Betreff
Auf dem Weg zu einem Handlungskonzept „Wohnen“
Vorlage
DezII/0719/2024
Art
Informationsvorlage

In der Sondersitzung des Haupt-Finanz und Wirtschaftsförderungsauschuss am 14.11.2023 wurde in der Vorlage „Sozialgeförderter Wohnungsbau" (Dez II/0704/2023) über die Rahmendaten zur seinerzeitigen Erörterung informiert. Insoweit wird auf diese Vorlage nochmals grundsätzlich hingewiesen.

 

Ebenso ist insbesondere die Erörterung und Beschlussfassung zur „Wohnbaulandentwicklung Meerbusch 2030“ - Wohnraumbedarfsanalyse Meerbusch und vorausschauende Baulandentwicklung Vorlage FB4/0742/2018 für die weitere Betrachtung von Bedeutung.

 

 

Nicht zuletzt durch die verstärkte Zuwanderung von Geflüchteten sind Woh­nungsunternehmen und Kommunen bei der Wohnraumversor­gung vor große Herausforderungen gestellt.

Der Wohnungsmarkt und seine Verteilungsmechanismen stellen zentrale Stellschrau­ben für das Ankommen in der Gesellschaft und Gelingen sozial­räumlicher Integration dar. Sie haben maßgeblichen Einfluss auf die räumliche Verteilung der Wohnbevölkerung und damit auch auf ihr Zusammen­leben. Sowohl das quantitative An­gebot bezahlbaren Wohnraums und die Strukturen des öffent­lich geförderten Wohnraums, als auch die qualitative Steuerung durch Belegungspolitiken haben dabei maßgebliche Wirkung auf die Zugänglichkeit unterschiedlicher Wohnungsmarktsegmente. Die zentrale Rolle institutioneller Wohnungsanbieter für die wohnräumliche Integration wird durch die Fluchtzuwanderung besonders deutlich. Versorgungsengpässe bestehen jedoch auch bei anderen ressourcenschwächeren Gruppen.

 

„Handlungskonzepte Wohnen“ sind hier ein geeignetes Mittel, um Zielsetzungen, Strategien und Instrumente für eine zukunftsorientierte Wohnungsmarkt- und Wohnsiedlungsentwicklung festzulegen. Dies geschieht idealerweise in einem kooperativen Prozess zwischen Politik, Verwaltung und Immobilienwirtschaft.

 

Aus Sicht des Verwaltungsvorstandes sind Verwaltung und Politik bei der Unterbringung von Geflüchteten und Wohnungslosen gefordert – mehr denn je - zu einer ganzheitlichen Betrachtungsweise zu kommen. Bisher wurde in Abhängigkeit von den zugewiesenen Menschen immer wieder kurzfristig nach neuen Standorten gesucht, an denen vorwiegend Interimsbauten errichtet werden sollten. In einer aktuell angespannten Situation ist dies zweifellos auch erforderlich und richtig. Um aber nicht immer wieder durch solche Entwicklungen getrieben zu werden, ist eine insgesamt konzeptionell längerfristige Gesamtbetrachtung in der Sache wichtig. Dazu gehört vor allem diese langfristige Planung, wonach z.B. an geeigneten Standorten zwar zunächst übergangsweise „klassische“ Unterkünfte und Interimsbauten unter den planungsrechtlichen Erleichterungen errichtet werden, aber schon zu diesem Planungsstand muss aber damit begonnen werden, über den Standort bzw. das ihn umgebende Gebiet beispielsweise einen Bebauungsplan zu legen, der dort dann zu einem späteren Zeitpunkt auch dauerhafte und feste Sozialwohnungen bzw. eine Umwidmung des Bestandes ermöglicht. Letztlich haben viele der zunächst als Flüchtlinge ankommende Personen nach einiger Zeit aufgrund ihres dann anderweitigen Status Anspruch auf eine Wohnung und könnten zumindest theoretisch aus den Flüchtlingsunterkünften ausziehen.
Würde dies gelingen, könnten durch eine Rotation im System immer wieder Plätze in den Übergangseinrichtungen angeboten werden. Mehr als 200 Personen mit Asyl und Fluchthintergrund leben derzeit in den Übergangseinrichtungen, weil Sie keinen regulären Wohnraum finden. Vergleichbar verhält es sich mit von Wohnungslosigkeit betroffenen. Auch dieser Personenkreis sollte nur übergangsweise in einer entsprechenden Unterkunft verbleiben, dann aber wieder auf dem regulären Wohnungsmarkt eine Unterkunft finden.

Aus diesem Grund ist es erforderlich nun mehrgleisig vorgehen. Die Standorte für neue kurzfristig zu schaffende Interimsunterkünfte werden wie bisher zunächst im Sozialausschuss behandelt, während die konzeptionellen Überlegungen in einer entsprechenden Vorlage im Hauptausschuss thematisiert werden, ggf. auch in Verbindung mit der nächsten Sondersitzung dieses Ausschusses zum Thema Wohnungsbau. Bauliche und Planungsfragen sind nach-, bzw. vorgelagert in den Fachausschüssen zu behandeln.

 

Der Wohnungsmarkt für diese Menschen ist zumeist an eine Miete im Bereich des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels gebunden. Dafür fehlt es derzeit in Meerbusch an entsprechendem Wohnraum.

 

Auch wenn eine Übertragbarkeit von Modellen anderer Kommunen selten 1:1 sinnvoll ist: „Ein Beispiel für eine aktive Baulandpolitik findet sich z.B. in Münster. Der Ankauf von Bauland durch die Stadt – insbesondere in den Außenbereichen – bildet hier eine zentrale Säule von SoBo Münster (Sozialgerechte Bodennutzung/ Info siehe Anhang). Mit einem „kommunalen Zwischenerwerb“ von Flächen kann die Stadt die Umsetzung ihrer sozial- und wohnungspolitischen Ziele direkt und vertraglich abgesichert steuern. In die gleiche Richtung wirken zudem z.B. die städtischen Vergaberichtlinien mit ihren sozialen und preisdämpfenden Kriterien.

 

Damit das Instrument SoBo Münster die gewünschten Ziele erreicht, wurde es passgenau auf die Besonderheiten der Stadt Münster zugeschnitten. Münsters Besonderheit: nur etwa ein Drittel der Stadtfläche sind bislang für Siedlung und Verkehr genutzt – es existieren weite Außen-bereiche, in denen es bislang kein Baurecht zu Wohnzwecken gibt.

Deshalb unterscheidet SoBo Münster zwischen Außen- und Innenbereich. Im Außenbereich geht es vor allem um den kommunalen Zwischenerwerb von Flächen für den Wohnungsbau.

Im Innenbereich, also auf denjenigen Flächen in Münster, für die bereits Baurecht besteht, wird vorrangig das Instrument der Städte­baulichen Verträge genutzt, um Münsters wohnungs- und sozial­politische Ziele zu erreichen. Das gilt jedoch nur für solche Flächen, auf denen vorhabenbezogen das bereits bestehende Baurecht geändert werden muss.

Im Außenbereich gilt grundsätzlich: neues Baurecht für Wohnen wird vorrangig dann geschaffen, wenn die Stadt vorab mindestens 50% der Fläche erworben hat. 

Aus Sicht der Verwaltung ergibt sich aus einer aktiven Baulandentwicklung wie z.B. in Münster verschiedene Optionen um kommunale Bedarfe sowohl im Bereich des Wohnens wie auch der erforderlichen sozialen Infrastruktur bedarfsgerecht decken zu können. Aktiv muss hier allerdings auch bedeuten, dass die jeweiligen städt. Interessen zielgerichtet und vorrausschauend angegangen werden, denn nur so können planerische und finanzielle Erwägungen frühzeitig und selbstbestimmt berücksichtigt werden.

Zur Orientierung und zur Sondierung wurden in der Sondersitzung „Wohnen“ die NRW Bank zu Förderungen, die Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft Viersen, der Bauverein Meerbusch, sowie die Service- und Koordinierungsgesellschaft für preisgünstigen Wohnraum im Rhein-Kreis Neuss gehört. Insbesondere ein genossenschaftlicher Wohnungsbau wurde dabei besonders beleuchtet. Darauf aufbauend werden seitens des Verwaltungsvorstandes derzeit verschiedene Modelle in einer kommunalen Umsetzung für Meerbusch geprüft.  Ausgangslage ist dabei die Überzeugung des Vorstandes, dass eine Umsetzung solcher Bautätigkeit nicht allein mit den bestehenden Instrumenten zu bewältigen ist.

Wie auch dem anhängenden aktualisierten Schaubild zum „Strategiekonzept Wohnen“
(s. Anlage 1) zu entnehmen ist, gibt es eine Reihe von „Baustellen“ die wir handlungsleitend unter den jeweiligen „Schlagworten“ prioritär behandeln sollten.

Auf Vorschlag von Bürgermeister Bommers wurde in der Sondersitzung zugestimmt, die weiteren Beratungen und Beschlussfassungen zu den vorliegenden Anträgen in der ersten Sitzung des Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss im Jahr 2024 fortzuführen, um bis dahin die Informationen aus der heutigen Sitzung einfließen lassen zu können.

Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, im Nachgang der Erörterung in der heutigen Sitzung nunmehr eine weitere Sondersitzung „Wohnen“ zu terminieren und in dieser auch die vertagten Anträge zu behandeln.

 

Anlagen:

1      240131_Anlage_Schaubild_Aktualisierung_Strategiekonzept_Wohnen.pdf

2      sozialgerechte_bodennutzung_muenster.pdf

 

 

 

 


In Vertretung

 

gez.

 

Peter Annacker

Dezernent