Betreff
Interessenbekundungsverfahren zur Trägerschaft des Betriebs der Kita an der Fröbelstraße
Vorlage
FB21/1798/2023
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Jugendhilfeausschuss beauftragt die Verwaltung, die Trägerschaft der neu zu errichtenden 6-gruppigen Kindertageseinrichtung an der Fröbelstraße in Meerbusch-Osterath dem DRK Grevenbroich zu übertragen.

 


Sachverhalt:

Im Rahmen der Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze in Kindertageseinrichtungen im Stadtgebiet Meerbusch zur langfristigen Sicherstellung einer auskömmlichen Deckung von Betreuungsansprüchen wurde für den Ortsteil Osterath der Neubau einer sechsgruppigen Kindertageseinrichtung projektiert. Das Raumprogramm der Einrichtung ist so gestaltet, dass grundsätzlich in allen Gruppenbereichen auch die Betreuung von unter drei jährigen Kindern möglich ist. Darüber hinaus ist die Einrichtung barrierefrei und somit auch für die Betreuung von Kindern mit körperlichen Handicaps geeignet.

Der Neubau wird von einem Investor auf eigenem Grundstück errichtet und die Trägerschaft soll einem anerkannten Träger der Jugendhilfe übertragen werden, der die Kindertageseinrichtung vom Investor anmietet. Die Fertigstellung des Bauvorhabens ist für Ende 2024 vorgesehen. Der Investor geht davon aus, dass die Gewährung von Zuwendungen für Investitionen anteilig im Zuge eines Investitionskostenzuschussantrages für 100 Plätze in 6 U3-tauglichen Gruppen erfolgt. Der künftige Träger soll hierfür über das Jugendamt einen Antrag auf Investitionskostenzuschuss beim Land NRW für den Neubau und die Erstausstattung des Gebäudes stellen. Insgesamt wäre ein Investitionskostenzuschuss in Höhe von 2.977.000 € möglich. Dieser Zuschuss sollte sich entsprechend positiv auf die Höhe des Mietzinses auswirken, den der Investor erhebt, weil die Förderung die Kreditkosten des Investors erheblich senkt. Grundsätzlich wäre aber auch ohne die Inanspruchnahme eines solchen Investitionskostenzuschusses die Beantragung eines Mietkostenzuschusses des Landes von aktuell 9,71€qm möglich. Die Differenz zwischen der förderfähigen Miete und der tatsächlichen Miete würde seitens der Stadt getragen.

 

Die Entwürfe der Baupläne wurden bereits mit dem Landschaftsverband Rheinland abgestimmt und die Erteilung einer Betriebserlaubnis in Aussicht gestellt.

 

Um den künftigen Träger bereits in die Planungen einbeziehen zu können, wurde verwaltungsseitig, wie in der Informationsvorlage für die letzte Sitzung bereits dargestellt, ein Interessenbekundungsverfahren zur Übertragung der Trägerschaft angestoßen.

 

Zum Ablauf des Verfahrens wird auf die seinerzeitige Informationsvorlage im Jugendhilfeausschuss vom 06.09.2023 verwiesen.

 

Sechs Träger haben sich an dem Interessenbekundungsverfahren beteiligt und Bewerbungsunterlagen eingereicht. Das sind im Folgenden:

 

-      das Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Grevenbroich e.V.

-      die CK Dibber gGmbH mit den Himpelchen & Pimpelchen Kindertagesstätten, Verwaltungssitz Stuttgart

-      die Step Kids gGmbh

-      die Vielfalt Gruppe mit Sitz in Essen

-      die Johanniter Unfallhilfe e.V.

-      der Caritas-Verband Krefeld e.V.

 

In der beiliegenden Tabelle (Anlage 1) wurden die vorliegenden Bewerbungen gegenübergestellt und auch ein Kostenvergleich unter Berücksichtigung der nach dem KiBiz zu veranschlagenden Kindpauschalen, Zuschüsse des Jugendamtes bzw. des Landes und des von den Trägern zu übernehmenden Eigenanteils durchgeführt.

 

2 x Gruppenform I mit jeweils 20 Kindern im Alter von 2-6 Jahren, davon 10 Kinder unter 3 Jahren

2 x Gruppenform II mit jeweils 10 Kindern im Alter von 0-2 Jahren

2 x Gruppenform III mit insgesamt 45 Kindern im Alter von 3-6 Jahren

 

Bei der Annahme einer gleichmäßigen Verteilung auf 35 und 45 Std. Plätze lassen sich nach derzeitigem Stand Kindpauschalen in Höhe von 1.247.242,05 Euro für ein Kindergartenjahr errechnen, die für die Finanzierung von Sach- und Personalausgaben zu veranschlagen sind.

 

Wenn man sich ausschließlich die wirtschaftliche Seite anschaut, ergäbe sich eine Präferenz für einen der Träger Step Kids Kitas oder die Vielfalt gGmbH, da diese Träger mit 2,8% den größten Anteil an der Übernahme des gesetzlichen Trägeranteils zusichern. Eine Übersicht über die finanziellen Auswirkungen können Sie der beigefügten Anlage 2 entnehmen. Der günstigste freie Träger würde im städtischen Haushalt jährlich mit rund 423.000 € zu Buche schlagen, der teuerste Träger mit rund 574.000 €. Bei den 4 günstigsten Trägern liegt die Differenz bei rund 22.000-35.000 €.

 

In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass die finanzielle Lage einzelner Träger sich im Verlauf der Trägerschaft geändert hat und schwieriger wurde. Die ursprüngliche Übernahme der Trägeranteile war diesen nicht mehr (in vollem Umfange) möglich und einzelne Träger baten um die Übernahme der Trägeranteile. Insofern ist die finanzielle Darstellung erfahrungsgemäß eine Momentaufnahme, der im Hinblick auf die Entscheidung für oder gegen einen Träger aus Sicht der Verwaltung nicht das größte Gewicht beigemessen werden sollte.

 

Bei der Auswahl des Trägers sollten aus Sicht der Verwaltung stattdessen vor allem die fachlichen, konzeptionellen und organisatorischen Aspekte im Vordergrund stehen.

 

Grundsätzlich stellen alle Bewerber in ihren Konzepten auf eine ganzheitlich orientierte, stärken- und situationsorientierte Förderung und Bildung von Kindern ab. Wesentliche Merkmale wie Selbstbildung, Partizipation, Sprachförderung und Inklusion finden sich in allen Konzepten wieder.

 

Besonders hervorzuheben ist hier das von dem DRK Grevenbroich vorgelegte Konzept für eine Kindertageseinrichtung in Meerbusch-Osterath, das sehr differenziert auf die pädagogischen Grundlagen und Ziele, Tagesablauf und Organisation, Elternarbeit und dezidiert auf die Umsetzung der Ziele in den verschiedenen Bildungsbereichen eingeht und dessen konzeptioneller Schwerpunkt wie bei keinem anderen Träger in der inklusiven Pädagogik liegt, die sich darstellt in größtmöglicher Partizipation sowohl der Kinder als auch der Sorgeberechtigten und ein ganzheitliches System schafft, wo komplementäre Unterstützungssysteme und Netzwerke das Angebot der Bildung, Betreuung und Erziehung ergänzen und Chancengleichheit ermöglichen. Dieser inklusive Ansatz ist ein Alleinstellungsmerkmal des DRK Grevenbroich unter den Interessenten.

 

Ein besonderer Bildungsschwerpunkt liegt im Bereich sprachlicher Entwicklung und Kommunikation, auch hier mit dem Augenmerk auf Integration und Teilhabe. Neben einer Einbindung in die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ ist eine Beteiligung am Bundesprogramm „Sprach-Kita „Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ geplant. Besonders hinzuweisen ist hier auf die ausführlichen Ausführungen zur Beachtung der Kinderrechte und der Einhaltung bzw. Umsetzung des Kinderschutzes.

 

Besonders das Augenmerk des Trägers auf Inklusion wird seitens der Verwaltung als gewinnbringend angesehen.

 

Mit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention sind Träger der Kindertagesbetreuung aufgefordert, Rahmenbedingungen für die gemeinsame Bildung und Erziehung aller Kinder in den jeweiligen Einrichtungen zu schaffen und sicherzustellen. Das Kinderbildungsgesetz NRW (KiBiz) und das seit dem 1. Januar 2020 in Kraft getretene Bundesteilhabegesetz (BTHG) bilden die Grundlage für den finanziellen Rahmen entsprechender Angebote. Heilpädagogische Kindertageseinrichtungen sollen demnach schrittweise in das System der Regel-Kitas übergehen. Im Umkehrschluss muss sichergestellt sein, dass sich Regel-Kitas weiter öffnen und in die Lage versetzt werden, auch Kinder mit besonders hohem Förderbedarf aufnehmen zu können.

 

Im Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX haben die Vertragsparteien vereinbart, die Leistungserbringung in heilpädagogischen Kindertageseinrichtungen in NRW zunächst auf der Basis der bisherigen Regelungen fortzuführen. Ziel ist, dass der Umstellungsprozess in KiBiz-finanzierten Einrichtungen ab dem 1. August 2028 Wirkung entfaltet.

 

Aus der Verpflichtungserklärung der UN-Behindertenrechtskonvention kann entnommen werden, dass Menschen mit Behinderung innerhalb des allgemeinen Bildungssystems zu unterstützen sind und nicht in exklusiven Einrichtungen ausgeschlossen werden sollen. Um diesen Bildungsanspruch auch für Kinder mit besonders hohem Betreuungsbedarf - z. B. Kinder mit schweren, mehrfachen Behinderungen - in Regel-Kindertageseinrichtungen verwirklichen zu können, bedarf es langfristig einer Trägerlandschaft, die über eine konzeptionelle Umsetzung des inklusiven Gedankens verfügt und Inklusion auch lebt.

 

 

Alternative

 

a)     

Der Caritasverband ist ein Sozialunternehmen auf der Grundlage der christlichen Religion, das sich für die Betreuung von alten Menschen, Kindern und Jugendlichen sowie Menschen mit Suchtproblemen einsetzt. Der Träger betreibt in Krefeld eine 3gruppige Kindertageseinrichtung als Familienzentrum nach dem Konzept der Reggio-Pädagogik. In Meerbusch unterhält die Caritas eine Pflegestation mit ambulanten und niederschwelligen Hilfen für Senioren und ihre Familien. Ergänzt wird dies durch den „Fahrbaren Mittagstisch“ und den Hausnotruf. Am Standort Strümp wurde eine neue Tagespflege für Senioren eröffnet und alle Dienste an diesem Standort zusammengelegt.

 

Für die neue Kita in Osterath würde sich die Caritas ein pädagogisches Konzept in Anlehnung an Reggio oder ein ähnliches teiloffenes Konzept vorstellen. Konzeptionelle Schwerpunkte werden auf die alltagsintegrierte Sprachförderung, Partizipation, experimentelles Lernen und die Demokratiebildung gelegt. Besonders hervorzuheben bei der Bewerbung des Caritasverbandes ist die Einbettung in den Sozialraum und die angestrebte Vernetzung mit anderen Einrichtungen (Kitas, Schulen). Eine Sozialraumanalyse soll die Bedarfe der im Ortsteil lebenden Menschen erheben, um auf Wünsche der Eltern und Anforderungen der Kinder eingehen zu können. Zur Unterstützung des sozialräumlichen Ansatzes wäre für diesen Träger eine zukünftige Zertifizierung als Familienzentrum wünschenswert. Im Rahmen von Migrations- und Flüchtlingsberatung ist der Träger mit der Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte vertraut.

Die Caritas wünscht sich für den Fall der Trägerübernahme eine stufenweise Inbetriebnahme der neuen Einrichtung. Mit einer Übernahme eines Trägeranteils von 1% wäre hier eine Beteiligung an der Finanzierung gegeben.

 

b)     

Bei Übernahme der Trägerschaft durch die Stadt Meerbusch wäre die Einrichtung an der Fröbelstraße die 10. Einrichtung in städtischer Trägerschaft.

Finanziell ergäbe sich daraus, dass Jugendamts- und Trägeranteil (zus. 100%) an den Kindpauschalen insgesamt von der Stadt zu tragen wären. Eine Refinanzierung der Kindpauschalen durch das Land beläuft sich hier auf 37,2% (statt 40% bei freier Trägerschaft). Bei Übernahme in kommunale Trägerschaft müsste von der Beantragung der Investitionskostenförderung wegen höherer Vergabeanforderungen bei Beantragung durch einen kommunalen Träger abgesehen und über die Mietförderung im Rahmen des KiBiz eine anteilige Refinanzierung der Mietkosten durch das Land erreicht werden. Der Mietzins, den der Investor erhebt, würde ohne eine Inanspruchnahme des Investitionskostenzuschusses aber entsprechend höher ausfallen, weil der Investor dann höhere Kredite für seine Investition aufnehmen muss.

 

Konzeptionell würde sich eine städtische Einrichtung im Bereich einer Teiloffenen Einrichtung bewegen und die verankerten Bildungsgrundsätze in den 10 Bildungsbereichen bedienen, eine spezielle pädagogischen Ausrichtung wäre bei Übernahme der Trägerschaft noch zu bestimmen. Generell ist die Stadt mit ihrem Engagement in vielen Bereichen („Haus der kleinen Forscher“, „Fitnetz“, 3 Familienzentren, vielfältiges Engagement im Bereich der Inklusion und Integration, Sprachförderung, 4 plusKitas, reggio-Pädagogik, Montessori-Pädagogik, teiloffene Arbeit, Kinderschutzkonzepte) fachlich kompetent und breit aufgestellt. Durch die gute Vernetzung und Zusammenarbeit der Einrichtungen und auch die insgesamt große Personalressource, können personelle Engpässe untereinander kompensiert werden. In Zeiten des Fachkräftemangels und allgemein steigender Unsicherheiten stellt die Kommune sich als verlässlicher und damit attraktiver Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt dar.

 

Im Hinblick auf die Maßgabe des SGB VIII, dass Freien Trägern bei der Vergabe von Einrichtungen der Vorzug zu geben ist, sei darauf hingewiesen, dass die Stadt Meerbusch zuletzt 2008 mit der Übernahme der AWO Kindertagesstätte Fronhof eine Trägerschaft übernommen hat. Die ebenso im SGB VIII angemahnte Trägervielfalt, würde durch die Übernahme der Einrichtung Fröbelstraße in städtische Trägerschaft nicht geschmälert, da weiterhin 17 Kitas in anderer Trägerschaft (Ev. und Kath. Kirche, Elterninitiativen, eingetragene Vereine, Freie Träger als gGmbH) die Kitalandschaft prägen und verschiedene Betreuungswünsche der Eltern abdecken.

 

Vier weitere Träger hatten sich am Auswahlverfahren beteiligt, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in die engere Wahl gekommen sind.

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

 

Grundlage:

 

Planung einer 6gruppigen Einrichtung mit

 

2 x Gruppenform I mit jeweils 20 Kindern im Alter von 2-6 Jahren, davon 10 Kinder unter 3 Jahren

2 x Gruppenform II mit jeweils 10 Kindern im Alter von 0-2 Jahren

2 x Gruppenform III mit insgesamt 45 Kindern im Alter von 3-6 Jahren

 

Bei der Annahme einer gleichmäßigen Verteilung auf 35 und 45 Std. Plätze lassen sich nach derzeitigem Stand Kindpauschalen in Höhe von 1.247.242,05 Euro für ein Kindergartenjahr errechnen, die für die Finanzierung von Sach- und Personalausgaben zu veranschlagen sind.

 

 

Es ergeben sich die in der Anlage 2 dargestellten Auswirkungen auf den städtischen Haushalt

bei:

Trägerschaft der DRK:             457.848,44 €

 

Variante a) Caritas e.V.:          445.367,02 €

Variante b) Stadt Meerbusch: 492.771,22 €.

 

 

 


Alternativen:

Der Jugendhilfeausschuss beauftragt die Verwaltung, die Trägerschaft der 6-gruppigen Kindertageseinrichtung an der Fröbelstraße in Meerbusch-Osterath

 

a)    dem Caritas Verband für die Region Krefeld e.V.

 

oder

 

b)    die Einrichtung in die Trägerschaft der Stadt Meerbusch zu übernehmen.