Betreff
Nördlicher Konverter
Vorlage
BJ/0361/2019
Aktenzeichen
BJ 10.01/19
Art
Informationsvorlage

 

Im Rahmen der Energiewende sollen die heute noch in Deutschland betriebenen Kernkraftwerke abgeschaltet und Windenergie, aber auch Strom aus konventionellen Kraftwerken aus dem Norden in den Süden und Solarstrom aus dem Süden kommend in die Verbrauchszentren in Nordrhein-Westfalen transportiert werden. Die Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom und umgekehrt erfolgt an den jeweiligen Endpunkten der Stromtrassen durch einen Konverter.

 

Eine der geplanten Stromautobahnen betrifft die HGÜ-Leitung Ultranet von Philippsburg kommend sowie die Leitung A 1 Nord nach Emden (Vorhaben Nr. 2 und 1 des Bundesbedarfsplangesetzes).

 

I.

 

Als Netzverknüpfungspunkt benennt das Bundesbedarfsplangesetz Osterath. Wegen fehlender Alternativ- und Umweltverträglichkeitsprüfung hat die Stadt am 29.07.2013 Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht und den Klagevortrag in der Folgezeit aufgrund  von Gesetzesänderungen und der im Verlauf des Verfahrens erfolgten Fokussierung auf den Standort Osterath immer wieder ergänzt. Eine Entscheidung über die Zulassung der Verfassungsbeschwerde ist bisher nicht erfolgt.

 

Seit Mitte 2012 wird über den Standort des nördl. Konverters für das Ultranet diskutiert. Insgesamt wurden mehr als 50 Standortbereiche untersucht. Im Ortsteil Osterath gehörte dazu zunächst ein Standort mit einem Abstand zur Wohnbebauung am Pullerweg im Mittel von ca. 350 m, zur geschlossenen Wohnbebauung am Ingerweg und Am Hagelkreuz von nur ca. 180 m.

 

Aufgrund der Nähe zur Wohnbebauung wurde dieser Standort (auch kein anderer Standort in Osterath)  in den Gutachten aus den Jahren 2014 und 2015 nicht mehr betrachtet. Als kriterienübergreifend bester Standort wurde aufgrund der dezentralen Lage, der vergleichsweise geringen Sichtbarkeit und der vergleichsweise geringen Betroffenheit für das Schutzgut Mensch der vom Rhein-Kreis Neuss in die Diskussion eingebrachte Standortbereich 20 - Dreiecksfläche in Kaarst, mit einem Abstand von 1.300 m zur geschlossenen Wohnbebauung, gleichplatziert mit dem Umspannwerk Gohr benannt. Davon ausgehend, dass durch eine Änderung des Regionalplanes die Ausweisung der BSAB-Fläche als Kiesabbaufläche aufgegeben würde, hat Amprion 2015 das Eigentum an der Dreiecksfläche erworben.

 

 

Im Sommer 2017 legte Amprion ein finales Gutachten vor, welches auch die durch Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes erforderlich gewordene Ausführung der Leitung nach Norden als Erdkabel berücksichtigte.

 

Die Dreiecksfläche  in Kaarst wird auch im aktualisierten Gutachten als bestgeeignetste Fläche benannt, als weiterer Standortbereich aber eine nunmehr weiter von der Wohnbebauung liegende Fläche in Osterath, sollte ein Ziel der Raumordnung trotz der zu diesem Zeitpunkt laufenden Änderung des Regionalplanes eine Realisierung verhindern.

 

Aufgrund dieser Darstellung und eines Gespräches mit der Bundesnetzagentur, nach dem davon ausgegangen werden musste, dass ein Standort in Osterath realisiert würde, wenn  nicht der Zielkonflikt aufgelöst würde, hat die Unterzeichnerin während der Sommerferien 2017 zu einer Sondersitzung des Rates eingeladen, in der die Folgen von Verantwortlichen von Amprion sowie der Bundesnetzagentur auch gegenüber dem Rat dargestellt wurden.

 

Mit wiederholten Resolutionen des Rates, mehrfachen Schreiben an die Landesregierung, aber insbesondere mehrfachen Anträgen an die Bezirksregierung, an den Vorsitzenden des Regionalrates und alle Regionalratsmitglieder sowie die Bundesnetzagentur wurde versucht, die als bestgeeignetste benannte Dreiecksfläche durch eine Änderung des Regionalplanes bzw. die Festlegung einer Ausnahme nach § 6 Abs. 1 Raumordnungsgesetz („Zielabweichung“) im Verfahren zu belassen. Die Kiesindustrie hatte der ersatzlosen Aufgabe der Fläche (1% des Gesamtvolumens im Regierungsbezirk) zugestimmt. Begleitet wurden die Anträge von Veranstaltungen der Initiative gegen den Doppelkonverter und Veranstaltungen der Stadt. Sämtliche Bemühungen sind ohne Erfolg geblieben.

 

Angesichts der fortschreitenden Zeit und der Haltung übergeordneter Funktionsträger, die einen anderen Standort hätten ermöglichen können, hat sich die Stadt im Oktober 2018 mit einer eindringlichen Bitte an den Bundesminister für Wirtschaft und Energie gewandt, den Bau des Konverters auf einem nach objektiven Maßstäben schlechteren Standort zu verhindern. Nach einer Anmahnung der Beantwortung im Januar 2019 wurden in der Zeit von März bis Mai 2019 mehrere Gespräche mit dem Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, u.a. auch mit der Stadt Kaarst geführt. Auch diesseits wurden Gespräche mit Verantwortlichen der Stadt Kaarst geführt um auszuloten, unter welchen Voraussetzungen der seinerzeitige Beschluss des Rates „Kein Konverter nach Kaarst“ aufgegeben und das Einvernehmen  zu einer Zieländerung erteilt werden könne. Aufgrund der zwischenzeitlich von Amprion vorgenommenen Standortverschiebung in Richtung Kaarst wurde zwar eine gleichermaßen große Betroffenheit Kaarster Bürger bei einer Realisierung des Projektes in Osterath gesehen; ein Antrag, den Ratsbeschluss aufzuheben oder zu ändern, wurde indes von keiner der dortigen Ratsfraktionen  gestellt.

 

Am 14. September 2018 hat Amprion den Antrag auf Bundesfachplanung zur Festlegung des Trassenkorridors für die Leitung bei der zuständigen Bundesnetzagentur gestellt; im Antrag ist auch die Anbindungsleitung zum Konverter dargestellt. Der favorisierte Standort Dreiecksfläche ist mit dem Hinweis auf Realisierbarkeit dargestellt, soweit diese nicht gegeben ist, wird Osterath benannt. Aufgabe der Bundesnetzagentur (BNA) in diesem Stadium ist es, die Vollständigkeit der Antragsunterlagen zu prüfen und diese im nächsten Schritt öffentlich auszulegen. Die Prüfung dauert nunmehr seit mehr als einem Jahr an. Zur Unterstützung hat die BNA im Frühjahr eine Anwaltskanzlei als Qualitätsmanager beauftragt.  

 

Die Genehmigung des Konverters kann rechtlich in zwei Verfahren beantragt und erteilt werden, und zwar a) in einem sich an das Bundesfachplanungsverfahren anschließenden Planfeststellungsverfahren für die Festlegung des konkreten Verlaufs der (Anbindungs-)Leitung, für das ebenfalls die Bundesnetzagentur zuständig ist, oder b) in einem Verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, für das der Rhein-Kreis Neuss zuständig ist.

 

Amprion hat in der Vergangenheit stets kommuniziert, den Konverter im Planfeststellungsverfahren genehmigen lassen zu wollen. Aufgrund der Verfahrensdauer der Bundesfachplanung hat Amprion sich nun  entschieden, von dem ursprünglich angedachten Plan, auch den Konverter im noch anstehenden Planfeststellungsverfahren genehmigen zu lassen, abzusehen und beim Rhein-Kreis Neuss eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) zu beantragen. Dies wurde der Unterzeichnerin im persönlichen Gespräch am 6. September 2019 von Vertretern von Amprion mitgeteilt.

 

Der Antrag bezieht sich auf den in der Anlage dargestellten Bereich, der von den Wirtschaftswegen Siep, Greit und Alte Landwehr begrenzt wird. Amprion ist im Eigentum auch dieser Flächen. Die Abstandflächen – ebenfalls aus der als Anlage beiliegenden Karte ersichtlich – haben sich gegenüber der ursprünglichen Planung zur Wohnbebauung vergrößert und liegen nun im Minimum zwischen ca. 682 und 960 m.

 

II.

 

Rechtlich stellen sich u.a. die Fragen, welche Auswirkungen dieser „Verfahrenswechsel“ für die Stadt Meerbusch und die Öffentlichkeit hat und welche Rechtsmittel in welchem Stadium des Verfahrens ggf. eingelegt werden können. Um diese Fragen nachvollziehbar beantworten zu können, sollen die beiden oben skizzierten Verfahren zur Erlangung einer Genehmigung für den Konverter kurz dar- und gegenübergestellt werden.

 

1.             Das Bundesfachplanungsverfahren mit anschließendem Planfeststellungsverfahren sind die Verfahren, die der Gesetzgeber speziell zur Durchführung des Energiewende und des Netzausbaus eingerichtet hat. Sie sind durch einen mehrstufigen Ablauf und eine intensive Beteiligung der Öffentlichkeit gekennzeichnet. So dient auf der ersten Stufe das Bundesfachplanungsverfahren dazu, einen Trassenkorridor festzulegen, d.h. einen (groben) Gebietsstreifen, innerhalb dessen die spätere Stromleitung (Ultranet, A 1 Nord) verlaufen soll. Die zuständige Bundenetzagentur – so sieht es das sog. Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) vor – hat die entsprechenden Antragsunterlagen zu prüfen, sie nach Freigabe öffentlich auszulegen und sie nach fristgerechtem Eingang entsprechender Einwendungen aus der Bevölkerung und der zu beteiligenden Behörden wiederum öffentlich mit allen Beteiligten zu erörtern. Das Verfahren der Bundesfachplanung ist dann durch eine sog. Entscheidung der Bundesnetzagentur über die Bundesfachplanung abzuschließen, die öffentlich bekannt zu geben ist. Zum Rechtscharakter dieser Entscheidung schreibt § 15 Abs. 3 NABEG ausdrücklich vor, dass sie keine unmittelbare Außenwirkung hat und nur im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die anschließende Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme überprüft werden kann.

 

Mit diesem „Zulassungsverfahren“ befindet man sich dann auf der zweiten Stufe, nämlich dem Planfeststellungsverfahren, in dem der ganz konkrete Verlauf der für den Konverter erforderlichen Anbindungsleitung innerhalb des zuvor beschriebenen Trassenkorridors festgelegt und „zugelassen“ wird. Diese Zulassungsentscheidung ist der Planfeststellungsbeschluss, mit dem über die Anbindungsleitung und – gleichsam integriert – über den Endpunkt der Leitung, nämlich den Konverter, entschieden wird. Jedenfalls gegen diese Entscheidung ist der Rechtsweg zum Bundesverwaltungsgericht eröffnet; die Überprüfung der vorherigen Entscheidung über die Bundesfachplanung ist dabei ein inzidenter Prüfungsbestandteil. U.a. zu der Frage, ob die Stadt Meerbusch auch bereits gegen die vorherige Entscheidung über die Bundesfachplanung Rechtsmittel einlegen kann, hat die Verwaltung ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.

 

2.             Wie oben beschrieben hat Amprion aber nun nicht mehr die Entscheidung über die Bundesfachplanung abgewartet und strebt nicht mehr das anschließende Planfeststellungsverfahren an, sondern hat einen Antrag auf Genehmigung des Konverters nach dem BImSchG beim Rhein-Kreis Neuss gestellt, und zwar im sog. „vereinfachten Verfahren“.

 

Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist erforderlich für Analgen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebes in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen. Eine solche Genehmigung ist demnach nicht speziell auf die Energiewende oder den Netzausbau ausgelegt, sondern betrifft ganz allgemein unter Umweltgesichtspunkten bedeutsame Vorhaben. Ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren ist nach § 19 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit der dazu ergangenen 4. Verordnung zur Durchführung des BImSchG (4. BImSchV) zulässig, wenn das geplante Vorhaben im Anhang zu der Verordnung aufgeführt ist. Nach Ziffer 1.8 des Anhangs sind sog. „Elektroumspannanlagen“ im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. Ob ein Konverter unter den Begriff der Elektroumspannanlage fällt, ist zumindest zweifelhaft. Auch zu dieser Frage soll sich das in Auftrag gegebene Rechtsgutachten verhalten.

 

Ein solches vereinfachtes Verfahren – seine Zulässigkeit unterstellt – ist dadurch gekennzeichnet, dass im regulären Verfahren vorgesehene Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit (ähnlich wie beim Bundesfachplanungsverfahren Auslegung der Unterlagen, Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen, Erörterungstermin, Bekanntgabe der Entscheidung) entfallen, d.h. eine Öffentlichkeitsbeteiligung findet in einem vereinfachten Verfahren nicht statt. Im Gegensatz dazu werden andere Behörden jedoch auch am vereinfachten Verfahren beteiligt. So muss die Stadt Meerbusch zum einen aufgrund der sog. Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung als Baubehörde beteiligt werden. Nach diesem Grundsatz schließt die Genehmigung nach dem BImSchG andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, hier konkret die Baugenehmigung für den Konverter. Die Stadt als örtlich zuständige Bauaufsichtsbehörde muss daher innerhalb des Verfahrens eine entsprechende (bauaufsichtsrechtliche) Stellungnahme an die federführende Genehmigungsbehörde, hier also den Rhein-Kreis Neuss, abgeben.

 

Zum anderen muss die Stadt Meerbusch als Belegenheitskommune und damit als Inhaberin der Planungshoheit beteiligt werden. Dieses Beteiligungsrecht ist bundesrechtlich explizit in § 36 BauGB geregelt und findet – ganz neu seit dem 01.01.2019 – auch landesrechtlich in dem neu eingefügten § 73 der neuen Bauordnung NRW seinen Niederschlag. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB wird über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Nach Satz 2 ist das Einvernehmen der Gemeine auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird. Ein solches „anderes“ Verfahren ist hier das immissionsschutzrechtliche Verfahren nach dem BImSchG. Von den genannten Vorschriften dürfte § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB einschlägig sein, wonach es sich bei einem Konverter um ein der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität dienendes und damit privilegiertes Vorhaben im Außenbereich handelt. Das dazu erforderliche Einvernehmen der Stadt Meerbusch darf gemäß § 36 Abs. 2 BauGB nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagt werden; es gilt als erteilt, wenn die Gemeinde es nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert. Hier kann und sollte die Stadt Meerbusch demnach alles vortragen und einwenden, was an (bauplanungsrechtlichen) Argumenten verfügbar ist. Hier könnten ggf. entgegenstehende Festsetzungen des Flächennutzungsplans öder ähnliches eingewandt werden, was nun (materiell-rechtlich) im Einzelnen zu prüfen sein wird.

 

Sollte die Stadt ihr Einvernehmen (rechtswidrigerweise) versagen, kann der Rhein-Kreis Neuss es nach der oben zitierten neuen Vorschrift des § 73 Abs. 1 BauO NRW ersetzen. Dies geschieht, indem er nach (nochmaliger) Anhörung der Stadt die Genehmigung nach dem BImSchG erteilt; die Erteilung dieser (immissionsschutzrechtlichen) Genehmigung gilt dann gleichzeitig als Ersatzvornahme hinsichtlich des nicht erteilten Einvernehmens. Eine dagegen mögliche und zulässige Anfechtungsklage der Gemeinde vor dem Verwaltungsgericht hat gemäß § 73 Abs. 3 BauO NRW keine aufschiebende Wirkung, d.h. sie müsste zusätzlich im Wege des einstweiligen Rechtschutzes, gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, geltend gemacht werden.

 

3.             Interessant ist in diesem Zusammenhang zum einen die Vorschrift des § 19 Abs. 3 BImSchG. Danach kann der Anlagenbetreiber – hier also Amprion – beantragen, dass trotz Vorliegens der Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 das Vorhaben nicht in einem vereinfachten, sondern doch in einem „regulären“ Verfahren mit allen Verfahrensschritten, also insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung, genehmigt wird. An die „Wahl“ der Verfahrensart durch den Antragsteller ist die Genehmigungsbehörde gebunden, d.h. der Rhein-Kreis Neuss muss in dem Verfahren prüfen, das beantragt ist. Hierzu hat Herr Landrat Petrauschke der Unterzeichnerin allerdings mitgeteilt, dass der Rhein-Kreis Neuss Amprion angeschrieben und angeregt habe, es möge den nach § 19 Abs. 1 BImSchG gestellten Antrag auf Durchführung des vereinfachten Verfahrens umwandeln in einen solchen nach § 19 Abs. 3 BImSchG, also auf Durchführung des förmlichen Verfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung. Ob Amprion darauf eingeht, bleibt abzuwarten.

 

Zum anderen bleibt noch zu klären, was die Genehmigungsbehörde im Rahmen der vom Antragsteller gewählten Verfahrensart innerhalb welcher Fristen und inhaltlich zu prüfen hat. Zunächst hat sie unverzüglich, d.h. in der Regel innerhalb von einem Monat zu prüfen, ob der Antrag und die Unterlagen vollständig sind. Reichen die Unterlagen nicht aus, kann sie beim Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist Ergänzungen verlangen (vgl. § 10 Abs. 1 BImSchG). Liegen die – ggf. ergänzten bzw. nachgereichten – Antragsunterlagen vollständig vor, hat die Genehmigungsbehörde über den Antrag gemäß § 10 Abs. 6a BImSchG innerhalb einer Frist von sieben Monaten im regulären Verfahren zu entscheiden und innerhalb einer Frist von drei Monaten im vereinfachten Verfahren. Sie kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist.

 

Zum materiell-inhaltlichen Prüfungsumfang schreibt § 6 BImSchG vor, dass die Genehmigung zu erteilen ist, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus dem Gesetz ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften sowie Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Es handelt sich folglich um einen sog. gebundenen Anspruch, d.h. die Genehmigungsbehörde muss den Antrag genehmigen, wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Der inhaltliche Prüfungsumfang, also die Frage, ob die vom Gesetz statuierten Voraussetzungen für den Bau und den Betrieb einer BImSchG-Anlage vorliegen, weicht demnach im vereinfachten Verfahren nicht von demjenigen im regulären Verfahren ab. Der „Zeitgewinn“ wird somit nicht durch eine materiell-inhaltlich weniger intensive Prüfung erreicht (das zeigt auch gerade die Möglichkeit der Fristverlängerung), sondern durch das Weglassen bestimmter Verfahrensschritte (konkret die Öffentlichkeitsbeteiligung). Der am Ende des Verfahrens stehende Genehmigungsbescheid kann (ebenfalls) mit der Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht angegriffen werden.

 

Über den weiteren Verlauf der Verfahren wird die Verwaltung den Rat auch weiterhin auf dem Laufenden halten.

 


gez.

 

Angelika Mielke-Westerlage

Bürgermeisterin

 

Anlage:          Übersichtsplan