Betreff
Nachtabschaltung Straßenbeleuchtung
Vorlage
DezIII/0609/2022
Art
Informationsvorlage

Im Ausschuss für Klima, Umwelt, Bau am 3. November berichtete die Verwaltung bereits über eine Nachtabschaltung und deren Auswirkungen. Die geringen Einsparpotentiale und der zeitlich lange Umrüstungsprozess sprachen gegen eine Nachtabschaltung. Vom Ausschuss wurde für eine abschließende Beurteilung des Themas eine vertiefte Betrachtung gewünscht, welche im Folgenden dargelegt wird.

 

Allgemeine Informationen zur Straßenbeleuchtung:

 

Im Hinblick auf die Straßenbeleuchtung haben die Städte ihrer Verkehrssicherungspflicht zu genügen. Diese besteht darin, verkehrsgefährdende Stellen wie gefährliche Straßenkreuzungen und -einmündungen, gekennzeichnete Fußgängerüberwege, überraschende Straßenverengungen sowie eingebaute und vorgebaute Treppen ausreichend auszuleuchten und erkennbar zu machen. Selbst wenn die Straße an sich nicht verkehrsgefährlich ist, weil sie z.B. keine Mängel aufweist, besteht eine gemeindliche Beleuchtungspflicht dort, wo die Dunkelheit eine Gefahr für den Verkehr begründet. Eine Straße muss aber nicht so beleuchtet sein, dass jeder Fußgänger jederzeit und an jeder Stelle beim Überqueren der Fahrbahn jede Unebenheit erkennen kann. Eine allgemeine Regel für den Umfang und die Dauer der Beleuchtung der gemeindlichen Straßen lässt sich nicht aufstellen.

 

Das Maß der Beleuchtungspflicht ist vielmehr abhängig von den örtlichen Bedürfnissen und den sonstigen örtlichen Verhältnissen, insbesondere von der Bedeutung der Straße für den Verkehr und der Lage der Straße im Stadtgebiet. Für Fußgängerüberwege wären z.B. die Beleuchtungskriterien nach den Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ 2001) zu beachten. Können diese Kriterien aufgrund der Abschaltung nicht mehr gewährleistet werden, so dürfte schon aus diesem Grund ein erhöhtes Haftungsrisiko bestehen.

 

Eine pauschale Entscheidung, die Leuchten nachts auszuschalten, kann daher nicht empfohlen werden. Bei einer beabsichtigten zeitweisen nächtlichen Abschaltung ist jedenfalls eine Einzelfall-bewertung erforderlich, welche im laufenden Betrieb der Straßenbeleuchtung durchzuführen und zeitlich einzuplanen ist.

 

Bei entsprechenden Abschaltungen müssen jedenfalls an den Lichtmasten, deren Lampen nachts nicht dauerhaft leuchten, Laternenringe (vgl. Z. 394, Anlage 3 zu § 42 Absatz 2 StVO) angebracht werden, damit der dort parkende Autofahrer entsprechend informiert ist und sein Fahrzeug selbst per Fahrzeugbeleuchtung sichert.

 

Die als Alternative zur Komplettabschaltung häufig diskutierte Abschaltung jeder zweiten Leuchte in den Nachtstunden halten wir für problematisch. Da sich dadurch ein schneller Wechsel von Helligkeit und Dunkelheit ergibt, müssen sich die Augen ständig auf den Lichtwechsel einstellen und können dann trotz Fahrlicht plötzlich auftauchende Hindernisse nicht mehr erkennen. In den sich bildenden Dunkelzonen ist ein Fußgänger so gut wie nicht mehr erkennbar. Auch andere Hindernisse, wie Tiere, verlorene Ladung oder ein offener Kanaldeckel verschwinden im Dunkel. Dies beeinträchtigt die Verkehrssicherheit. Zudem wäre hierfür der technische Aufwand nochmals höher.

 

 

Beschreibung des derzeitigen Betriebs:

 

Die öffentliche Straßenbeleuchtung in Meerbusch besteht derzeit aus ca. 8.800 Leuchtstellen. Wartung und Unterhaltung werden vom städtischen Elektrobetrieb mit 4 Mitarbeitern durchgeführt und somit deren sichere Funktion gewährleistet. Die Beleuchtung wird in jedem Stadtteil zentral und helligkeitsabhängig gesteuert. Aufgrund vieler Neuanlagen in Neubaugebieten und durch Sanierungs- sowie Umrüstungsmaßnahmen mit LED-Technik unterliegen der Laternenbestand und das Beleuchtungsnetz einer ständigen und aktuell starken Veränderung. Die kürzlich erfolgte Erfassung der Zählerstände zeigt einen erneuten Rückgang des Energiebedarfs im Vergleich zu 2021. Aufgrund der weiter laufenden Umrüstungen wird sich dieser Trend auch in 2023 fortsetzen. Einige verfügbare Zahlen zum aktuellen Stand der Umrüstungen auf LED-Technik:

 

             Mit den Leuchten in einigen Neubaugebieten und der kürzlich erfolgten Leuchtenmontage im aktuellen Sanierungsauftrag sind derzeit ca. 2.000 LED-Leuchten (Leuchten mit LED-Platine und LED-Treiber) im Bestand vorhanden. Diese schalten selbsttätig von ca. 22.00 Uhr bis 05:00 Uhr auf 50 % Leistung herunter.

             Weitere 414 Leuchten wurden mit „Retrofit“-Lampen auf LED umgerüstet. Dazu wurden die Vorschaltgeräte abgeklemmt und die LED-Lampe eingeschraubt. Damit wurde der Energiebedarf dieser Leuchten um ca. 56 % gesenkt. Eine zusätzliche Dimmung erfolgt nicht.

             Im ersten Halbjahr 2023 werden ca. 900 weitere Leuchten von Mitarbeitern des städtischen Elektrobetriebs auf LED-Technik umgerüstet, sobald die Lieferung (aktuelle Lieferengpässe sind zu befürchten) der Umrüstsätze erfolgt. Die Maßnahme wird mit 88.000 € Landesmitteln gefördert. Diese Leuchten werden dann ebenfalls von ca. 22.00 Uhr bis 05:00 Uhr auf 50 % Lichtleistung autark gedimmt.

             Ab 2023 werden Ersatz und Umrüstung der Kugelringleuchten vorbereitet. Dieser Leuchtentyp ist in verschiedenen Varianten mit ca. 2.800 Stück als langjährige Standardleuchte im Bestand vertreten. Ab 2024 werden die Kugelringleuchten altersabhängig ersetzt oder umgerüstet.

 

 

Bisherige Erkenntnisse zur Nachtabschaltung:

 

Eckdaten der früheren Nachtabschaltung von Februar 2006 bis Mai 2016:

·                     ­               Abschaltung von 01:30 -04:00 Uhr;

·                     ­               Abschaltung nur von Montag bis Freitag;

·                     ­               Keine Abschaltung an Hauptdurchfahrtstraßen;

·                     ­               Keine Abschaltung an Feiertagen und zu Karneval;

·                     ­               Keine Abschaltung zu Schützenfesten in den jeweiligen Ortsteilen;

·                     ­               Berechnete Energieeinsparung damals ca. 14,5 %;

·                     ­               Tatsächlicher Anstieg Energiebedarf von 2015 (mit Nachtabschaltung) zu 2017 (ohne Nach-tabschaltung) 11,6 %.

·                     ­               Die Kostenersparnis schwankte in Abhängigkeit von Liefervertrag und Strompreisen etwa zwischen 35.000 und 76.000 € jährlich.

·                     ­               Für die notwendigen Materialien sowie für Umschaltarbeiten und Anbringen der Laternen-ringe durch städtische Mitarbeiter sind in 2006 Kosten von rund 67.000 € entstanden.

 

Von den Meerbuscher Bürgern wurden neben einigen positiven Rückmeldungen vornehmlich Be-schwerden über die Nachtabschaltung an die Stadtverwaltung herangetragen. So beklagten sich beispielsweise Zeitungszusteller, die Ihre Arbeit in der Dunkelheit erledigen mussten. Auch Bürger, die im Schichtdienst arbeiteten, beschwerten sich über abgeschaltete Laternen zu einer Zeit, wo sie sich auf den Weg zur Arbeit machen mussten. Viele Beschwerden zeigten das subjektive Unsi-cherheitsgefühl im Bewusstsein dunkler Straßen. In vielen Presseberichten und Leserbriefen war die Nachtabschaltung über 10 Jahre Dauerthema.

 

 

 

Notwendige Maßnahmen für eine erneute Nachtabschaltung:

 

Aufgrund der vorgenannten Veränderungen, die seit 2016 erfolgt sind, müssen erneut umfangreiche Umschaltarbeiten vorgenommen werden. Die bis 2016 zur Nachtabschaltung eingesetzten Funkrundsteuerempfänger wurden aufgrund von Funktionsstörungen ausgebaut. Daher müssen zumindest für alte Schaltstellen zur neuerlichen Nachtabschaltung alternative Geräte (Schaltuhren) eingebaut werden. Die Lieferzeiten sind aktuell unklar und können einige Wochen bis Monate betragen.

 

Die meisten LED-Leuchten im Bestand schalten selbsttätig von ca. 22.00 Uhr bis 05:00 Uhr auf 50 % Leistung herunter. Die Dimmung erfolgt in Abhängigkeit der normalen Ein- und Ausschaltzeiten der Gesamtanlage. Ein zwischenzeitliches Aus- und Wiedereinschalten würde zu einem undefinierten Dimmverhalten der elektronischen Bausteine führen. Die Leuchten lassen sich laut den Herstellern in der Regel umprogrammieren. Dafür müssten sie allerdings einzeln mit einer Hubarbeitsbühne angefahren werden.

 

Für viele neuere Laternen müssen die Laternenringe beschafft und angebracht werden. Zu klären ist zudem, ob die noch vorhandenen, mittlerweile stark verblichenen Laternenringe im älteren Leuctenbestand ihre Gültigkeit behalten.

 

Für die Wiedereinführung der Nachtabschaltung ist ein Zeitaufwand von ca. 1,5 bis 3 Monaten notwendig. Die Kosten lassen sich nur grob schätzen und dürften in einer Größenordnung von etwa 30.000 bis 50.000 € liegen. Sollten die alten Laternenringe erneuert werden müssen, würden sich auch die Gesamtkosten und der Zeitaufwand erheblich erhöhen.

 

 

Mögliche energetische Einsparungen:

 

Die Betrachtung des Energiebedarfs in 2017 ohne Nachtabschaltung im Vergleich zu 2015 mit Nachtabschaltung zeigt, dass die Ersparnis lediglich bei 11,6 % lag. Daraus folgt, dass eine Energie-ersparnis in Höhe von 20% mit den früheren Abschaltzeiten nicht erreichbar ist. Dafür müssten die Abschaltzeiten erheblich erweitert werden. Dadurch, dass in Meerbusch bereits Maßnahmen zur Energieeinsparung durch moderne LED Technik durchgeführt wurden, bewirkt eine Nachtabschaltung weniger Energieeinsparungen als bei der Analog-Technik früherer Jahre.

 

 

Erfordernisse für 20% Energieeinsparung:

 

Um den Energiebedarf mittels Nachtabschaltung um ca. 20% zu senken, müsste die Zeit, in der die Beleuchtung abgeschaltet wird, in etwa verdoppelt werden. Zwei mögliche Beispiele dafür:

 

             Ausdehnung der Nachtabschaltung werktags auf die Zeit von 0:00 Uhr bis 5:00 Uhr;

             Ausdehnung der Nachtabschaltung auf die Zeit von 1:00 Uhr bis 5:00 Uhr an allen Tagen.

 

Als Folge dürften damit allerdings die Beschwerden aus der Bürgerschaft im Vergleich zur früheren Nachtabschaltung zahlreicher sein, da in diesen Zeitabschnitten die Auswirkungen der Nachtabschaltung deutlicher wahrgenommen werden.

 

Die Verwaltung empfiehlt aufgrund

 

  • der zu erwartenden Bürgerbeschwerden
  • des Sicherheitsaspektes
  • der notwendigen Umsetzdauer
  • der hohen Kosten für die Umsetzung
  • des geringen Einsparpotentials
  • der bisherigen und zukünftigen Maßnahmen zur Energieeinsparung durch moderne LED Technik

 

von einer Nachtabschaltung abzusehen. Gerade in Hinblick auf die bisher durchgeführten Maßnahmen der Energieeinsparungen durch moderne LED Technik, durch welche bereits eine Nachtabsenkung der Beleuchtung und somit eine Energieeinsparung erfolgt, sollte der Schwerpunkt weiterhin auf der stetigen Umrüstung liegen.

 


In Vertretung

 

gez.

 

Andreas Apsel

Erster und Technischer Beigeordneter