Betreff
Bürgerantrag nach § 24 GO NRW vom 28. März 2022 bzgl. Baulandkataster und Standortprüfung
Vorlage
FB4/1542/2022
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss hat den Bürgerantrag der BUND-Ortsgruppe Meerbusch am 26. April 2022 an den zuständigen Ausschuss für Planung und Liegenschaften verwiesen.

 

Der Ausschuss für Planung und Liegenschaften beschließt, der Bürgeranregung nicht zu folgen.

 


Sachverhalt:

 

Der Bürgerantrag gem. § 24 GO NRW des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland LV NRW e.V. (kurz: BUND) der Ortsgruppe Meerbusch vom 28. März 2022 zur verwaltungsseitigen Erstellung eines gesamtstädtischen Baulandkatasters und Standortprüfung wird von der Verwaltung als nachvollziehbar verstanden. Hierbei dient das Wissen über die im Stadtgebiet befindlichen Innen- und Nachverdichtungspotenziale und deren Aktivierung dem wichtigen im Baugesetzbuch (kurz: BauGB) verankerten Grundsatz, mit Grund und Boden sparsam und schonend umzugehen (vgl. § 1a BauGB). Hierzu sind sämtliche Möglichkeiten der Innenentwicklung, zu denen speziell die Aktivierung von Brach- bzw. Konversionsflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und anderen Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen unter dem Leitgedanken „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ auszuschöpfen. Neben dem Schutz von Natur- und Landschaftsräumen fallen geringere Kosten für den Infrastrukturausbau an und vorhandene Quartiere können gestärkt werden.

 

Die Verwaltung empfiehlt, der Anregung dennoch nicht zu folgen. Dies wird wie folgt begründet:

Gemeinsam mit den Städten und Gemeinden im Regierungsbezirk Düsseldorf nimmt die Stadt Meerbusch bereits alle drei Jahre im Auftrag des Landes am sogenannten Siedlungsflächenmonitoring teil. Auf Basis einer GIS-gestützten Erhebung werden Flächenreserven wie Baulücken, Inanspruchnahmen und ungeplante Bereiche ermittelt und dargestellt. Hintergrund dieser Erhebung ist es, einen Überblick über die vorhandenen Entwicklungspotenziale zu erlangen, um dem genannten Grundsatz im § 1 BauGB gerecht zu werden. Das Instrument wird seit 2005 von den Regionalplanungsbehörden eingesetzt und kontinuierlich fortentwickelt. Mit dem Siedlungsflächenmonitoring als regionales und kommunales Flächenressourcen-Management stehen der Stadt Meerbusch somit kontinuierlich Informationen über mögliche Flächenreserven im Stadtgebiet zur Verfügung.

 

Auf Grundlage der kommunalen Einschätzungen wird der Erhebungszyklus zukünftig von dem Dreijahresturnus zu einer kontinuierlichen Erfassung vor und zum Stichtag verändert. Die Kommunen bekommen hierdurch die Möglichkeit permanent im Siedlungsflächenmonitoring Eintragungen vornehmen zu können. In ihrer Rückmeldung hat sich auch die Stadt Meerbusch für diese Veränderung ausgesprochen. Die Entscheidung wurde mit der in Bearbeitung befindlichen luftbildbasierten Erhebung sämtlicher Wohnbauflächenpotenziale (Reserven in Bebauungsplänen (B-Plänen), Flächennutzungsplan (FNP) und Regionalplan sowie Baulücken) begründet. Der Fachbereich 4 / Abteilung 61 Stadtplanung führt eine tabellarische Übersicht von Wohnbaupotenzialflächen im Stadtgebiet, hierzu zählen auch Innenentwicklungspotenziale wie Baulücken aber auch flächenmäßig größere Entwicklungsbereiche. Auf dieser Datenbasis wird eine kartographische Darstellung im GIS (Geoinformationssystem) generiert, samt Angaben zum Straßenname, Flurstücksnummern, B-Plan / §34 oder §35 BauGB und Grundstücksgröße. Nach Fertigstellung plant die Verwaltung hier kontinuierlich neue Erkenntnisse bzw. Änderungen zu möglichen Flächenpotenzialen einzupflegen, sodass sich der Datensatz zu jeder Zeit auf einem aktuellen Stand befindet. Die neuen Daten können durch die Möglichkeit der dauerhaften Eintragung parallel ins Siedlungsflächenmonitoring eingetragen werden, sodass die Regionalplanung ebenfalls über aktuelle Informationen verfügt. Darüber hinaus werden die Angaben zu potenziellen Baugebieten im Strategiekonzept Wohnen der Stadt Meerbusch aus dem Jahr 2018 auf ihre Aktualität überprüft und fortgeschrieben. Eine entsprechende Informationsvorlage wird dem Gremium noch in diesem Jahr vorgelegt.

 

Eine „Bebaubarkeit“ der ermittelten Innenentwicklungspotenziale ist mit dieser Vorgehensweise jedoch nicht gegeben. Zunächst handelt es sich weitaus überwiegend um Privatgrundstücke, über deren Verkauf und Nutzung die Eigentümer*innen selbst entscheiden. Es besteht keine „Zugriffsmöglichkeit“ der Kommune.

 

Die Prüfung, inwiefern Grundstücke im Geltungsbereich eines rechtkräftigen Bebauungsplans oder nach § 34 BauGB baulich nutzbar sind, muss im Einzelfall erfolgen. Gleiches gilt für die unter Punkt 2 bzw. 3 des Bürgerantrags geforderte Standortprüfung von Aufstockungspotenzialen. Neben der planungsrechtlichen Beurteilung derartiger Vorhaben bedarf es hier einer bauordnungsrechtlichen Einzelfallprüfung. In diesem Kontext treten häufig Schwierigkeiten auf, die sich aufgrund der höheren Grundstücksausnutzung und der damit verbundenen größeren Nähe zu benachbarten Nutzungen ergeben. Als Folge dessen sind hier oftmals Interessenskonflikte zu beobachten, die durch Widerstände in der Nachbarschaft oder von sonstigen bürgerschaftlichen Gruppen gekennzeichnet sind. Die Herausforderung für die Stadt Meerbusch ist es, die unterschiedlichen Interessen zusammenzubringen und Akzeptanz in der Bevölkerung für das jeweilige Vorhaben zu gewinnen. Das Beispiel der geplanten Innenentwicklung zwischen Gonellastraße, Pfarrstraße, Fronhofstraße und Rilkestraße in Meerbusch-Lank-Latum (Bebauungsplan Nr. 301) hat das Auftreten derartiger Widerstände auch in Meerbusch verdeutlicht und letztlich zum Scheitern der städtebaulichen Planung geführt.

 

Die Aktivierung des (privaten) Interesses an der Grundstücksentwicklung stellt die zentrale Hürde jeder Innenentwicklung dar. Bei jedem Einzelvorhaben ist die Verkaufs- und Mitwirkungsbereitschaft der jeweiligen Grundstückseigentümer*innen abzuklären. Auch muss bei Wohnungsbauinvestoren ein Interesse an der Entwicklung des Grundstückes vorhanden sein. Gleiches gilt für mögliche Aufstockungen. Der im Bürgerantrag erwähnte innovative Ansatz der Überbauung von Parkplätzen und eingeschossigen Verkaufsflächen zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum wird von der Verwaltung begrüßt. Aber auch hier sind die planungs- und eigentumsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Neben der ohnehin sehr zeitintensiven Erhebung sämtlicher Wohnbauflächenpotenziale im Stadtgebiet würde dies einen hohen Personaleinsatz erfordern und die heutigen personellen Kapazitäten der Verwaltung übersteigen. Aus Sicht der Verwaltung werden mit einem derartigen Baulückenkataster sowie Standortprüfung, wie es im Bürgerantrag gefordert wird, höchstwahrscheinlich nur sehr wenige neue Wohnflächen generiert werden können, sodass Aufwand und Nutzen in keinem guten Verhältnis zueinanderstehen. Begründet wird diese Vermutung mit der bislang mangelnden Verkaufs- und Mitwirkungsbereitschaft vieler Grundstückseigentümer*innen trotz hoher Grundstückspreise und dem Zweifel, dass sich die Haltung der Eigentümer*innen auf Grund des Vorhandenseins eines Baulandkatasters ändern wird.

 

Grundstückseigentümer*innen die einer Nachverdichtung positiv gegenüberstehen, kommen oftmals von sich aus mit ihren Vorhaben auf die Stadt zu. Mit Unterstützung der Stadtentwicklung und Stadtgestaltung sind hier in kooperativen Verfahren sehr gute Ergebnisse erzielt worden bzw. im Prozess. Als Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind die Vorhaben im Rhein-Eck oder in der Vogelsiedlung in Meerbusch-Büderich zu erwähnen, aber auch die Eichendorffsiedlung in Meerbusch-Lank-Latum.

 

In ihrer Gesamteinschätzung kommt die Verwaltung zu dem Ergebnis, dass der bereits eingeschlagene Weg zum Umgang mit Innen- und Nachverdichtungspotenzialen unter dem Kontext einer nachhaltigen Stadtentwicklung weitergeführt werden sollte. Hierzu zählt die weitere Teilnahme am Siedlungsflächenmonitoring, aber auch die systematische EDV-gestützte Erfassung von Flächenpotenzialen durch die Verwaltung, sodass der Politik und Verwaltung im Ergebnis eine zentrale Informations- und Entscheidungsgrundlage für ein nachhaltiges Flächenmanagement zur Verfügung steht. Insbesondere die im Bürgerantrag genannten weiteren Aktivierungsmaßnahmen, wie die tiefergehende planungs- und bauordnungsrechtliche Beurteilung, aber auch die Eigentümeransprache, wird aufgrund der vorangegangenen Beschreibung für wenig erfolgversprechend eingeschätzt.

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt: keine

 


Alternativen:

 

Der Ausschuss für Planung und Liegenschaften beschließt, der Bürgeranregung zu folgen und die Verwaltung zu beauftragen,

 

  1. ein Baulandkataster zu erstellen,
  2. Parkplätze und eingeschossige Verkaufsflächen auf Überbauungspotenziale zu überprüfen,
  3. Aufstockungspotenziale im Stadtgebiet zu ermitteln.