Betreff
Vermeidung einer Versiegelung von Vorgärten und Dachbegrünung im Stadtgebiet Meerbusch
Vorlage
FB4/0342/2019
Art
Informationsvorlage

Sachverhalt:

 

Der Ausschuss für Planung und Liegenschaften hat in seiner Sitzung vom 28.03.2019 einstimmig die Prüfung folgender Punkte beschlossen:

 

  1. Vermeidung der Versiegelung von Vorgärten

 

Die Verwaltung wird beauftragt, Maßnahmen zu prüfen, die für zukünftige Baumaßnahmen eine Versiegelung von Vorgärten verhindert und stattdessen eine naturnahe Gestaltung der Vorgärten vorsieht oder mit Anreizen eine solche begünstigt (z. B. über Festlegungen in Bebauungsplänen bzw. in Gestaltungssatzungen).

 

  1. Dachbegrünung

 

Der Bürgerantrag des BUND Meerbusch zu Gründächern wird (weiter) beraten und zur Beschlussfassung vorgesehen.

 

  1. Weitere Grünoffensive

 

Die Verwaltung wird beauftragt, weitere Optionen zur Begrünung unterschiedlicher Art im Stadtgebiet zu prüfen, bezogen auf zukünftige Baumaßnahmen auch auf ihre rechtliche Umsetzbarkeit, z.B. für Hausfassaden, Mooswände im Straßenraum, Entsiegelung von – auch kleineren – Flächen.

 

Zu 1.

Gemeinden können durch Satzung Örtliche Bauvorschriften erlassen. Gemäß § 89 (1) Nr.5 der neuen BauO NRW können so die Gestaltung der Plätze für bewegliche Abfallbehälter und der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke sowie die Notwendigkeit, Art, Gestaltung und Höhe von Einfriedungen geregelt werden; dabei kann bestimmt werden, dass Vorgärten nicht als Arbeitsflächen oder Lagerflächen benutzt werden dürfen. Nach § 89 (1) Nr. 7 BauO NRW kann die Begrünung baulicher Anlagen geregelt werden. Diese Normen bieten jedoch keine tragfähige rechtliche Grundlage, um die gewünschte naturnahe Gestaltung von Vorgärten u.a. Elementen stadtweit rechtssicher regeln zu können.

 

Voraussetzung für eine Gestaltungssatzung ist es, prägende Gestaltungsmerkmale innerhalb bestimmter Gebiete zu erfassen. Dies setzt eine umfangreiche Bestandsaufnahme voraus. Jedes Gebiet, teilweise jede Straße hat ihr eigenes „Gesicht“ und individuelle prägende Gestaltungsmerkmale. Diese Unterschiede zu erkennen und herauszuarbeiten bindet erhebliche Kapazitäten. Mit einer Gestaltungssatzung wird zudem in besonderer Weise in die Eigentumsfreiheit – zu der auch die Gestaltungsfreiheit gehört – eingegriffen. Daher müssen für eine solche Einschränkung besondere und gebietsspezifische Gründe vorliegen. Ein positives Gestaltungskonzept muss zudem vorliegen. Je größer der Geltungsbereich, desto schwieriger ist auch der Nachweis dieser Gründe. Die typische Gestaltung eines Vorgartens und dessen Einfriedung ist z.B. in Büderich - Alt Meererbusch nicht mit Vorgärten in einer Reihenhaussiedlung oder im Geschosswohnungsbau gleichzusetzen. Im Ergebnis wäre zudem wegen einer sehr heterogenen Gestaltung der Einfriedungen in weiten Teilen des Stadtgebietes zu erwarten, dass keine prägenden Merkmale (mehr) vorzufinden sind und demnach keine Rechtsgrundlage für den Erlass gestalterischer Vorschriften besteht.

 

Im Rahmen der Erarbeitung wurde auch mit anderen Kommunen des Rhein-Kreis Neuss die Thematik der Steingärten diskutiert und erörtert. Derzeit haben viele Stadtverwaltungen ähnliche Prüfaufträge zu bearbeiten, die fast durchgängig mit demselben Ergebnis enden: Eine flächendeckende Satzung zur Gestaltung und Einfriedung von unbebauten Flächen bebauter Grundstücke unter der Prämisse des „ortstypischen Merkmals“ ist nicht umsetzbar.

 

Im Rahmen von Bauleitplanverfahren erfolgt hingegen ohnehin eine sorgfältige Bestandsaufnahme. Die Ableitung von Gestaltungsvorgaben, auch hinsichtlich der Grüngestaltung, ist bewährte und geübte Praxis. Seitens FB 4 werden bereits seit langem entsprechende Festsetzungen zur Sicherung einer naturnahen Gestaltung innerhalb der Bebauungspläne und zugehörigen Gestaltungssatzungen angewandt, die im Hinblick auf die Vermeidung der „steinernen“ Vorgärten ergänzt und überarbeitet wurden (zuletzt im Bereich Strümper Busch).

 

Hinsichtlich der ergänzenden Förderung der gewünschten Gestaltung durch positive Anreize würde die Stadtplanung ein Förderprogramm zur Entsiegelung und naturnahen Gestaltung von Vorgärten sowie Neuanlage von Dachbegrünungen begrüßen. Dieses müsste jedoch im Rahmen der Haushaltsplanung Berücksichtigung finden, auch hinsichtlich personeller Kapazitäten bei der Beratung und Umsetzung.

 

Zu 2.

Der Entwurf einer Gründachsatzung – Satzung zur Dachbegrünung in der Stadt Meerbusch – ist unter der Vorlage FB4/0943/2019 zu finden und wird im Planungs- und Liegenschaftsausschuss am 24.09.2019 beraten.

 

Zu 3.

Zur Reduzierung von Feinstaub innerhalb des Stadtgebietes wurde unter anderem angeregt eine Installation von Mooswänden innerhalb der Straßenräume zu überprüfen. Seitens FB 5 wurden Bestrebungen anderer Kommunen und deren Ergebnisse recherchiert und überprüft. Ein Forschungsprojekt wurde in Stuttgart durchgeführt. Hier werden regelmäßig die Grenzwerte für Feinstaub überschritten. Stuttgart liegt damit bundesweit an der Spitze. Die Ergebnisse der Stuttgarter Kollegen sind ernüchternd. Die installierten Moose hatten an der Wand direkt an der Straße Bedingungen, die zu einer sehr kurzen Lebensdauer führten. Moose speichern Wasser; viele Arten können sich ihren lebensnotwendigen Stickstoff aus der Luft oder dem Regen filtern. Einige Moosarten brauchen dauerhaft Feuchtigkeit, andere können austrocknen und sich bei Wassernachschub regenerieren. Fast allen Arten ist aber gemein, dass sie keine direkte Sonneneinstrahlung mögen. Die Gründe für den negativen Ausgang des Experiments, waren unter anderem die Sonneneinstrahlung,  die Bewässerung, trotz Optimierungen an der Bewässerungsanlage sowie das Streusalz. Diese Bedingungen machten es sehr schwierig, Moose vital zu halten. Zwar konnte nachgewiesen werden, dass drei Arten kleinste Partikel gut aufnahmen. Eine Abnahme der Luftschadstoffbelastung an dem Feinstaub-Brennpunkt konnte ihnen aber nicht direkt zugeschrieben werden. Die leichte Wirkung der Mooswand, Feinstäube zu reduzieren, lag in der Größenordnung der Abweichungen durch Messunsicherheiten. Sie sind also nicht sicher nachweisbar. Auf die Stickoxid-Belastung haben Moose keinerlei Wirkung. In Stuttgart wurde deshalb wegen des nicht vorhandenen Nutzens und der intensiven, sowie nicht umweltverträglichen (Wasserverbrauch) Unterhaltung das Projekt beendet und nicht wieder gestartet. Eine praxistaugliche Mooswand oder ein Nachweis einer wirksamen Feinstaubreduzierung liegt derzeit nicht vor. Ob eine Mooswand praxistauglich wird und ob diese dann tatsächlich nennenswert Feinstaub reduziert, ist derzeit nicht absehbar. Daher ist die Verwaltung zu dem Schluss gekommen, dass eine Installation einer Mooswand für das Stadtgebiet Meerbusch nicht zielführend ist.

 

Weitere Maßnahmen wie beispielsweise Fassadenbegrünungen an allen öffentlichen Gebäuden sollten seitens der Verwaltung geprüft werden.  In den zunehmend aufgeheizten Städten kommt eine stark erhöhte Belastung durch Feinstaub und andere schädliche Emissionen von Verkehr, Industrie etc. hinzu. Damit besteht ein starkes Interesse, dem entgegenzuwirken und tätig zu werden, um wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt zu entwickeln und dabei wirksamen Klimaschutz zu betreiben. Gebäudebegrünung (Dach/Fassade) sowie eine Erhöhung des Grünanteils auf Grundstücken (Entsiegelung) können die Aufenthaltsqualität erhöhen, das Kleinklima verbessern, die Temperaturextreme mindern, den Luftaustausch verbessern und sind ein wesentlicher Bestandteil für den Artenschutz und die Biodiversität.

 

Es ist jedoch zu prüfen, ob pauschal eine Fassadenbegrünung an allen öffentlichen Gebäuden sinnvoll ist. Hierbei ist zunächst die Frage zu stellen, ob und ggf. welche Form der Fassadenbegrünung vorzusehen ist. Dies hängt von vielerlei Faktoren ab. Es sollte im Vorfeld geklärt sein, in welcher Form eine Fassade begrünt werden soll, um die optische Qualität als auch die Kosten der Unterhaltung im Blick zu behalten. Sowohl bei Neubauten als auch bei Bestandsgebäuden ist zudem die Eignung der Fassaden zur Begrünung zu prüfen. Folgende Aspekte sind dabei zu berücksichtigen: Material, Konstruktion, Zustand. Auch die ökologischen Voraussetzungen sind zu berücksichtigen um einen guten Wachstumserfolg zu gewährleisten: Bodenqualität, Wasser- und Nährstoffversorgung, Licht-, Temperatur- und Windverhältnisse sind genauso zu berücksichtigen wie vorhandene Immissionsquellen.

 

In der Vergangenheit wurde die Begrünung städtischer Gebäudefassaden eher selten vorgenommen. Ursächlich ist hierfür, dass keine ausreichenden Personalkapazitäten für die dauernde Begutachtung, Pflege und erforderliche Rückschnittmaßnahmen zur Verfügung stehen. Wo Wandbegrünungen erfolgt sind (z.B. Mataré-Gymnasium, Meerbusch-Gymnasium, Barbara-Gerretz-Schule), mussten diese aufwendig zurückgeschnitten werden, da aufgrund unzureichender Pflege Bauschäden aufgetreten sind. Sollten im Sinne des Klimaschutzes zukünftig verstärkt Fassadenbegrünungen vorgenommen werden, müssten die oben genannten Punkte im Vorfeld untersucht und geprüft werden. Zudem müsste zukünftig sichergestellt werden, dass Wandbegrünungen regelmäßiger Pflege unterzogen werden. Zusammenfassend ist die Verwaltung der Ansicht, dass individuell jedes Gebäude auf seine Eignung zur Fassadenbegrünung zu prüfen ist, wobei der Anteil begrünter Fassaden insgesamt erhöht werden sollte. Die Entsiegelung städtischer Flächen wird seit langem konsequent verfolgt.

 

Sowohl durch Entsiegelung und naturnahe Begrünung als auch Fassadenbegrünungen können zudem Ökopunkte für den Ausgleich von Eingriffen in Boden, Natur und Landschaft generiert werden und dem städtischen Ökokonto gutgeschrieben werden.

 

Alternativen:

keine

 


In Vertretung

gez.

 

 

Michael Assenmacher

Technischer Dezernent