Betreff
Vereinbarung mit der Diakonie Düsseldorf und Rhein-Kreis Neuss über die Führung von Vormundschaften/Pflegschaften für Minderjährige
Vorlage
FB21/1735/2023
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Jugendhilfeausschuss beauftragt die Verwaltung, mit der Diakonie Düsseldorf, Hohenzollernstraße 23-25, 40211 Düsseldorf und der Diakonie Rhein-Kreis Neuss, Venloer Str. 68, 41462 Neuss Vereinbarungen über die Führung von Vormundschaften und Pflegschaften für Minderjährige abzuschließen.

 


Sachverhalt:

 

In NRW befinden sich derzeit (Stand: 15.08.2023) landesweit 8.379 unbegleitete ausländische Minderjährige (UMA). Die Verteilung auf die Kommunen erfolgt weiterhin nach dem sog. Königsteiner Schlüssel wonach auf die Stadt Meerbusch eine Quote von 0,30740 entfällt. Dies entspricht derzeit einer Soll-Zuständigkeit für 26 UMA. Dem stehen aktuell 24 bereits zugewiesene UMA gegenüber, womit die Quote zu 93,2 % erfüllt wird. Zu Beginn des Jahres lag die Soll-Zuständigkeit bei 16 UMA. Auch zukünftig ist mit einer weiteren Steigerung der zugewiesenen UMA zu rechnen.

 

Die derzeit 24 an Meerbusch zugewiesenen UMA kommen aus 5 verschiedenen Herkunftsländern. Die Hälfte stammt aus Afghanistan (12), gefolgt von Syrien (6), Somalia (3), der Türkei (2) und Guinea (1).

 

Das Durchschnittsalter beträgt 16,5 Jahre und liegt in einer Spanne von 16 – 18 Jahren, wovon 4 UMA zwischenzeitlich volljährig wurden. Die Unterbringung erfolgt anhand der Bedarfe und bestehender Kapazitäten hauptsächlich in Form von Wohngruppen (22 UMA). Hiervon befinden sich 6 UMA noch in der Inobhutnahme im Rahmen der sog. Brückenlösung. 2 UMA sind bei Verwandten untergebracht.

 

Örtlich erfolgt die Unterbringung und Betreuung der UMA durch verschiedene Träger der Jugendhilfe. So ist der Großteil der UMA mit 13 Personen in unterschiedlichen Wohnungen der Kinder- und Jugendhilfe Rheinland (kjhr) in Krefeld untergebracht und betreut. 4 UMA befinden sich unter der Trägerschaft der Evangelischen Jugend- und Familienhilfe in Neuss, 2 bei der Graf-Recke-Stiftung in Düsseldorf, 1 bei der Anna-Stiftung in Köln, 1 beim Trotzdem e.V. in Versmold und 1 bei AHA in Wuppertal. Die in der Brückenlosung betreuten UMA befinden sich in Kaarst bei der Evangelischen Jugend- und Familienhilfe.

 

Die beiden UMA, die bei Verwandten untergebracht sind, erhalten flankierend eine sozialpädagogische Familienhilfe. Zudem besteht auch für beide UMA eine Vormundschaft.

Die 4 Volljährigen erhalten durchweg Hilfe für junge Volljährige und zählen weiterhin mit zur Erfüllung der Quote – nur die Vormundschaft fällt kraft Gesetzes weg. Hieraus resultiert, dass die Quote der zugewiesenen UMA nicht direkt auch den Bedarf der notwendigen Vormundschaften zum Ausdruck bringt.

Das Ziel im Rahmen der Hilfe für Junge Volljährige liegt nicht nur darin, die akuten Bedürfnisse und Herausforderungen minderjähriger Asylsuchender zu adressieren, sondern auch sicherzustellen, dass diese jungen Menschen auf ihrem Übergang in das Erwachsenenalter angemessen unterstützt werden. Dies ist ein besonders sensibler und kritischer Schritt, da er oft über die Zukunft und Integration dieser jungen Erwachsenen in unsere Gesellschaft entscheidet.

 

Pro UMA fallen Kosten in Höhe von ca. 7.000 Euro monatlich an. Hierin enthalten sind die Kosten der Unterbringung, die Kosten der Betreuung durch die Jugendhilfeträger, sowie die Kosten der Krankenhilfe. Diese Kosten werden nahezu komplett durch das Land erstattet. Hinzu kommen die Kosten für die Vormundschaften durch den Betreuungsverein in Höhe von ca. 1.300 Euro monatlich insgesamt bei derzeit 17 Vormundschaften, sowie die Kosten für die sog. Brückenlösung durch die pädagogische Ambulanz. Die Plätze im Rahmen der Brückenlösung werden nur bei Bedarf in Anspruch genommen und belaufen sich auf ca. 800 Euro monatlich insgesamt.

 

Aufgrund einer Kooperationsvereinbarung vom 15.11.2015 mit dem Betreuungsverein Niederrhein e.V. soll die Führung der Vormundschaften durch den Betreuungsverein grundsätzlich mit einer Kapazität von bis zu 25 Mündeln erfolgen. Wegen personeller Engpässe dort werden aktuell nur 17 Vormundschaften geführt.

In der 31. KW (Anfang August) teilte der Betreuungsverein Niederrhein e.V. auf Anfrage des Jugendamtes auf Übernahme einer weiteren Vormundschaft mit, dass aus Gründen der personellen Engpässe derzeit und bis auf Weiteres keine weiteren Übernahmen erfolgen könnten. Weil bereits neue UMA zugewiesen waren und der Vormundschaft bedurften, wurde 1 Vormundschaft vom Jugendamt Meerbusch und 2 Vormundschaften durch die Diakonie Rhein-Kreis-Neuss übernommen. Als zusätzlicher Kooperationspartner konnte noch die Diakonie Düsseldorf gewonnen werden.

Bei diesen beiden Trägern handelt es sich um die einzigen vom LVR zugelassenen Vormundschaftsvereine, die in einem erreichbaren Umkreis zugelassen sind und überhaupt noch freie Kapazitäten anbieten konnten.

 

Wegen der geringen Kapazitäten, der hohen Dynamik in der Zuweisung der UMA, der Zusammenarbeit mit den Trägern, die Wohnraum und alltägliche Betreuung sicherstellen, bleibt die Versorgung der UMA ab der Zuweisung eine Herausforderung.

 

Selbst wenn der Betreuungsverein das maximale Soll von 25 Vormundschaften erfüllen würde, reicht dies zur Bereitstellung der Vormundschaften bei der bereits jetzt bestehenden Quote von 26 UMA nicht aus. Da der Bedarf durch die voraussichtlich steigenden Zahlen bei den UMA weiterhin wachsen wird, ist die Hinzuziehung weiterer Träger aus Sicht der Verwaltung alternativlos, um den gesetzlichen Verpflichtungen auch weiterhin nachkommen zu können.

 

Die Vereinbarung mit dem Betreuungsverein vom 15.11.2015 sieht eine minutengenaue Abrechnung analog zum Bundesjustizvergütungsgesetz vor. 2015 wurde ein Stundensatz in Höhe 23,43 Euro vereinbart, der jährlich um 1,5 % steigt. Aktuell liegt der Stundensatz bei 26,79 Euro. Die Abrechnung erfolgt quartalsweise. Im 2. Quartal 2023 wurden bei 15 geführten Vormundschaften mit einem Stundenaufwand von 11,5 Stunden pro Vormundschaft im Mittel 308 Euro pro Vormundschaft abgerechnet.

 

Die Diakonie Düsseldorf rechnet quartalsweise einen Pauschalbetrag von 140,00 Euro je geführter Vormundschaft ab. Pro Vormundschaft fallen dort – dann unabhängig von den geleisteten Stunden – 420 Euro an. Vorgesehen ist dort die Belegung mit 2 Vormundschaften. Eine Kontingentlösung kann von der Diakonie Düsseldorf derzeit aufgrund schwankender Kapazitäten nicht vereinbart werden.

 

Die Diakonie Rhein-Kreis Neuss hat noch keine Vereinbarung vorgelegt aber bereits mitgeteilt, dass dort 55 Euro pro Stunde und Vormundschaft minutengenau, quartalsweise abgerechnet werden.

Bei 2 geführten Vormundschaften und analog der 11,5 Stunden im Mittel entstünden dort Kosten in Höhe von 632,50 Euro pro Quartal und Vormundschaft, insgesamt also 1.897,50 Euro

 

Das Jugendamt verfügt aktuell über eine Teilzeitstelle mit einem Stundenumfang von 30 Stunden zur Führung von Vormundschaften und Pflegschaften. Dort werden aktuell 20 Vormundschaften und Pflegschaften geführt. Entsprechend dem Qualitätsstandard des LVR beträgt die Höchstzahl für eine solche Teilzeitstelle rechnerisch rund 22 Vormundschaften und Pflegschaften. Die eigenen Kapazitäten für die Übernahme der UMA Vormundschaften sind daher nicht gegeben. Dies ist auch deswegen nicht sinnvoll, weil sich durch die Übernahme der UMA-Vormundschaften durch den Betreuungsverein auch das Fachwissen der spezifischen Rechtsgebiete – insbesondere das Ausländerrecht – dort konzentrieren kann.

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

 

Im Produkt: 060.363.300 „Gesetzliche Vertretungen“, Sachkonto: 5421 0000 „Aufwendungen für ehrenamtliche und sonstige Tätigkeiten“ besteht für das Haushaltsjahr 2023 ein Ansatz in Höhe von 12.000 Euro.

 

Die ersten beiden Quartale sind bereits an den Betreuungsverein in Höhe von 8.479,01 Euro ausgezahlt. D.h. bei gleicher Belegung entstünden bereits jetzt Kosten in Höhe von 17.000 Euro für das gesamte Jahr 2023 (8.500 x 2).

 

Für die letzten 1,5 Quartale 2023 entsteht für jeweils 2 Vormundschaften bei der Diakonie Düsseldorf ein Mehraufwand in Höhe von 1.260 Euro (420*2*1,5) und bei der Diakonie Rhein-Kreis Neuss ein Mehraufwand in Höhe von 1.897,50 Euro.

 

Insgesamt ist bereits jetzt für das Jahr 2023 mit einem Mehraufwand in Höhe von aufgerundet 8.200 Euro zu rechnen bei gleichbleibender Belegung und die vorgenannten 4 Vormundschaften über die Diakonien. Bei Erhöhung um zwei weitere Vormundschaft bis Jahresende entstehen voraussichtlich noch weitere Kosten, die sich gerundet auf insgesamt 10.000 Euro an Mehraufwand summieren. Dieser Mehraufwand erhöht sich entsprechend mit jeder weiteren Zuweisung. Eine entsprechende überplanmäßige Mittelbereitstellung in Höhe von 10.000 Euro ist erfolgt.

 

Da die Verträge mit Diakonie und Betreuungsverein eine Laufzeit von jeweils einem Jahr haben und frühestens zum September 2024 gekündigt werden können, wirken sich diese ebenfalls auf den Haushalt für das Jahr 2024 aus. Hinzukommt, dass mit einer steigenden Anzahl der Zuweisungen zu rechnen ist. Selbst wenn der Betreuungsverein durch personelle Aufstockung oder volljährig werdende UMA das vereinbarte Soll in Höhe von maximal 25 Vormundschaften in 2024 erfüllen würde, kann durch die stetig steigende Anzahl der zugewiesenen UMA bereits jetzt von einem weitaus höheren Bedarf ausgegangen werden. Ausgegangen von geschätzten 33 UMA für das Jahr 2024 und bei gleicher Verteilung auf die Diakonie Düsseldorf und Rhein-Kreis Neuss mit jeweils 4 Vormundschaften, ergibt sich folgende Auswirkung für den Haushalt:

 

4 Vormundschaften bei der Diakonie Düsseldorf für 4 Quartale = 6.720 Euro

4 Vormundschaften bei der Diakonie Rhein-Kreis Neuss für 4 Quartale = 10.120 Euro

25 Vormundschaften beim Betreuungsverein Niederrhein e.V. für 4 Quartale = 30.800 Euro

 

Der Ansatz für 2024 ist demnach mit rund 48.000 Euro im Produkt: 060.363.300 „Gesetzliche Vertretungen“, Sachkonto: 5421 0000 „Aufwendungen für ehrenamtliche und sonstige Tätigkeiten“ zu berücksichtigen.

 


Alternativen:

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