Betreff
Genehmigungsverfahren Konverter - Rechtsmittel gegen Genehmigungsbescheid
Vorlage
BJ/1625/2022
Aktenzeichen
30.10.66/21
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat beschließt, gegen den der Amprion GmbH erteilten Genehmigungsbescheid vom 23.11.2022 Rechtsmittel beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einzulegen, und zwar sowohl im Klagewege (fristwährend) als auch – mit Blick auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung – im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes. Sollte letzterer nicht erfolgreich sein, wird der Rat über die Fortführung des Hauptsacheverfahrens zu gegebener Zeit erneut entscheiden.

 


Sachverhalt:

 

Die Amprion GmbH stellte am 06.09.2019 beim Rhein-Kreis Neuss als zuständiger Immissionsschutzbehörde einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Konverters am Standort Osterath. Nach entsprechender Übermittlung der Unterlagen an die Stadt Meerbusch mit Verfügung vom 18.02.2020 hatte diese unter dem 15.04.2020 eine ausführliche, vom Rat bzw. im Rahmen einer Dringlichkeitsentscheidung beschlossene Stellungnahme abgegeben und dem Vorhaben gemäß § 36 BauGB das gemeindliche Einvernehmen versagt. Nach Eingang der Stellungnahme der Stadt und weiterer Träger öffentlicher Belange hatte der Rhein-Kreis Neuss die Antragsunterlagen und die Einwendungen der Beteiligten zusammengetragen und geprüft, von der Amprion GmbH und anderen Beteiligten ggf. ergänzende Unterlagen und / oder Stellungnahmen angefordert und diese ausgewertet.

 

Mit Schreiben vom 23.05.2022 hatte der Rhein-Kreis Neuss der Stadt mitgeteilt, dass von sämtlichen anderen Behörden und Trägern öffentlicher Belange zwischenzeitlich keine Bedenken mehr gegen die Errichtung und den Betrieb der Konverterstation erhoben werden und die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aus seiner Sicht vorliegen. Zudem hielt er die von der Stadt seinerzeit vorgetragenen Argumente, die zur Versagung des gemeindlichen Einvernehmens geführt hatten, für nicht stichhaltig und beabsichtigte daher, das – nach seiner Prüfung – rechtswidrig versagte Einvernehmen gemäß § 73 BauO NRW zu ersetzen.

 

Da es sich bei der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und der gleichzeitigen Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch den Kreis als zuständiger Behörde um einen für die Stadt Meerbusch belastenden Verwaltungsakt handelt, war der Kreis verpflichtet, sie vorher anzuhören und ihr somit erneut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dies geschah mit dem oben erwähnten Schreiben; die von der Stadt im Rahmen der Anhörung abzugebende Stellungnahme wurde vom Rat in seiner Sitzung am 23.06.2022 beschlossen und nach Einarbeitung der von verschiedenen Fraktionen gewünschten Änderungen und Ergänzungen schließlich mit dem als Anlage 1 nochmal beigefügten Schreiben vom 14.07.2022 gegenüber dem Kreis abgegeben. Tenor blieb, dass die Stadt auch weiterhin an der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens festhielt.

 

In der Folgezeit hat der Kreis die Stellungnahme der Stadt abermals ausgewertet mit dem Ergebnis, dass die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens rechtswidrig und es daher zu ersetzen sei. Diese Ersetzung hat er mit Bescheid vom 23.11.2022 vorgenommen; mit dem Bescheid wird die von der Amprion GmbH beantragte Konverterstation gleichzeitig immissionsschutzrechtlich genehmigt. Der Genehmigungsbescheid, der der Stadt am 24.11.2022 zugestellt worden ist, ist als Anlage 2 beigefügt.

 

Die Verwaltung und der von der Stadt beauftragte Rechtsanwalt Dr. Durinke aus der Kanzlei Wolter Hoppenberg haben den Bescheid geprüft. Dazu ist einerseits festzustellen, dass zahlreiche von der Stadt im Jahr 2020 und auch in der zuletzt abgegebenen Stellungnahme kritisierte Unterlagen von Amprion bzw. deren beauftragten Büros nachgebessert worden sind:

 

  • Das betrifft zum ersten den Landesplanerischen Begleitplan, zu dem die Stadt eine Arbeitsgruppe eingerichtet hatte, die gemeinsam mit dem hinzugezogenen Büro des Landschaftsarchitekten Stephan Lenzen eigene Vorschläge erarbeitet hat. Die entsprechenden Ergebnisse sind als vom Anlagenbetreiber zu beachtende Nebenbestimmungen / Auflagen in den Bescheid eingeflossen (vgl. Ziffern 78 ff.).

 

  • Zum zweiten ist den Forderungen der Feuerwehr bzw. der Stadt insgesamt nachgekommen worden, was die Ertüchtigung der Feuerwehr in Gestalt eines Löschfahrzeuges und eines passenden Fahrzeughallenstellplatzes angeht; die entsprechenden Forderungen finden sich als Nebenbestimmungen / Auflagen ebenfalls im Bescheid (vgl. Ziffer 97).

 

  • Zum dritten ist auch das Verkehrswegekonzept nochmals überarbeitet und nachgebessert worden, und zwar sowohl was die Erschließung während der Bauzeit als auch die spätere Erschließung während des Betriebs des Konverters anbelangt. Auch die diesbezüglichen Nebenbestimmungen / Auflagen sind in den Bescheid aufgenommen worden (vgl. Ziffern 98 und 99).

 

Andererseits bleibt es dabei, dass sich an der grundsätzlichen kritischen und ablehnenden Haltung der Stadt Meerbusch am Konverter am geplanten Standort nichts geändert hat. Ansatz- und Angriffspunkt bildet weiterhin die von § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB für privilegierte Vorhaben im Außenbereich vorausgesetzte und vom Rhein-Kreis Neuss im Bescheid auch angenommene Ortsgebundenheit des Konverters, die aus Sicht der Stadt nach wie vor zweifelhaft ist. Dies insbesondere deshalb, weil die ihn umgebenden Stromleitungen noch nicht planfestgestellt sind, d.h. deren konkreter Verlauf steht noch nicht endgültig fest. Zu den Einzelheiten der diesbezüglichen Argumentation und der damit zusammenhängenden Erfolgsaussichten von Rechtsmitteln wird auf die als (nicht-öffentliche) Anlage 3 beigefügten Ausführungen von Herrn Dr. Durinke vom 07.12.2022 verwiesen.

 

 

Angesichts der zumindest fraglichen Erfolgsaussichten schlägt die Verwaltung vor, zwar zunächst fristwahrend Klage zu erheben und gleichzeitig einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beim zuständigen Bundesverwaltungsgericht einzureichen. Sollte sich im Laufe des Eilverfahrens jedoch dessen Erfolglosigkeit ergeben, würde über die Fortführung des Klageverfahrens in der Hauptsache neu entschieden werden.

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

 

Die Kosten einer Klageerhebung würden sich am dafür nach dem Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichte anzusetzenden Streitwert in Höhe von 60.000,00 € orientieren; bei Klageeinreichung entspräche das einer Gerichtskostengebühr in Höhe von 2.199,00 €; hinzu kämen die Anwaltskosten und die Kosten für das Eilrechtsschutzverfahren. Sollten die Rechtsmittel verloren gehen, wären ggf. auch die Kosten der Gegenseite zu übernehmen. Sollte die Klage zu gegebener Zeit zurückgenommen werden, würden sich die Gerichtsgebühren im Nachhinein reduzieren.

 


Alternativen:

 

Der Rat bleibt bei seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem von der Amprion GmbH für den Konverter gewählten Standort in Osterath, beschließt jedoch, gegen den der Amprion GmbH erteilten Genehmigungsbescheid (angesichts der Energiekrise) keine Rechtsmittel einzulegen.