Betreff
Änderung der Vergabeordnung der Stadt Meerbusch BGO 10-08, Ziffer 3.3. Beschaffung von Streusalz für den Winterdienst
Vorlage
FB5/003/2013
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungausschuss der Stadt Meerbusch beschließt, die Vergabeordnung BGO 10-08 der Stadt Meerbusch unter Ziffer 3.3 dahingehend zu ändern, dass die Beschaffung von Streusalz aufgrund der unter „Sachverhalt“ beschriebenen Problematik und zur Erhöhung der Handlungsfähigkeit der Verwaltung bei extremen Witterungslagen von der Ausschreibungspflicht ausgenommen wird. Im Unterpunkt 3.3. ist das Wort „Energielieferung“ gegen „Energie- und Streusalzlieferung“ auszutauschen.

 

 


Sachverhalt:

Aufgrund der insbesondere in den Starkwintern 2009/2010 sowie 2010/2011 aufgetretenen Witterungslagen und der damit verbundenen extremen Anforderungen an den städtischen Winterdienst und die hierfür kurzfristig erforderliche Beschaffung von Streusalz ist die Stadt Meerbusch gehalten, die bisherige Handlungsweise zu reflektieren. Hierzu schlägt die Verwaltung vor, zur Erhöhung der Flexibilität und Handlungsfähigkeit und damit der Gewährleistung der städtischen Verkehrssicherungspflicht sowie einer ordnungsgemäßen Befahrbarkeit der städtischen Straßen im Winter, die Beschaffung von Streusalz von der Ausschreibungspflicht zu entbinden. Es wird hierzu auf die Behandlung der Thematik im Haupt- und Finanzausschuss am 03.02.2011, in dem die speziellen Randbedingungen und Probleme, welche die neuerlichen Extremwinter in Bezug auf den Winterdienst der Stadt Meerbusch erzeugt haben, ausführlich erläutert wurden, verwiesen.

 

Vor allem der in der Anlage 1 dargestellte stark schwankende tendenziell sich steigernde Salzverbrauch stellt die Verwaltung vor teils schwer lösbare Probleme bei der Beschaffung von Streusalz. Obwohl in der Winterdienstsaison 2012/2013 nicht von einem „Extremwinter“ gesprochen wurde, lag der Salzverbrauch mit 670 t noch über den Werten aus 2009/2010 und 2010/2011. Dies liegt sowohl an den vielen Frost- / Tauwechseln und dem langen Winter als auch an der nun nicht mehr vorliegenden Salzknappheit durch die Gegenmaßnahmen der Anbieter und der Abnehmer, die zu einer weitgehenden Entspannung des Marktes bewirkt haben. Die Starkwinter haben am Markt für Streusalz dazu geführt, dass die Preise zeitweise im Winter extrem angezogen sind, weil die Nachfrage deutlich höher war als das Angebot. Stellenweise lag der Preis bei bis zu 500 €/t auch bei teilweise minderer Qualität, während der normale Preis für den Winterbezug bei zwischen 65 und 75 €/t liegt. Diese Umstände zwingen die Verwaltung zu einer anderen Beschaffungsweise als in den zurückliegenden Jahrzehnten, wo vergleichweise geringe Mengen, quasi „ad hoc“ eingekauft werden konnten.

 

Erschwerend ist zu berücksichtigen, dass die Stadt Meerbusch aufgrund der technischen Randbedingungen und der aktuell vorhandenen Infrastruktur auf dem Baubetriebshof, die auf den geringeren Streusalzbedarf aus den letzten Jahrzehnten ausgelegt wurde, nur über begrenzte Lagerkapazitäten verfügt, die maximal ca. 170 t betragen (ca. 150 t Silo, 20 t überdachte Salzlagerbox). Diese Streusalzmenge wird an einem starken Winterwochenende mit mehreren Einsätzen nahezu aufgebraucht. Des Weiteren muss aufgrund der Infrastruktur mit Silolagerung und Soleerzeugung für die umweltschonende Feuchtsalztechnik vor Ort höherwertiges Streusalz beschafft werden, das die Anforderungen der einschlägigen Technischen Lieferbedingungen für die Lieferung von Streusalz (TL-Streu) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen übertrifft, und welches nur wenige Anbieter im Stande sind, in gleichbleibender Qualität  und Zuverlässigkeit zu liefern. So hat in der vergangenen Winterperiode mangelhaftes Salz zur Verstopfung der Filter in der Soleanlage und damit zu deren Ausfall für einen längeren Zeitraum geführt. Aufgrund dessen konnte zeitweise kein wesentlich effektiveres Feuchtsalz gestreut werden. Außerdem kam es durch geliefertes Salz mit zu hohem Feuchtegehalt zu Verklumpungen im Silo, die mit hohem Aufwand entfernt werden mussten.

 

Ferner kann sich die Verwaltung bei der Beschaffung von Streusalz aufgrund der Erfahrungen in den Starkwintern nicht mehr nur auf einen Anbieter verlassen, da dieser unter Umständen in langen Winterperioden trotz aller Anstrengungen faktisch nicht mehr liefern könnte. Durch diesen Umstand wäre die Verwaltung dann nicht mehr in der Lage, einen ordnungsgemäßen Winterdienst durchzuführen, was in den vergangenen Jahren teilweise eingetreten ist bzw. unmittelbar bevorstand. Aus diesem Grunde hat sich die Verwaltung in den letzten beiden Jahren an der NRW-weiten öffentlichen Ausschreibung von Straßen NRW beteiligt, um auf mehrere Lieferanten zurückgreifen zu können. Auch in der kommenden Winterdienstperiode hat die Verwaltung auf diesem Wege eine festgelegte Abnahmemenge von 150 t geordert. Da diese Menge aber komplett in der Winterdienstperiode abgerufen werden muss, und in einem sehr milden Winter unter Umständen nicht viel mehr an Streusalz auf Meerbuscher Stadtgebiet verbraucht wird, steht die Verwaltung vor dem Problem, dass die zusätzliche, witterungsabhängige Bedarfsmenge nicht kalkuliert werden kann. Erschwerend kommt hinzu, dass die großen Lieferanten der Straßenbauverwaltungen nur Kunden beliefern, die auch einen längerfristigen Vertrag eingehen oder langjährig in ausreichender Menge bestellt haben. Zur Lösung dieser Problemstellung hat die Verwaltung in der Vergangenheit einen zusätzlichen Liefervertrag über zwei Jahre abgeschlossen, der die Möglichkeit bot, die bestellte Menge, über eine Bürgschaft gesichert, auch über einen längeren Zeitraum bei dem Anbieter gegen eine Miete von 1€/t/Monat zwischen zu lagern. Dieses ist insofern wirtschaftlicher als für einen eventuellen Bedarf Investitionskosten von ca. 150.000 € für z.B. ein weiteres Salzsilo, unabhängig von dem nicht zur Verfügung stehenden Platz auf dem Baubetriebshof, zu tätigen.

 

Mit der derzeitigen Vergabeordnung würde die Verwaltung bei einem annähernd hohen Salzverbrauch ohne eine öffentliche Ausschreibung mit dem bisherigen Procedere eine unzulässige Stückelung zur Umgehung der Wertgrenzen vornehmen. Aufgrund der wenigen Anbieter für die erforderlichen höheren Anforderungen an das Streusalz und die gleichzeitig erforderliche Möglichkeit zur externen Einlagerung verbunden mit den vergleichsweise geringen Abnahmemengen erscheint eine bedarfsorientierte zeitnahe freihändige Beschaffung des Streusalzes im Verhandlungswege unter Beteiligung des Rechnungsprüfungsamtes als die zielführendere Alternative. Eine Ausschreibung, die alle konkreten Rand- und Kalkulationsbedingungen für den gesamten Zeitraum von mindestens zwei Jahren bis maximal vier Jahren festlegen muss, ist auch wegen der geringen Bedarfsmenge (abzüglich der 150 t aus der landesweiten Ausschreibung) von gemittelten ca. 250 t / a für das Ziel der erforderlichen Versorgungssicherheit beim Streusalz und langjährige Lieferanten an sich zu binden, die im Ernstfall auch zuverlässig liefern, aus Sicht der Verwaltung kein probates Mittel.

 

Aufgrund der im vorigen Abschnitt beschriebenen Überlegungen schlägt die Verwaltung für eine Erhöhung der Flexibilität beim Einkauf des Streusalzes in Abhängigkeit von der bevorrateten Menge und der Witterungslage vor, Streusalz zukünftig, ähnlich der bereits in der Vergabeordnung geregelten Beschaffung von Energie und Papier, freihändig im Verhandlungswege mit den am Markt etablierten Lieferanten zu beschaffen. Der Einkauf von Streusalz ist insofern vergleichbar mit der Lieferung von Energie, da auch hier starke jahreszeitliche Preisschwankungen vorliegen, die nur über eine Beobachtung des Marktes und eine flexible Bestellung gehandhabt werden können, um den Gebot der Wirtschaftlichkeit zu Rechnung zu tragen.

 

Das Rechnungsprüfungsamt war an der Entscheidungsfindung zur entsprechenden Änderung der Vergabeordnung BGO 10-08 beteiligt und stimmt dem vorgeschlagenen Procedere zu. 

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt: keine bezifferbaren

 


Alternativen:

Beibehaltung der derzeitigen Formulierung in der BGO 10-08 mit den unter „Sachverhalt“ beschriebenen Nachteilen in Bezug auf die städtische Verkehrssicherungspflicht bei der Durchführung des Winterdienstes.