In Ergänzung der Vorlage des
Sozialausschusses vom 17.05.2017, TOP Weiterentwicklung der Integration -
Integration durch Sprache, wird im Folgenden noch einmal insbesondere auf die
Betreuung und Bildung von Kindern und Jugendlichen eingegangen.
Kinder entwickeln ihre sozialen,
emotionalen, kognitiven, motorischen und sprachlichen Fähigkeiten zunächst in
ihren Familien und später zunehmend auch in weiteren sozialen Kontexten. Somit
haben Eltern auf der Grundlage ihres natürlichen und verfassungsrechtlich
garantierten Erziehungsvorranges die Pflicht und Aufgabe, in der Familie
geeignete Entwicklungsbedingungen zu schaffen. Dabei wirken sich die
finanziellen, sozialen und kulturellen Ressourcen der Familien unmittelbar auf
die Entwicklungschancen der Kinder aus. Eine Analyse von Mikrozensusdaten zum
Bildungsstand und zu Risikolagen zeigt, dass Kinder mit Migrationshintergrund
sehr viel häufiger in Familien leben, in denen die Eltern einen geringen
Bildungstand haben, weniger erwerbstätig sind und nur über geringe
Familieneinkommen verfügen können. Diese unterschiedlichen Ausgangslagen führen
dazu, dass bereits im Kindesalter ungleiche Entwicklungsmöglichkeiten und
Chancen bestehen. Auch in der schulischen und beruflichen Bildung sind nach wie
vor herkunftsspezifische Unterschiede deutlich. Die von sozialer Ungleichheit
ausgehenden Risiken können durch den Besuch einer Kindestagesstätte oder einer
Kindertagespflege abgeschwächt werden.
Das
AWO Mütterzentrum
Immer wieder werden seitens der
Kindertageseinrichtungen/Schulen niederschwellige Beratungs- und
Unterstützungsbedarfe im Hinblick auf schulische und außerschulische
Bildungsdefizite, insbesondere bei Familien mit Migrationshintergrund, erkannt.
Durch das niederschwellige Beratungs-, Sprach- und Kulturangebot der AWO können
diese Familien durch die vor Ort präsente Fachkraft erreicht, begleitet und
unterstützt werden. Mit der Etablierung des Mütterzentrums in Trägerschaft der
AWO ist es gerade in Büderich gelungen, insbesondere die Gruppe der einkommensschwachen
Familien mit Migrationshintergrund, mit familienfördernden integrativen
Angeboten zu erreichen, sie aktiv in die pädagogische Gruppen- und
sozialräumliche Arbeit einzubinden, durch Beratung und Unterstützung „Hilfe zur
Selbsthilfe“ zu fördern und damit einen wesentlichen Beitrag für mehr
Teilhabechancen zu leisten.
Frühe
Hilfen in Meerbusch - FHiM
Um so früh wie möglich,
Belastungssituationen und Bedarfe erkennen zu können, ist der Babybesuchsdienst
der Stadt Meerbusch, den es bereits seit dem Jahr 2008 gibt, tätig. Mit der
besonderen Fachlichkeit einer Hebamme bzw. Kinderkrankenschwester bekommt jede
Familie/Alleinerziehende, die in Meerbusch ein Baby bekommen hat, ca. 6-8
Wochen nach der Geburt einen Hausbesuch, wenn dies gewünscht ist. Der Besuch
ist freiwillig und eine Serviceleistung der Stadt.
Die Abteilung Asyl unterrichtet in diesem
Zusammenhang einerseits den Babybesuchsdienst über die erfolgten Geburten,
andererseits erläutert er den Familien bzw. alleinerziehenden Müttern die Aufgaben
des Babybesuchsdienstes und bereitet diese so auf den Besuch vor. Die
Hausbesuche werden dann von der Hebamme/Kinderkrankenschwester durchgeführt.
Der Babybesuchsdienst bringt viele Informationen rund um die Geburt mit: von
der Checkliste der Formalien, über Informationen zu Stillen, Beikost,
Babypflege, gesunde Entwicklung des Kindes, Vorsorgeuntersuchen etc.
Durch das Landesprogramm „Netzwerke Frühe
Hilfen und Familienhebammen“ wurde es möglich, zusätzlich zum Begrüßungsbesuch,
weitergehende Hilfen durch die Kinderkrankenschwester bzw. Hebamme (ca. 10
Wochenstunden) anzubieten und Familien so auch über einen längeren Zeitraum zu
begleiten. Im Fokus der Frühen Hilfen stehen in erster Linie Schwangere,
(alleinerziehende) Mütter, (junge werdende) Eltern und ihre Kleinstkinder, die
aufgrund der gesellschaftlichen und familiären Rahmenbedingungen physisch,
psychisch und/oder sozialen Belastungen ausgesetzt sind. Insoweit ist es nicht
verwunderlich, dass zunehmend gerade die Familien in den Flüchtlingsunterkünften
einen Hilfebedarf erkennen lassen. Dabei kann es von mehrmaligen Kurzbesuchen
bis hin zur regelmäßigen Begleitung z.B. zum Kinderarzt gehen. Die Eltern
selbst entscheiden über die Art und den Umfang der Unterstützung. Diese wird
niederschwellig – d.h. ohne Antragsverfahren – und kurzfristig geleistet. Der
Jugendhilfeausschuss hat als Grundlage im November 2012 das Rahmenkonzept „FHiM
– Frühe Hilfen in Meerbusch“ beschlossen.
Gerade für die Flüchtlingsfamilien sind
diese niederschwelligen Informationen aufgrund der geänderten
Lebensverhältnisse bzw. der ggf. fehlenden familiären Bindungen von großer
Bedeutung. Darüber hinaus erläutert der Babybesuchsdienst die Möglichkeiten der
Kinderbetreuung im Rahmen von Kindertagespflege oder die Angebote in den Kindertageseinrichtungen.
Es wird der Online-Anmeldevorgang über den „KitaNavigator“ erklärt und auf
Wunsch der Eltern auch die Anmeldung für die Geschwisterkinder gemeinsam
durchgeführt.
Bei nicht vorhandenen oder unzureichenden
Sprachkenntnissen wird im Einzelfall ein Dolmetscher unterstützend
eingeschaltet.
Eine weitere Unterstützung bei der Anmeldung
ihrer Kinder über den „KitaNavigator“ erhalten die Flüchtlingsfamilien durch
die vor Ort tätigen sozialpädagogischen Betreuungen, den Vorort tätigen ehrenamtlichen
Flüchtlingsvereinen, dem Mütterzentrum oder gleich im FB2. Einer Vormerkung für
einen Kinderbetreuungsplatz sollte also nichts im Wege stehen.
Von den im Leistungsbezug nach dem AsylbLG
stehenden Asylbewerbern sind derzeit 79 unter 6 Jahre. Diese teilen sich wie
folgt auf die Stadtteile auf:
0-2 Jahre |
3-5 Jahre |
|
Bösinghoven |
1 |
1 |
Büderich |
21 |
16 |
Lank |
6 |
6 |
Nierst |
0 |
0 |
Osterath |
12 |
16 |
Strümp |
0 |
0 |
Gesamt |
40 |
39 |
davon 2017
zugewiesen |
13 |
17 |
Im Jahr 2017 wurden von der Gruppe der unter
6-jährigen 30 Kinder der Stadt neu zugewiesen. Insgesamt besuchen in der Gruppe
der 3-5 Jährigen derzeit 19 Kinder eine Kindertageseinrichtung. Hierbei ist zu
berücksichtigen, dass Kindergartenplätze nicht immer in ausreichendem Maße auch
Wohnort- und Zeitnah zur Verfügung stehen. Zudem wurden aktuell viele der
Kinder, die zurzeit in den Einrichtungen leben, erst in den vergangenen Monaten
der Stadt zugewiesen und die Skepsis gegenüber einer Betreuung des eigenen
Kindes durch „fremde Personen“ muss erst abgebaut werden.
Vor diesem Hintergrund besteht, insbesondere
für die in Osterath untergebrachten Flüchtlingsfamilien, ein vom Jugendamt
initiiertes, vom Landschaftsverband finanziertes und vom Verein „Meerbusch
hilft“ durchgeführtes Betreuungsprogramm „Brückenprojekt“ für unter 6-jährige
Kinder.
Alle Kindertageseinrichtungen begleiten
jedes Kind bis zum Übergang in die Grundschulen und versuchen gemeinsam mit dem
Elternhaus eine bestmögliche Entwicklung zu fördern und auf die Schule
vorzubereiten. Dabei steht die sprachliche Entwicklung bei Kindern, in deren
Elternhaus nicht Deutsch gesprochen wird, besonders im Vordergrund.
Aktuell stehen wir vor der Herausforderung,
geflüchteten Kindern und Jugendlichen nicht nur einen möglichst schnellen
Zugang zur schulischen und beruflichen Bildung zu ermöglichen – was bisher
ausnahmslos gelungen ist. Sondern dies auch unter Berücksichtigung
unterschiedlicher Bedarfe an sprachlicher Förderung bzw. der individuellen
Bildungsbiografien leisten zu können. Die Bundesländer haben auf die wachsenden
Schülerzahlen und Sprachförderbedarfe schnell reagiert und Förderklassen
eingerichtet bzw. zusätzliche Lehrkräfte eingestellt.
Darüber hinaus wurden durch die im Jahr 2015
durchgeführte Gesetzesänderung des Asylbewerberleistungsgesetzes die Regelungen
des Bildungs- und Teilhabepaketes in vollem Umfang in das AsylbLG übernommen.
Dadurch haben auch diese Kinder bereits ab dem ersten Tag der
Asylantragstellung z.B. Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Teilnahme an
einer schulischen Nachmittagsbetreuung und Übernahme der Kosten für erteilte
Nachhilfestunden.
Von den freiwilligen Leistungen der Stadt
profitieren natürlich auch die Flüchtlingsfamilien und deren Kinder, wenn sie
die Vergünstigungen für Familien in Bildung und Betreuung in Anspruch nehmen.
·
Elternbeitragsfreie Betreuung f. Kinder in
Kindertagesstätten, Kindertagespflege und im Offenen Ganztag bis 30.000 €
Einkommen
·
Beitragsbefreiung für Geschwisterkinder in
Kindertagesbetreuung
·
Ferienfreizeiten: Stadtranderholung Ermäßigung auf
60 €, Einzelfälle bis 20 € (Vollzahler 110 €)
·
Ferienfahrten: Zuschuss bis 75% des TN-Beitrages
·
Schülerbeförderung: Übernahme des Eigenanteils bei
SGB II,SGB XII und AsylblG Bezug
·
Lernmittel: Übernahme des Eigenanteils bei SGB
II,SGB XII und AsylblG Bezug
·
VHS: 50% Ermäßigung, bei SGB II und SGB XII Bezug
od. Asylbewerber kostenfrei
·
Bücherei: ermäßigter Beitrag für versch. Gruppen –
minderj. Gebührenfrei
·
Musikschule: Bis zu 100% Ermäßigung auf Antrag bei
SGB II, SGB XII und AsylblG Bezug
Nachfolgend eine Statistik des Rhein-Kreises
Neuss zur Entwicklung der Schülerzahlen in der Stadt Meerbusch unter
Einbeziehung der Nationalität:
Leider ist eine Differenzierung der Gruppe
der ausländischen Schüler in einzelne Nationalitäten nicht möglich. Es lässt
sich jedoch deutlich der Anstieg der Zahl der ausländischen Schüler (besonders
im Bereich der Grundschulen) in den letzten 3 Jahren erkennen. Für diese
Zielgruppe hat der OBV Meerbusch e.V.,als Träger aller offenen Ganztagsangebote
an den Grundschulen, die Stelle einer Flüchtlingsbeauftragten initiiert. Die
Stelleninhaberin, Frau Fida Soubati-El-Ali, betreut die Flüchtlingsfamilien bei
auftretenden Schwierigkeiten und vermittelt zwischen Schule, Eltern und Schülern.
Dies geschieht, falls erforderlich, auch in Absprache mit den
sozialpädagogischen Betreuungen in den Unterkünften bzw. der Abteilung Asyl.
Weitere Hilfen können den
Flüchtlingsfamilien bei auftretenden Problemen innerhalb der Familie durch das
Jugendamt zur Verfügung gestellt werden. Die Familien selbst, die Abteilung
Asyl oder auch die sozialpädagogischen Betreuungen können sich bei auftretenden
Problemlagen mit den Mitarbeitern des Jugendamtes in Verbindung setzen.
Auch hier kann auf das niederschwellige
Angebot des Mütterzentrums zurückgegriffen werden indem ggf. erzieherische
Probleme noch außerhalb einer Hilfe zur Erziehung nach SGB VIII dort
aufgefangen werden. Bei weitergehendem erzieherischen Bedarf besteht die
Chance, dass durch ein bestehendes Vertrauensverhältnis schon frühzeitig
Weichen gestellt werden können, sich einer Inanspruchnahme von Hilfen zur
Erziehung durch das Jugendamt zu öffnen, was letztendlich für einen guten
Hilfeverlauf förderlich ist.
In einzelnen Fällen kam es auch bei
Flüchtlingsfamilien zu Hinweisen auf eine Kindeswohlgefährdung, in denen durch
das Jugendamt – wie in jedem anderen Fall - überprüft und falls erforderlich
kurzfristig weitere Hilfen zur Erziehung installiert wurden. Aufgrund der
vielen Zuweisungen von alleinstehenden Müttern mit Kindern kommt es in letzter
Zeit häufiger vor, dass bei einer plötzlichen Erkrankung der alleinerziehenden
Mutter, die Geschwisterkinder vom Jugendamt betreut werden bzw. in einer
pädagogischen Ambulanz untergebracht werden müssen.
Drei Familien aus dem Bereich der
asylsuchenden Flüchtlinge werden derzeit längerfristig durch das Jugendamt
mittels Erziehungshilfen/Familienhilfen betreut. Allerdings sind einige Frauen
schwanger und es werden absehbar Bedarfe in der vorübergehenden Unterbringung
von Geschwisterkindern und ggf. weitere Unterstützungsbedarfe entstehen.
Insgesamt ist aus Verwaltungssicht
festzustellen, dass eine angemessene Bildung und Betreuung der
Flüchtlingskinder und Jugendlichen im Blick ist und mit den vorhandenen Mitteln
und Möglichkeiten weitgehend realisiert werden kann. Auf neue ggf. temporäre
Bedarfe wird versucht zeitnah zu reagieren, gleichwohl bleibt die
Flüchtlingssituation weiterhin, auch in der Integration der Jüngsten durch
Bildung und Betreuung, eine Herausforderung.
In Vertretung
gez.
Frank Maatz
Erster Beigeordneter