Betreff
Vergabe und Baustart bei Hochbaumaßnahmen
Vorlage
DezIII/0712/2024
Art
Informationsvorlage

Kurzfassung:

Service Immobilien wird Bauleistungen für Hochbaumaßnahmen künftig sukzessiv abfolgend ausschreiben und vergeben, um Baumaßnahmen rasch zu starten, die Umsetzung zu beschleunigen, eine angepasste Planungs- und Ausschreibungsabfolge zu erreichen und gleichzeitig Vergaberisiken zu minimieren. Wie bisher auch erfolgen die gesetzeskonformen Ausschreibungen in enger Abstimmung mit dem Rhein-Kreis-Neuss (Zentrale Vergabestelle und Rechnungsprüfung).

 

Zum Hintergrund:

Im Jahr 2007 hatte die Verwaltung die interne Geschäftsordnung „Bauinvestitionscontrolling“ für die Planung und Durchführung von Hochbaumaßnahmen ab 250.000 € incl. MwSt. erarbeitet. Diese wurde dem Haupt- und Finanzausschuss am 03.05.2007 sowie dem Bau- und Umweltausschuss am 22.05.2007 vorgestellt und zum 01.06.2007 als interne Geschäftsordnung in Kraft gesetzt. Die Geschäftsordnung verfolgt das Ziel, auf Basis einheitlich strukturierter Planungsprozesse den wirtschaftlichen Einsatz von eigenem Personal bzw. externen Planungsleistungen sowie eine frühzeitige Ermittlung und Überprüfung der Finanzierung durch die kontinuierliche Verfolgung der Kostenstände im Planungsprozess zu ermöglichen.

In Ziffer 3.2. der Geschäftsordnung wurde damals festgelegt, eine Baumaßnahme erst dann zu beginnen, wenn 60% der Gesamtbaukosten submittiert sind und hierbei in Summe keine wesentlichen Abweichungen gegenüber dem Kostenanschlag entstanden sind.

 

Dieser Regel folgend hat SIm in den vergangenen Jahren zunächst 6-8 Gewerke zeitgleich ausgeschrieben, die vorliegenden Vergabeergebnisse mit dem Kostenanschlag verglichen und erst anschließend die Aufträge erteilt und den Bauprozess gestartet. In den Jahren 2007 bis 2018 waren die festgestellten Abweichungen zwischen Kostenanschlag in der Regel moderat, allerdings befand sich die Bauwirtschaft auch in vergleichsweise stabilem Konjunkturumfeld. Darüber handelte es sich bei den Baumaßnahmen dieser Zeit vielfach um freiwillige Aufgaben einer Kommune (z.B. Neubau der Stadtbücherei in Büderich, Generalsanierung des Meerbads, Neubau des Foyers am Wasserturm) ohne fixen Fertigstellungstermine aufgrund gesetzlicher Vorgaben.

 

Die Praxis zeigt, dass die Einhaltung von Ziffer 3.2. der Geschäftsordnung grundsätzlich zu Zeitverlusten führt, die unabwägbare,  zusätzliche Kostenrisiken beinhaltet und die Umsetzung erschwert:

 

·         Da Leistungsverzeichnisse vieler Gewerke zeitgleich zu veröffentlichen sind, die Planungsprozesse der verschiedenen Fachdisziplinen (z.B. Haustechnik) gerade bei komplexen Maßnahmen erfahrungsgemäß jedoch differieren, liegen die Leistungsverzeichnisse oftmals nicht synchron vor.

·         Im Zuge der gebündelten Ausschreibung kann es passieren, dass auf einzelne Gewerke keine bzw. nur unwirtschaftliche Angebote eingehen. Die entsprechende Ausschreibung wäre aufzuheben und dieses Gewerk neu auszuschreiben (= weiterer Zeitverzug).

·         Gleichzeitig dürften schon vergabereife Angebote anderer Gewerke in dieser Zeit noch nicht vergeben werden, vielmehr wären diese Firmen aufzufordern, der Verlängerung ihrer Bindungsfrist an das abgegebene Angebot (i.d.R. 6 Wochen) zuzustimmen. Falls Firmen nicht zur Verlängerung der Bindefrist bereit sind (auch dies kommt vor, hierzu sind sie auch nicht verpflichtet), wäre ein weniger wirtschaftliches Angebot zu beauftragen. Lägen dagegen keine weiteren Angebote vor, wäre hier sogar neu auszuschreiben (= Kostenrisiko bzw. weiterer Zeitverzug).

·         Bei zeitgleicher Ausschreibung von später oder aufeinanderfolgenden Gewerken besteht darüber hinaus die Gefahr, dass Firmen bereits zur Angebotslegung einen erhöhten „Angstzuschlag“ auf ihre Preise erheben, um Kalkulationsrisiken, die in der langen Wartezeit bis zur Ausführung ihres Gewerkes liegen (z. B. im Zusammenhang mit Materialbestellungen) abzufedern (= Kostenrisiko).

·         Zudem gibt es in der praktischen Umsetzung von Baumaßnahmen und insbesondere beim Umbau im Bestand die Notwendigkeit, Teilmaßnahmen oder einzelne Arbeiten im Vorfeld durchzuführen (z. B. umfangreiche Bestandsaufnahmen, die Umverlegung von Hausanschlüssen um das Baufeld freizumachen, etc.), deren Beauftragung jedoch aktuell erst nach Submittierung von 60% der Gesamtbaukosten zulässig wäre (= Zeitverzug).

 

SIm plant und realisiert in den kommenden Jahren durchweg sehr große Bauaufgaben, u.a.  im Bereich Schulen und Feuerwehr. Die Umsetzung dieser Maßnahmen ist weitgehend alternativlos, die Fertigstellung soll bzw. muss in der kürzest möglichen Zeit erfolgen. Es sind jeweils zwischen 15 und 18 Gewerke zu vergeben, die meisten davon EU-weit, maximal 20% davon national. Die reine Bauphase beträgt (abhängig von der Anzahl der Bauabschnitte) jeweils zwischen 18 und 36 Monaten. Im Zuge der Umsetzung unterliegt die Stadt Meerbusch (ebenso wie andere Kommunen) der Volatilität der Baupreise sowie den üblichen Vergaberisiken eines öffentlichen Bauherrn.

 

Andere Kommunen gestaltet den Vergabeprozess von Hochbaugewerken ebenfalls generell sukzessiv (konkret bekannt aus Essen, Mönchengladbach und Neuss). Da die großen (kostenträchtigen) Gewerke idR. am Anfang vergeben werden, ist eine Tendenz der Kostenentwicklung schon im Vergabeverlauf ablesbar, ohne dass Zeitverluste oder zusätzliche Kostenrisiken eintreten.

 

Aus den geschilderten Gründen wird SIm die Ausschreibung und Vergabe von Hochbaugewerken künftig sukzessiv vornehmen. Dies erfolgt eng abgestimmt mit der zentralen Vergabestelle wie auch dem Rechnungsprüfungsamt des Rhein-Kreis-Neuss.

 

è Diese Vorgehensweise stellt lediglich eine Abkehr von einer freiwilligen, stadtinternen Regelung dar und berührt nicht die grundsätzlich geltende Vergabegesetzgebung. Das mit der Geschäftsordnung damals angestrebte Planungsziel der besseren Steuerung von Baumaßnahme kann vor dem geschilderten Hintergrund aktuell nicht mit dieser Regelung erreicht werden.

 

Die übrigen Vorgaben der internen Geschäftsordnung wird SIm weiter beachten. Insbesondere erfolgt zu jeder Maßnahme eine detaillierte Ermittlung und Fortschreibung von Kosten sowohl in der Planungs- wie in der Umsetzungsphase. Eine Information zur Kostenentwicklung erfolgt wie bisher in den jeweiligen Fachausschüssen.

 


In Vertretung

 

gez.

 

Andreas Apsel

Erster und Technischer Beigeordneter