Betreff
Aufhebung der Satzung über die Festlegung des Siedlungsbereichs Kierst als im Zusammenhang bebauter Ortsteil nach § 34 (4) BauGB
Vorlage
FB4/1827/2024
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.       Die Satzung der Stadt Meerbusch über die Festlegung des Siedlungsbereichs Kierst in Meerbusch-Langst-Kierst als im Zusammenhang bebauter Ortsteil nach § 34 (4) BauGB wird aufgehoben.

 

2.       Die Aufhebung der Satzung wird im Amtsblatt der Stadt Meerbusch bekannt gemacht und damit rechtswirksam.

 


Sachverhalt:

 

Die Satzung zur Abgrenzung des im Zusammenhang bebauten Ortsteils Kierst im Stadtteil Langst-Kierst, die am 30.08.2000 im Amtsblatt der Stadt Meerbusch bekannt gemacht worden ist, legt überwiegend deklaratorisch den im Zusammenhang bebauten Ortsteil, innerhalb dessen für Bauvorhaben die Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 34 BauGB gelten, nach § 34 (4) Nr.1 BauGB eindeutig fest – mit der Rechtsfolge, dass die nicht im Geltungsbereich dieser Satzung gelegenen und an diesen angrenzenden Flächen dem Außenbereich gemäß § 35 BauGB zuzuordnen sind, innerhalb dessen wesentlich andere Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens gelten. Im Aufstellungsverfahren der aufzuhebenden Satzung wurde eine Fläche südlich der Schützenstraße sowie einzelne Flächen nördlich der Langster Straße gem. § 34 (4) Nr.3 BauGB in den Innenbereich gemäß § 34 BauGB einbezogen. Die Verbindung einer sog. „Ortsabrundungssatzung" mit der sog. „Klarstellungssatzung“ war grundsätzlich zulässig. Die vorbereitete Ortsabrundung in den fraglichen Bereichen wurde vollzogen.

 

 

Die nach dem 30.08.2000 errichteten Gebäude und vollzogenen Nutzungsänderungen konnten nicht in die seinerzeitige Betrachtung und Abgrenzung einbezogen werden und haben zu einer nicht unwesentlichen Änderung der örtlichen Verhältnisse geführt. Zudem gibt es im fraglichen Zeitraum zwischen 2000 – 2024 mehrere einschlägige Urteile zur Abgrenzung des § 34 BauGB, die zu einer geänderten Sichtweise beitragen.

 

Aus heutiger Sicht wurden die dem Innenbereich zugeordneten Flächen deutlich zu großzügig abgegrenzt; denn nach aktueller Rechtsprechung ist die dem dauernden Aufenthalt dienende Bebauung maßgebend und nicht etwa Grundstücksgrenzen. Nunmehr bestand ca. 25 Jahre Gelegenheit zur Ausnutzung dieses üppigen Spielraumes, was auch teilweise erfolgt ist (z.B. Bebauung Schützenstr. 72-82, Langster Str. 3, Langster Str. 9, Am Dyck 2-8). In der Langster Str. wurde etwa Nr. 47 in 2. Reihe erbaut statt wie geplant als Doppelhaushälfte.

 

Der Geltungsbereich der aufzuhebenden Satzung umfasst u.a. einen Pferdehof, der in den der Komplex "Haus Kierst", eine unter Denkmalschutz stehenden Hofanlage, einbezogen ist. Es bestehen heute erhebliche Zweifel daran, dass Teile des Pferdehofs, die im Geltungsbereich der bisherigen Klarstellungssatzung Satzung liegen – insbesondere die an das eigentliche "Haus Kierst" angebaute Reithalle – zum Innenbereich gehören. Der Zulässigkeit des gewählten Vorgehens steht nicht entgegen, dass die vorderenTeile des bestehenden Pferdehofes eindeutig dem Innenbereich zuzuordnen sind – nämlich die teilweise denkmalgeschützte Hofanlage an der Schützenstraße – und andere dem Außenbereich, und zwar insbesondere die Reithallen.

 

Über die Jahre wurden die städtebaulichen Risiken der aktuellen planungsrechtlichen Situation erkennbar. Insgesamt wurde deutlich, dass eine Ausweitung der Wohnnutzung in den angrenzenden faktischen Außenbereich nicht mehr gewollt war. Die Zielkonflikte boten schließlich auch Anlass zum Beschluss der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 309 „Schützenstraße / Langster Straße“ am 29.06.2017.

 

Das mit der Aufstellung der Satzung ursprünglich verfolgte Ziel der Schaffung "klarer Verhältnisse" mittels einer eindeutigen Abgrenzung des im Zusammenhang bebauten Ortsteils Kierst wird unter Beachtung der heutigen örtlichen Gegebenheiten, der aktuellen Rechtslage und der geänderten städtebaulichen Ziele verfehlt. Vor dem Hintergrund der insoweit bestehenden Zweifel an der Sachgerechtigkeit – und auch der Rechtsbestandsfähigkeit – der Satzung zur Abgrenzung des im Zusammenhang bebauten Ortsteils Kierst soll diese vorsorglich aufgehoben werden.

 

Durch die Aufhebung der Satzung ergibt sich die Rechtsfolge, dass die Abgrenzung zwischen dem Außenbereich und der Ortslage Kierst ausschließlich anhand des vor Ort gegebenen baulichen Bestands im Einzelfall und auf Antrag vorzunehmen ist. Hinsichtlich der weiteren Entwicklung des Bereichs kann davon ausgegangen werden, dass diese auf der Grundlage der bestehenden gesetzlichen Regelungen, insbesondere der §§ 34 und 35 des BauGB, den städtebaulichen Erfordernissen entsprechend erfolgen kann. Sollte sich ein weitergehender städtebaulicher Ordnungsbedarf ergeben, können die Arbeiten am Bebauungsplan Nr. 309 „Schützenstraße / Langster Straße“ weitergeführt werden.

 

Entschädigungspflichten für die Gemeinde ergeben sich durch die Aufhebung der Satzung nicht. Maßgeblich dafür ist, dass gemäß § 42 Abs. 3 BauGB eine Entschädigungspflicht nur entstehen kann, wenn durch einen Eingriff die Zulässigkeit einer baulichen Nutzung innerhalb eines Zeitraums von 7 Jahren nach dem erstmaligen Bestehen der entsprechenden Zulässigkeitsvoraussetzungen eingeschränkt wird oder die Ausübung einer verwirklichten Nutzung oder die sonstigen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks, die sich aus der verwirklichten Nutzung ergeben, unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden. Dies ist hier nicht der Fall, da die Zulässigkeit der derzeit auf den betreffenden Flächen ausgeübten Nutzungen durch die Aufhebung der Satzung nicht gemindert wird. Vielmehr bleiben diese in dem bislang ausgeübten Umfang zulässig. Des Weiteren wird der im Sinne der Rechtsvorschrift maßgebliche Zeitrahmen wesentlich überschritten.

 

Mit der Aufhebung der Klarstellungssatzung werden keine eigenständigen städtebaulichen Ziele verfolgt. Sie erfolgt vielmehr aus Rechtsgründen, um die Anwendung einer Rechtsnorm auszuschließen, die voraussichtlich mit erheblichen Rechtsfehlern behaftet ist.

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen keine Auswirkungen auf den Haushalt.

 


Alternativen:

 

Die in Teilen überholte und rechtsfehlerbehaftete Satzung bleibt weiterhin bestehen, mit der möglichen Folge, dass Grundstücke neu oder anderweitig baulich genutzt werden sollen und im Vertrauen auf die Satzung ein Planungsschaden entstehen kann.