Beschlussvorschlag:

 

  1. Das Ergebnis des nichtoffenen, zweiphasigen interdisziplinären Realisierungswettbewerbes nach RPW 2013 auf Grundlage der in der Anlage 2 beigefügten Dokumentation der am 17. August 2023 stattgefundenen 2. Preisgerichtssitzung wird zustimmend zur Kenntnis genommen.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit der NRW.URBAN Kommunalen Entwicklung GmbH gemäß den Ergebnissen des VgV-Verhandlungsverfahrens, welches dem Wettbewerb folgte, den siegreichen Entwurf der Bürogemeinschaft „Schaller Architekten Stadtplaner BDA | Stefan Schmitz BDA Architekten und Stadtplaner | urbanegestalt PartGmbB | Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH“ weiter auszuarbeiten und den Einstieg in das Bauleitplanverfahren vorzubereiten.

 


Sachverhalt:

 

 

Kurzusammenfassung

 

Die Stadt Meerbusch steht vor der Herausforderung, dringend benötigten Wohnraum bei gleichzeitig begrenzt verfügbaren Flächen zu schaffen. Das Projekt "Kalverdonk", ein 37 Hektar großes Gebiet am östlichen Ortsrand von Meerbusch-Osterath, wurde mit Beschluss vom 29. Juni 2017 (vgl. FB4/0742/2018) als ein Gebiet zur Schaffung von Wohnraum definiert. Die Nähe zur K-Bahn-Linie macht es dabei zu einem attraktiven Standort. In Kooperation mit der NRW.URBAN Kommunale Entwicklung GmbH (kurz: NRW.URBAN) hat die Stadt Meerbusch einen interdisziplinären Wettbewerb initiiert, um innovative und nachhaltige städtebauliche Konzepte zu finden. Die Ziele umfassen die Schaffung von hochwertigem Wohnraum, vielfältigen Freiräumen und innovativen Mobilitätslösungen. Als zentraler Baustein des Projektes hatten alle Interessierte im Rahmen eines mehrphasigen Beteiligungs- und Mitwirkungsverfahren die Möglichkeit, ihre Ideen und Vorstellungen in den Prozess einbringen zu können, die im Ergebnis in die Wettbewerbsauslobung eingeflossen sind. Der Wettbewerb wurde zweiphasig durchgeführt, wobei sieben Entwürfe für die zweite Phase von der Jury ausgewählt wurden. In dieser sollten von den Planungsteams auf Basis des in der ersten Phase ausgearbeiteten Gesamtkonzeptes detaillierte Planungen für einen Teil des Gebietes ausgearbeitet werden. Nach Abschluss des Wettbewerbsverfahrens wurde das Verhandlungsverfahrens mit den beiden zweitplatzierten Preisträgern inkl. Überarbeitungsphase eingeleitet, mit dem Ergebnis, die Bürogemeinschaft „Schaller Architekten Stadtplaner BDA | Stefan Schmitz BDA Architekten und Stadtplaner | urbanegestalt PartGmbB | Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH“ auf Basis ihres Wettbewerbsbeitrages mit den weiteren Planungsschritten zu beauftragen.

 

 

Historie zur Vorlage:

 

-       FB4/0624/2017: Integriertes Stadtteilentwicklungskonzept Meerbusch 2030 Beschluss über das Räumliche Leitbild und die Strategischen Leitlinien

-       (Mehrheitlicher Beschluss im HFWA und APL vom 22. Juni 2017 und Rat vom 29. Juni 2017)

-       FB4/0742/2018: Wohnbaulandentwicklung Meerbusch 2030 – Wohnraumbedarfsanalyse Meerbusch und vorausschauende Baulandentwicklung

(Auf der Tagesordnung im HFWA und APL vom 15. Februar 2018 (Vorberatung), Rat vom 22. Februar 2018 (Zurückstellung), HFWA und APL vom 17. April 2018 (Vorberatung und Rat vom 26. April 2018 (Mehrheitlicher Beschluss + unterschiedliche Anträge)

-       FB4/0776/2018: Wohnbaulandentwicklung ‚Kamper Weg‘ (Siedlungsflächen ‚Ivangsheide‘, ‚Kamper Hof‘, ‚Kalverdonksweg‘) – Durchführung eines Kooperativen Wettbewerbsverfahrens nach RPW 2013 mit Beteiligung der Öffentlichkeit

(Mehrheitlicher Beschluss im APL vom 18. September 2018 und Rat vom 27. September 2018)

-       FB4/0953/2019: Baulandentwicklung „Siedlungsfläche Ivangsheide, Kamper Hof und Kalverdonksweg“, hier: Baulandentwicklung mit der NRW.URBAN Kommunale Entwicklungs GmbH

(Mehrheitlicher Beschluss HFWA und APL vom 18. Juni 2019 und Rat vom 27. Juni 2019)

-       FB4/1179/2020: 120. Änderung des Flächennutzungsplanes, Meerbusch-Osterath, „Kamperweg“

(Mehrheitlicher Beschluss im APL vom 20. August 2020 und Rat vom 01. September 2020)

-       FB4/1175/2020: Bebauungsplan Nr. 324, Meerbusch-Osterath, „Kamperweg“

(Mehrheitlicher Beschluss im vom APL 20. August 2020 und Rat vom 01. September 2020)

-       Kooperative Baulandentwicklung Kamperweg: aktueller Sachstand und weiteres Vorgehen

(Mündlicher Sachstandsbericht im APL vom 21. April 2021)

-       Beteiligung der Politik zur Baulandentwicklung Kamperweg

(Mündlicher Sachstandsbericht im APL vom 17. Juni 2021)

-       Mehrphasiger Beteiligungs- und Mitwirkungsprozess (Dreiteilige Workshopreihe mit Politik, Verwaltung und Stakeholdern, August/2021 | Auftaktveranstaltung mit Ortsbegehung, 30. Oktober 2021 | Bürger*innen-Werkstatt, 12. Januar 2022 | Expert*innen-Werkstatt, 02. März 2022 | Werkstatt-Treffen, 05. April 2022)

-       FB4/1506/2022: Auslobung eines städtebaulichen Wettbewerbes in Meerbusch-Osterath, Baulandentwicklung Kalverdonk

(Vertagung einschließlich aller zugehörigen Anträge und Anfragen im APL vom 22. September 2022 | Vertagung und Beratung über Anträge und Anfragen im APL vom 19. Oktober 2022 | Mehrheitlicher Beschluss im Rat vom 27. Oktober 2022)

-       Schlüssellochveranstaltung zur zweiten Preisgerichtssitzung, 16. August 2023

-       FB4/1721/2023: Erlass einer Vorkaufsrechtssatzung für ein besonders Vorkaufsrecht nach § 25 (1) Nr. 2 BauGB für das Entwicklungsgebiet „Kalverdonk“ in Meerbusch-Osterath

(Mehrheitlicher Beschluss im APL vom 21. September 2023 und Rat vom 26. Oktober 2023.

 

 

1. Ausgangslage / Anlass

 

Die geringe Verfügbarkeit von Wohnbauflächen und der hohe Bedarf an bezahlbarem Wohnraum stellt eine wesentliche Herausforderung für die Meerbuscher Stadtentwicklung dar. Die wohnbauliche Entwicklung des rund 37 ha großen Plangebietes „Kalverdonk“ am östlichen Ortsrand von Meerbusch-Osterath besitzt aufgrund dessen eine große Bedeutung. Als wesentlicher Standortvorteil ist die direkte Lage und Anbindung der Fläche an die K-Bahn-Linie zu nennen. Im Rahmen der vertraglich vereinbarten Kooperativen Baulandentwicklung unterstützt die NRW.URBAN wie bekannt die Stadt Meerbusch als „Entwicklungsgesellschaft auf Zeit“ personell und finanziell bei der Bewältigung des Großprojektes. Eine eigene Entscheidungsbefugnis für NRW.URBAN beinhaltet die vertraglich vereinbarte Unterstützungsfunktion nicht, sodass sämtliche Entscheidungen und Beschlüsse weiterhin durch die Stadt Meerbusch getroffen bzw. herbeigeführt werden.

 

Um ein innovatives und nachhaltiges städtebauliches Konzept zu finden, wurde auf Beschluss des Rates (vgl. FB4/0776/2018) im Jahr 2023 ein interdisziplinärerer Wettbewerb durchgeführt. Im Vorfeld der Erarbeitung der Wettbewerbsauslobung (vgl. FB4/1506/2023) wurden neben der Erstellung von vorbereitenden Gutachten zu den Themen Verkehr, Lärm, Bodenbeschaffenheit und Artenschutz, zwei aufeinander aufbauende Studierendenprojekte der TU Dortmund durchgeführt. Gemeinsam mit den Ergebnissen aus dem vorangegangenen mehrstufigen Beteiligungs- und Mitwirkungsprozess (siehe Anlage 4) stellten diese die inhaltlichen Rahmenbedingungen der Auslobung dar. Der Beteiligungsprozess verfolgte dabei das Ziel, die interessierte Öffentlichkeit zur Meinungsbildung und Entscheidungsfindung zusammenzuführen, Argumente auszutauschen und gemeinsam Umsetzungsideen zu entwickeln, um diese abschließend in den Wettbewerb einfließen zu lassen.

 

 

2. Ablauf des Wettbewerbsverfahrens

 

Ziel des Wettbewerbes

 

Ziel des Wettbewerbsverfahrens war eine qualitätsvolle stadtplanerische Entwicklung des Plangebietes. Die Teilnehmenden sollten städtebauliche und konzeptionelle Lösungen erarbeiten, die eine nachhaltige, klimagerechte und sozial gerechte Nutzungsperspektive mit einer wohnbaulichen Entwicklung für alle Lebenslagen und alle Preissegmente sicherstellt. Im Vordergrund stand die Schaffung einer qualitätsvollen Wohnbebauung mit hochwertigen und klimafesten Freiräumen, verträglichen Nutzungsmischungen und innovativen Mobilitätsangeboten. Gesucht wurde ein städtebauliches Konzept, das innerhalb einer dem Ort angemessenen übergeordneten Struktur möglichst selbstverständlich verschiedene zukunftsfähige Wohntypologien ermöglicht. Da ernst zu nehmende Sorgen im Stadtteil bestehen, muss die städtebauliche Planung einschließlich Landschafts- und Verkehrsplanung Antworten finden, die zu einer verträglichen Lösung mit viel Entwicklungspotenzial führen und durch ein harmonisches Zusammenspiel von Alt und Neu überzeugen und den Stadtteil stärken.

 

Folge Entwicklungsziele stellten die Grundlage des Wettbewerbes dar:

 

  • Städtebauliche Qualitäten schaffen
  • Mehrwert für den Stadtteil und Wahrung der Identität (Begegnungsräume)
  • Multifunktionale, erlebbare und nutzbare Grün- und Freiflächen
  • Innovativer und sozialgerechter Wohnungsbau
  • Innovative Mobilität („Autoarmes Quartier“)
  • Klimaresiliente und klimagerechte Entwicklung
  • Nutzungsmischung

 

 

Verfahrensart

 

Der Wettbewerb wurde als interdisziplinärer nichtoffener, zweiphasiger Realisierungswettbewerb nach RPW 2013 ausgelobt. Ausloberin des Verfahren war die Stadt Meerbusch in Kooperation mit der NRW.URBAN, die wiederum die Wettbewerbsbetreuung sowie Vorprüfung der Wettbewerbsarbeiten in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung übernahm.

 

Mit Hilfe des Wettbewerbes lässt sich unter Einberufung eines Preisgerichtes als unabhängigen Berater, eine belastbare Entscheidungsgrundlage für die spätere Realisierung generieren. Das Verfahren richtete sich hierbei an Stadtplaner*innen, Landschaftsarchitekt*innen und Verkehrs*planer*innen.

 

 

Wettbewerbsauslobung und Wettbewerbsphase I

 

Ausgeblobt wurde das Wettbewerbsverfahren Ende Januar 2023 mit einer einwöchigen Frist für schriftliche Rückfragen. In der ersten Phase wurde die Teilnehmerzahl auf 21 begrenzt. Gegenstand der ersten Phase war es, eine grundlegende städtebauliche, verkehrsplanerische und freiraumplanerische Entwurfsidee für die Gesamtfläche der Baulandentwicklung (hier 37 ha) aufzuzeigen. Es wurden Aussagen zur grundsätzlichen Baukörpersetzung inklusive Kubatur, Dichte und Höhenausbildung sowie zur Nutzung und Ausgestaltung der Frei- und Verkehrsflächen erwartet. 

 

Die Einreichung der anonymisierten Wettbewerbsarbeiten erfolgte form- und fristgerecht. Anschließend wurden die Arbeiten einer präzisen Vorprüfung unterzogen, die von NRW.URBAN, der Stadtverwaltung und externen Sachverständigen durchgeführt wurde. Um eine umfassende Beteiligung auf Seiten der Stadtverwaltung zu gewährleisten, waren der Fachbereich 4, Fachbereich 5, Service Immobilien, Servicebereich 11 sowie die Stabsstelle Umwelt und Klimaschutz an der Vorprüfung beteiligt. Die Ergebnisse wurden anschließend in einem Vorprüfbericht zusammengefasst, der im Wesentlichen als fachliche Basis für das Preisgericht diente. Am 19. April 2023 tagte unter dem Vorsitz von Frau Prof. Stefanie Bremer das Preisgericht zur Beurteilung von insgesamt 20 der 21 eingereichten Arbeiten (siehe Anlage 1).

 

Nach insgesamt drei Wertungsrundgängen qualifizierten sich schließlich sieben Arbeiten für die zweite Phase des Wettbewerbes:

 

a

hartlockstädtebau | wbp Landschaftsarchitekten | Runge IVP – Ingenieurbüro für Integrierte Verkehrsplanung (ff. hartlockstädtebau)

b

ISR – Innovative Stadt- und Raumplanung GmbH | MOLA Landschaftsarchitekten GmbH | MobilWerk GmbH (i.G.) (ff. ISR)

c

De Zwarte Hond GmbH | KRAFT.RAUM. – Landschaftsarchitektur und Stadtentwicklung | SHP Ingenieure GbR (ff. De Zwarte Hond)

d

deffner voitländer architekten stadtplaner bda | Burger Landschaftsarchitekten Partnerschaft | MODUS CONSULT ULM GmbH (ff. deffner voitländer architekten)

e

Karres en Brands | PGT Umwelt und Verkehr GmbH (ff. Karres en Brands)

f

rheinflügel severin | RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten | IGS Ingenieurgesellschaft Stolz mbH (ff. rheinflügel severin)

g

Schaller Architekten Stadtplaner BDA | Stefan Schmitz BDA Architekten und Stadtplaner | urbanegestalt PartGmbB | Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH (ff. Schaller)

 

 

 

Wettbewerbsphase II

 

In der zweiten Phase – dem Realisierungsteil – sollte auf Basis des Gesamtkonzeptes eine Teilfläche von rund 23,5 ha städtebaulich, freiraumplanerisch und verkehrsplanerisch vertiefend ausgearbeitet werden. Es wurden detaillierte und spezifische Aussagen zu Bau- und Wohnformen sowie deren Qualitäten, Erschließungs- bzw. Mobilitätskonzept, Zonierung und Gestaltung des öffentlichen Raums sowie Konzeptansätze zur Energieversorgung und Entwässerung erwartet. Der Teilbereich sollte als innovatives, soziales und nachhaltiges Modell initial für die Gesamtentwicklung dienen.

 

Auch in dieser Phase wurde eine umfassende Vorprüfung durchgeführt, in der ebenfalls alle betroffenen Fachbereiche involviert waren, sodass der Vorprüfbericht auch hier eine umfassende Sichtweise der Stadtverwaltung widerspiegelt. Am Vorabend der zweiten Preisgerichtssitzung wurde ein Bürgerdialog als sogenannte „Schlüssellochveranstaltung“ durchgeführt, in dessen Rahmen die interessierte Öffentlichkeit unter Wahrung der Verschwiegenheit Einblicke in die noch anonymen Wettbewerbsarbeiten erhielten. Darüber hinaus wurde den Teilnehmenden die Möglichkeit gegeben Rückfragen zu den Arbeiten zu stellen und diese zu kommentieren.

 

Zu Beginn der am 17. August 2023 stattgefundenen zweiten Preisgerichtssitzung (siehe Anlage 2), diesmal unter Vorsitz von Herrn von der Mühlen, wurden die Hinweise aus der Schlüssellochveranstaltung dem Preisgericht vorgestellt. Anschließend stimmte das Preisgericht nach zwei Wertungsrundgängen über die Rangfolge ab. Das Preisgericht entschied sich einstimmig dafür, neben drei Anerkennungen die nachfolgenden Preisträger mit zwei zweiten Plätzen und einem dritten Platz zu prämieren:

 

 

Alle Arbeiten der zweiten Phase wurden im Herbst 2023 im Foyer des Erwin-Heerich-Haus zur öffentlichen Einsichtsnahme ausgestellt. Außerdem können seit dem alle interessierten Bürger*innen die Arbeiten aller teilnehmenden Büros auf der Projekthomepage unter www.baulandentwicklung-kalverdonk.de oder in der Wettbewerbsdokumentation (siehe Anlage 3) einsehen.

 

 

3. Beurteilung durch das Preisgericht

 

Die drittplatzierte Arbeit von hartlockstädtebau zeigt laut Beurteilung des Preisgerichtes eine harmonische Einbindung der Gemeinschaftscluster in die geplanten landschaftsräumlichen Grünflächen. Die grundlegende Gestaltungsidee – wie auch das übergeordnete Konzept – wurde positiv bewertet, allerdings bleibt die funktionale und gestalterische Differenzierung unklar. Die Clusterbildung ermöglicht die Realisierung des Entwurfes in Bauabschnitten und die Ausbildung von unterschiedlich dimensionierten Hofstrukturen. Negativ wurde jedoch die permanente Wiederholung gleicher Strukturen angemerkt.

 

Die städtebauliche Qualität des Entwurfes von ISR (2. Platz) wurde vom Preisgericht hoch bewertet. Nordöstlich der K-Bahn wird auf eine Bebauung verzichtet, dennoch wird die gewünschte Dichte mit einer geringen Flächenversieglung und einem relativ geringen Erschließungsaufwand erzielt. Eine abschnittsweise Realisierung des Entwurfes ist durch die Ausbildung von zwei Schwerpunktbereichen möglich. Auch erkennt das Preisgericht ausdrücklich die Gestaltung der Platzsituation in der Verbindung zwischen den bebauten Nachbarschaften und dem grünen Infrastrukturband an, welches sich wiederum sehr harmonisch mit dem Landschaftsraum verzahnt.

 

Überarbeitungsbedarf sah das Preisgericht bei der zentralen Erschließung über Kamper- und Wienenweg, die in der Auslobung ausgeschlossen wurde. Ebenfalls wurde die maximal geforderte Geschossigkeit von vier Geschossen in einigen wenigen Bereichen überschritten.

 

Die Typologie und Dimensionierung der Gebäude des Entwurfes von Schaller (2. Platz) lassen laut Preisgericht eine gute Bezugnahme auf die prägenden Osterather Strukturen erkennen. Der Entwurf spielt an den richtigen Stellen mit unterschiedlichen angemessenen Dichten. Als sehr gelungen wurde die großzügige Grünstruktur, mitsamt Entwässerungsflächen, Kaltluftschneisen sowie Aufenthaltsqualitäten und deren Einbindung in den Städtebau angesehen. Die Haupterschließung für den Motorisierten Individualverkehr (MIV) erfolgt nicht über den vorhandenen Kreisverkehr und ermöglicht dort eine grüngestaltete fußläufige Verbindung zwischen der Grünachse zum Ortskern und dem offenen Landschaftsraum. Die geforderte Akzentsetzung am Haltepunkt „Kamperweg“ wurde schlüssig gelöst.

 

Kritik wurde an der Dimensionierung und Positionierung der Mobilstation östlich des Schützenplatzes geübt. Auch die sog. „Lebensader“, Lage der Kita im Freiraum sowie das Mikromobilitätskonzept mit dem Fokus auf Fahrradabstellanlagen, sollten weiter qualifiziert bzw. überdacht werden.

 

Beide Zweitplazierten erhielten wertvolle Hinweise vom Preisgericht zur Überarbeitung ihrer Entwürfe. Beim Entwurf von ISR ist eine alternative Erschließung – nicht über Kamper- und Wienenweg – zu prüfen, welche die städtebaulichen Qualitäten des Entwurfs weiterhin erhält. Ebenfalls ist die Geschossigkeit auf maximal vier Geschosse zu reduzieren sowie die Straßenrandbebauung am Winkelweg im Verhältnis zum Bestand zu überarbeiten.

 

Für den Entwurf Schaller wurde die Empfehlung einer freiraumschützenden Konzeption für die Mobilitätsstation und eine dezentralere Verteilung der Mobilitätsstationen ausgesprochen. Ebenso ist die bis dorthin im Freiraum verortete Kita ins Quartier zu integrieren und das Mirkomobilitätskonzept – speziell der Fahrradabstellanlagen – zu qualifizieren.

 

 

4. Verhandlungsverfahren

 

Im Anschluss an die Preisgerichtssitzung und damit den Abschluss des Wettbewerbsverfahrens startete das formelle Verhandlungsverfahren ohne Teilnehmerwettbewerb nach §17 VgV. Dieses Verfahren stellt einen verpflichtenden Bestandteil des gesamten Vergabeverfahrens dar und musste nicht öffentlich durchgeführt werden. Die Art des Verfahrens und damit verbundene gesamte Vorgehensweise wurde mit Beschluss der Vorlage FB4/1506/2022 auf Grundlage der Bestimmungen der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) festgelegt.

 

In Folge der Entscheidung des Preisgerichtes war das Verhandlungsverfahren mit den beiden Zweitplatzierten durchzuführen, was im Falle der Vergabe eines Preisträgers nicht der Fall gewesen wäre.

 

Teil der Verhandlungsphase war der Auftrag an beide Büros, die Entwürfe hinsichtlich der Überarbeitungshinweise des Preisgerichtes zu qualifizieren und diese vor einem sogenannten Empfehlungsgremium zu präsentieren. Am 8. November 2023 tagte dieses Gremium, bestehend aus politischen Vertreter*innen der Stadt Meerbusch, der Stadtverwaltung, einigen Fachpreisrichter*innen aus dem Wettbewerb sowie Mitarbeiter*innen von NRW.URBAN.

 

 

Der Entwurf von ISR (siehe Anlage 5) wird vom Empfehlungsgremium als spannender Entwurf beschrieben, der flächensparend mit dem vorhandenen Freiraum umgeht. Die bereits im Wettbewerbsverfahren kritisch angemerkte Erschließung über den Kamper- und Wienenweg wird weiter als unklar betrachtet. Die vorgeschlagene Erschließung – mit Anbindung der neupositionieren Quartiersgarage und Anschluss dieser an den Winklerweg – stellt laut Empfehlungsgremium keine wirkliche Alternative dar. Außerdem gibt es weiterhin eine Erschließung an den Wienen- und Kamperweg, die nur bei konsequenter Autofreiheit funktionieren könnte und Bedenken hinsichtlich der Praktikabilität aufwirft. Speziell die neue Positionierung der Quartiersgarage neben der Nikolaus-Grundschule wird kritisch betrachtet und führt zum Zerschneiden des Grünzuges und dem damit einhergehenden Verlust der Freiraumqualitäten. Darüber hinaus fehlt laut Empfehlungsgremium die geforderte Integration der K-Bahn-Haltestelle „Kamperweg“ ins Quartier, was schlussendlich hier eine verpasste Chance zur Aufwertung darstellt.

 

Der Entwurf von Schaller (siehe Anlage 6) wird vom Empfehlungsgremium als robust und konsequent in der Umsetzung der Überarbeitungshinweise bewertet, was zu einer Verbesserung des Entwurfes geführt hat. Besonders positiv wurde die Stärkung des Grünzuges durch die Verlagerung der Quartiersgarage und der Kita hervorgehoben. Die herausgearbeiteten Landschaftsbänder und die verbesserte Vernetzung zwischen den Baufeldern und dem Grünraum wurden ebenfalls positiv bewertet. Eine kritische Anmerkung bezieht sich jedoch auf die lange Zufahrtstraße zur K-Bahn-Haltestelle „Kamperweg“, die jedoch eine Trennung zwischen Kfz- und Fuß-/Radverkehr vorsieht. Die Weiterentwicklung und Aufwertung der K-Bahn-Haltestelle wird als positiver Schritt angesehen, der zur Attraktivität des Entwurfes beiträgt.

 

Die Entwurfsphase fand mit diesem Gremium ihren Abschluss, gefolgt von insgesamt zwei Verhandlungsrunden mit beiden Büros, in denen der Schwerpunkt auf Basis der eingereichten Angebote insbesondere auf der Bewertung der Qualität des Konzeptes zur Umsetzung der Aufgabenstellung und Klärung vertraglicher Aspekte lag.

 

Gemäß den Vergabebestimmungen wird derjenige Preisträger mit den weiteren Planungsleistungen beauftragt, der auf Grundlage der Zuschlagsmatrix die höchste Gesamtbewertung erreicht hat. Die Zuschlagsmatrix setzt sich hierbei aus den in der unterstehenden Tabelle aufgezeigten Kriterien zusammen, die entsprechend ihrer Gewichtung in die Gesamtbewertung eingeflossen sind:

 

 

Am Ende konnte das Angebot von Schaller die höchste Punktzahl in der Gesamtbewertung erzielen, sodass der Zuschlag am 05. März erteilt werden konnte.

 

Die Übersicht zu den Bewertungsergebnissen (siehe Anlage 7) zeigt die erreichten Punktzahlen beider Büros nach den einzelnen Zuschlagskriterien.

 

 

 

5. Rechtliche Konsequenzen bei Aufhebung des Vergabeverfahrens

 

Die nicht Fassung des mit dieser Vorlage eingehenden Beschlusses hätte zur Folge, dass das der Ratsbeschluss zur Durchführung des Wettbewerbes (FB4/0776/2018) aufzuheben und das damit verbundene Vergabeverfahren aufzulösen ist. Zunächst sollen hier die rechtlichen Grundlagen näher erläutert werden.

 

Ausgangspunkt ist der Grundsatz, dass dem deutschen Recht ein Kontrahierungszwang fremd ist, d.h. den Auftraggeber trifft zunächst keine Verpflichtung, ein einmal begonnenes Vergabeverfahren durch einen Zuschlag zu beenden. Umgekehrt hat auch ein Bieter keinen Anspruch auf Zuschlagserteilung, selbst wenn er das wirtschaftlichste Angebot eingereicht hat. Dies ergibt sich auch aus den vergaberechtlichen Regelungen selbst, so z.B. aus § 63 Abs. 1 Satz 2 VgV, wonach der Auftraggeber grundsätzlich nicht verpflichtet ist, den Zuschlag zu erteilen.

 

Ein Auftraggeber kann jedoch nicht beliebig und willkürlich und vor allem ohne rechtliche Konsequenzen ein Vergabeverfahren aufheben. So ist nach dem § 63 Abs. 1 Satz 1 VgV ein Auftraggeber nur in ganz bestimmten Fällen berechtigt, ein Vergabeverfahren aufzuheben, nämlich wenn

 

  • kein Angebot eingegangen ist, das den Bedingungen entspricht,
  • sich die Grundlage des Vergabeverfahrens wesentlich geändert hat,
  • kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt worden ist oder
  • andere schwerwiegende Gründe bestehen.

 

Nur wenn einer dieser Gründe vorliegt, kann der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren rechtskonform aufheben. Nach einer ersten rechtlichen Einschätzung des Justiziariats liegt hier keiner dieser Aufhebungsgründe vor, sodass eine Aufhebung des Verfahrens rechtswidrig wäre. Als Folge stände dem zuschlagsberechtigten Bieter ein Schadenersatzanspruch zu. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einen solchen Schadensersatzanspruch in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2020 aus einem sogenannten vorvertraglichen Schuldverhältnis hergeleitet und ihn auf die Anspruchsgrundlage der §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB gestützt (BGH, Urteil vom 08.12.2020 – XIII ZR 19/19).

 

In dem genannten Urteil hat sich der BGH ebenfalls zur Höhe des Schadensersatzanspruches geäußert: Grundsätzlich kann der Bieter nur das sogenannte negative Interesse ersetzt verlangen; hierunter versteht man den Ersatz der mit der Teilnahme am Verfahren entstandenen Aufwendungen. Nur ausnahmsweise steht dem Bieter auch das positive Interesse zu, also der entgangene Gewinn, beispielsweise wenn das Vergabeverfahren trotz fortbestehenden Beschaffungsbedarfs nur deshalb aufgehoben wird, um letztlich den gleichen Auftrag an einen anderen, an sich nicht zuschlagsberechtigten Bieter vergeben und diesen damit unberechtigterweise bevorzugen zu können.

 

 

6. Weiteres Verfahren

 

Die Ausloberin beabsichtigt gemäß dem Ergebnis aus dem Verhandlungsverfahren auf Grundlage des Konzeptes von Schaller die weiteren Planungsschritte vorzunehmen, indem das Planungsteam mit den in der Auslobung beschrieben Planungsleistungen für folgende Leistungsbilder (Auslobung Kapitel 1.8.5) beauftragt wird:

 

-       Städtebaulicher Entwurf gem. Merkblatt 51 der AKBW, Honorarzone III

-       Grünordnungsplan gem. § 39 HOAI, Honorarzone III

-       Freianlagen gem. § 39 HOAI, Honorarzone IV

-       Verkehrsanlagen gem. § 47 HOAI, Honorarzone IV

 

Außerdem wird das Büro als Nachtragsauftrag mit der Durchführung der Bebauungsplanverfahren und der Flächennutzungsplanänderung betraut.

 

Die Beauftragung erfolgt insgesamt stufenweise und unter dem Vorbehalt der zeitlichen und wirtschaftlichen Realisierbarkeit.

 

Der vorab eingeleitete und während des Wettbewerbsverfahrens kontinuierlich fortgeführte intensive Austausch mit der Öffentlichkeit sowie die Einbindung der Bevölkerung, lokaler Akteur*innen und politischen Vertreter*innen wird auch in der anschließenden Planungsphase aktiv fortgesetzt. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sowie Mitwirkungsmöglichkeiten in Form einer intensiven Einbindung von interessierten Bürger*innen wird weiterhin als zentraler Baustein zum Erfolg des Projektes gesehen. Hierzu wird, wie bereits während des Wettbewerbsverfahrens, ein Beteiligungskonzept erarbeitet, das durch unterschiedliche Dialogbausteine charakterisiert sein wird. Die Verwaltung wird dem Fachausschuss diese nun anstehende Fortschreibung des Beteiligungskonzept bei nächster Gelegenheit vorstellen.

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

 

Die Beauftragung des Büros Schaller mit den weiteren Planungsleistungen umfasst eine Auftragssumme von 2.170.370,28 € (brutto inkl. Nachtrag).

 

Eine haushaltsmäßige Belastung erfolgt während der Projektlaufzeit der Kooperativen Bauland-entwicklung nicht, weil die entsprechenden Aufwendungen durch die Grundstücksverkäufe refinanziert werden.

 

Nach Ablauf der vereinbarten Projektlaufzeit erfolgt jedoch die Gesamtabrechnung des Projektes. Eventuell eingetretene Verluste müssen vor Projektabschluss durch die Kommune ausgeglichen werden, finanzielle Überschüsse gehen an die Stadt Meerbusch.

 


Alternativen:

 

Die Verwaltung wird nicht gemäß dem Ergebnis an den Wettbewerb anschließenden VgV-Verhandlungsverfahren und unter Kenntnisnahme der unter Punkt 5 dargestellten rechtlichen Konsequenzen beauftragt, den siegreichen Entwurf der Bürogemeinschaft „Schaller Architekten Stadtplaner BDA | Stefan Schmitz BDA Architekten und Stadtplaner | urbanegestalt PartGmbB | Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH“ weiter auszuarbeiten und den Einstieg in das Bauleitplanverfahren vorzubereiten.