Betreff
Bericht zur Umsetzung von Inklusion in Meerbusch
Vorlage
FB22/0736/2024
Aktenzeichen
FB 22 / 6
Art
Informationsvorlage

Das Wort "Inklusion" kommt vom lateinischen Begriff „includere“, das übersetzt „einschließen“, „einbeziehen“ heißt. Mit Inklusion ist also gemeint, dass alle Menschen in allen Lebensbereichen ganz selbstverständlich einbezogen werden sollen und dazugehören. Im Umkehrschluss bedeutet Inklusion, dass es keine Ausgrenzung oder Benachteiligung gibt. Inklusion bedeutet ebenso, dass Menschen mit Behinderung ihr Leben nicht mehr an vorhandene Strukturen anpassen müssen. Vielmehr ist die Gesellschaft aufgerufen, Strukturen zu schaffen, die es jedem Menschen – auch den Menschen mit Behinderung – ermöglichen, von Anfang an ein wertvoller Teil der Gesellschaft zu sein.

 

Die Begriffe Inklusion und Integration werden oft gleichbedeutend verwendet, verwechselt oder vermischt. Inklusion bedeutet eine Umgebung zu schaffen, die allen Menschen gleichberechtigte Teilhabe ermöglicht. Integration bedeutet Zugehörigkeit, die mit Anpassung an die Umgebung einhergeht.

 

In der UN-Behindertenrechtskonvention ist jedoch klar das Recht auf Inklusion festgeschrieben. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist ein Vertrag, den viele Länder unterschrieben haben - auch Deutschland. Es ist aber noch viel dafür zu tun, damit dieser Vertrag umgesetzt und eingehalten wird.

Inklusion ist ein Ziel, das viele Menschen für die Gesellschaft haben. Damit ist gemeint, dass alle Menschen von der Gesellschaft akzeptiert werden sollen, mit oder ohne Behinderung. Die Menschen sollen so angenommen werden, wie sie sind, denn Unterschiede sind normal. Alle Menschen sollen die Möglichkeit haben, am Leben in der Gesellschaft teilzunehmen. Niemand soll benachteiligt sein, weder bei der Arbeit noch in der Freizeit.

 

Dabei kann jeder Mensch jederzeit von Behinderung betroffen sein. Manche Menschen kommen mit Behinderungen zur Welt oder werden als Kind davon betroffen. Ein anderer Mensch muss durch Unfall oder Krankheit in der Mitte seines Lebens plötzlich lernen, mit einer Behinderung umzugehen.

 

Damit Inklusion immer besser gelingt, muss die Gesellschaft dafür sorgen, dass die Menschen auch tatsächlich teilnehmen können. So müssen zum Beispiel Busse und Bahnen so gebaut sein, dass auch Rollstuhlfahrer/innen sie problemlos und ohne fremde Hilfe nutzen können. Viele Menschen fordern mehr Schulklassen, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam lernen können. Jeder Mensch sollte überall dabei sein können, am Arbeitsplatz, beim Wohnen oder in der Freizeit. Inklusion bedeutet, dass jeder an unserer Gesellschaft teilhaben kann und jeder davon profitiert, wenn Inklusion weiter vorangebracht wird: Wenn es zum Beispiel weniger Treppen gibt, können Menschen mit Kinderwagen, ältere Mitbürger oder Personen mit Behinderungen alle viel besser am sozialen Leben teilnehmen.

 

Dieses breite Spektrum zeigt schon ganz deutlich auf, dass es sich bei der Gestaltung und Umsetzung von Inklusion um eine Querschnittsaufgabe handelt, die z.B. alleine in Bezug auf die Verwaltung diverse Fachbereiche und Abteilungen aus den verschiedenen Dezernaten zeitgleich betrifft. Sie ist fachbereichsübergreifend und bedarf bei einer zielführenden Struktur einer zentralen Andockung in Form einer Stabstelle innerhalb der Verwaltung.

 

In Meerbusch wird schon Etliches unternommen und vorangebracht auf dem Weg zur Inklusion. Allerdings gibt es aktuell keine zentrale Koordinierungsstelle. Im Folgenden ein paar (nicht abschließende) Beispiele, die aufzeigen, wo sich Meerbusch schon auf den Weg gemacht hat:

 

Im Bereich Grünflächen sind die Zugänge zu den städtischen Spielplätzen mittlerweile alle barrierefrei. Außerdem wird das Thema Inklusion bei zukünftigen Planungen vermehrt berücksichtigen werden. Darüber hinaus sind noch die mit erhöhten Sitzflächen und mit Armlehnen ausgestatteten und damit seniorengerechten Bänke aufzuführen, die im gesamten Stadtgebiet schon seit einigen Jahren aufgestellt werden.

 

Im Bereich Schule wurden die bewilligten Mittel vom Land NRW für das Jahr 2022 unter anderem für die Ausstattung mit Klassenmobiliar der Inklusionsräume verwendet. Die Räume dienen dem gemeinsamen Lernen für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf. Die Mittel aus dem Jahr 2023 wurden unter anderem für anpassende Umbaumaßnahmen von Klassenräumen sowie deren zugehörige Ausstattung genutzt. Hier wurde eine Schallschutzmaßnahme für einen Klassenraum der Martinus-Schule umgesetzt. All diese Maßnahmen dienen dem gemeinsamen Lernen für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf. Die Landesmittel werden ebenfalls zur Beschaffung von Lernmitteln für den inklusiven Unterricht eingesetzt.

7 der 8 Grundschulen sowie die Gesamt- und die Realschule haben inklusives Lernen schon umgesetzt, aber nicht alle dieser Schulen sind im Umkehrschluss barrierefrei.

Grundsätzlich werden nach und nach alle Schulen im Rahmen der Gegebenheiten umgebaut, um einen inklusiven Unterricht und Barrierefreiheit zu ermöglichen. Dies wird aber noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen.

 

Die Erziehungsberatungsstelle berät alle Meerbuscher Familien. Sollten Familienmitglieder aufgrund ihrer Einschränkungen mit den alltäglichen Möglichkeiten der Beratungsstelle nicht beraten werden können, werden individuelle Maßnahmen ergriffen, um eine Beratung zu ermöglichen. Das können ganz unterschiedliche Maßnahmen sein, beispielsweise die Nutzung jeglicher Dolmetscher, Änderung des Beratungsortes, Hausbesuche, Anpassung der Beratungsform an die Möglichkeiten der Ratsuchenden etc.. Die Beratung in der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern orientiert sich immer am jeweiligen Bedarf und an den Möglichkeiten der Ratsuchenden. Niemand wird von der Beratung ausgeschlossen. Gleichwohl wird ein barrierefreier Zugang zu den regulären Räumen der Beratungsstelle angestrebt – dieser wird jedoch nur durch einen Umzug erreichbar sein!

 

In der Kindertagesbetreuung ist inklusive Betreuung von Kindern mit Behinderung in allen Kindertageseinrichtungen möglich und wird über den Kita- Navigator in der Platzvergabe geregelt. In den städtischen Kindertageseinrichtungen werden derzeit in 7 von 9 städtischen Kindertageseinrichtungen statt. Dabei werden insgesamt 18 Kinder betreut.

Auch wenn alle Neubauten und Erweiterungen Barrierefreiheit beinhalten versuchen Kitas, die nicht als barrierefrei gelten und z.B. auch nicht über dementsprechend barrierefreie Toiletten verfügen trotzdem inklusive Aufnahmen immer wieder nach individuellen Möglichkeiten zu ermöglichen. Das hat bisher auch immer funktioniert, wie die aktuelle Vorlage für den Jugendhilfeausschuss 3/2024 zur Kindertagesstättenbedarfsplanung zeigt konnten alle angemeldeten Kinder versorgt werden. So werden z.B. Kinder, die zeitweise - wie nach OPs - auf einen Rollstuhl angewiesen sind, in den Gruppen betreut, die ebenerdig zu erreichen sind. Für ein Kind mit einem starken Diabetes hat die Kita zusätzliche Inklusionsfachkraftstunden bekommen. Für ein anderes Kind mit einer starken Sehbeeinträchtigung wird eine Gruppe gewählt, die von der Gestaltung des Gruppenraums die meiste Freifläche bietet und in der keine jüngeren Kinder sind, denn in den Räumen mit den jüngeren Kindern liegen häufiger Spielsachen auf dem Boden.

Sobald eine Anfrage zur Aufnahme eines behinderten Kindes kommt, setzen sich die Teams der Kita mit der Frage auseinander, wie der Alltag für das Kind so selbstverständlich wie möglich gestaltet werden kann. Aber natürlich würden die Einrichtungen bei bestimmten Inklusionsanforderungen auch an ihre Grenzen kommen.

 

Im Bereich des Personals der Stadt werden bei Stellenausschreibungen schwerbehinderte Bewerber zu persönlichen Vorstellungen eingeladen, sofern sie nicht offensichtlich ungeeignet sind. In der Regel werden daher alle eingeladen. Die Beschäftigungsquote aus dem SGB IX für Schwerbehinderte wird von der Stadt Meerbusch über Soll erfüllt. Sofern Schwerbehinderte für die Ausübung ihrer Tätigkeit entsprechende Hilfsmittel benötigen, arbeitet die Stadt mit der Integrationsstelle des RKN zusammen und beschafft die erforderlichen Dinge. Insgesamt wird generell eng mit der Schwerbehindertenvertretung der städtischen Beschäftigten zusammengearbeitet.

 

Im Bereich Sport gibt es 3 Sportvereine mit einem speziellen Angebot für Behinderte oder Interkulturellem Angebot. Die Clubhäuser auf dem Sportplatz Krähenacker und Fouesnant sind barrierefrei erreichbar. Von 22 Sporthallen haben 7 ein behindertengerechtes bzw. barrierefreies WC. Ebenso wie das städtische Hallenbad, welches auch über einen Lifter für das große Becken verfügt.

 

Im Bereich SIM zählen zu den „baulichen“ Maßnahmen zur Gewährleistung von Inklusion klassischerweise Maßnahmen wie Rampen und/oder Aufzüge zur Erreichbarkeit unterschiedlicher Niveaus. Darüber hinaus Leit- und Orientierungssysteme, akustische Maßnahmen sowie teilweise auch die Einbeziehung neuer Lehr- und Lernformen (z.B. Lerncluster an Schulen).

 

Die Stadt Meerbusch hat an öffentlichen Gebäuden partiell bereits barrierefreie Zugänge und Rampen nachgerüstet. Zur besseren Erreichbarkeit erfolgte partiell der Einbau elektronisch gesteuerter Türen sowie von Aufzugsanlagen. Beim Anbau an das Erwin-Heerich-Haus mit dem neuen Stadtarchiv wurden Synergien genutzt, wie z.B. der vorhandene Aufzug. So konnte die Barrierefreiheit beider Gebäude und Nutzungen durch einen Aufzug erreicht werden.

Bei größeren Neubau-Maßnahmen der Vergangenheit (u.a. Stadtbibliothek in Büderich und Bürgerhaus in Lank-Latum) wurden bewusst kontrastierende Elemente im Wand-/Türbereich und wechselnde Bodenbelägen verwendet, damit sich auch seheingeschränkte Menschen hier gut und gefahrlos orientieren können. Zusätzlich kamen und kommen auch taktile Mittel zum Einsatz, so z.B. bei Treppen in Kindergärten.

Bei anstehenden Gebäudeerweiterungen wird eine Verbesserung des Bestands durch inklusive Maßnahmen immer mit betrachtet. Schon in der Planungsphase fließen Aspekte der Inklusion bzw. Barrierefreiheit mit ein und werden mit den zuständigen Fachämtern und Nutzern (z.B. bei Schulbaumaßnahmen) abgestimmt.

 

Dies ist keine abschließende Aufzählung, aber sie zeigt zum einen, dass die Stadt Meerbusch sich „auf den Weg gemacht“ hat und gleichzeitig auch, dass noch viel zu tun bleibt. Damit Inklusion immer besser gelingt, muss die Gesellschaft dafür Sorge tragen, dass die Menschen auch tatsächlich teilnehmen können. Aus Sicht ihrer Befürworter liegen die Vorteile der Inklusion auf der Hand. Zum einen hilft sie den Menschen, ihr Potenzial zu entfalten. Zum anderen sorgt sie für mehr soziale Gerechtigkeit und Kontakt zwischen behinderten und nicht-behinderten Menschen. Alles zusammen macht eine Gesellschaft lebenswert und lebendig.

 


In Vertretung

 

gez.

 

Peter Annacker

Dezernent