Betreff
Gestaltung von Niederschriften/Umgang mit Änderungsanträgen und Umgang mit Bürgeranträgen - Stellungnahme der Verwaltung zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Vorlage
BJ/0482/2021
Art
Informationsvorlage

Mit Schreiben vom 02.06. und 22.06.2021 hat die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen beantragt, dass verwaltungsseitig Verfahrensregelungen zum Umgang mit Protokollen und zur Behandlung von Bürgeranträgen erarbeitet werden, die nach entsprechender Beratung und Beschlussfassung des Rates Niederschlag in der Geschäftsordnung finden oder verbindlich festzuhalten sind. Dieser Antrag ist im Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss in seiner Sitzung am 24.06.2021 nach ausführlicher Diskussion einstimmig beschlossen und die Verwaltung mit der entsprechenden Prüfung beauftragt worden.

 

Die Verwaltung hat die aufgeworfenen Fragen geprüft und nimmt dazu nachfolgend Stellung.

 

Zu beiden Themen finden sich in der Gemeindeordnung (GO) NRW sowie in der Hauptsatzung (HS) der Stadt Meerbusch und der Geschäftsordnung (GeschO) des Rates der Stadt Meerbusch umfangreiche Regelungen. Im Einzelnen:

 

 

  • Zum Thema Niederschriften:

 

§ 52 GO NRW schreibt vor, dass über die im Rat gefassten Beschlüsse eine Niederschrift aufzunehmen ist, die vom Bürgermeister und einem Schriftführer zu unterzeichnen ist. Die GeschO präzisiert in § 21 Abs. 1 dahingehend, dass die Niederschrift über die im Rat gefassten Beschlüsse bestimmte Punkte enthalten muss: die Namen der anwesenden und der fehlenden Ratsmitglieder sowie der sonstigen an den Beratungen teilnehmenden Personen, Ort und Tag sowie Zeitpunkt des Beginns, einer etwaigen Unterbrechung und der Beendigung der Sitzung, die behandelten Beratungsgegenstände, die gestellten Anträge sowie die gefassten Beschlüsse und die Ergebnisse von Wahlen. Lediglich Erklärungen, die ausdrücklich als zur Aufnahme in die Niederschrift abgegeben werden, sind nach § 21 Abs. 2 in der Niederschrift festzuhalten.

 

Nach diesen Regelungen hat die Verwaltung also im Grundsatz lediglich ein Beschlussprotokoll anzufertigen, während besondere Erklärungen an sich nur aufgenommen werden müssen, sofern sie ausdrücklich als zur Aufnahme in die Niederschrift abgegeben werden. In der Praxis geht die Verwaltung über diese Mindestbestandteile der Niederschrift jetzt schon hinaus und hält zusätzlich in zusammengefasster Form den Diskussionsverlauf bzw. die Standpunkte der einzelnen Fraktionen sowie gemeinsame Absprachen bzw. Verständigungen fest, ohne jedoch zwingend jeden einzelnen Redebeitrag zu protokollieren. Da dies aus Sicht der Verwaltung gegenüber einem reinen Beschlussprotokoll schon ein „Mehr“ ist, wird hier kein neuer Regelungs- bzw. Änderungsbedarf gesehen. Sollte der Rat dies anders sehen, können selbstverständlich konkrete Regelungs- oder Änderungsvorschläge eingereicht werden.

 

Das gleiche gilt sinngemäß für den Fall, dass ein Rats- oder Ausschussmitglied mit dem Inhalt der Niederschrift nicht einverstanden ist. Auch dies ist in der GeschO bereits ausführlich und in Übereinstimmung mit Rechtsprechung und Kommentierung zu § 52 GO NRW geregelt. Denn nach § 21 Abs. 5 GeschO sind Anträge auf Änderung der Niederschrift innerhalb von 5 Tagen nach deren Zustellung dem Bürgermeister schriftlich einzureichen und dem Rat in seiner nächsten Sitzung zur Entscheidung vorzulegen. Dies gilt nicht bei redaktionellen Änderungen, die von der Schriftführung formlos erledigt werden können. Ist innerhalb der Frist von 5 Tagen kein Änderungsantrag eingegangen, so gilt die Niederschrift nach § 21 Abs. 6 GeschO als genehmigt.

 

Hintergrund dieser Regelung ist, dass es sich bei einer (ordnungsgemäß gefertigten und unterzeichneten) Sitzungsniederschrift um eine öffentliche Urkunde mit der Bedeutung eines Beweismittels im Sinne der (gerichtlichen) Prozessordnungen handelt (OVG NRW, Urteil vom 17.02.1982 – 15 A 2676/81). Daraus folgt, dass Einwendungen, die gegen die Niederschrift erhoben werden, vom Bürgermeister dem Rat zur Kenntnis gegeben werden müssen. Ist der Rat dann der Auffassung, dass die Niederschrift die gefassten Beschlüsse nicht richtig oder nicht vollständig wiedergibt, so kann er dies durch Beschluss in der folgenden Sitzung feststellen. Dieser Beschluss wird dann wiederum in die Niederschrift dieser Sitzung aufgenommen. Eine nachträgliche Änderung der gerügten Niederschrift ist nicht zulässig, da damit der Inhalt einer öffentlichen Urkunde, auf die sich deren Beweiskraft erstreckt, nachträglich geändert würde (Rehn / Cronauge u.a., Kommentar zur GO NRW, § 52 Rdnr. 7).

 

Demnach ist es nicht zulässig, dass gleichsam auf Zuruf oder auf Wunsch eines einzelnen Ratsmitgliedes die Niederschrift im Nachhinein geändert wird; vielmehr ist das vorbeschriebene Verfahren einzuhalten, das in der GeschO des Rates der Stadt Meerbusch so schon ausdrücklich geregelt ist. Auch diesbezüglich besteht aus Sicht der Verwaltung daher kein Regelungs- bzw. Änderungsbedarf. Sollte der Rat dies anders sehen, wird auch hier um die Einreichung konkreter Regelungs- oder Änderungsvorschläge gebeten.

 

 

  • Zum Thema Bürgeranträge:

 

Zum Umgang mit Bürgeranträgen wird zunächst auf den Vermerk des Justiziariats vom 19.05.2021 verwiesen, der den Fraktionen mit Mail des Ratsbüros vom 20.05.2021 bereits zur Verfügung gestellt worden und dieser Vorlage als Anlage nochmals beigefügt ist. Da der Antrag von Bündnis 90 / Die Grünen speziell auf Verfahrensregelungen abstellt, ist diesbezüglich ergänzend auf folgendes hinzuweisen:

 

Auf der Grundlage von § 24 GO NRW, wonach sich jeder einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten der Gemeinde an den Rat wenden kann, regelt § 7 der Hauptsatzung der Stadt Meerbusch ausführlich den Umgang mit solchen Bürgeranträgen. Danach ist in Meerbusch der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss für die Prüfung von Anregungen und Beschwerden zuständig, kann diese aber auch an das zur Entscheidung berechtigte Organ überweisen, konkret also den inhaltlich zuständigen Fachausschuss. Weiterhin werden in den einzelnen Absätzen der genannten Vorschrift Ausnahmen von der Prüfungspflicht normiert.

 

Zu beachten ist, dass jeder Eingabesteller bzw. jede Eingabestellerin einen Anspruch darauf hat, dass sich das zuständige Gemeindeorgan mit seiner bzw. ihrer Anregung oder Beschwerde befasst. Das bedeutet indes nicht, dass der jeweilige Antrag im Wortlaut zur Abstimmung gestellt werden muss; dies darf sogar nicht geschehen, wenn der Antrag aus finanziellen, rechtlichen, organisatorischen oder anderen Gründen unzulässig wäre. Denn für die ordnungsgemäße und rechtmäßige Vorbereitung und Umsetzung von Ratsbeschlüssen ist gemäß § 62 Abs. 2 GO NRW der Bürgermeister verantwortlich. Von daher liegt es nicht in der Zuständigkeit der Ausschüsse, frei – im Sinne von völlig losgelöst von finanziellen, rechtlichen oder organisatorischen Rahmenbedingungen – über Bürgeranträge entscheiden zu können.

 

Unabhängig davon hat sich in der Diskussion über den eingangs genannten Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen in der Sitzung des Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschusses am 24.06.2021 gezeigt, dass es den Fraktionen darum geht, über Bürgeranträge so „unverfälscht“ und „authentisch“ wie möglich entscheiden zu können. Das schließt nicht aus, dass die Verwaltung ihre fachliche Einschätzung zur Umsetzbarkeit von Bürgeranträgen in entsprechenden Vorlagen darlegt; allerdings sollen – soweit es eben zulässig und möglich ist – die Bürgeranträge auch im Wortlaut zur Abstimmung gestellt und in ihrer Intention so gut wie möglich umgesetzt werden. Dem wird die Verwaltung in Zukunft umfänglicher Rechnung tragen.

 

 

  • Fazit / „Verbindliche Festlegung“:

 

Da die Verwaltung ohnehin an Gemeindeordnung NRW sowie die Hauptsatzung und die Geschäftsordnung der Stadt Meerbusch gebunden ist, versteht sie sowohl die dort ohnehin schon ausführlich festgeschriebenen Regelungen zu Niederschriften und Bürgeranträgen als auch diese Vorlage als „verbindliche Festlegung“ für den Umgang mit Niederschriften und Bürgeranträgen im Sinne des Antrags der Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen, so dass aus ihrer Sicht auch unter diesem Aspekt weder eine Erarbeitung von neuen noch eine Änderung der vorhandenen Verfahrensregelungen erforderlich ist.

 


gez.

 

Christian Bommers

Bürgermeister

 

 

Anlagen:

 

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 02./22.06.2021

Vermerk des Justiziariats vom 19.05.2021