Betreff
Berücksichtigung lokaler Anbieter bei der freihändigen Vergabe
Vorlage
SFI/0290/2019
Art
Informationsvorlage

Die Verwaltung wurde mit Beschluss des Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschusses vom 06.12.2018 beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten, wie lokale Anbieter von Dienstleistungen bei der freihändigen Vergabe angemessen berücksichtigt werden können. Grundsätzlich würde es auch die Unterzeichnerin begrüßen, verstärkt Aufträge an örtliche Unternehmen vergeben zu können, die in Meerbusch Arbeitsplätze vorhalten und i. d. R. Gewerbesteuer zahlen. Auch in der Auftragsabwicklung wäre ein Ortsbezug von Vorteil, da Unternehmen schneller verfügbar sind und über Ortskenntnisse verfügen. Gleichwohl ist die Stadt als öffentlicher Auftraggeber an vergaberechtliche Vorschriften gebunden.

 

Danach haben öffentliche Auftraggeber nach dem Runderlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung „Vergabegrundsätze für Gemeinden nach § 25 Gemeindehaushaltsverordnung NRW (Kommunale Vergabegrundsätze)“ vom 28. August 2018 bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen die europarechtlichen Grundprinzipien der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und Transparenz zu beachten.

 

Nach Punkt 3.2. dieses Runderlasses sind mittelständische Interessen vornehmlich zu berücksichtigen. Kleinere und mittlere Unternehmen sind angemessen bei der Angebotsaufforderung einzubeziehen und auf einen Wechsel der Bieter bei den nicht förmlichen Verfahren ist zu achten.

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gibt in § 97 Abs. 4 als Grundsatz der Vergabe ebenfalls vor, dass mittelständische Interessen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen sind.

 

Hieraus resultiert auch der allgemeine Vorrang der losweisen Vergabe. Dabei hat der öffentliche Auftraggeber zuvor die Interessen des Mittelstandes an einer losweisen Vergabe mit seinen eigenen Interessen einer wirtschaftlichen Vergabe abzuwägen. Erst wenn diese Abwägung eindeutig zugunsten einer Gesamtvergabe des Auftrages ausfällt, darf der Auftraggeber von einer Losvergabe absehen. Das GWB sieht ansonsten in § 97 Abs. 4 Satz 2 vor, dass Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben sind.

 

Eine angemessene Berücksichtigung von lokalen Anbietern von Dienstleistungen könnte somit allein über die Anwendung der Bestimmungen des § 97 Abs. 4 GWB und der Kommunalen Vergabegrundsätze der Nordrhein-Westfälischen Landesregierung erfolgen. Diese sehen jedoch das Kriterium der Ortsansässigkeit nicht vor.

 

Vielmehr können nach der geltenden Rechtsprechung die Ortsansässigkeit, die Ortsnähe oder die Ortskenntnis in der Regel nicht zum Gegenstand der Wertung eines Angebotes gemacht werden, da die Aufstellung derartiger Kriterien regelmäßig mit der Diskriminierung ortsfremder Konkurrenten einhergeht. Nur in Ausnahmefällen kann eine bestimmte örtliche Präsenz im Zusammenhang mit der Leistungserbringung verlangt werden. Das Vorliegen angemessener, sachlich inhaltlicher und auftragsbezogener Rechtfertigungsgründe ist hierbei zu dokumentieren und unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfbarkeit.

 

Eine ungerechtfertigte Bevorzugung eines lokalen Anbieters ist unzulässig und verstößt damit gegen das Diskriminierungsverbot. Folgen einer solchen Bevorzugung können eine verzögerte Auftragserteilung durch ein entsprechendes Nachprüfungsverfahren und im schlimmsten Falle Schadenersatzansprüche des in seinen Rechten verletzten ortsfremden Konkurrenten sein.

 

Bei Vergaben von Dienstleistungen (z.B. Planungsleistungen, Gutachten, Rechtsberatungen, Studien usw.) sowie bei der Vergabe von Bauleistungen ist unabhängig vom gewählten Vergabeverfahren, immer auch die Eignung der in Frage kommenden Anbieter für die jeweilige Aufgabe bzw. für den zu vergebenden Leistungsumfang zu beachten. Bei freihändigen Vergaben und bei beschränkten Ausschreibungen sind die potentiell in Frage kommenden Bieter schon im Vorfeld des Preiswettbewerbs unter dem Aspekt der Leistungsfähigkeit und der fachlichen Eignung auszusuchen. Dies geschieht bisher häufig auf der Basis bereits vorliegender positiver Erfahrungen aus vorherigen Auftragsabwicklungen. Jeweils aktuelle Erkenntnisse aus den Vertragsabwicklungen fließen in diese Überlegungen mit ein. Dies führt dazu, dass Firmen bei Schlechtleistungen bei Neuausschreibungen eine Zeitlang nicht mehr berücksichtigt werden.

 

Firmen, die sich nach öffentlicher Ausschreibung positiv bei der Auftragsabwicklung hervorgetan haben, werden zukünftig auch zu Angebotsabgaben bei beschränkten Ausschreibungsverfahren bzw. bei freihändigen Vergaben angefragt. Im Laufe der Zeit ist auf diese Weise eine umfangreiche Bieterdatei für die einzelnen Gewerke bzw. Dienstleistungen entstanden. Wertet man diese nach Regionalität aus, stellt man fest, dass der weitaus größte Teil der Bieter aus Meerbusch und der umliegenden Region (Radius 30 km) stammt. Bei größeren Aufträgen, denen in der Regel öffentliche Ausschreibungen voraus gehen, ist allerdings festzustellen, dass diese Aufträge häufig an Firmen gehen, die nicht aus Meerbusch oder aus der Region stammen. Es zeigt sich auch, dass Meerbuscher Unternehmen hier oftmals gar kein Angebot abgeben.

 

Sofern Bieter bisher noch nicht für die Stadt gearbeitet haben, wird diesen empfohlen, sich formlos bei der entsprechenden Dienststelle unter Angabe der Tätigkeitsfelder, der Leistungsfähigkeit und evtl. vorhandener Referenzangaben zu bewerben. Diese werden dann, bei entsprechender Eignung, in die Bieterdatei aufgenommen.

 

Aufgrund der Neufassung der „Vergabegrundsätze für Gemeinden nach § 25 Gemeindehaushaltsverordnung NRW (Kommunale Vergabegrundsätze)“ vom 28. August 2018 wird die städtische Vergabeordnung überarbeitet und angepasst.

 

Zusammenfassend sieht die Verwaltung keine Möglichkeit, die Vergabe von Aufträgen an lokale Anbieter bei der freihändigen Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch ein rechtssicheres Konzept zu regeln, da dies gegen die grundlegenden Verfahrensgrundsätze des Vergaberechts verstoßen würde.


gez.

 

Angelika Mielke-Westerlage

Bürgermeisterin