Das am 16.12.2011 verabschiedete
Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen
(Bundeskinderschutzgesetz – BkiSchG, siehe Anlage) ist am 01.01.2012 in Kraft
getreten. Ziel dieses Gesetzes ist eine Verbesserung des Kinderschutzes.
Erreicht werden soll dieses Ziel im Wesentlichen durch den Ausbau von
Prävention und Intervention sowie durch die Stärkung aller Akteure, die mit dem
Wohlergehen von Kindern befasst sind.
Als Artikelgesetz enthält das
Bundeskinderschutzgesetz in Art. 1 das „Gesetz zur Kooperation und
Information im Kinderschutz“ (KKG). Dies umfasst im Wesentlichen die Normen für
die Kooperation und Information aller beteiligten Träger im Rahmen der „Frühen
Hilfen“. Erreicht werden soll die in § 1 KKG enthaltene Vorhaltung
eines möglichst frühzeitigen, koordinierten und multiprofessionellen Angebotes
und Schutzes im Hinblick auf die Entwicklung von Kindern, vor allem in den
ersten Lebensjahren. Zudem enthält das Bundeskinderschutzgesetz Änderungen und
Ergänzungen des SGB VIII und anderer Gesetze.
Die wichtigsten Anforderungen und
Änderungen für die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sind:
- Vernetzung
– Insbesondere Gesundheitswesen und Jugendhilfe sollen sich regelmäßig
fachlich austauschen.
Wesentliches
Element wird der Aus- und Aufbau von verbindlichen Netzwerkstrukturen im
Bereich der frühen Hilfen gem. § 3 KKG. Soweit Landesrecht keine
abweichende Zuständigkeit bestimmt, was für NRW derzeit nicht der Fall ist, hat
der öffentliche Jugendhilfeträger (Jugendamt Meerbusch) den Auftrag, alle
beteiligten Akteure zur verbindlichen Zusammenarbeit in Netzwerken zu
organisieren.
- Einsatz
von Familienhebammen – Speziell ausgebildete Hebammen sollen Familien mit
einem entsprechenden Bedarf beraten, begleiten und unterstützen.
Das Netzwerk
soll durch den Einsatz von Familienhebammen gestärkt werden. In diesem
Zusammenhang wird der Bund 30 Mio. € im Jahr 2012, 45 Mio. €
im Jahr 2013 und 51 Mio. € in den Jahren 2014 und 2015 einsetzen.
Danach zahlt der Bund jährlich 51 Mio. € in einen Fond zur
Sicherstellung der Netzwerke „Frühe Hilfen“ und der psychosozialen
Unterstützung von Familien. Wie diese Mittel an die Kommune gelangen ist
derzeit unklar.
- Frühe
Hilfen schon für werdende Eltern – Hilfeangebote sollen flächendeckend und
leicht zugänglich angeboten werden.
Auch wenn in
vielen Jugendämtern die Neugeborenenbegrüßung mittlerweile zum Standardangebot
gehört, war diese aufsuchende Aufgabe bisher dennoch nicht eindeutig gesetzlich
geregelt.
Nunmehr
sollen Eltern sowie werdende Mütter und Väter über Leistungsangebote in Fragen
der Schwangerschaft, Geburt und Entwicklung des Kindes in den ersten
Lebensjahren informiert werden. Hierzu enthält das Bundeskinderschutzgesetz die
Befugnis, den (werdenden) Eltern zu diesem Zweck ein persönliches Gespräch
anzubieten. Auch mit der Neuformulierung des § 16
Abs. 3 SGB VIII erfolgt eine ausdrückliche Erweiterung des
Adressatenkreises auf werdende Eltern. Danach soll neben Müttern und Vätern
auch schwangeren Frauen und werdenden Eltern „Beratung und Hilfe in Fragen der
Partnerschaft und des Aufbaus elterlicher Erziehungs- und Beziehungskompetenzen
angeboten werden“.
- Befugnisnorm
für Berufsgeheimnisträger zur Informationsweitergabe an das Jugendamt –
Weitergabe wichtiger Informationen an das Jugendamt sind klar geregelt.
Da über das
Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) nur die Träger und Einrichtungen der
öffentlichen und freien Jugendhilfe verbindlich erreicht werden können, war
dies in einem eigenen Gesetz zu regeln. So verpflichtet die Vorschrift kind-
und jugendnahe beschäftigte Geheimnisträger (gem. § 203 StGB) zur
Beratung der Eltern und zur Motivation für die Inanspruchnahme geeigneter
Hilfen, wenn sie gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines
Kindes erkennen. Die Befugnis, Informationen an das Jugendamt weiterzugeben
besteht, wenn die Gefährdung nicht mit eigenen Mitteln abgewendet werden kann
und ein Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich gehalten wird. Flankierend
hierzu haben die Personen zur Einschätzung der Kindeswohlgefährdung, über den
Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Anspruch auf Beratung durch eine insoweit
erfahrene Fachkraft (s.u.).
- Anspruch
auf Beratung – Alle Personen, die beruflich mit Kindern oder Jugendlichen
in Kontakt stehen, haben Anspruch auf Beratung durch eine insoweit
erfahrene Fachkraft.
Ins
SGB VIII neu eingefügt wurde § 8b „fachliche Beratung und Begleitung
zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“. Abs. 1 enthält einen Anspruch,
von kinder– und jugendnahen Berufsgruppen außerhalb des SGB VIII, auf
Beratung durch eine erfahrene Fachkraft im Falle einer Gefährdungseinschätzung.
„Im Kinderschutz erfahrene Fachkräfte sollen
in einem System des kooperativen
Kinderschutzes eine erweiterte
Aufgabenstellung erhalten. Sie übernehmen nicht nur beratende und
prozessbegleitende Aufgaben gegenüber Fachkräften in den Einrichtungen und
Diensten der Kinder- und Jugendhilfe, sondern auch gegenüber außerhalb des
Systems der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Berufsgruppen, die im Kontakt mit
Kindern und Jugendlichen stehen. Diesen Berufsgruppen räumt die Vorschrift
einen Rechtsanspruch auf Beratung gegenüber
dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ein, der im
Rahmen seiner Gesamtverantwortung zur Vorhaltung eines Pools an Fachkräften verpflichtet ist (Begründung des
Gesetzesentwurfs, S. 38).“
- Ausschluss
einschlägig Vorbestrafter von Tätigkeiten in der Kinder- und Jugendhilfe –
Alle hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der öffentlichen
und freien Jugendhilfe müssen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen.
Auch der
§ 43 SGB VIII „Erlaubnis zur Kindertagespflege“ und der § 44 SGB VIII
„Erlaubnis zur Vollzeitpflege“ verweisen nunmehr auf den
§ 72a SGB VIII, der das Beschäftigungsverbot regelt. In der
Praxis wurde durch das Jugendamt Meerbusch bisher auch schon ein entsprechendes
Führungszeugnis in diesen Fällen eingefordert. Durch einen neu eingeführten
§ 72 Abs. 4 soll in Vereinbarungen des Jugendamtes mit Trägern
und Vereinen sichergestellt werden, dass keine neben- oder ehrenamtlich in der
Kinder- und Jugendhilfe tätigen Personen, die wegen einer
kindeswohlgefährdenden Straftat rechtskräftig verurteilt worden sind, beschäftigt
werden. Die freien Träger sollen zur Einforderung und Prüfung eines erweiterten
Führungszeugnisses für diesen Personenkreis verpflichtet werden.
- Regelung
zum Hausbesuch – Der Hausbesuch wird zur Pflicht, wenn er aus fachlicher
Sicht erforderlich ist und der Schutz des Kindes dadurch nicht in Frage
gestellt wird.
Die
Entscheidung, aufgrund einer Meldung, einen Hausbesuch durchzuführen, wurde im
Meerbuscher Jugendamt bisher schon nach fachlichen Gesichtspunkten getroffen.
Gegebenenfalls müssen andere Arbeitsaufträge dieser Priorität untergeordnet
werden.
- Verbindliche
Standards in der Kinder- und Jugendhilfe – Eine kontinuierliche
Qualitätsentwicklung wird zur Pflicht.
- Verhinderung
des „Jugendamts-Hopping“ - Bei Umzug von Familien ist das neu zuständige
Jugendamt über wichtige Informationen zu unterrichten.
Die Auswirkungen und abschließende
Bewertungen dieser Neuregelungen lassen sich erst nach Praxiserfahrungen der
Umsetzung und Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Einrichtungen, Trägern
und Institutionen beschreiben. Insoweit ist die festgelegte verbindliche
Evaluation des Gesetzes, im Hinblick auf seine Wirkung, bis 2015 folgerichtig.
Mit der Umsetzung des Gesetzes sind
zusätzliche Sach- und Personalaufwendungen verbunden, die noch nicht feststehen
und noch zu berechnen sind.
In Vertretung
Angelika Mielke-Westerlage
Erste Beigeordnete