Betreff
Bundeskinderschutzgesetz
Vorlage
FB2/098/2012
Aktenzeichen
FB2/51
Art
Informationsvorlage

 

 

Das am 16.12.2011 verabschiedete Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Bundeskinderschutzgesetz – BkiSchG, siehe Anlage) ist am 01.01.2012 in Kraft getreten. Ziel dieses Gesetzes ist eine Verbesserung des Kinderschutzes. Erreicht werden soll dieses Ziel im Wesentlichen durch den Ausbau von Prävention und Intervention sowie durch die Stärkung aller Akteure, die mit dem Wohlergehen von Kindern befasst sind.

 

Als Artikelgesetz enthält das Bundeskinderschutzgesetz in Art. 1 das „Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz“ (KKG). Dies umfasst im Wesentlichen die Normen für die Kooperation und Information aller beteiligten Träger im Rahmen der „Frühen Hilfen“. Erreicht werden soll die in § 1 KKG enthaltene Vorhaltung eines möglichst frühzeitigen, koordinierten und multiprofessionellen Angebotes und Schutzes im Hinblick auf die Entwicklung von Kindern, vor allem in den ersten Lebensjahren. Zudem enthält das Bundeskinderschutzgesetz Änderungen und Ergänzungen des SGB VIII und anderer Gesetze.

 

Die wichtigsten Anforderungen und Änderungen für die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sind:

 

  • Vernetzung – Insbesondere Gesundheitswesen und Jugendhilfe sollen sich regelmäßig fachlich austauschen.

Wesentliches Element wird der Aus- und Aufbau von verbindlichen Netzwerkstrukturen im Bereich der frühen Hilfen gem. § 3 KKG. Soweit Landesrecht keine abweichende Zuständigkeit bestimmt, was für NRW derzeit nicht der Fall ist, hat der öffentliche Jugendhilfeträger (Jugendamt Meerbusch) den Auftrag, alle beteiligten Akteure zur verbindlichen Zusammenarbeit in Netzwerken zu organisieren.

 

  • Einsatz von Familienhebammen – Speziell ausgebildete Hebammen sollen Familien mit einem entsprechenden Bedarf beraten, begleiten und unterstützen.

Das Netzwerk soll durch den Einsatz von Familienhebammen gestärkt werden. In diesem Zusammenhang wird der Bund 30 Mio. € im Jahr 2012, 45 Mio. € im Jahr 2013 und 51 Mio. € in den Jahren 2014 und 2015 einsetzen. Danach zahlt der Bund jährlich 51 Mio. € in einen Fond zur Sicherstellung der Netzwerke „Frühe Hilfen“ und der psychosozialen Unterstützung von Familien. Wie diese Mittel an die Kommune gelangen ist derzeit unklar.

 

  • Frühe Hilfen schon für werdende Eltern – Hilfeangebote sollen flächendeckend und leicht zugänglich angeboten werden.

Auch wenn in vielen Jugendämtern die Neugeborenenbegrüßung mittlerweile zum Standardangebot gehört, war diese aufsuchende Aufgabe bisher dennoch nicht eindeutig gesetzlich geregelt.

Nunmehr sollen Eltern sowie werdende Mütter und Väter über Leistungsangebote in Fragen der Schwangerschaft, Geburt und Entwicklung des Kindes in den ersten Lebensjahren informiert werden. Hierzu enthält das Bundeskinderschutzgesetz die Befugnis, den (werdenden) Eltern zu diesem Zweck ein persönliches Gespräch anzubieten. Auch mit der Neuformulierung des § 16 Abs. 3 SGB VIII erfolgt eine ausdrückliche Erweiterung des Adressatenkreises auf werdende Eltern. Danach soll neben Müttern und Vätern auch schwangeren Frauen und werdenden Eltern „Beratung und Hilfe in Fragen der Partnerschaft und des Aufbaus elterlicher Erziehungs- und Beziehungskompetenzen angeboten werden“.

 

  • Befugnisnorm für Berufsgeheimnisträger zur Informationsweitergabe an das Jugendamt – Weitergabe wichtiger Informationen an das Jugendamt sind klar geregelt.

Da über das Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) nur die Träger und Einrichtungen der öffentlichen und freien Jugendhilfe verbindlich erreicht werden können, war dies in einem eigenen Gesetz zu regeln. So verpflichtet die Vorschrift kind- und jugendnahe beschäftigte Geheimnisträger (gem. § 203 StGB) zur Beratung der Eltern und zur Motivation für die Inanspruchnahme geeigneter Hilfen, wenn sie gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines Kindes erkennen. Die Befugnis, Informationen an das Jugendamt weiterzugeben besteht, wenn die Gefährdung nicht mit eigenen Mitteln abgewendet werden kann und ein Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich gehalten wird. Flankierend hierzu haben die Personen zur Einschätzung der Kindeswohlgefährdung, über den Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft (s.u.).

 

  • Anspruch auf Beratung – Alle Personen, die beruflich mit Kindern oder Jugendlichen in Kontakt stehen, haben Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft.

Ins SGB VIII neu eingefügt wurde § 8b „fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“. Abs. 1 enthält einen Anspruch, von kinder– und jugendnahen Berufsgruppen außerhalb des SGB VIII, auf Beratung durch eine erfahrene Fachkraft im Falle einer Gefährdungseinschätzung.

„Im Kinderschutz erfahrene Fachkräfte sollen in einem System des kooperativen Kinderschutzes eine erweiterte Aufgabenstellung erhalten. Sie übernehmen nicht nur beratende und prozessbegleitende Aufgaben gegenüber Fachkräften in den Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendhilfe, sondern auch gegenüber außerhalb des Systems der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Berufsgruppen, die im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen stehen. Diesen Berufsgruppen räumt die Vorschrift einen Rechtsanspruch auf Beratung gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ein, der im Rahmen seiner Gesamtverantwortung zur Vorhaltung eines Pools an Fachkräften verpflichtet ist (Begründung des Gesetzesentwurfs, S. 38).“

 

  • Ausschluss einschlägig Vorbestrafter von Tätigkeiten in der Kinder- und Jugendhilfe – Alle hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der öffentlichen und freien Jugendhilfe müssen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen.

Auch der § 43 SGB VIII „Erlaubnis zur Kindertagespflege“ und der § 44 SGB VIII „Erlaubnis zur Vollzeitpflege“ verweisen nunmehr auf den § 72a SGB VIII, der das Beschäftigungsverbot regelt. In der Praxis wurde durch das Jugendamt Meerbusch bisher auch schon ein entsprechendes Führungszeugnis in diesen Fällen eingefordert. Durch einen neu eingeführten § 72 Abs. 4 soll in Vereinbarungen des Jugendamtes mit Trägern und Vereinen sichergestellt werden, dass keine neben- oder ehrenamtlich in der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Personen, die wegen einer kindeswohlgefährdenden Straftat rechtskräftig verurteilt worden sind, beschäftigt werden. Die freien Träger sollen zur Einforderung und Prüfung eines erweiterten Führungszeugnisses für diesen Personenkreis verpflichtet werden.

 

  • Regelung zum Hausbesuch – Der Hausbesuch wird zur Pflicht, wenn er aus fachlicher Sicht erforderlich ist und der Schutz des Kindes dadurch nicht in Frage gestellt wird.

Die Entscheidung, aufgrund einer Meldung, einen Hausbesuch durchzuführen, wurde im Meerbuscher Jugendamt bisher schon nach fachlichen Gesichtspunkten getroffen. Gegebenenfalls müssen andere Arbeitsaufträge dieser Priorität untergeordnet werden.

 

  • Verbindliche Standards in der Kinder- und Jugendhilfe – Eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung wird zur Pflicht.

 

  • Verhinderung des „Jugendamts-Hopping“ - Bei Umzug von Familien ist das neu zuständige Jugendamt über wichtige Informationen zu unterrichten.

 

 

Die Auswirkungen und abschließende Bewertungen dieser Neuregelungen lassen sich erst nach Praxiserfahrungen der Umsetzung und Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Einrichtungen, Trägern und Institutionen beschreiben. Insoweit ist die festgelegte verbindliche Evaluation des Gesetzes, im Hinblick auf seine Wirkung, bis 2015 folgerichtig.

Mit der Umsetzung des Gesetzes sind zusätzliche Sach- und Personalaufwendungen verbunden, die noch nicht feststehen und noch zu berechnen sind.

 

 

 


In Vertretung

 

 

 

Angelika Mielke-Westerlage

Erste Beigeordnete