Betreff
Rechtliche Möglichkeiten zur Einschränkung von Wahlwerbung
Vorlage
BJ/0351/2019
Aktenzeichen
BJ 10.35/19
Art
Informationsvorlage

 

Zur Ratssitzung am 27.06.2019 hatte die UWG-Fraktion einen Antrag auf Überarbeitung des Konzeptes zur Wahlwerbung gestellt. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt, so dass auf die im Antrag angesprochenen Punkte im Folgenden nicht mehr eingegangen wird.

 

Im Rahmen der Diskussion über das Thema Wahlwerbung in der Sitzung sagte die Unterzeichnerin zu, rechtliche Möglichkeiten zur Einschränkung von Wahlwerbung sowie technische Möglichkeiten zur Festlegung der Standorte für Großplakate („Wesselmänner“) per GPS-Koordinaten zu prüfen.

 

Dem ist die Verwaltung gerne nachgekommen und stellt nachfolgend die allgemein zu beachtenden rechtlichen Grundsätze bei der Wahlwerbung durch Plakate dar, um anschließend rechtlich zulässige und aus Sicht der Verwaltung speziell für Meerbusch praktikable Vorgaben zur Einschränkung von Wahlplakatwerbung aufzuzeigen.

 

1.         Wollen die Parteien in Wahlkampfzeiten Plakate aufhängen, benötigen sie eine sog. Sondernutzungserlaubnis. Nach dem dafür einschlägigen Straßen- und Wegegesetz NRW liegt die Entscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, hier also der Stadtverwaltung Meerbusch. Zum Plakatieren von Wahlwerbung hat das Bundesverwaltungsgericht in einer grundlegenden Entscheidung aus dem Jahr 1974 festgelegt, dass das Ermessen der Behörde aufgrund der Bedeutung von Wahlen für den demokratischen Rechtsstaat und der Bedeutung der Parteien für solche Wahlen so sehr eingeschränkt wird, dass jedenfalls im Regelfall ein Anspruch einer Partei auf Erteilung der Erlaubnis besteht (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 13.12.1974 – VII C 42.72).

 

Dieser grundsätzlich anerkannte Anspruch wird nach der Rechtsprechung jedoch nicht unbegrenzt gewährt. Vielmehr ergeben sich Einschränkungen insbesondere in zeitlicher und in räumlicher Hinsicht. So schreibt der als Anlage 1 beigefügte, für NRW maßgebliche Gemeinsame Runderlass der zuständigen Landesministerien zur Lautsprecher- und Plakatwerbung aus Anlass von Wahlen, Volksbegehren und Volksentscheiden in Nordrhein-Westfalen vom 08.08.2003 u.a. vor, dass Plakatwerbung nur innerhalb einer Zeit von drei Monaten vor dem Wahltag betrieben werden darf (zeitliche Einschränkung) und Plakate nicht im Bereich von Kreuzungen und Einmündungen, vor Bahnübergängen und am Innenrand von Kurven aufgehangen werden dürfen (räumliche Einschränkung).

 

 

Darüber hinaus kann der Anspruch der Parteien auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis durch schützenswerte Interessen der Kommune selbst begrenzt werden. Um etwa eine wochenlange Verschandelung des Stadtbildes durch „wildes Plakatieren“ zu verhindern und um beispielweise einen historischen Stadtkern oder besonders schützenswerte Einrichtungen von Wahlplakatwerbung gänzlich freizuhalten, können unter Umständen die Anzahl der Wahlplakate und deren Aufstellungsorte von der zuständigen Genehmigungsbehörde bestimmt werden.

 

Dies darf allerdings wiederum nicht willkürlich oder „nach Gutdünken“ der Verwaltung geschehen, sondern muss die von der Rechtsprechung weiterhin aufgestellten Kriterien für die Genehmigung von Wahlwerbung beachten: So muss sowohl bei der Festlegung der Anzahl der Plakatstandorte als auch bei der Werbewirksamkeit dieser Standorte als auch bei der Verteilung der Werbeflächen auf die einzelnen Parteien die im Grundgesetz und im Parteiengesetz verankerte und vom Bundesverwaltungsgericht in seiner eingangs angeführten Entscheidung so bezeichnete „abgestufte Chancengleichheit“ der Parteien berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass bei der Gewährung von öffentlichen Leistungen an die Parteien – wie hier bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen – zwar einerseits alle Parteien gleich behandelt werden müssen, andererseits der Umfang der Gewährung aber abgestuft werden kann und soll, und zwar nach der Bedeutung der einzelnen Parteien. Die Bedeutung bemisst sich insbesondere nach den Ergebnissen vorangegangener Wahlen, wobei berücksichtigt werden muss, dass das seit der letzten Wahl bestehende Stärkeverhältnis der Parteien von vorherein weder bestätigt noch verfestigt werden darf; vielmehr müssen auch Parteien, die bei vorangegangenen Wahlen noch gar nicht angetreten waren, sowie „kleine Parteien“ die Chance haben, sich zu präsentieren bzw. zu „wachsen“.

 

2.         Diese rechtlichen Grundlagen vorweggeschickt, schlägt die Verwaltung zur Vermeidung von „wildem Plakatieren“ – was angesichts der Diskussion in der letzten Ratssitzung auch dem Wunsch des Rates entspricht – folgende beschränkenden Regelungen vor, die sie in ähnlicher Form auch bei der Plakatierung des Stadtgebietes in sonstigen Fällen (z.B. bei Veranstaltungshinweisen) anwendet:

 

Die Anzahl der zu genehmigenden Plakate wird pro Partei auf maximal 80 Stück im gesamten Stadtgebiet begrenzt.  Die Anzahl der Standorte, an denen die Parteien Plakate aufhängen dürfen, wird entsprechend begrenzt und  auf die einzelnen Stadtteile nach folgendem Schlüssel pro Partei verteilt:

 

Büderich:                       bis maximal 20 Stück pro Partei

Osterath:                       bis maximal 15 Stück pro Partei

Lank-Latum:                 bis maximal 15 Stück pro Partei

Strümp:                         bis maximal 10 Stück pro Partei

Ossum-Bösinghoven:    bis maximal 10 Stück pro Partei

Rheingemeinden:          bis maximal 10 Stück pro Partei

 

Die Plakatstandorte selbst werden nicht vorgegeben.

 

Neben dieser zahlenmäßigen Begrenzung könnten entsprechend der obigen Ausführungen auch bestimmte (schützenswerte oder zentrale) Bereiche innerhalb der einzelnen Stadtteile gänzlich von Plakaten freigehalten werden. Da solche (zentralen) Bereiche jedoch meist auch die „werbewirksamsten“ sind, möchte die Verwaltung angesichts der großen Bedeutung von Wahlen und Parteien für den demokratischen Rechtsstaat nicht solche räumlichen Beschränkungsmöglichkeiten favorisieren, sondern sich auf die oben beschriebene zahlenmäßige Begrenzung der Wahlplakate beschränken.

 

3.         Die vorstehenden Ausführungen gelten nicht für Großplakate („Wesselmänner“), deren Standorte konkret festgelegt und vorgegeben werden. Die Standorte sind in der als Anlage 2 beigefügten Standortliste aufgeführt, in die die Verwaltung ergänzend die GPS-Koordinaten aufgenommen hat. Bislang hat allerdings nur eine einzige Partei davon Gebrauch gemacht, die Sondernutzungserlaubnis für die Großplakate per GPS-Koordinaten zu beantragen. Ergänzend weist die Verwaltung darauf hin, dass bei den letzten Wahlen nicht alle Standorte für die Großplakate ausgenutzt wurden.

 


gez.

 

Angelika Mielke-Westerlage

Bürgermeisterin