Betreff
Bürgeranregung gemäß § 24 GO NRW vom 26. November 2018 zum Antrag zur Bebauungsplanänderung des Bebauungsplans Nr. 120A Meerbusch Ilverich, Dohlenweg / Dompfaffweg, der Stadt Meerbusch, Kreis Neuss von Dorfgebiet zu Allgemeinem Wohngebiet.
Vorlage
FB4/0894/2019
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss verweist den Antrag gemäß § 24 GO NRW vom 26. November 2018 zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 120 A Meerbusch Ilverich, Dohlenweg / Dompfaffweg der Stadt Meerbusch, Kreis Neuss, von einem Dorfgebiet zu einem Allgemeinen Wohngebiet an den zuständigen Ausschuss für Planung und Liegenschaften.

 

Der Ausschuss für Planung und Liegenschaften beschließt, der Bürgeranregung nicht zu folgen.

 

 

 

Alternativen:

 

keine

 

 

 

Sachverhalt:

 

Mit Schreiben vom 28. November 2018 liegt gemäß § 24 GO NRW ein Bürgerantrag zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 120 A Meerbusch Ilverich, Dohlenweg / Dompfaffweg, der Stadt Meerbusch, Kreis Neuss vor.

Die Antragssteller wohnen im Plangebiet. Sie beantragen, das derzeit festgesetzte Dorfgebiet (MD) in ein Allgemeines Wohngebiet (WA) zu ändern. Sie begründen dies mit der derzeitigen Bebauung durch Einfamilienhäuser und der Nutzung der Grünflächen als Ziergärten. Kleintierhaltung oder sonstige dörfliche Nutzungen seien somit dort faktisch nicht möglich. Zudem wird angenommen, dass aufgrund der Aussage des Online Portals „Borisplus NRW“, welches als Nutzungsart „Allgemeines Wohngebiet“ angibt, die Bauleitplanung zu korrigieren sei.

 

Die Verwaltung empfiehlt der Anregung nicht zu folgen.

Dies wird wie folgt begründet:

 

1.    Die Aussagen des Portals „BORISplus NRW“ sind nicht rechtsverbindlich. Verbindliche Aussagen zu geltendem Planungsrecht sind ausschließlich den Inhalten des Bebauungsplanes zu entnehmen. Dieser setzt als Art der baulichen Nutzung Dorfgebiet (MD) fest.

Jedoch dürfte es keine Diskrepanz zwischen den Aussagen des rechtkräftigen Bebauungsplanes, des wirksamen Flächennutzungsplanes und dem Portal „BORISplus NRW“ geben.

Der Gutachterausschuss orientiert sich bei seiner Bewertung an den vorliegenden Bauleitplänen; in diesem Fall ist der Bebauungsplan Nr. 120 A Ilverich, als auch der Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt Meerbusch für diesen Bereich maßgebend. Der FNP stellt den erheblich überwiegenden Teil der Flächen als Dorfgebiet (MD) dar. Der Bebauungsplan Nr. 120 A wurde aus den Festsetzungen des FNP entwickelt und setzt Dorfgebiet (MD) fest. Die Verwaltung geht nach Rücksprache mit dem Gutachterausschuss NRW von einem Übertragungsfehler aus und wird beantragen, diesen zu korrigieren.

 

2.     Entgegen der Annahme der Antragsteller ist Kleintierhaltung sowohl in den jetzigen baulichen Strukturen des festgesetzten Dorfgebietes (MD) als auch in dem beantragten Allgemeinen Wohngebiet (WA) zulässig und möglich. In § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO heißt es „soweit nicht in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintierhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung.“ Demnach ist in einem WA z. B. die Haltung von Hühnern, sofern sie gegenüber dem Wohnen als Hauptnutzung räumlich und funktionell in den Hintergrund tritt und den Rahmen der typischen Freizeitnutzung nicht sprengt, zulässig.

Zum besseren Verständnis des Sachverhalts wird darauf hingewiesen, dass sich die Antragsteller in der Vergangenheit über eine Hühnerhaltung in unmittelbarerer Nachbarschaft beschwert haben. Grundlage der Beschwerde waren zum einen die Anzahl der Hühner und Hähne und die damit verbundene Lärmbelästigung sowie die Vermutung einer gewerblichen Nutzung.

Alle Beschwerdepunkte wurden seitens der Verwaltung mehrfach überprüft und konnten nicht bestätigt werden.

 

3.     Eine Bestandsaufnahme vor Ort hat ergeben, dass in dem maßgeblichen Plangebiet nur noch Wohnhäuser und keine Wirtschaftsstellen von landwirtschaftlichen Betrieben (mehr) vorhanden sind. Mit ihrer Errichtung kann wohl auch in absehbarer Zeit nicht mehr gerechnet werden, weil es derzeit keine Flächen mehr gibt, auf der sich eine solche Wirtschaftsstelle sinnvoll realisieren ließe. Insofern könnte eine Funktionslosigkeit der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung vorliegen.

An die Funktionslosigkeit eines Bebauungsplanes sind strenge Anforderungen geknüpft. Es gibt dazu umfangreiche Rechtsprechung: die Kriterien, nach denen sich bestimmt, ob ein Bebauungsplan einen funktionslosen Inhalt hat, wurden bereits im Urteil vom 29. April 1977 - BVerwG 4 C 39.75 - (BVerwGE 54, 5) benannt. Die durch diese Entscheidung eingeleitete Rechtsprechung wurde in der Folgezeit wiederholt bestätigt. Danach kann eine Festsetzung funktionslos sein, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setzt voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie für sich genommen durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren hat, die städtebauliche Entwicklung in einer bestimmten Richtung zu steuern (siehe Beschluss des BVerwG vom 09.10.2003, AZ 4 B 85.03).

Es sind schon Fälle entschieden worden, wonach die Festsetzung Dorfgebiet auf unabsehbare Zeit nicht mehr zu verwirklichen und der Plan dadurch obsolet geworden war (siehe z.B. Beschluss des BVerwG vom 29.05.2001, AZ G 4 B 33/01). Der Befund einer Funktionslosigkeit kann nur von einem Gericht oder der Bauaufsichtsbehörde getroffen werden. Die Verwaltung hat keine Normverwerfungskompetenz, d.h. der Plan gilt fort. Die Bauaufsichtsbehörde kann im Zuge der Einzelfallprüfung gleichwohl zu sachgerechten Entscheidungen kommen. Dem gesicherten Befund schließt sich in der Regel eine Aufhebung des Planes an, um den Anschein der Rechtswirksamkeit zu beseitigen. Alternativ kann auch eine Planänderung oder Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes erfolgen, soweit erforderlich.

 

Ein unmittelbares Erfordernis zur Aufhebung oder Änderung des Planungsrechtes ist im vorliegenden Fall, insbesondere hin zu einem Allgemeinen Wohngebiet, gegenwärtig nicht abzuleiten. Eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes Nr. 120 A Meerbusch Ilverich, Dohlenweg / Dompfaffweg wurde bisher nicht festgestellt. Aufgrund der Lage im Stadtgebiet, der bisher gewählten Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung und der umliegenden, teilweise landwirtschaftlichen Nutzungen bzw. Wirtschaftsstellen ist es planerisches Ziel, die dörfliche Prägung zu sichern und zu erhalten, so dass eine Verschiebung zugunsten der Wohnnutzung mit entsprechend höherem Schutzanspruch an dieser Stelle kritisch gesehen wird.

 

Die Stadt Meerbusch sieht aus vorgenannten Gründen keinen Handlungsbedarf zur Änderung der Nutzungsart des Bebauungsplans Nr. 120 A Meerbusch Ilverich, Dohlenweg / Dompfaffweg zu einem Allgemeinen Wohngebiet (WA). Auf § 1 Abs. 3 BauGB wird verwiesen.

 

Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen keine Auswirkungen auf den Haushalt.

 

In Vertretung

 

gez.

 

Michael Assenmacher

Technischer Beigeordneter

 

Anlagenverzeichnis:

Schreiben des Antragsstellers