Betreff
Stellplatz- und Stellplatzgestaltungssatzung der Stadt Meerbusch,
hier: 1. Lesung Satzungsentwurf
Vorlage
FB4/1576/2022
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussvorschlag:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, den Entwurf der Stellplatz- und Stellplatzgestaltungssatzung weiter auszuarbeiten und dem Ausschuss für Planung und Liegenschaften, Mobilitätsausschuss sowie Rat zum Beschluss vorzulegen.


Sachverhalt:

 

Kurzzusammenfassung

 

Das derzeit in der Erarbeitung befindliche Mobilitätskonzept der Stadt Meerbusch hat zwischenzeitlich einen Sachstand erreicht, der grundlegende Informationen zur weiteren Bearbeitung der Stellplatzsatzung der Stadt Meerbusch generiert. So konnten die Arbeiten an der Satzung seitens des FB 4 – Stadtplanung wiederaufgenommen werden. Die Inhalte (Satzungstext und Richtzahlentabelle) wurden auf einen aktuellen und dem Mobilitätskonzept entsprechenden Sachstand überführt. Zudem konnte im neuen und angepassten Satzungsentwurf die kürzlich erlassene Verordnung der Landesregierung NRW über die notwendigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder Berücksichtigung finden.

 

Historie zur Vorlage

 

-      Arbeiten an der Stellplatzsatzung seit 2019

-      Zwischenzeitliche Änderung der BauO

-      Beauftragung der Planersocietät zur Erstellung des Mobilitätskonzeptes 2021

-      Pausierung der Arbeiten an der Stellplatzsatzung bis zentrale Inhalte / Ziele des Mobilitätskonzeptes durch den Rat beschlossen sind

-      Wiederaufnahme der Arbeiten an der Stellplatzsatzung im April 2022

 

1.   Ausgangslage

 

Die Wiederaufnahme der Arbeiten an der Stellplatzsatzung der Stadt Meerbusch fußen insbesondere auf den zwischenzeitlich erarbeiten Meilensteinen des Mobilitätskonzeptes. Das Konzept, welches sich aktuell zwar noch in der Bearbeitung befindet, aber bereits grundlegende Informationen (Zielkonzept etc.) für die Stellplatzsatzung und deren Begründung liefert, gilt fortan an zentrale Arbeitsgrundlage für die Erstellung der kommunalen Stellplatzsatzung.

 

Die Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen 2018 (BauO NRW) sieht vor, dass
notwendige Stellplätze und Garagen sowie Fahrradabstellplätze einer baulichen oder sonsti-
gen Anlage, für die ein Zu- und Abgangsverkehr mittels Kraftfahrzeug oder Fahrrad zu erwar-
ten ist, auf dem Baugrundstück oder in zumutbarer Entfernung davon auf einem geeigneten
Grundstück herzustellen sind (§ 48 Absatz 1 Satz 1 BauO NRW). Dessen Benutzung ist für diesen Zweck öffentlich-rechtlich zu sichern.

 

Darauffolgend regelt § 48 Absatz 1 Satz 2 BauO NRW den Vorrang kommunaler Regelungen, da landesweite Regelungen den unterschiedlichen lokalen Bedürfnissen nicht ausreichend Rechnung
tragen können. Kommunale Regelungen können sowohl per Bebauungsplan als auch per
örtlicher Satzung erlassen werden (§ 89 Absatz 1 Nummer 4 BauO NRW). Letztere erleichtert einer
Kommune durch eine umfangreiche Satzungsbefugnis über Umfang und Erfüllungsmodalitäten der Stellplatzpflicht selbst zu entscheiden und damit konkret Einfluss auf die verkehrliche und städtebauliche Entwicklung im Stadtgebiet zu nehmen. Auch wenn sich der direkte Einfluss einer Stellplatzsatzung auf den privaten Raum beschränkt, beeinflusst sie als Instrument kommunaler Verkehrsentwicklung indirekt damit auch den öffentlichen Raum.

 

Vornehmliches Ziel ist es, das Parken im öffentlichen Straßenraum zu reduzieren bzw. vermeiden, indem Stellplätze und Fahrradabstellplätze auf den jeweiligen Grundstücken hergestellt werden,
die den Bedarf selbst auslösen. Dadurch werden der Verkehrsfluss verbessert sowie Staus und Gefahrenstellen vermieden. Außerdem wird das städtebauliche Erscheinungsbild deutlich verbessert. Eine Stellplatzsatzung dient in erster Linie dazu, dem aktuellen Ist-Zustand des Stellplatzbedarfes gerecht zu werden. Daher kann diese Satzung nur flankierend zu Maßnahmen der Mobilitätswende beitragen. Sie kann lediglich für den beschränkten Einflussbereich (der Herstellung von Stellplätzen und Fahrradabstellplätzen im privaten Raum bei genehmigungspflichtigen Vorhaben) zukunftsweisende Impulse setzen. Darüber hinaus werden erstmals Fahrradabstellplätze verbindlich gefordert und der kommunale Satzungsentwurf setzt einige Anreize zum Umstieg auf andere Verkehrsträger.

 

Die Landesregierung NRW hat am 14.03.2022 die „Verordnung über notwendige Stellplätze
für Kraftfahrzeuge und Fahrräder (StellplatzVO NRW)“ erlassen, die am 01.07.2022 in Kraft
getreten ist. Diese Landesverordnung betont den Vorrang kommunaler Stellplatzsatzungen und
schreibt ausdrücklich nur das unverzichtbare Minimum an Regelungsinhalten für Stellplätze
und Fahrradabstellplätze fest. Für darüberhinausgehende Anforderungen stehen den einzelnen Kommunen unverändert die Instrumente örtlicher Satzungen zur Verfügung.

 

Wie auch bei anderen kommunalen Satzungen gilt auch für die Stellplatzsatzung, dass hinsichtlich ihrer Reglungsinhalte die Wirkungsweise fortlaufend überprüft werden muss. Bei Bedarf ist die Satzung fortzuschreiben.

 

 

2.   Regelungsinhalte der Stellplatz- und Stellplatzgestaltungssatzung für die Stadt Meerbusch

 

Mit einer Stellplatzsatzung für das Stadtgebiet der Stadt Meerbusch besteht
die Möglichkeit, auf die örtlichen Gegebenheiten und Anforderungen angepasste Regelungen zu
erlassen. Der Satzungsentwurf regelt neben der Anzahl herzustellender Kfz-Stellplätze und Fahr-
radabstellplätze unter anderem deren Beschaffenheit und Standort sowie Möglichkeiten der
Minderung und Ablöse. Für Letztere wurde die bisher geltende Ablösesatzung aus dem Jahr
2004 hinsichtlich der Gebietszonierung und der Ablösebeträge aktualisiert und in die Stell-
platzsatzung integriert. Die Satzung gilt nur bei Neuerrichtung, wesentlicher Änderung oder
wesentlicher Nutzungsänderung baulicher und sonstiger Anlagen. In Bebauungsplänen und
sonstigen Satzungen können weiterhin abweichende Regelungen getroffen werden.

Der vorliegende Satzungsentwurf orientiert sich grundsätzlich an der neuen Landesverord-
nung sowie dem Leitfaden inkl. Mustersatzung des „Zukunftsnetzes Mobilität NRW“. Das
Zukunftsnetz hat diesen Leitfaden sowohl in Workshops mit Akteurinnen und Akteuren ent-
sprechender Fachdisziplinen als auch unter Beteiligung kommunaler Spitzenverbände (u. a.
dem Städtetag NRW, dem Städte- und Gemeindebund sowie der Arbeitsgemeinschaft fuß-
gänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW) erarbeitet. Somit
bietet dieser eine fachlich und rechtlich fundierte Basis, auf welcher der Meerbuscher Satzungs-
entwurf unter enger Beteiligung der städtischen Fachbereiche im Detail ausgearbeitet wurde.

 

Grundsätzlich wurde den Empfehlungen zu Regeltatbeständen und Rahmenwerten des Leit-
fadens gefolgt. Diese sind im Satzungsentwurf ersichtlich. Im Folgenden werden daher nur die im Vergleich zu bisher geltenden Regelungen neuen Regeltatbestände oder wesentlichen Änderungen aufgeführt:

 

-      Zahl der notwendigen Stellplätze für Wohngebäude der Gebäudeklasse 1 und 2 (vgl. Richtzahlentabelle Punkt 1.1):

Hierbei wurde bewusst von der VO der Landesregierung mit zwei anstelle von einem notwendigen Pkw-Stellplatz abgewichen, da andernfalls eine stark zunehmende Belastung des öffentlichen Raumes durch verstärkten ruhenden Verkehr, der durch einen zu niedrigen Stellplatzschlüssel lediglich verschoben würde, droht. Eine so drastische Reduzierung des aktuell gültigen Stellplatzschlüssels (2 notw. Stellplätze für die ersten zwei Wohneinheiten) hin zu einem Stellplatz, wie es die VO vorgibt, kann nur sukzessive und bei gleichzeitiger Alter-nativenbildung (z.B. in Form von ÖPNV-Verbesserung, Förderung Radverkehr, Car-Sharing etc.) zu einer tatsächlichen Reduzierung des MIV und damit des ruhenden Verkehrs führen.

Die Stellplatzsatzung der Stadt Meerbusch sieht generell vor, die notwendigen Stellplatz-zahlen in einem ersten Schritt nicht zu drastisch zu senken, sondern bietet ausreichend Spielraum für eine Minderung der notwendigen Stellplätze durch z.B. besondere Maßnahmen des Mobilitätsmanagements (vgl. § 4 des Satzungstextes).

 

-      Zahl der notwendigen Fahrradabstellplätze für alle Nutzungsarten im Satzungsentwurf festgesetzt:

Die Satzung der Stadt Meerbusch sieht vor, dass anders als in der VO des Landes vorgesehen, für jegliche Nutzungen neben den notwendigen Pkw-Stellplätzen, auch notwendige Fahrradabstellplätze festgesetzt sind (vgl. z.B. Punkt 1.1 in Richtzahlentabelle). Hierdurch soll künftig erreicht werden, dass das Fahrrad als Fortbewegungsmittel gleichwertig mit dem Pkw gesehen und bei künftigen Planung besser integriert wird.

 

-      Anteil von Lastenrädern / Kinderanhängern bei den Fahrradabstellplätzen:

Unter Punkt 3 („Verkaufsstätten“) sowie Punkt 8.1 („Kindertageseinrichtungen, Schulen“) sieht die Satzung der Stadt Meerbusch einen Anteil (10 %) der notwendigen Fahrradabstellplätze explizit für Lastenräder/ Kinderanhänger vor.

Damit soll erreicht werden, dass bei künftigen Planungen / Projekten ausreichend Platz für entsprechende (größere) Räder vorgesehen wird.

 

-      Zusammenfassen von Nutzung und Überführung in Meerbuscher Gegebenheiten:

Der Satzungsentwurf fasst teilweise Nutzungen, die in der VO separat aufgeführt sind, zusammen und beschränkt sich damit auf im Stadtgebiet angesiedelten oder künftig zu erwartenden Nutzungen (beispielsweise unter Punkt 4 „Versammlungsstätten“)

 

-      Minderung von notwendigen Stellplätzen durch sehr gute bzw. gute Anbindung an den ÖPNV:

Die VO des Landes setzt zwar fest, dass sich die Anzahl der notwendigen Stellplätze aufgrund einer Erschließung durch den ÖPNV mindern lässt, definiert dies aber nicht weiter. Der Entwurf der Stadt Meerbusch sieht daher vor, dies weiter zu konkretisieren. Unter § 4 Abs. 2 ff. finden sich die entsprechenden Minderungsbedingungen und daraus resultierenden Reduzierungsmöglichkeiten (in Prozentangaben). Die Prozentwerte (30 % für eine sehr gute und 15 % für eine gute Anbindung an den ÖPNV) resultieren aus vergangenen Vorhaben, bei denen vergleichbare Minderungen bereits gewährt wurden.

Häufig werden als Kriterium für eine Einstufung der ÖPNV-Anbindung Radien um Bushaltestellen genutzt, um so eine max. Entfernung zum jeweiligen Vorhaben zu ermitteln.

Der Satzungsentwurf geht hier einen Schritt weiter und definiert tatsächliche fußläufige Entfernungen von max. 750 m zum nächsten schienengebundenen Haltepunkt sowie 350 m zur nächsten Bushaltestelle. So kann vermieden werden, dass z.B. mögliche Barrieren (Hauptverkehrsstraßen, natürliche Hindernisse etc.), die ein Radius nicht erfassen kann, zu einer Verzerrung der ÖPNV Anbindung des Vorhabens führen können.

 

-      Minderung von notwendigen Stellplätzen durch zusätzliche Fahrradabstellplätze:

Bis zu 10 Prozent der notwendigen Stellplätze, max. jedoch 3 Stellplätze, können durch Schaffung von zusätzlichen Fahrradabstellplätzen ersetzt werden. Dabei sind für einen Stellplatz vier Fahrradabstellplätze herzustellen (vgl. Satzungsentwurf § 4 Abs. 1). Durch diese zusätzliche Möglichkeit der Minderung von notwendigen Stellplätzen setzt die Stadt Meerbusch einen Anreiz zur Förderung des Radverkehrs. Kürzlich beschlossene Stellplatzsatzungen (z.B. Stadt Siegen) verfügen über ähnliche Festsetzungen.

 

-      Minderung von notwendigen Stellplätzen durch besondere Mobilitätsmaßnahmen:

Minderungsmöglichkeiten für besondere Mobilitätsmaßnahmen (vgl. § 4 Abs. 3) setzen Anreize für alternative Fortbewegungsarten. Minderungen in diesem Zusammenhang sind bereits ab 11 Stellplätzen möglich, erscheinen aber erst für größere Stellplatzbedarfe tatsächlich lohnenswert. Die Minderungsmöglichkeit von bis zu (weiteren) 30 % liegen im Ermessen der Kommune und sind auf den Einzelfall bezogen festzulegen.

Die genannten Minderungstatbestände können miteinander kombiniert und entsprechend aufsummiert werden. Die maximale Minderung ist jedoch auf insgesamt 40 % gedeckelt.

 

-      Aussetzung von notwendigen Stellplätzen im zentralen Versorgungsbereich:

Der Satzungsentwurf sieht vor, dass innerhalb der zentralen Versorgungsbereiche (ZVB) im Meerbuscher Stadtgebiet (vgl. Einzelhandelskonzept 2021) die Pflicht zur Herstellung von bis zu drei notwendigen Stellplätzen ausgesetzt werden kann, sofern der Bedarf durch die in § 4 Abs. 5 genannten Maßnahmen / Nutzungen ausgelöst wird.

Durch diese Regelung kann gezielt auf Meerbuscher Gegebenheiten Rücksicht genommen werden und die Stadtteilzentren bzw. ZVB werden durch daraus resultierende Aufwertung / Belebung gestärkt.

 

Neben der internen Beteiligung der betroffenen städtischen Fachbereiche hat zusätzlich eine erste Einschätzung / Prüfung des Satzungsentwurfs durch das Planungsbüro Planersocietät (Dortmund) stattgefunden. Die Planersocietät ist als beauftragtes Fachbüro aktuell ebenfalls zuständig für die Erarbeitung des Mobilitätskonzeptes der Stadt Meerbusch und hat daher tiefgreifende Einblicke in die Fachlichkeit und besitzt vertiefte Kenntnisse zu lokalen Gegebenheiten und Anforderungen an ein zukunftsfähiges Mobilitätskonzept für die Stadt Meerbusch.

 

Als Anlage und Bestandteil der Satzung gelten die Richtzahlentabelle, welche die konkrete Anzahl notwendiger Pkw-Stellplätze sowie notwendiger Fahrradabstellplätze entsprechend der jeweiligen Nutzung regelt.

 

3.   Weiteres Vorgehen

 

Nach Beschluss zur weiteren Ausarbeitung des vorliegenden Satzungsentwurfes werden zunächst die sich aus der Sitzung ergebenden Anmerkungen geprüft und in den Entwurf eingearbeitet. Darüber hinaus sind weitere interne Abstimmungen zu (fachspezifischen) Inhalten geplant.

 

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt: keine

 


Alternativen:

 

Eine kommunale Stellplatzsatzung soll nicht weiterverfolgt werden. In diesem Falle gilt die Verordnung über notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder (StellplatzVO NRW).