 4 Schüler an eine der beiden anderen Schulen abgewiesen werden müssen, so dass bei der städt. Barbara-Gerretz-Schule eine Eingangsklasse mit 30 Schülern entstanden wäre.

 

Die konkrete Aufnahmesituation für das Schuljahr 2012/13 belegt, dass entgegen anderslautenden Behauptungen, nur durch die Beibehaltung von drei Schulstandorten könnten kleinere Klassen gebildet werden, unzutreffend ist. Maßgeblich für die Klassenbildung sind allein die tatsächlichen Aufnahmen in Verbindung mit den Klassenbildungsvorschriften.

 

Für die Schuljahre 2013/14 ff. sind in den Prognosen, die auf der Abfrage der schulpflichtigen Grundschüler im Ortsteil Osterath Stand April 2012 aus dem Einwohnermeldebestand beruhen, zusätzlich Zuzüge von Familien mit grundschulpflichtigen Kindern berücksichtigt. Auf dieser Basis ergeben sich für das Schuljahr 2013/14 106 Erstklässler, für das Schuljahr 2014/15 94 Erstklässler, für das Schuljahr 2015/16 120 Erstklässler, für das Schuljahr 2016/17 102 Erstklässler und für das Schuljahr 2017/18 100 Erstklässler. Damit sind 4 bzw. im Schuljahr 2015/16 fünf Klassen ausreichend, um die Beschulung mit ausgewogenen Klassengrößen zu ermöglichen.

 

Durch Gesetz zur Sicherung eines qualitativ hochwertigen und wohnungsnahen Grundschulangebotes in NW (8.Schulrechtsänderungsgesetz), welches sich in der parlamentarischen Beratung befindet, beabsichtigt das Land, dem Rückgang der Schülerzahlen und der Disparität von Klassenbildung und Unterrichts- und Lehrerversorgung Rechnung zu tragen. Ziel ist es, den entstandenen Ungerechtigkeiten bei der Unterrichtsversorgung durch zu große Unterschiede bei der Klassenbildung der 1. Schuljahre mit einem neuen Konzept Rechnung zu tragen, weil derzeit der Erhalt kleiner Klassen an Grundschulen zu Lasten großer Klassen an anderen Grundschulen geht. Als Instrument der Steuerung soll eine kommunale Klassenrichtzahl eingeführt werden, nach der nur max. soviel Klassen im Bezirk eines Schulträgers gebildet werden dürfen, wie sich durch Teilung der Gesamtzahl der Erstklässler in einer Kommune durch 23 ergibt. Über die Verteilung der so errechneten Klassenhöchstzahl auf die einzelnen Grundschulen im Stadtgebiet entscheidet der Schulträger.

 

Soweit die tatsächliche Anzahl der Erstklässler in Osterath den Prognosen entspricht oder wie im Schuljahr 2012/13 diese unterschreitet, wird die Einhaltung der kommunalen Klassenrichtzahl eine durchgängige Bildung von 5 Klassen an den Grundschulen in Osterath nur dann ermöglichen, wenn an den Grundschulen in den anderen Ortsteilen größere Klassen gebildet werden.

 

 

Die städt. Eichendorffschule, die 1960 errichtet und 2004 erweitert wurde, verfügt mit 12 klassengroßen Räumen über eine Fläche von 3.853 qm; demgegenüber hält die städt. Barbara-Gerretz-Schule mit nur 8 Klassenräumen eine Fläche von 2.115 qm vor. Zudem besteht aufgrund des Alters des Gebäudes dieser Schule ein hoher Sanierungsbedarf.

 

Soweit weiterhin drei Grundschulen im Ortsteil vorgehalten werden, besteht das Risiko, dass die städt. Erwin-Heerich-Schule in Bovert, die im Jahre 2004 baulich erweitert wurde, durchgängig einzügig wird. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Eltern künftig diese Schule schon deshalb nicht mehr wählen, weil ein kleines Schulsystem die Qualität der Unterrichtsversorgung mit Abdeckung des gesamten Fächerkanons, Klassenleitungen und Sicherstellung von Vertretungen nicht in dem Maße gewährleisen kann, wie es ein großes Schulsystem vermag.

 

Insofern sollte nach Auffassung der Verwaltung im Interesse einer qualitativ hochwertigen Erfüllung des päd. Auftrages an allen Grundschulen in Meerbusch und entsprechend dem Prinzip „kurze Beine – kurze Wege“ an der Entscheidung, in Osterath mit der städt. Eichendorffschule einen Grundschulstandort „im Dorf“ und mit der städt. Erwin-Heerich-Schule einen Schulstandort in Bovert aufrechtzuerhalten und die städt. Barbara-Gerretz-Schule aufzugeben, festgehalten werden.

 

 

Weiteres Verfahren

 

Sofern der Rat der Beschlussempfehlung der Verwaltung entspricht und an seiner Entscheidung vom 28. Juni 2012, die städt.  Barbara-Gerretz-Schule ab dem Schuljahr 2013/14 sukzessive aufzulösen, festhält, ist nach § 26 Abs. 6 Satz 3 GO NRW innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid durchzuführen.

 

Nach § 7 der Satzung für die Durchführung von Bürgerentscheiden und Ratsentscheiden in der Stadt Meerbusch vom 18. Dezember 2002 in der z.Zt. geltenden Fassung legt der Rat den Beginn des Abstimmungszeitraumes fest. Dabei sollen Wünsche der Antragsteller des Bürgerbegehrens berücksichtigt werden.

 

Die Anmeldetermine für die Grundschulen, über die die Eltern durch persönliches Anschreiben und durch öffentliche Bekanntmachung informiert worden sind, finden in der Zeit vom 7.11. – 10.11.2012 statt. Die Termine basieren auf § 1 der VO über den Bildungsgang in der Grundschule.

 

Bei den Terminen aufgrund § 1 der VO über den Bildungsgang in der Grundschule handelt es sich – so das Verwaltungsgericht Minden in rechtskräftigem Beschluss vom 8.10.2010, 2 L586/10 – nicht um eine Ausschlussfrist, die Eltern dazu zwingt, ihr Kind bis spätestens 15. November des Vorjahres bei der gewünschten Schule anzumelden, wenn es am 1. August des Folgejahres schulpflichtig werde. Da es sich nicht um eine Ausschlussfrist handele, werde das Bürgerbegehren auch nicht dadurch konterkariert, dass die Eltern, die ihre Kinder im nächsten Schuljahr gern zur Grundschule, die geschlossen werden soll, schicken würden, sie derzeit zur Vermeidung von Nachteilen bei anderen Grundschulen anmelden. Denn dadurch werde ein späteres Anmeldeverfahren nicht verhindert.

 

Die Verwaltung schließt sich dieser Rechtauffassung an. Sollte der Bürgerentscheid Erfolg haben, wären Eltern nicht aus Gründen der Verfristung davon abgehalten, ihr Kind an der städt. Barbara-Gerretz-Schule anzumelden.

 

Soweit der Rat dem Beschlussvorschlag der Verwaltung in der Sache folgt, kann eine Festlegung des Abstimmungszeitraumes in der Ratssitzung am 22. November 2012 erfolgen.

 

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

 

ca. 25.000 €