Betreff
Grundschulsituation in Meerbusch-Osterath
Vorlage
DezII/596/2013
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Schule, Sport empfiehlt dem Rat, folgenden Beschluss zu fassen:

·           Der Ratsbeschluss vom 28. Juni 2012, die städt. kath. Barbara-Gerretz-Schule in Osterath sukzessive auslaufen zu lassen, wird aufgehoben.

·           Die Verwaltung wird beauftragt, zeitnah unter Einbindung des für die Grundschulen zuständigen Schulrates beim RK Neuss, den Schulleitungen der drei Osterather Grundschulen und den Vorsitzenden der Schulpflegschaft und deren Stellvertreter eine Lösung für ein Bildungsangebot der Schulform Grundschule im Ortsteil Osterath zu erarbeiten. Dieser soll den rückläufigen Schülerzahlen und dem Anspruch, allen Schülern in Osterath ein gutes und päd. qualifiziertes Angebot zuteil werden zu lassen, Rechnung tragen und die finanziellen Belange der Stadt berücksichtigen. Der Lösungsvorschlag soll mit der Bezirksregierung Düsseldorf als obere Schulaufsicht abgestimmt werden. Sollten sich die Beteiligten nicht auf ein einvernehmliches und genehmigungsfähiges Vorgehen verständigen können, welches den vorgenannten Zielen entspricht, wird die Verwaltung beauftragt, dem Ausschuss für Schule, Sport bzw. dem Rat einen Beschlussvorschlag für die Gestaltung der Schullandschaft im Bereich der Grundschulen in Osterath vorzulegen.


Sachverhalt:

Der Rat der Stadt Meerbusch hat in seiner Sitzung am 28. Juni 2012 beschlossen, die städt. kath. Barbara-Gerretz-Schule in Osterath sukzessive auslaufen zu lassen und ab dem Schuljahr 2013/14 dort keine Eingangsklassen mehr zu bilden. Die vorhandenen Jahrgänge sollten im Rahmen der pädagogischen Möglichkeiten auslaufend geführt werden. In jedem Fall sollte die Barbara-Gerretz-Schule so lange weitergeführt werden, wie ein ordnungsgemäßer Schulbetrieb aufrechterhalten werden kann. 

Damit die Umsetzung des Beschlusses nicht durch Klageverfahren über Jahre verhindert wird, hatte der Rat bei seinem Beschluss vom 28. Juni 2012 die sog. sofortige Vollziehung des Ratsbeschlusses nach der Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet. Durch dieses Rechtsinstrument haben Klagen so lange keine aufschiebende Wirkung, bis ein Gericht diese wiederherstellt.

Die Ratsentscheidung, einen Schulstandort in Osterath aufzugeben und deshalb die städt. kath. Barbara-Gerretz-Schule sukzessive aufzulösen, war wie folgt begründet:

·         Aufgrund des Rückgangs der Geburtenzahlen ist die Anzahl der Grundschüler im Ortsteil Osterath drastisch zurückgegangen, allein im Vergleich der Schuljahre 2005/06 um 137 Schüler; im Schuljahr 2012/2013 haben insgesamt 496 die 3 Grundschulen besucht, im Schuljahr 2013/14 werden es noch 480 Schüler sein.

  • Auch bei Berücksichtigung von Zuzügen von Familien mit schulpflichtigen Kindern in neue Wohngebiete gehen die Schülerzahlen nach den Prognosen weiter zurück, nach Berechnungen des Schulexperten Dr. Rösner von der Universität Dortmund im Gutachten bis zum Schuljahr 2017/18 auf 427 Schüler (siehe Gutachten Barbara-Gerretz-Schule in Meerbusch-Osterath von Mai 2012).
  • Die geringen Schülerzahlen haben dazu geführt, dass die städt. GGS Erwin-Heerich-Schule bereits in 2 Jahrgangsstufen nur noch einzügig geführt werden kann; aufgrund der erwarteten Schülerentwicklung wird es auch in Zukunft nicht möglich sein, drei Schulen jeweils
    2-zügig zu führen. Eine geringe Schülerzahl – die städt. Erwin-Heerich-Schule hat im Schuljahr 2013/14 nur noch 120 Schüler - führt zu einer geringen Lehrerversorgung, die u.a. Probleme in der Klassenleitung, der Abdeckung des Fächerkanons, Krankheitsvertretungen sowie Organisation und Durchführung außerschulischer Veranstaltungen zur Folge hat. Zur Sicherung einer guten päd. Unterrichtsversorgung aller Grundschüler aus Osterath soll deshalb ein Schulstandort aufgegeben werden.
  • Zur Vermeidung unnötig weiter Schulwege soll ein Schulstandort in Bovert, ein weiterer im Dorf erhalten bleiben; die Entfernung zwischen den beiden Schulstandorten „im Dorf“ und „in Bovert“ beträgt 1,5 km.
  • Im Vergleich der beiden Schulgebäude im Dorf belegt die städt. kath. Barbara-Gerretz-Schule das kleinere und ältere Schulgebäude; die BGS verfügt über eine Fläche von nur 2.115 qm bei 8 klassengroßen Räumen und 2 OGS-Räumen, die städt. Eichendorffschule über eine Fläche von 3.853 qm bei 12 klassengroßen Räumen und 5 OGS-Räumen. Zudem besteht am Schulgebäude der BGS ein Sanierungsbedarf, der mit rd. 800.000 €, an der angeschlossenen Turnhalle mit 283.000 €, kalkuliert ist.
  • Aufgrund des größeren Flächenangebotes und des baulichen Zustandes sollte deshalb als Schulstandort „im Dorf“ die städt. GGS Eichendorff  erhalten bleiben.

Ende August 2012 beantragte ein Elternpaar beim Verwaltungsgericht Düsseldorf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner beabsichtigten Klage. Dieser Antrag wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf vom 1. Oktober 2012 abgelehnt. Das Gericht hatte ausgeführt, dass eine Klage im Hauptsacheverfahren keinen Erfolg haben würde, da der Ratsbeschluss rechtmäßig sei.

Gegen diese Entscheidung legte das Elternpaar unter dem 5. Oktober 2012 Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster ein. Mit gleichem Datum erhob es beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage gegen die Auflösungsentscheidung.

Parallel dazu wurde von der Initiative „Rettet Barbara“ ein Bürgerbegehren angestrengt und, nachdem der Rat seine Beschlussfassung nochmals bestätigt hatte, zu Beginn des Jahres 2013 ein Bürgerentscheid durchgeführt. Dabei votierten 2.565 Bürger für den Erhalt der städt. Barbara-Gerretz-Schule, 3.229 gegen den Erhalt. Somit blieb es bei dem Ratsbeschluss zur Auflösung der Schule.

Mit Beschluss vom 31. Mai 2013 hat das Oberverwaltungsgericht Münster die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt.

Das OVG stellt in seinen Entscheidungsgründen, die der Verwaltung am 17.06.2013 übermittelt worden sind fest, dass

1.       das Bedürfnis für eine der drei städtischen Grundschulen in Meerbusch-Osterath weggefallen ist, weil das Bildungsangebot der Schulform Grundschule in zumutbarer Entfernung an zwei Grundschulen wahrgenommen werden kann,

2.       dies auch für die Zukunft gilt, weil die Zahl der Grundschüler im Zuge der allgemeinen demographischen Entwicklung weiter sinken wird,

3.       keine zwingende Verpflichtung zur Fortführung der Barbara-Gerretz-Schule nach § 78
Abs. 4 Satz 2 SchulG besteht, die Fortführung dem Organisationsermessen des Rates überlassen ist,

4.      dieses Organisationsermessen aber bislang fehlerhaft ausgeübt ist, weil bei der Abwägung das Fortführungsinteresse der katholischen Bekenntnisschule zu gering gewichtet worden sei. Berücksichtigt werden müssten nicht nur Schüler katholischer Konfession sondern auch bekenntnisfremde Kinder, wenn deren Erziehungsberechtigte die Ausrichtung der Schule auf die Grundsätze des fremden Bekenntnisses voll und ganz bejahen würden. Bei der Ermittlung des Bedarfs für den Fortbestand der Barbara-Gerretz-Schule hätte durch Nachfrage bei der Schule oder Elternbefragung festgestellt werden müssen, wie hoch der Anteil bekenntnisfremder Eltern gegenwärtiger und zukünftiger Schüler dieser Schule sei, die diese Voraussetzungen erfüllen oder zu erfüllen bereit seien,

5.      versäumt worden sei, als Alternativlösung

            a)    die jeweils selbständige Fortführung der kath. Barbara-Gerretz-Schule und der GGS
       Erwin-Heerich-Schule am Standort Neusser Feldweg 2 in Osterath Bovert zu prüfen,

            b)    die Fortführung der kath. Barbara-Gerretz-Schule mit zwei Zügen am Standort Neusser Feldweg als eine „ernsthaft in Betracht zu ziehende Alternative“zu prüfen. Das OVG ist der Auffassung, dass die Entfernung zum jetzigen Schulstandort von rd. 1,5 km eine in Zukunft erwartete Zweizügigkeit nicht in Frage stellt.

Die Verwaltung hatte im Rahmen der Schulträgerberatung bei der Bezirksregierung die jeweils einzügige Fortführung der kath. Barbara-Gerretz-Schule und der GGS Eichendorffschule als selbstständige Schule am Standort Görresstraße erörtert. Die einzügige Fortführung als selbstständige Schule bedeutet zwei Schulen mit jeweils einer Klasse in den Jahrgangsstufen 1 – 4 mit eigener Schulleitung und eigenem Lehrerkollegium, die von Seiten der oberen Schulaufsicht aus pädagogischen Gründen als nicht genehmigungsfähig bezeichnet wurde. Eine solche Einzügigkeit sollte ja auch gerade zur Sicherung eines guten päd. Angebotes durch die Schließungsentscheidung verhindert werden. Die Frage der selbständigen einzügigen Fortführung der kath. Barbara-Gerretz-Schule und der GGS Erwin-Heerich-Schule am Standort Neusser Feldweg ist deshalb nicht näher erörtert worden, weil auch hier päd. Gründe einer Genehmigung widersprochen hätten. 

Eine zweizügige Fortführung der Barbara-Gerretz-Schule als Konfessionsschule am Standort Neusser Feldweg würde die Auflösung der Erwin-Heerich-Schule als Gemeinschaftsschule in Bovert bedingen, weil das Schulgebäude aufgrund des Raumangebotes nur eine zweizügige Grundschule ermöglicht.

Aufgrund des Beschlusses des OVG Münster konnte der Ratsbeschluss nicht mehr ausgeführt werden. Deshalb wurde ein nachträgliches Anmeldeverfahren für die städt. Barbara-Gerretz-Schule durchgeführt. Die Aufnahmen und die Klassenbildung an den 3 Osterather Grundschulen für das Schuljahr 2013/14 stellen sich nunmehr wie folgt dar:

städt. Eichendorffschule:          49 Aufnahmen (davon durch Ummeldung von der EHS: 1), 2 Klassen

städt. Erwin-Heerich-Schule:     33 Aufnahmen, 2 Klassen

städt. Barbara-Gerretz-Schule:   26 Aufnahmen (davon durch Ummeldung von der EHS 15, von der
                                                  städt. Eichendorffschule 10, 1 auswärtiger Schüler), 1 Klasse

gesamt::                           108 Aufnahmen, 5 Klassen.

Die Klage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen die Auflösungsentscheidung des Rates vom 28.06.2012 ist nach wie vor anhängig. Hinsichtlich der Erfolgsaussichten von Klageverfahren, bei denen ein Obergericht eine Entscheidung einer untergeordneten Instanz im Eilverfahren aufgehoben hat, ist es möglicherweise zu erwarten, dass die untergeordnete Instanz bei seiner Entscheidung in der Hauptsache die Rechtsauffassung des Obergerichtes berücksichtigt. Allerdings hat das Verwaltungsgericht in seiner Eilentscheidung schon darauf hingewiesen, dass die Klage in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird. Bliebe das Verwaltungsgericht demnach bei seiner ablehnenden Entscheidung, ist es jedoch dann ggf. zu erwarten, dass das Obergericht im Berufungsverfahren diese Entscheidung wieder aufhebt. Um somit eine langwierige Unsicherheit zu vermeiden, ist es angezeigt, den Ratsbeschluss aufzuheben und eine neue Lösung zu finden.

Insofern ist nunmehr zu entscheiden, wie weiter verfahren wird, zumal die Anmeldetermine für die Grundschulen schon in der Zeit vom 6.11. – 9.11.2013 terminiert sind.

Eine Entscheidung sollte aus Sicht der Verwaltung zwar zeitnah, dennoch wegen ihr Bedeutung in Ruhe und soweit möglich im Einvernehmen mit den Schulen und deren Mitwirkungsgremien getroffen werden.   

Wie bereits dargelegt, hat das OVG die Auffassung des Rates geteilt, dass angesichts der rückläufigen Schülerzahlen das Bedürfnis für eine der drei städtischen Grundschulen in Meerbusch-Osterath weggefallen ist, allerdings hinsichtlich der Auflösung der Barbara-Gerretz-Schule als Konfessionsschule weitergehende Feststellungen zum Fortführungsinteresse gefordert, in die auch derzeitige und künftige Eltern bekenntnisfremder Schüler (rd. 45%) einzubeziehen seien. Diese, so das Gericht, sind beim Fortführungsinteresse dann zu berücksichtigen, wenn sie ausdrücklich wünschen, dass ihr Kind auf der Grundlage des kath. Bekenntnisses erzogen werden und erklären, zu diesem Zweck auch am katholischen Religionsunterricht teilnehmen zu wollen. Durch Nachfrage bei der Schule oder durch Elternbefragung könne dies festgestellt werden.

An beiden kath. Grundschulen in Meerbusch werden von Eltern bekenntnisfremder Kinder entsprechende Erklärungen unterzeichnet. Soweit unterstellt wird, dass eine solche Erklärung das Fortführungsinteresse bekenntnisfremder Eltern belegt, kann ein Fortführungsinteresse für eine 2-zügige kath. Grundschule bejaht werden. Ob diese Erklärung dem tatsächlichen Schulwahlmotiv entspricht, wird zwar auch von der Schulleitung bezweifelt, dürfte aber zahlenmäßig nicht zu erfassen sein.

Insofern käme, wie vom OVG alternativ vorgeschlagen, zur Klärung des Fortführungsinteresses an einer Bekenntnisschule eine Elternbefragung derzeitiger und künftiger Eltern in Betracht. Diese Möglichkeit wurde mit Herrn Dr. Rösner erörtert. Herr Dr. Rösner hat sehr eindeutig die Auffassung vertreten, dass eine Elternbefragung vor dem Hintergrund einer laufenden Schließungsdiskussion nicht zielführend und damit ungeeignet als Grundlage für eine schulorganisatorische Entscheidung sei, da die Gefahr bestehe, dass das Ergebnis verfälscht sei. Unabhängig davon sei die Frage, wer Adressat einer solchen Befragung sein müsse, nicht rechtssicher zu beantworten. 

Im Hinblick auf den Beschluss des OVG Münster vom 31.05.2013 und die bereits terminierten Anmeldungen für die Grundschulen empfiehlt die Verwaltung wie folgt vorzugehen:

·           Der Ratsbeschluss vom 28. Juni 2013, die kath. städt. Barbara-Gerretz-Schule in Osterath auszulösen, wird aufgehoben.

·           An allen drei Grundschulen finden Anmeldungen für das Schuljahr 2014/15 statt.

·           Die Verwaltung wird beauftragt, zeitnah unter Einbindung des für die Grundschulen zuständigen Schulrates beim RK Neuss, den Schulleitungen der drei Osterather Grundschulen sowie deren Schulpflegschaftsvorsitzenden und Stellvertreter eine Lösung für ein gutes Bildungsangebot der Schulform Grundschule in Osterath zu erarbeiten, das der rückläufigen Schülerzahl Rechnung trägt. Dieses soll mit der Bezirksregierung Düsseldorf als obere Schulaufsicht abgestimmt werden. Soweit ein einvernehmlicher, genehmigungsfähiger Vorschlag nicht zustande kommt, wird die Verwaltung beauftragt, einen Vorschlag vorzulegen.

·           Bauliche Maßnahmen an den Schulen werden bis zu einer Entscheidung nicht durchgeführt.