Betreff
Bürgerantrag nach § 24 GO NRW - Bauvorhaben Kierster Straße/ Am Alten Teich
Vorlage
DezIII/0133/2025
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Planung und Liegenschaften nimmt die Ausführungen im Sachverhalt zur Kenntnis und beschließt, den Bürgerantrag hinsichtlich der Offenlegung aller städtischen Grundstücke abzulehnen.


Sachverhalt:

Der eingereichte Bürgerantrag umfasst drei Fragestellungen:

  1. Wir beantragen die Offenlegung aller städtischen Grundstücke und die Prüfungs- und Auswahlkriterien, die für dieses Bauvorhaben angesetzt wurden.
  2. Wie sieht die Gewichtung der einzelnen Kriterien je Grundstück aus?
  3. Welche Maßnahmen wurden seit 2016 bei den einzelnen Grundstücken ergriffen, um auf diesen sozial geförderten Wohnraum errichten zu können.

Grundsätzlich ist es verständlich und nachvollziehbar, dass Nachbarschaften aufmerksam verfolgen, wenn zu Grundstücken in ihrem Umfeld Entwicklungsmöglichkeiten diskutiert werden. Aus Sicht der Verwaltung geht die angefragte Offenlegung „aller städtischen Grundstücke“ jedoch grundsätzlich über das Maß hinaus, was als gerechtfertigtes Interesse einer Nachbarschaft angesehen werden kann.

Hintergrund

Die Stadt Meerbusch hat bereits vor Jahren erkannt, dass die Schaffung preisgedämpften Wohnraums, insbesondere des geförderten Wohnraumes immer mehr Bedeutung beizumessen ist, da bezahlbarer oder geförderter Wohnraum kaum vorhanden war und ist.

Eine aktive Beteiligung an der Schaffung von geförderten Wohnraum wurde bislang jeweils agierenden externe Bauherren und Investoren in Form der anteiligen Schaffung von geförderten Wohnraums innerhalb ihrer Vorhaben auferlegt. Eine aktive, eigenverantwortete Erstellung von Wohnraum wurde seitens der Stadt bislang hingegen weder durch eine eigene Gebäudeerstellung noch durch die Bildung diesbezüglicher, stadteigener Grundstücke durchgeführt.

Die besonders nach der Corona-Epidemie eintretende Immobilienkriese, die durch bislang beispiellos steigende Kreditzinsen mit teilweise sprunghaften Preisanstiegen im Bauwesen verursacht wurde, ließen den Immobilen-Markt teilweise vollständig einbrechen. Externe Bauträger haben ihre Vorhaben teils gravierend verschoben oder gänzlich in Frage gestellt.

Die Verwaltung hat daher in Beschlussvorlage BM/1896/2024/1 „Schaffung von gefördertem und preisgedämpftem Wohnraum - Gründung einer Wohnungsbaugenossenschaft“ angeregt, mit einer eigenen Wohnungsbau-Genossenschaft nicht gewinnorientiert erstellten Wohnraum zu schaffen. Kern bildet hier die Einlage eines bebaubaren, stadteigenen Grundstückes in eine zu gründende Genossenschaft, die dieses dann als Bauvorhaben in Eigenverantwortung entwickelt und die Gebäude vermietet. Hiermit soll der Zugriff auf geförderten Wohnraum mit dem alleinigen Belegungsrecht durch die Stadt – hier insbesondere für Familien mit mehreren Kindern – sichergestellt werden.

Grundstücksfindung

Die parallel dazu stetig wachsenden Unterbringungsbedarfe von Geflüchteten haben dazu geführt, dass die Verwaltung im Zuge der Standortsuche für Unterkünfte zur temporären Unterbringung von Geflüchteten insbesondere in den vergangenen zwei Jahren eine Vielzahl von städtischen Grundstücken im Stadtgebiet betrachtet und bewertet hat. Da über diese Grundstücke hinaus keine weiteren untersuchbaren Flächen bestehen, wurde anhand dieser, detailliert bearbeiteten Liste ein für eine zeitnahe, dauerhafte Wohnbebauung geeignetste Grundstück ermittelt.

Die Untersuchung der Grundstücke zeigte, dass insgesamt nur zwei Grundstücke hierfür infrage kommen. Für die Suche eines Grundstücks, das als Sacheinlage für die zu gründende Genossenschaft geeignet ist, spielen entgegen den Darlegungen im Bürgerantrag die Kriterien Verfüg- und Bebaubarkeit hinsichtlich ihrer Relevanz für die zeitliche Umsetzbarkeit eine sehr hohe Bedeutung.

Hierfür ist wiederum entscheidend, dass die Flächen bereits im Eigentum der Stadt sind, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung (ggf. auf dem Weg einer Befreiung nach § 31 (2) BauGB oder § 31 (3) BauGB) bereits bestehen und für eine Wohnnutzung gut geeignet sind (u.a. mit Blick auf die Lagegunst).

Aus der vorhandenen Grundstücksübersicht geht hervor, dass – mit Ausnahme des Grundstücks Am Alten Teich – auf keinem Grundstück im Eigentum der Stadt bereits Planungsrecht zur Schaffung von Wohnnutzung im erforderlichen Umfang besteht, wo also zeitnah die hier angedachte wohnbauliche Entwicklung umgesetzt werden könnte.

Einzig die unbebauten Flächen im Bereich des ehemaligen Bauhofs in Meerbusch Büderich im Bereich der Straße Auf dem Brühl, also hinter der Neubebauung, bieten in gewissem Maße Spielraum für eine zeitnahe bauliche Entwicklung nach § 34 BauGB. Jedoch zeigen die mittlerweile vorliegenden Starkregengefahrenkarten ein erhebliches Problem beim Umgang mit Niederschlagswasser, die zu der dort eh vorhandenen Herausforderung bzgl. des Schakumer Bachs noch hinzutreten. Hinzu kommt die deutlich schlechtere Lagegunst hinsichtlich fußläufiger (Nah)Versorgung, wie sie im Bereich der Grundstücke am Alten Teich und deren guten Anbindung an das Ortszentrum Lank-Latum bestehen. 

Insofern wird nachfolgend noch einmal der Fokus auf die Gründe gelegt werden, warum die Grundstücke Am Alten Teich als Sacheinlage für die zu gründende Genossenschaft vorgeschlagen wurden.

Grundstücksverfügbarkeit

Die betrachteten Grundstücke befinden sich im Eigentum der Stadt, womit die grundsätzliche Verfügbarkeit gegeben ist. Ein Ankauf von Flächen und somit eine zusätzliche Belastung des kommunalen Haushaltes kann hier vermieden werden. Neben dem finanziellen Aspekt ist die bereits vorhandene Grundstücksverfügbarkeit auch in zeitlicher Hinsicht von Vorteil.

Planungsrechtliche Ausgangsituation

Die betrachteten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des seit 1975 gültigen Bebauungsplanes „046 Rheinstraße / Webergasse“. Der nachstehende Ausschnitt zeigt die derzeit geltenden Festsetzungen. Demnach besteht bereits seit 1975 Planungsrecht auf weiten Teilen der betrachteten Grundstücke. 

Abbildung 1: (Ausschnitt B-Plan 046 Rheinstraße / Webergasse)

Bereits in der jüngeren Vergangenheit gab es verschiedene Überlegungen in dem Bereich baulich aktiv zu werden. Neben der diskutierten Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes sind hier vor allem die Planungsabsichten zu nennen, die mit dem Aufstellungserfahren zur 3. Änderung des Bebauungsplanes („046_03.Ä Am Alten Teich“) verfolgt wurden.

Nachfolgend ist der Planentwurf zur geplanten 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 46 im Bereich Am Alten Teich in Lank-Latum abgebildet, die jedoch aufgrund einer veränderten Bedarfslage während des Planaufstellungsverfahrens nicht zum Satzungsbeschluss gebracht wurde. Gleichwohl zeigt dies, dass es immer wieder Bestrebungen geben hat, in dem Bereich die bereits im ursprünglichen B-Plan vorgesehene bauliche Entwicklung umzusetzen, wenn auch in angepasster Form. Zuletzt hatte im Jahr 2023 ein ortsansässiger Vorhabenträger Interesse an einer wohnbaulichen Nutzung der Grundstücke gezeigt und seine Ideen in den Fraktionen vorgestellt.

 

Abbildung 2: (Auszug auf dem Planentwurf zur 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 46 im Bereich Am Alten Teich in Lank-Latum)

Planungsrechtlich ist also bereits heute eine wohnbauliche Entwicklung möglich, wenn auch in einer gegenüber den Festsetzungen etwas anderen städtebaulichen Konfiguration. Die ersten städtebaulichen Überlegungen für eine mögliche Bebauung (siehe Abbildung 3) zeigen, dass diese deutlich hinter dem Umfang zurückbleiben, was nach dem derzeit gültigen Planungsrecht bebaut werden dürfte (Abbildung 1).

Des Weiteren könnte ein auf dem gezeigten städtebaulichen Konzept aufbauender Bauantrag auf dem Wege der Befreiung positiv beschieden werden. Es spricht vieles dafür, dass dies als eine Befreiung nach § 31 (2) BauGB möglich wäre. Nach dieser Regelung ist eine Befreiung an die Voraussetzung geknüpft, dass die Grundzüge des Bebauungsplanes nicht berührt werden. Mit Blick auf die vorhandenen Festsetzungen kann durchaus argumentiert werden, dass diese Voraussetzung durch das derzeit diskutierte städtebauliche Konzept erfüllt wäre. Doch selbst wenn man die Auffassung vertritt, der angedachte Städtebau würde die Grundzüge des Bebauungsplanes berühren, könnte eine Befreiung nach § 31 (3) BauGB erteilt werden. Diese Regelung erlaubt Kommunen mit angespannten Wohnungsmarkt (per Landesverordnung gehört Meerbusch zu diesen Kommunen) ausdrücklich für Wohnbauvorhaben von den Grundzügen eines Bebauungsplanes befreien zu können. Der Bundesgesetzgeber hat die Regelung des § 31 (3) BauGB mit dem Ziel eingeführt, die Realisierung von Wohnbauvorhaben weiter zu vereinfachen sowie zu beschleunigen und dabei durchaus auch die Schaffung von sozial gefördertem Wohnen mit bedacht.

Die Planungsrechtliche Ausgangssituation mit der Möglichkeit die Entwicklung auf dem Wege einer Befreiung genehmigen zu können, kommt somit der Zielsetzung einer möglichst zeitnahen Realisierung sehr entgegen. An der Stelle ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es noch keine Entscheidung gibt, ob eine Realisierung auf dem Wege einer Befreiung erfolgen soll oder eine Änderung des Bebauungsplanes durchgeführt werden soll.

Städtebau

Neben der planungsrechtlichen Bewertung spricht auch die tatsächliche Situation für eine gute Eignung der Grundstücke zur Schaffung von (gefördertem) Wohnraum. Das Umfeld ist bereits durch bestehende Wohnnutzung geprägt. Das Hinzufügen eines geringen Anteils sozial geförderten Wohnraums würde hinsichtlich der bestehenden Strukturen auch keine Konzentration einer bestimmten Einkommensschicht bedeuten, die ggf. eigene Herausforderungen mit sich bringen, sondern entspräche dem allgemeinen Ziel der Durchmischung.

Die fußläufige Entfernung zum Ortskern mit den dort ansässigen Versorgungseinrichtungen spricht ebenfalls für eine wohnbauliche Nutzung. Hinzu kommen die fußläufig gut erreichbaren Bushaltestellen. Das sind beides Aspekte, die als Standortvorteil in Bezug auf sozial geförderten Wohnraum angesehen werden können, da der PKW-Besatz meist geringer ausfällt und eine gute fußläufige Versorgung gegenüber klassischen Wohnformen des freifinanzierten Wohnungsmarktes tendenziell von noch größerer Bedeutung ist. 

Hinsichtlich der konkreten baulichen Ausgestaltung gibt es derzeit noch keine finalen Überlegungen. In der Sitzung des Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschusses am 05.12.2024 wurden erste Überlegungen für ein städtebauliches Konzept gezeigt, die sich nahe an dem Rahmen bewegen, wie er bereits mit der 3. Änderung des Bebauungsplanes angedacht gewesen ist (vergleiche Abbildung 2 und Abbildung 3). Durch weitergehende Anpassungen wird das städtebauliche Konzept zu optimieren sein. Hier ist der weitere Abstimmungsprozess abzuwarten.  

Abbildung 3: Städtebauliches Konzept vom 04.12.2024

Biotop- und Artenschutz

Neben einer rechtlichen und städtebaulichen Würdigung, wo der Fokus auf die Planungsabsicht gelegt wird, erfordert eine sachgerechte Betrachtung auch eine verantwortungsvolle Auseinandersetzung mit den derzeit auf den Grundstücken vorhandenen Gegebenheiten. Wie zuvor beschrieben, wurden die dort seit dem Jahr 1975 vorhandenen und immer noch gültigen Baurechte bislang nicht umgesetzt. Somit stellt sich der betrachtete Bereich weiterhin als Grünfläche mit entsprechendem Aufwuchs aus Bäumen und Sträuchern dar.

Bei einer Gegenüberstellung des angedachten städtebaulichen Konzeptes mit der heutigen Situation auf der Fläche ist daher völlig unstrittig, dass es zu einer Versiegelung bislang unbebauter Fläche käme und auch Bäume und Sträucher entfernt werden müssten. Zur Einordnung wird jedoch darauf verwiesen, dass selbst bei einer Umsetzung des in Abbildung 3 gezeigten Planungsansatzes der größte Teil der heute unbebauten Grundfläche erhalten bleiben würde. Auch würde der Eingriff auf die Fläche hinter dem Umfang zurückbleiben, der bereits mit dem heute bestehende Planungsrecht umgesetzt werden könnte.

Gleichwohl hat so eine über viele Jahre von äußeren Einflüssen weitgehend unbeeinflusste Grünfläche ihre eigene Wertigkeit, die einen verantwortungsvollen Umgang erfordert. Ganz im Sinne des Planungspostulates Innen- vor Außenentwicklung heißt das aber nicht, dass so eine Fläche nicht bebaut werden kann, insbesondere wenn es nur um einen Teil der Fläche geht. Dennoch bedarf es einer detaillierten Untersuchung der heutigen Situation.

Abbildung 5: Luftbild aus dem Jahr 2022

Bereits im Zuge der geplanten 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 46 erfolgte in 2016 eine gutachterliche Auseinandersetzung mit dem Artenschutz. Die Artenschutzprüfung kam zu dem Ergebnis, dass die 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 46 im Bereich Am Alten Teich nicht zu Verstößen gegen die Bestimmungen des Artenschutzes führt. Diese Untersuchung soll erneuert werden und zusätzlich auch eine Erfassung und Bewertung der vorhandenen Grünstrukturen (insbesondere der vorhandenen Bäume) vorgenommen werden. Die Ergebnisse sollen klären, wie sich die angedachte Bebauung auf den Artenschutz und die Grünstruktur auswirkt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden dann im Zuge der weiteren Ausarbeitung des städtebaulichen Konzeptes berücksichtigt werden. 

Die voranstehenden Ausführungen legen somit dar, weshalb die Verwaltung die Flächen Am Alten Teich als Sacheinlage für die geplante Genossenschaft vorgeschlagen hat.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass Verwaltung und Politik gemeinsam auch an anderen Projekten zur Realisierung von sozial gefördertem Wohnraum arbeiten. Dieser spielt bei der Baulandentwicklung Kalverdonk in Meerbusch-Osterath ebenso eine zentrale Rolle, wie bei der Entwicklung „Böhler Leben“ in Meerbusch-Büderich und einigen weiteren Wohnbauprojekten im Stadtgebiet. Ebenso zu nennen ist die Quartiersentwicklung RheinEck, wo aus der Zusammenarbeit zwischen Stadt und der GWH Wohnungsbaugesellschaft die Sicherung und auch der Zubau von sozial gefördertem Wohnraum im Süden von Meerbusch-Büderich verabredet wurde. Diese Projekte zeichnen sich aber alle durch einen sehr langwierigen Planungszeitraum aus. Bei Projekten, wo am Ende private Investoren für die Umsetzung verantwortlich sind, führen die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zunehmend zu weiterem Zeitverzug. Die geplante Entwicklung im Bereich Am Alten Teich stellt somit einen weiteren Baustein dar, wie im Stadtgebiet verteilt sozial gefördertes Wohnen gestärkt werden soll und hebt sich von vielen anderen Projekten von den für eine zeitnahe Umsetzung günstigen Rahmenbedingungen ab.

Auch wenn die Verwaltung hinsichtlich der im Antrag gestellten Frage zur Grundstücksoffenlegung die Empfehlung ausspricht diesen abzulehnen, sollten die Ausführungen im Sachverhalt dieser Vorlage dennoch in sachgerechter Weise die seitens der Antragsteller aufgeworfenen Fragen behandelt haben.


Finanzielle Auswirkung:

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt: keine


Alternativen:

Der Ausschuss für Planung und Liegenschaften beauftragt die Verwaltung, die angefragten Informationen zusammenzutragen und bereitzustellen.