Beschlussvorschlag:
Der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Meerbusch, den Erlass der beigefügten Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus besonderem Anlass (Anlage 1) zu beschließen.
Sachverhalt:
Anlässlich der nachfolgend aufgeführten Veranstaltungen wurde von den örtlichen Werbegemeinschaften angeregt, diese Sonntage als verkaufsoffene Sonntage freizugeben:
Datum Veranstaltung Ortsteil
07.05.2023 Maimarkt Meerbusch-Osterath
04.06.2023 Ökomarkt Meerbusch-Lank
Nach § 4 des Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz – LÖG NRW) vom 16.11.2006 (GV. NRW. 2006 S. 516 / SGV. NRW. 7113), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.03.2018 (GV. NRW. S.172) dürfen Verkaufsstellen an Werktagen ohne zeitliche Begrenzung geöffnet sein (allgemeine Ladenöffnungszeit). Abweichend hiervon dürfen nach § 6 Abs. 1 des v.g. Gesetzes an jährlich höchstens acht, nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen Verkaufsstellen im öffentlichen Interesse ab 13 Uhr bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein.
Ein öffentliches Interesse liegt nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 v.g. Gesetzes insbesondere vor, wenn die Öffnung im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt.
Darüber hinaus muss zwischen der Veranstaltung und der Ladenöffnung ein angemessenes Verhältnis bestehen. D.h., dass die öffentliche Wirkung der Veranstaltung gegenüber der typischen werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss. Die Ladenöffnung darf nur bloßer Annex zur Veranstaltung sein (OVG Münster, Beschluss vom 02.11.2018).
Nach § 6 Abs. 4 des v.g. Gesetzes wird die zuständige Ordnungsbehörde ermächtigt, die Tage nach Abs. 1 durch Verordnung freizugeben. Die Freigabe kann sich auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige beschränken.
Die Gemeinden haben danach das Vorliegen eines hinreichenden öffentlichen
Interesses zu prüfen
und anhand konkreter Umstände insbesondere darzulegen und zu begründen, warum
im Einzelfall
ein hinreichendes öffentliches Interesse aufgrund der in § 6 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1
bis 5 LÖG NRW benannten Sachgründe oder eines anderen Sachgrundes vorliegt.
Ein öffentliches Interesse ist, wie zuvor dargelegt, aus vielerlei Sachgründen
gegeben, so dass aus
Sicht der Verwaltung die Voraussetzungen für die Freigabe der verkaufsoffenen
Sonntage vorliegen.
Vor Erlass der Rechtsverordnung zur Freigabe der Tage nach Abs. 1 sind die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und Kirchen, die jeweilige Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer anzuhören. Dies ist mit Email vom 23.02.2023 erfolgt.
Sowohl der Handelsverband Nordrhein-Westfalen wie auch die IHK Mittlerer
Niederrhein haben keine Bedenken gegen beabsichtigten Sonntagsöffnungen
erhoben.
Seitens der Kirchengemeinden
wurden bislang keine Stellungnahmen abgegeben.
Die Vereinte
Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat hingegen im Rahmen dieser Anhörung
folgende Bedenken vorgetragen:
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di lehnt verkaufsoffene
Sonntage aus grundsätzlichen
Erwägungen ab. Sie beruft sich dabei auf Entscheidungen sowohl des
Bundesverfassungsgerichtes
(Urteil vom 01.12.2009) wie auch des Bundesverwaltungsgerichtes (Urteile vom
11.11.2015 und
17.05.2017).
Mit Urteil vom 01.12.2009 hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass die
Sonn- und Feiertagsgarantie nicht nur die Ausübung der Religionsfreiheit
schützt und fördert. Die Arbeitsruhe dient
darüber hinaus der physischen und psychischen Regeneration und damit der
körperlichen Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz. Die Statuierung
gemeinsamer Ruhetage dient dem Schutz
von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG). Auch die Vereinigungsfreiheit lässt
sich so effektiver wahr-
nehmen (Art. 9 Abs. 1 GG). Der Sonn- und Feiertagsgarantie kann schließlich ein
besonderer Bezug
zur Menschenwürde beigemessen werden, weil sie dem ökonomischen Nutzendenken
eine Grenze
zieht und dem Menschen um seiner selbst willen dient.
Mit Urteil vom 17.05.2017 hat das Bundesverwaltungsgericht die Unwirksamkeit
einer Rechtsverordnung zur Freigabe der Ladenöffnung an einem Sonntag
festgestellt. Im zu entscheidenden Fall
war ein hinreichend gewichtiges öffentliches Interesse an der Freigabe der
Ladenöffnung an einem
Sonntag im zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Umfang nicht gegeben. Das
alleinige Um-
satz- und Erwerbsinteresse der Handelsbetriebe und Shoppinginteresse der
Kundschaft reichte nicht
aus.
Zudem weist ver.di auf die vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom
22.06.2022 präzisierten
Anforderungen an die räumliche Ausdehnung einer Ladenöffnung hin. Die
Ladenöffnung darf sich
danach nicht auf Gebiete erstrecken, in denen der Bezug zum
Veranstaltungsgeschehen für die Öffentlichkeit nicht mehr zu erkennen ist.
Die Stellungnahme der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ist der Vorlage als
Anlage 2 beigefügt.
Aus Sicht der Verwaltung sind die
Voraussetzungen für die Freigabe verkaufsoffener Sonntage hier
für beide genannten Sonntage erfüllt. Die Freigabe der verkaufsoffenen Sonntage
erfolgt aus Anlass
von in den jeweiligen Stadtteilen stattfindenden und nach § 69 Abs. 1
Gewerbeordnung (GewO) in
der Fassung der Bekanntmachung vom 22.02.1999 (BGBl. I S. 202), zuletzt
geändert durch Art. 1
des Gesetzes vom 17.10.2017 (BGBl. S. 3562) als Jahrmarkt festgesetzte
Straßenfeste.
Die Veranstaltungen zeichnen sich durch eine große Beliebtheit in der Bevölkerung aus. In Anbetracht der großen Besucherzahlen kann auch davon ausgegangen werden, dass diese Veranstaltungen von vielen Besuchern aus den umliegenden Stadtteilen und Gemeinden besucht werden. So war in den vergangenen Jahren nach den Einschätzungen der jeweiligen Veranstalter für den Ökomarkt in Lank von bis zu 3.000 Besuchern, für den Maimarkt in Osterath von bis zu 5.000 Besuchern auszugehen.
Insoweit ist auch davon auszugehen, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der ursächlichen Veranstaltung und der beabsichtigten Ladenöffnung besteht. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass nur ein geringer Anteil der Besucher der jeweiligen Veranstaltung auch die Ladenöffnung nutzt und zu Kunden des örtlichen Einzelhandels wird. Nach den in Vorjahren von den Veranstaltern durchführten Erhebungen sind nur 800 bis 1.000 Besucher des Ökomarktes auch zu Kunden des geöffneten Einzelhandels geworden. Für den Maimarkt in Meerbusch-Osterath lag die Zahl bei der letzten Veranstaltung ebenfalls bei ca. 1.000 Besuchern.
Aufgrund des § 6 Abs. 1 LÖG NRW muss jedoch die Ladenöffnung räumlich beschränkt werden.
Die Bereiche, für die der verkaufsoffene Sonntag gelten soll, ergeben sich im Detail aus den dem Entwurf der Ordnungsbehördlichen Verordnung beigefügten Karten und umfassen folgende Straßenteile:
In Lank anlässlich des Ökomarktes am 04.06.2023:
Hauptstraße, ab Höhe Haus-Nr. 13
bis Höhe Haus-Nr. 83
Gonellastraße, ab Höhe Haus-Nr. 1 bis Höhe Haus-Nr. 15
In Osterath anlässlich des Maimarktes am 07.05.2023:
Meerbuscher Straße, ab Höhe Haus-Nr. 59 bis Höhe Haus-Nr. 1
Willicher Straße, Haus-Nr. 2 bis Höhe Haus-Nr. 8
Kaarster Straße, Höhe Haus-Nr. 2 bis Höhe Haus-Nr. 14
Hochstraße, ab Höhe Haus-Nr. 15 bis Höhe Haus-Nr. 29
Bommershöfer Weg Höhe Haus-Nr. 1 bis Höhe Haus-Nr. 7
Kirchplatz, Höhe Haus-Nr. 1 bis Höhe Haus-Nr. 7
Theodor-Heuss-Straße 2
In Anbetracht der
Ausstrahlungswirkung der v.g. Veranstaltungen erscheint es auch als angemessen,
auf eine weitergehende räumliche Beschränkung der Freigabe als verkaufsoffener
Sonntag zu verzichten. Die für eine Ladenöffnung in Frage kommenden Ladenlokale
liegen in räumlicher Nähe zur ursächlichen Veranstaltung oder zumindest an den
Zugangswegen, die von den Besuchern der Veranstaltung genutzt werden.
Somit ist das erforderliche öffentliche Interesse an der Freigabe der
verkaufsoffenen Sonntage gem.
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW gegeben. Die Vermutungsregel des § 6 Abs. 1 Satz 3 LÖG
NRW kann aufgrund der räumlichen und zeitlichen Beziehung zwischen der zur
Öffnung vorgesehenen Verkaufsstellen und den Veranstaltungen angewendet werden.
:
Finanzielle
Auswirkung:
Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses
entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:
Keine
Alternativen:
Der Erlass der beigefügten Ordnungsbehördlichen Verordnung
über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus besonderem Anlass (Anlage 1) wird
abgelehnt.