hier: 1. Lesung Satzungsentwurf
Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung wird beauftragt, den Entwurf der Stellplatz- und Stellplatzgestaltungssatzung weiter auszuarbeiten und dem Ausschuss für Planung und Liegenschaften, Mobilitätsausschuss sowie Rat zum Beschluss vorzulegen.
Sachverhalt:
Kurzzusammenfassung
Das derzeit in der Erarbeitung befindliche Mobilitätskonzept der Stadt Meerbusch hat zwischenzeitlich einen Sachstand erreicht, der grundlegende Informationen zur weiteren Bearbeitung der Stellplatzsatzung der Stadt Meerbusch generiert. So konnten die Arbeiten an der Satzung seitens des FB 4 – Stadtplanung wiederaufgenommen werden. Die Inhalte (Satzungstext und Richtzahlentabelle) wurden auf einen aktuellen und dem Mobilitätskonzept entsprechenden Sachstand überführt. Zudem konnte im neuen und angepassten Satzungsentwurf die kürzlich erlassene Verordnung der Landesregierung NRW über die notwendigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder Berücksichtigung finden.
Historie zur Vorlage
- Arbeiten an der Stellplatzsatzung seit 2019
- Zwischenzeitliche Änderung der BauO
- Beauftragung der Planersocietät zur Erstellung des Mobilitätskonzeptes 2021
- Pausierung der Arbeiten an der Stellplatzsatzung bis zentrale Inhalte / Ziele des Mobilitätskonzeptes durch den Rat beschlossen sind
- Wiederaufnahme der Arbeiten an der Stellplatzsatzung im April 2022
1. Ausgangslage
Die Wiederaufnahme
der Arbeiten an der Stellplatzsatzung der Stadt Meerbusch fußen insbesondere
auf den zwischenzeitlich erarbeiten Meilensteinen des Mobilitätskonzeptes. Das
Konzept, welches sich aktuell zwar noch in der Bearbeitung befindet, aber
bereits grundlegende Informationen (Zielkonzept etc.) für die Stellplatzsatzung
und deren Begründung liefert, gilt fortan an zentrale Arbeitsgrundlage für die
Erstellung der kommunalen Stellplatzsatzung.
Die Bauordnung des
Landes Nordrhein-Westfalen 2018 (BauO NRW) sieht vor, dass
notwendige Stellplätze und Garagen sowie
Fahrradabstellplätze einer baulichen oder sonsti-
gen Anlage, für die ein Zu- und Abgangsverkehr
mittels Kraftfahrzeug oder Fahrrad zu erwar-
ten ist, auf dem Baugrundstück oder in zumutbarer
Entfernung davon auf einem geeigneten
Grundstück herzustellen sind (§ 48 Absatz 1 Satz 1
BauO NRW). Dessen Benutzung ist für diesen Zweck öffentlich-rechtlich zu
sichern.
Darauffolgend
regelt § 48 Absatz 1 Satz 2 BauO NRW den Vorrang kommunaler Regelungen, da
landesweite Regelungen den unterschiedlichen lokalen Bedürfnissen nicht
ausreichend Rechnung
tragen können. Kommunale Regelungen können sowohl
per Bebauungsplan als auch per
örtlicher Satzung erlassen werden (§ 89 Absatz 1
Nummer 4 BauO NRW). Letztere erleichtert einer
Kommune durch eine umfangreiche Satzungsbefugnis
über Umfang und Erfüllungsmodalitäten der Stellplatzpflicht selbst zu
entscheiden und damit konkret Einfluss auf die verkehrliche und
städtebauliche Entwicklung im Stadtgebiet zu nehmen. Auch wenn sich der direkte
Einfluss einer Stellplatzsatzung auf den privaten Raum beschränkt, beeinflusst
sie als Instrument kommunaler Verkehrsentwicklung indirekt damit auch den
öffentlichen Raum.
Vornehmliches Ziel
ist es, das Parken im öffentlichen Straßenraum zu reduzieren bzw. vermeiden,
indem Stellplätze und Fahrradabstellplätze auf den jeweiligen Grundstücken
hergestellt werden,
die den Bedarf selbst auslösen. Dadurch werden der
Verkehrsfluss verbessert sowie Staus und Gefahrenstellen vermieden. Außerdem
wird das städtebauliche Erscheinungsbild deutlich verbessert. Eine
Stellplatzsatzung dient in
erster Linie dazu, dem aktuellen Ist-Zustand des
Stellplatzbedarfes gerecht zu werden. Daher kann diese Satzung
nur flankierend zu Maßnahmen der Mobilitätswende beitragen. Sie kann lediglich
für den beschränkten Einflussbereich (der Herstellung von Stellplätzen und
Fahrradabstellplätzen im privaten Raum bei genehmigungspflichtigen Vorhaben)
zukunftsweisende Impulse setzen. Darüber hinaus werden erstmals
Fahrradabstellplätze verbindlich gefordert und der kommunale Satzungsentwurf
setzt einige Anreize zum Umstieg auf andere Verkehrsträger.
Die
Landesregierung NRW hat am 14.03.2022 die „Verordnung über notwendige
Stellplätze
für Kraftfahrzeuge und Fahrräder (StellplatzVO
NRW)“ erlassen, die am 01.07.2022 in Kraft
getreten ist. Diese Landesverordnung betont den
Vorrang kommunaler Stellplatzsatzungen und
schreibt ausdrücklich nur das unverzichtbare
Minimum an Regelungsinhalten für Stellplätze
und Fahrradabstellplätze fest. Für
darüberhinausgehende Anforderungen stehen den einzelnen Kommunen unverändert
die Instrumente örtlicher Satzungen zur Verfügung.
Wie auch bei
anderen kommunalen Satzungen gilt auch für die Stellplatzsatzung, dass
hinsichtlich ihrer Reglungsinhalte die Wirkungsweise fortlaufend überprüft
werden muss. Bei Bedarf ist die Satzung fortzuschreiben.
2. Regelungsinhalte der Stellplatz- und
Stellplatzgestaltungssatzung für die Stadt Meerbusch
Mit einer
Stellplatzsatzung für das Stadtgebiet der Stadt Meerbusch besteht
die Möglichkeit, auf die örtlichen Gegebenheiten
und Anforderungen angepasste Regelungen zu
erlassen. Der Satzungsentwurf regelt neben der
Anzahl herzustellender Kfz-Stellplätze und Fahr-
radabstellplätze unter anderem deren Beschaffenheit
und Standort sowie Möglichkeiten der
Minderung und Ablöse. Für Letztere wurde die bisher
geltende Ablösesatzung aus dem Jahr
2004 hinsichtlich der Gebietszonierung und der
Ablösebeträge aktualisiert und in die Stell-
platzsatzung integriert. Die Satzung gilt nur bei
Neuerrichtung, wesentlicher Änderung oder
wesentlicher Nutzungsänderung baulicher und
sonstiger Anlagen. In Bebauungsplänen und
sonstigen Satzungen können weiterhin abweichende
Regelungen getroffen werden.
Der vorliegende
Satzungsentwurf orientiert sich grundsätzlich an der neuen Landesverord-
nung sowie dem Leitfaden inkl. Mustersatzung des
„Zukunftsnetzes Mobilität NRW“. Das
Zukunftsnetz hat diesen Leitfaden sowohl in
Workshops mit Akteurinnen und Akteuren ent-
sprechender Fachdisziplinen als auch unter
Beteiligung kommunaler Spitzenverbände (u. a.
dem Städtetag NRW, dem Städte- und Gemeindebund
sowie der Arbeitsgemeinschaft fuß-
gänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden
und Kreise in NRW) erarbeitet. Somit
bietet dieser eine fachlich und rechtlich fundierte
Basis, auf welcher der Meerbuscher Satzungs-
entwurf unter enger Beteiligung der städtischen
Fachbereiche im Detail ausgearbeitet wurde.
Grundsätzlich
wurde den Empfehlungen zu Regeltatbeständen und Rahmenwerten des Leit-
fadens gefolgt. Diese sind im Satzungsentwurf
ersichtlich. Im Folgenden werden daher nur die im Vergleich zu bisher geltenden Regelungen
neuen Regeltatbestände oder wesentlichen Änderungen aufgeführt:
-
Zahl der
notwendigen Stellplätze für Wohngebäude der Gebäudeklasse 1 und 2 (vgl.
Richtzahlentabelle Punkt 1.1):
Hierbei wurde bewusst von der VO der Landesregierung mit zwei anstelle
von einem notwendigen Pkw-Stellplatz abgewichen, da andernfalls eine stark
zunehmende Belastung des öffentlichen Raumes durch verstärkten ruhenden
Verkehr, der durch einen zu niedrigen Stellplatzschlüssel lediglich verschoben
würde, droht. Eine so drastische Reduzierung des aktuell gültigen
Stellplatzschlüssels (2 notw. Stellplätze für die ersten zwei Wohneinheiten)
hin zu einem Stellplatz, wie es die VO vorgibt, kann nur sukzessive und bei
gleichzeitiger Alter-nativenbildung (z.B. in Form von ÖPNV-Verbesserung,
Förderung Radverkehr, Car-Sharing etc.) zu einer tatsächlichen Reduzierung des
MIV und damit des ruhenden Verkehrs führen.
Die Stellplatzsatzung der Stadt Meerbusch sieht generell vor, die
notwendigen Stellplatz-zahlen in einem ersten Schritt nicht zu drastisch zu
senken, sondern bietet ausreichend Spielraum für eine Minderung der notwendigen
Stellplätze durch z.B. besondere Maßnahmen des Mobilitätsmanagements (vgl. § 4
des Satzungstextes).
-
Zahl der
notwendigen Fahrradabstellplätze für alle Nutzungsarten im Satzungsentwurf
festgesetzt:
Die Satzung der Stadt Meerbusch sieht vor, dass anders als in der VO des
Landes vorgesehen, für jegliche Nutzungen neben den notwendigen
Pkw-Stellplätzen, auch notwendige Fahrradabstellplätze festgesetzt sind (vgl.
z.B. Punkt 1.1 in Richtzahlentabelle). Hierdurch soll künftig erreicht werden,
dass das Fahrrad als Fortbewegungsmittel gleichwertig mit dem Pkw gesehen und
bei künftigen Planung besser integriert wird.
-
Anteil von
Lastenrädern / Kinderanhängern bei den Fahrradabstellplätzen:
Unter Punkt 3 („Verkaufsstätten“) sowie Punkt 8.1
(„Kindertageseinrichtungen, Schulen“) sieht die Satzung der Stadt Meerbusch
einen Anteil (10 %) der notwendigen Fahrradabstellplätze explizit für
Lastenräder/ Kinderanhänger vor.
Damit soll erreicht werden, dass bei künftigen Planungen / Projekten
ausreichend Platz für entsprechende (größere) Räder vorgesehen wird.
-
Zusammenfassen von
Nutzung und Überführung in Meerbuscher Gegebenheiten:
Der Satzungsentwurf fasst teilweise Nutzungen, die in der VO separat
aufgeführt sind, zusammen und beschränkt sich damit auf im Stadtgebiet
angesiedelten oder künftig zu erwartenden Nutzungen (beispielsweise unter Punkt
4 „Versammlungsstätten“)
-
Minderung von
notwendigen Stellplätzen durch sehr gute bzw. gute Anbindung an den ÖPNV:
Die VO des Landes setzt zwar fest, dass sich die Anzahl der notwendigen
Stellplätze aufgrund einer Erschließung durch den ÖPNV mindern lässt, definiert
dies aber nicht weiter. Der Entwurf der Stadt Meerbusch sieht daher vor, dies
weiter zu konkretisieren. Unter § 4 Abs. 2 ff. finden sich die entsprechenden
Minderungsbedingungen und daraus resultierenden Reduzierungsmöglichkeiten (in
Prozentangaben). Die Prozentwerte (30 % für eine sehr gute und 15 % für eine
gute Anbindung an den ÖPNV) resultieren aus vergangenen Vorhaben, bei denen
vergleichbare Minderungen bereits gewährt wurden.
Häufig werden als Kriterium für eine Einstufung der ÖPNV-Anbindung
Radien um Bushaltestellen genutzt, um so eine max. Entfernung zum jeweiligen
Vorhaben zu ermitteln.
Der Satzungsentwurf geht hier einen Schritt weiter und definiert
tatsächliche fußläufige Entfernungen von max. 750 m zum nächsten
schienengebundenen Haltepunkt sowie 350 m zur nächsten Bushaltestelle. So kann
vermieden werden, dass z.B. mögliche Barrieren (Hauptverkehrsstraßen,
natürliche Hindernisse etc.), die ein Radius nicht erfassen kann, zu einer
Verzerrung der ÖPNV Anbindung des Vorhabens führen können.
-
Minderung von
notwendigen Stellplätzen durch zusätzliche Fahrradabstellplätze:
Bis zu 10 Prozent der notwendigen Stellplätze, max. jedoch 3
Stellplätze, können durch Schaffung von zusätzlichen Fahrradabstellplätzen
ersetzt werden. Dabei sind für einen Stellplatz vier Fahrradabstellplätze
herzustellen (vgl. Satzungsentwurf § 4 Abs. 1). Durch diese zusätzliche
Möglichkeit der Minderung von notwendigen Stellplätzen setzt die Stadt
Meerbusch einen Anreiz zur Förderung des Radverkehrs. Kürzlich beschlossene
Stellplatzsatzungen (z.B. Stadt Siegen) verfügen über ähnliche Festsetzungen.
-
Minderung von
notwendigen Stellplätzen durch besondere Mobilitätsmaßnahmen:
Minderungsmöglichkeiten
für besondere Mobilitätsmaßnahmen (vgl. § 4 Abs. 3) setzen Anreize für
alternative Fortbewegungsarten. Minderungen in diesem Zusammenhang sind bereits
ab 11 Stellplätzen möglich, erscheinen aber erst für größere Stellplatzbedarfe
tatsächlich lohnenswert. Die Minderungsmöglichkeit von bis zu (weiteren) 30 %
liegen im Ermessen der Kommune und sind auf den Einzelfall bezogen festzulegen.
Die genannten
Minderungstatbestände können miteinander kombiniert und entsprechend
aufsummiert werden. Die maximale Minderung ist jedoch auf insgesamt 40 %
gedeckelt.
- Aussetzung von notwendigen Stellplätzen im zentralen Versorgungsbereich:
Der Satzungsentwurf
sieht vor, dass innerhalb der zentralen Versorgungsbereiche (ZVB) im
Meerbuscher Stadtgebiet (vgl. Einzelhandelskonzept 2021) die Pflicht zur
Herstellung von bis zu drei notwendigen Stellplätzen ausgesetzt werden kann,
sofern der Bedarf durch die in § 4 Abs. 5 genannten Maßnahmen / Nutzungen
ausgelöst wird.
Durch diese Regelung kann gezielt auf Meerbuscher Gegebenheiten Rücksicht genommen werden und die Stadtteilzentren bzw. ZVB werden durch daraus resultierende Aufwertung / Belebung gestärkt.
Neben der internen Beteiligung der betroffenen städtischen Fachbereiche hat zusätzlich eine erste Einschätzung / Prüfung des Satzungsentwurfs durch das Planungsbüro Planersocietät (Dortmund) stattgefunden. Die Planersocietät ist als beauftragtes Fachbüro aktuell ebenfalls zuständig für die Erarbeitung des Mobilitätskonzeptes der Stadt Meerbusch und hat daher tiefgreifende Einblicke in die Fachlichkeit und besitzt vertiefte Kenntnisse zu lokalen Gegebenheiten und Anforderungen an ein zukunftsfähiges Mobilitätskonzept für die Stadt Meerbusch.
Als Anlage und
Bestandteil der Satzung gelten die Richtzahlentabelle, welche die konkrete
Anzahl notwendiger Pkw-Stellplätze sowie notwendiger
Fahrradabstellplätze entsprechend der jeweiligen Nutzung regelt.
3. Weiteres Vorgehen
Nach Beschluss zur weiteren Ausarbeitung des vorliegenden Satzungsentwurfes werden zunächst die sich aus der Sitzung ergebenden Anmerkungen geprüft und in den Entwurf eingearbeitet. Darüber hinaus sind weitere interne Abstimmungen zu (fachspezifischen) Inhalten geplant.
Finanzielle
Auswirkung:
Durch
die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen
auf den Haushalt: keine
Alternativen:
Eine kommunale Stellplatzsatzung soll nicht weiterverfolgt werden. In diesem Falle gilt die Verordnung über notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder (StellplatzVO NRW).