Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Planung und Liegenschaften stimmt den nachfolgenden Befreiungen von den planungsrechtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 277, Am Strümper Busch / Gewerbegebiet Bundenrott, für das Bauvorhaben (hier: Neubau eines Bürogebäudes „UnOne“, Berta-Benz-Straße, Meerbusch-Strümp) für folgende Tatbestände gemäß § 31 (2) BauGB sowie abweichend von der Verordnung über notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder des Landes NRW zu:
1. Bau von 4 Carsharing KFZ-Stellplätzen und 80 Fahrradabstellplätzen außerhalb der überbaubaren Grundstücksgrenze
2. Verringerung der Anzahl notwendiger KFZ-Stellplätze um 10 auf 60 statt 70 KFZ-Stellplätze
Die Befreiungen sind an folgende Voraussetzung geknüpft: Zum Bauantrag wird vom Antragsteller ein schlüssiges betriebliches Mobilitätskonzept vorgelegt. Dieses ist dann als schlüssig zu erachten, wenn im Einklang mit der Stellplatzsatzung der Stadt Meerbusch dargelegt wird, wie die Reduzierung der KFZ-Stellplätze sachgerecht und alltagstauglich ausgeglichen wird. Folgende Ansätze könnten beispielsweise verfolgt werden:
· Es werden die fehlenden KFZ-Stellplätze per Baulast auf einem anderen Grundstück in der erweiterten Nachbarschaft im Gewerbegebiet nachgewiesen (faktisch wäre Befreiung damit obsolet),
· die fehlenden KFZ-Stellplätze werden auf dem Baugrundstück durch bauliche Anlagen als Doppelparksystem (z. B. Duplex Garagen) nachgewiesen (faktisch wäre Befreiung damit obsolet),
· im vorzulegenden Mobilitätskonzept wird dargelegt, wie die Details zur Nutzung des Carsharing-Konzeptes aussehen und wie dadurch eine Reduzierung des Stellplatzbedarfes gerechtfertigt werden kann, oder
· es wird ein Vertrag über den Abschluss eines Job-Tickets für die ÖPNV Nutzung mit konkreten Angaben zur Zahl der Nutzer vorgelegt. Da die nächste Bushaltestelle (Strümp Kirche) ca. ein Kilometer entfernt liegt, ist zusätzlich darzulegen, wie trotz dieser Entfernung mit diesem Ansatz eine Reduzierung des Stellplatzbedarfes gerechtfertigt werden kann.
Sachverhalt:
Das Gewerbegrundstück an der Berta-Benz-Straße, Gemarkung Strümp, Flur 10, Flurstück 229 wurde entsprechend der Beschlüsse des Ausschusses für Planung und Liegenschaften am 18.9.2018 sowie des Rats der Stadt Meerbusch am 27.9.2018 (Vorlage: BM/0802/2018) im Jahr 2019 veräußert.
Pandemiebedingt musste das Bauvorhaben seitens des Erwerbers jedoch zurückgestellt werden, infolgedessen eine Umplanung des Gebäudes vorgenommen wurde, um den aktuellen Bedürfnissen des Nutzers gerecht werden zu können. Die in den seinerzeitigen Beschlüssen festgelegten Verkaufsbedingungen haben sich nicht geändert.
Die aufgrund der
Umplanung vorgenommene Änderung der äußeren Gestaltung des Bauvorhabens wurde
in den zurückliegenden Monaten mit der Verwaltung abgestimmt. Der Erwerber
plant einen dreigeschossigen Büroneubau mit ca. 5.480 qm Bruttogeschossfläche, bestehend
aus zwei organischen Baukörpern (UN1 und UN2), welche im Erdgeschoss durch
einen Verbindungsbau mit zentralem Eingangsbereich verbunden sind.
Der Neubau wird in innovativer und
nachhaltiger Holzbauweise realisiert und aus wenigen standardisierten
Bauelementen erstellt. Zusammen mit dem kompletten Verzicht auf „nasse“
Verbindungen und einer demontablen Detaillierung kann hierdurch ein
größtmögliches zirkuläres Potential gewährleistet werden. Dezentrale
Installationstechnik im Baukastenprinzip sowie die konstruktiv freigespielten
Geschossflächen ermöglichen größte Flexibilität in der Aufteilung und Nutzung
des Neubaus.
Das geplante Bauvorhaben liegt im
Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 277, Am Strümper Busch /
Gewerbegebiet Bundenrott, (Rechtskraft: 28.06.2016), der für das Grundstück ein
Gewerbegebiet (GE § 8 BauNVO).
Planungsrechtliche
Einordnung
In einzelnen Aspekten steht das
eingereichte Bauvorhaben nicht im Einklang mit den Festsetzungen des aktuell
gültigen Bebauungsplans. Für diese Ausgangslage sieht der Gesetzgeber in § 31
(2) BauGB die Möglichkeit vor, dass von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes
befreit werden kann. Diese Möglichkeit setzt voraus, dass die Grundzüge der
Planung nicht berührt werden und die Abweichung städtebaulich vertretbar ist.
Die Befreiung muss weiterhin unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit
den öffentlichen Belangen vereinbar sein.
Der Befreiungsantrag umfasst nachstehende Punkte (siehe Anlage 2):
1.
Bau von 4 Carsharing KFZ-Stellplätzen und 80
Fahrradabstellplätzen außerhalb der überbaubaren Grundstücksgrenze
Hinsichtlich
der beantragten Überschreitung der Baugrenze für den Bau von 4 Car-Sharing-
KFZ-Stellplätzen und 80 Fahrradabstellplätzen bestehen Seitens der Verwaltung
keine Bedenken. Das Baukonzept des Investors setzt auf CO2-Reduzierung durch
weitestgehenden Verzicht auf klassische Baumaterialien wie Stahlbeton. Es ist
ein ganzheitliches zirkuläres Konzept geplant, welches die Gesamtlebensdauer
des Gebäudes betrachtet und einen möglichst einfachen Rückbau des Gebäudes nach
Ende der Nutzungsdauer vorsieht und eine Wiederverwertung der Baumaterialien
anstrebt. Aus diesen Gründen passt eine Tiefgarage aus Stahlbeton nicht ins
Konzept des Investors und infolgedessen müssen die notwendigen Stellplätze
ebenerdig realisiert werden. Die überbaute Fläche ist vertretbar und die
Überschreitung sinnvoll, um die gemeinsame Zufahrt für alle Stellplätze
innerhalb und außerhalb der Baugrenze zu nutzen. (siehe Anlage 1).
Das
Vorhaben ist städtebaulich vertretbar und die Grundzüge der Planung werden
nicht berührt. Somit kann den beantragten Befreiungen gem. § 31 BauGB
zugestimmt werden.
2.
Verringerung der Anzahl notwendiger KFZ-Stellplätze um
10 auf 60 statt 70 KFZ- Stellplätze
Anmerkung:
Zum Zeitpunkt der Antragstellung war die Bemessung des Stellplatzbedarfs auf
Grundlage der Stellplatzverordnung des Landes NRW vorzusehen. Während der
Erstellung dieser Vorlage hat der Rat der Stadt Meerbusch am 26.10.2023 die
neue Stellplatzsatzung beschlossen, die somit künftig anstelle der
Landesverordnung heranzuziehen ist. Dies erklärt, warum der Antrag sich auf die
Landesverordnung bezieht. Hinsichtlich der Bedarfsermittlung führen beide
Ansätze zunächst zum gleichen Ergebnis (70 KFZ-Stellplätze werden benötigt).
Gemäß
der neuen Stellplatzsatzung können jedoch durch die zusätzliche Bereitstellung
von 12 (nicht notwendigen) Fahrrad-Stellplätzen bis zu 3 notwendige
KFZ-Stellplätze reduziert werden. Diese Regelung kommt für das Vorhaben in Frage,
da 35 nicht notwendige Fahrradabstellplätze (insgesamt 128) eingeplant werden.
Somit reduziert sich nach der neuen Satzung der Bedarf von 70 KFZ-Stellplätzen
auf 67 KFZ-Stellplätze. Somit bedarf es mit Blick auf die geplanten 60
KFZ-Stellplätze lediglich einer Reduzierung der Stellplatzzahl um 7
KFZ-Stellplätze.
Der zirkuläre Ansatz des Investors und der damit
zusammenhängende weitestgehende Verzicht auf Stahlbeton ist nachvollziehbar und
macht alternative Lösungsansätze bei den KFZ-Stellplätzen notwendig, da eine
Tiefgarage aus Stahlbeton nicht in das Konzept passt. Das städtebauliche
Konzept begrenzt die Fläche, die zur Anlage ebenerdiger Stellplätze zur
Verfügung stehen. Eine Parkpalette würde wiederum dem Konzept entgegenstehen
und zugleich die Sichtbarkeit auf die architektonisch interessanten Baukörper
beeinträchtigen. Aufgrund der Stimmigkeit des Gesamtkonzepts sowie unter
Verwendung der Möglichkeiten zur Stellplatzreduzierung hält die Verwaltung die
Reduzierung um 7 KFZ-Stellplätze unter den zuvor genannten Auflagen vertretbar.
Finanzielle
Auswirkung:
Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses
entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:
./.
Alternativen:
Den Befreiungen wird nicht zugestimmt.