Betreff
Neuausrichtung der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Meerbusch-Büderich
Vorlage
FB21/1732/2023
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt, die jährlich durch den Rat im städtischen Haushalt in Höhe von 84.500 € für die Personal- und Betriebskosten des Jugendzentrums „Oase“ vorgesehenen Mittel im Produkt 060 362 010, Konto 5318 0000 bis auf Weiteres für die Einrichtung einer zusätzlichen Stelle in der städtischen mobilen Jugendsozialarbeit speziell für den Stadtteil Büderich bereitzustellen. Über die Aufnahme in den Stellenplan entscheiden in der Folge der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss und der Rat. Mit Aufnahme der Stelle in den Stellenplan kann die Mittelanmeldung im Haushalt in Produkt 060 362 010, Konto 5318 0000 entsprechend gestrichen werden.

 


Sachverhalt:

Das Jugendzentrum „Oase“ der kath. Kirchengemeinde St. Mauritius & Heilig Geist in Büderich wird zu September 2023 von der Kirchengemeinde aufgrund des geplanten Abrisses des bisherigen Pfarrzentrums aufgegeben. Seit dem Jahr 2018 stand dieser Abriss an und wurde aus unterschiedlichen Gründen mehrfach verschoben. Zeitgleich geht der bisherige langjährige Jugendleiter der Einrichtung zum 30.09.2023 in den Ruhestand.

 

Mindestens für die Zeit der Bauphase von ca. 2 Jahren soll laut Auskunft des Bistums keine offene Kinder- und Jugendarbeit mehr angeboten werden. Ob nach der Fertigstellung des Neubaus wieder ein Angebot eingerichtet wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar.

 

Damit verliert der größte Stadtteil Meerbuschs mindestens für den Zeitraum von 2 Jahren eine für Kinder und Jugendliche wichtige Anlaufstelle der offenen Kinder- und Jugendarbeit.

 

Unter Offener Kinder- und Jugendarbeit werden Angebote verstanden, die von jedem Kind oder Jugendlichen unabhängig von Religionszugehörigkeit, geschlechtlicher Identifikation, Nationalität oder Herkunft besucht werden können. Die Angebote sind nicht an eine Mitgliedschaft gebunden und sind in der Regel kostenfrei. Die Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit leisten einen Beitrag zur Integration und helfen Ausgrenzung zu vermeiden. Die Angebotsorte und -formen sind dabei sehr vielfältig. Sie reichen von Jugendzentren, Häusern der offenen Tür, Kinder- und Jugendtreffs bis hin zu Spielmobilen oder Abenteuerspielplätzen und bieten unterschiedliche Freizeitmöglichkeiten, Projektarbeit zu bestimmten Themen, sportliche oder handwerkliche Aktivitäten, Medienangebote, Hausaufgabenhilfen und vieles mehr an. Zu den weiteren inhaltlichen Schwerpunkten und Qualitätskriterien der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Meerbusch wird auf die Ausführungen im Kinder- und Jugendförderplan der Stadt Meerbusch 2022 – 2025, Seiten 39 ff. verwiesen.

 

Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit werden nach Schließung der Oase im Stadtteil Büderich noch von den Einrichtungen Arche Noah und dem städt. Abenteuerspielplatz vorgehalten.

 

Beide Einrichtungen liegen im Süden von Büderich und haben jeweils eine sehr spezielle Ausrichtung. Die Arche Noah bietet tiergestützte Angebote für Kinder und Jugendliche. Diese Angebote werden einerseits stark von kleineren Kindern in Begleitung ihrer Eltern / Großeltern als Freizeitangebot besucht, andererseits werden die Angebote der Jugendfarm in der Versorgung und Pflege der Tiere bzw. des Reitens insbesondere von Mädchen wahrgenommen.

 

Der Abenteuerspielplatz bietet handwerkliche und naturnahe Angebote für seine Zielgruppe an. Der Abenteuerspielplatz wird überwiegend von Kindern aus dem direkten Umfeld regelmäßig besucht, für die der Platz in vielen Fällen ein „zweites Zuhause“ darstellt. Aufgrund der über lange Jahre unveränderten Belegschaft sind hier intensive Beziehungen zu den Kindern entstanden, die zum Teil nun bereits selbst erwachsen sind und schon wieder mit ihren Kindern den Platz besuchen.

 

Sowohl aufgrund der sehr spezifischen Ausrichtungen, als auch der gegebenen räumlichen Verhältnisse sind beide Einrichtungen nicht geeignet, durch zusätzliche Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit den Wegfall des Jugendzentrums Oase zu kompensieren.

 

Gemäß dem Sozialgesetzbuch VIII sind jungen Menschen die erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Im SGB VIII § 11 Absatz 1 heißt es dazu:

„(1) Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.“

 

Dem Jugendamt, bestehend aus der Verwaltung des Jugendamtes und dem Jugendhilfeausschuss, obliegt im Sinne der Gesamtverantwortung die Planung, Gestaltung, Förderung, Entwicklung und Sicherstellung einer bedarfsgerechten Infrastruktur der Kinder- Jugendarbeit.

 

Die Sozialraumbeschreibung im Kinder- und Jugendförderplan zeigt auf, dass sich (Stand 2020) insgesamt 10.556 Kinder und Jugendliche in einer Altersgruppe von 0 bis unter 19 Jahre befinden.

Aufgrund von neuen Baugebieten und Zuzügen wird sich die Bevölkerung aber stetig weiterentwickeln. Mit Stichtag 31.12.2022 waren in dieser Altersgruppe schon 10.986 Personen (Quelle IT NRW).

 

In der Gruppe der 6- bis unter 18-jährigen, als wesentliche Zielgruppe für Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, stellt sich in der Prognose der Bevölkerungszuwachs in den einzelnen Ortsteilen wie folgt dar:

Bevölkerungsprognose: 6 – u 18-jährige für Meerbusch bis 2030 (Quelle Kinder- und Jugendförderplan Stadt Meerbusch 2022-2025)

 

Hier zeigt sich, dass sich im Stadtteil Büderich nach Osterath, der höchste Zuwachs ergeben wird. Nach der Prognose werden im Jahr 2024 ca. 2.751 Kinder und Jugendliche von 6 – unter 18 Jahren in Büderich leben, bis 2030 steigt ihre Zahl bis auf knapp 3.000 weiter an.

 

Die o.g. Ausführungen und Zahlen verdeutlichen, dass im Ortsteil Büderich auch zukünftig ein Angebot der Offenen Kinder- und Jugendarbeit zur Versorgung der 6 bis unter 18-jährigen Kinder und Jugendlichen erforderlich ist. Allen jungen Menschen soll auch zukünftig eine von der „Institution Schule“ unabhängige Anlaufstelle in ihrer Lebenswelt, für ihre Sorgen und Nöte, zu ihrer Unterstützung und zur sinnvollen und mit Gleichaltrigen gemeinsam gestalteten Freizeit zur Verfügung gestellt werden können.

 

Um den gebotenen Anforderungen zu entsprechen, muss dieses Angebot auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen in der Offenen Kinder-und Jugendarbeit hin konzipiert werden. Dabei sind die Grundsätze der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Angebotsausgestaltung von Anfang an zu berücksichtigen.

 

Da in Büderich derzeit keine Immobilie bzw. kein Träger mit geeigneten Räumen für Offene Kinder- und Jugendarbeit zur Verfügung steht, sieht die Verwaltung in dem Ausbau der mobilen Angebote daher einen bedarfsgerechten Weg. Die bisherigen Erfahrungen der städtischen mobilen Jugendsozialarbeit zeigen, dass die Mitarbeiter*innen einen guten Kontakt zur Zielgruppe haben und die Kinder und Jugendlichen mit ihren Angeboten gut erreichen. Neben der Umsetzung vielfältiger politischer Bildungsangebote (z.B. „u-18-Wahlen“, „Kommunalpolitisches Praktikum“), Partizipationsangeboten (z.B. „Meer-Check“) finden Kinder und Jugendliche stets Ansprechpartner für ihre Sorgen, Nöte und Probleme oder aber auch Unterstützer ihrer Anregungen wie z.B. den Bau einer Mini-Ramp in Langst-Kierst oder Beteiligung bei den Planungen von Spielflächen (zuletzt Camesallee).

 

Durch die nun erfolgte Anmietung von Räumen „Im Böhlerhof“ (ehem. AWO Mütterzentrum) verfügt die städt. mobile Jugendsozialarbeit über ein eigenes Büro in Büderich sowie einen Besprechungsraum, in dem die Mitarbeiter*innen mit kleinen Gruppen von Jugendlichen unterschiedliche Angebote wie etwa Bewerbungstrainings oder Beratungsgespräche durchführen können. Diese Räumlichkeiten ermöglichen es auch, in den Wintermonaten neben den sehr regen Kontakten über „social media“ einen persönlichen regelmäßigen Austausch mit den Kindern und Jugendlichen zu haben.

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

 

Mit Aufnahme einer weiteren Vollzeitstelle „mobile Jugendsozialarbeit“ in den Stellenplan kann die Mittelanmeldung in Höhe von 84.000€ im Haushalt im Produkt 060 362 010, Konto 5318 0000 entfallen. Die Personalkosten in Höhe von derzeit 67.279,42 € werden sodann als Aufwand im Produkt 060 362 010 berücksichtigt

 


Alternativen:

Der Jugendhilfeausschuss spricht sich gegen eine Empfehlung der Einrichtung einer weiteren Stelle in der städtischen mobilen Jugendsozialarbeit speziell für den Stadtteil Büderich aus.