Betreff
Bauvoranfrage zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses mit einer Tiefgarage an der Uerdinger Straße 33-37, Meerbusch - Lank - Latum im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 124 "Uerdinger Str. / Schulstr.", hier; Zustimmung zu folgenden Befreiungen:

- Überschreitung der zulässigen Grundflächenzahl (GRZ) von 0,4 auf 0,43
- Überschreitung der zulässigen Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,0 auf 1,35
Vorlage
FB4/0086/2024/1
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Planung und Liegenschaften stimmt den Befreiungen von der nachfolgenden pla-

nungsrechtlichen Festsetzung des Bebauungsplanes Nr. 124, „Uerdinger Str. / Schulstr.“ für das Bauvorhaben (hier: Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses mit einer Tiefgarage, Uerdinger Straße, Meerbusch-Lank-Latum) für folgende Tatbestände gemäß § 31 Abs. 2 BauGB zu:

- Überschreitung der zulässigen Grundflächenzahl (GRZ) von 0,4 auf 0,43

- Überschreitung der zulässigen Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,0 auf 1,35


Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 27.06.2024 wurde bei der Stadt ein Antrag auf Vorbescheid zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgarage an der Uerdinger Straße in Meerbusch-Lank-Latum eingereicht. Das betreffende Grundstück mit einer Größe von insgesamt 1.300 m2 befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 124 „Uerdinger Str. / Schulstr.“ mit Rechtskraft vom 16.10.1985 und umfasst die folgenden Flurstücke in der Gemarkung Latum, Flur 6: 197, 301 und 462.

Das Grundstück beinhaltet im Bestand drei Mehrfamilienhäuser mit jeweils drei Geschossen. Bei dem Gebäude mit der Hausnummer 33 handelt es sich um einen Altbau mit ausgebautem Mansarddach während die anderen beiden Gebäude mit traufständigem Satteldach vermutlich in den 1960er-Jahren ergänzt worden sind. Zwei der drei Gebäude (Nummer 33 und 35) sind direkt an die öffentliche Verkehrsfläche der Uerdinger Straße angebaut, das dritte Gebäude (Nummer 37) springt gegenüber der Uerdinger Straße um ca. 6,0 m zurück.

Der Antragsteller beabsichtigt, die drei Bestandsgebäude abzureißen und durch ein Wohngebäude mit drei Vollgeschossen zzgl. ausgebautem Dachgeschoss (Satteldach / Traufhöhe = 9,5 m / Firsthöhe 14,17 m bis 15,0 m) zu ersetzen. Bei dem Dachgeschoss handelt es sich nicht um ein Vollgeschoss gem. § 1 Abs. 6 BauO NRW. Die im Bestand vorhandene Gebäudeflucht mit dem Rücksprung des nordöstlichen Gebäudeteiles von der Uerdinger Straße wird beibehalten. Zur Unterbringung des ruhenden Verkehres ist eine Tiefgarage vorgesehen, deren Erschließung von der Uerdinger Straße aus erfolgt. Zusätzlich soll entsprechend den Vorgaben des rechtskräftigen Bebauungsplanes im rückwärtigen Bereich eine Gewerbeeinheit mit einem Vollgeschoss und Flachdach entstehen, die über die Straße „Am Lipperhof“ erschlossen wird.

Hinweis: Die Befreiungsvorlage wurde in der letzten Sitzung des Ausschusses für Planung und Liegenschaften am 30.01.2025 bereits unter TOP 5 behandelt. Hier wünschten sich einzelne Ausschussmitglieder unter anderem eine Visualisierung der geplanten Bebauung als 3D-Projektion sowie eine Darstellung/ Erhöhung der geplanten Begrünung. Der Ausschuss beschloss daraufhin, die Entscheidung über die beantragte Befreiung zu vertagen. Im Anschluss wurden bei der Verwaltung durch den Antragsteller ergänzende Unterlagen eingereicht (siehe Anlagen 5 bis 8) und um eine erneute Behandlung im Ausschuss für Planung und Liegenschaften gebeten.

Planungsrechtliche Einordnung

Der rechtskräftige Bebauungsplan Nr. 124 „Uerdinger Str. / Schulstr.“ setzt im Bereich des betreffenden Grundstückes ein Mischgebiet (MI) mit einer Grundflächenzahl (GRZ) von maximal 0,4 und einer Geschossflächenzahl (GFZ) von maximal 1,0 fest. Die überbaubaren Flächen werden durch Baugrenzen gebildet und sind in einen vorderen Bereich entlang der Uerdinger Straße sowie einen rückwärtigen Bereich untergliedert. Im vorderen Bereich sind maximal drei Vollgeschosse in geschlossener Bauweise, im rückwärtigen Bereich maximal ein Vollgeschoss in abweichender Bauweise zulässig. Darüber hinaus sind in dem rückwärtigen Baufenster nur Geschäfts- und Bürogebäude, sonstige Gewerbebetriebe und Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke gem. § 6 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 BauNVO 1977 zugelassen. Die zulässige Gebäudehöhe und Kubatur wird nur über die Kombination aus GRZ, GFZ und der maximalen Zahl der Vollgeschosse geregelt. Festsetzungen zur maximalen Trauf- und Firsthöhe trifft der Bebauungsplan nicht.

In einzelnen Aspekten steht das eingereichte Bauvorhaben nicht im Einklang mit den Festsetzungen des aktuell gültigen Bebauungsplans Nr. 124. Für diese Ausgangslage sieht der Gesetzgeber in § 31 Abs. 2 BauGB die Möglichkeit vor, dass von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes befreit werden kann, „wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und 1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit (…) die Befreiung erfordern, oder 2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (...) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.“.

Der Befreiungsantrag umfasst die nachstehenden Punkte (siehe Anlage 2):

- Überschreitung der zulässigen Grundflächenzahl (GRZ) von 0,4 auf 0,43

- Überschreitung der zulässigen Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,0 auf 1,35

Bei der Beurteilung muss berücksichtigt werden, dass bei der Ermittlung der GRZ sowie GFZ im
vorliegenden Fall die Vorgaben der bei Satzungsbeschluss des Bebauungsplanes rechtskräftigen BauNVO 1977 zu beachten sind. Dementsprechend bleiben bei der Ermittlung der GRZ Terrassen und Balkone sowie Tiefgaragen und deren Zufahrten unberücksichtigt. Bei der entsprechenden Ermittlung der GFZ gem. BauNVO 1977 müssen hingegen auch Aufenthaltsräume in Nicht-Vollgeschossen angerechnet werden.

Innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes Nr. 124 finden sich im Bestand keine Gebäude mit einer vergleichbaren Kubatur. Vielmehr befinden sich im direkten Umfeld des betreffenden Grundstückes überwiegend Gebäude mit nur einem Vollgeschoss zzgl. Dachgeschoss. Allerdings wurde auf dem unmittelbar nordöstlich angrenzenden Grundstück bereits eine Bebauung mit einer GFZ von 1,09 und einer Gebäudehöhe von insgesamt 12,75 m genehmigt. Betrachtet man auch die Gebäude außerhalb des Bebauungsplangebietes Nr. 124, finden sich auf der gegenüberliegenden Seite der Uerdinger Straße durchaus Gebäude mit einer dem beantragten Gebäude ähnlichen Kubatur (z.B. Traufhöhe = 9,0 m / Firsthöhe = 14,0 m bei dem Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite, Hertha-Klingbeil-Straße 1). Auch im weiteren Verlauf der Uerdinger Straße finden sich immer wieder Beispiele, wo kleinere Bestandsgebäude rückgebaut und durch größere Neubauten mit einem ähnlichen Gebäudevolumen ersetzt werden, wenngleich diese nicht in einer Sichtbeziehung zu dem beantragten Bauvorhaben stehen (z.B. die geplante Quartiersentwicklung der Wilma Immobilien GmbH / Bebauungsplan Nr. 325). Insgesamt sind die genannten Beispiele jedoch alle weiter von der Uerdinger Straße abgerückt als Teile des beantragten Gebäudes.

Zieht man zur Beurteilung hilfsweise die Vorgaben der aktuellen BauNVO heran und lässt bei der Ermittlung der GFZ die Aufenthaltsräume in Nicht-Vollgeschossen unberücksichtigt, ergibt sich für das geplante Gebäude bei gleicher Kubatur eine GFZ von ca. 1,13 und somit eine Überschreitung um 0,13. Gleiches gilt – unabhängig von der in Ansatz gebrachten BauNVO – wenn im Dachgeschoss anstelle von Aufenthaltsräumen z.B. Lagerräume geplant wären.

Dennoch ist die Überschreitung der GFZ um 0,35 aus Sicht der Verwaltung signifikant. Im Zuge der Antragsbearbeitung wurde gegenüber dem Antragsteller angeregt, die Planung soweit zu reduzieren, dass sie die Maßfestsetzungen des Bebauungsplanes einhält. Dieser Anregung wurde nicht gefolgt, sondern um eine Vorstellung im Planungsausschuss gebeten, damit dieser über die beantragten Befreiungen entscheidet.

Die Verwaltung sieht vor allem kritisch, dass das beantragte Bauvorhaben die bestehende Gebäudeflucht aufgreift und der südwestliche Gebäudeteil auf eine Länge von ca. 19 m auf der Grenze zum öffentlichen Gehweg geplant ist. Dadurch löst das Planvorhaben in der subjektiven Wahrnehmung eine gewisse Maßstabsverschiebung aus. Es muss jedoch auch festgehalten werden, dass aufgrund der fehlenden Festsetzung von Trauf- und Firsthöhen im rechtsgültigen Bebauungsplan im vorliegenden Beispiel auch durch die Verkleinerung der Grundfläche der rückwärtigen Gewerbeeinheit die GFZ insgesamt auf den zulässigen Wert reduziert werden und somit an der Uerdinger Straße ein identisches Gebäude ohne Befreiung von den Vorgaben des Bebauungsplanes realisiert werden könnte.

Die beantragte Überschreitung der GRZ um 0,03 ist geringfügig. Daher bestehen hier seitens der Verwaltung grundsätzlich keine Bedenken, die erforderliche Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes zu erteilen. Die Überschreitung ist auch vor dem Hintergrund der in der Umgebung vorhandenen Bebauung genehmigungsfähig.

Da in der Stadt Meerbusch ein angespannter Wohnungsmarkt mit hohem Wohnungsbedarf herrscht, die Gewerbeeinheit als sinnvolle Ergänzung der erweiterten und modernisierten Wohnbebauung betrachtet wird und sich die Uerdinger Straße in einem mit deutlicher Verdichtung einhergehenden Wandel befindet, kann den beantragten Befreiungen von der GRZ und GFZ insgesamt aufgrund der vorangestellten Ausführungen trotz der vorgenannten Bedenken zugestimmt werden.


Finanzielle Auswirkung:

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt: keine


Alternativen:

Den Befreiungen wird nicht zugestimmt.