Betreff
Zuständigkeiten in denkmalschutzrechtlichen Fragen
Vorlage
BJ/0589/2022
Art
Informationsvorlage

 

In der Sitzung des Kulturausschusses am 10.08.2022 stellte Ratsherr Wartchow den Antrag, eine rechtliche Bewertung der Zuständigkeiten in denkmalschutzrechtlichen Fragen durch das Justiziariat zu erhalten. Aus seiner Sicht gebe es zu viele unterschiedliche Meinungen darüber, ob der Kulturausschuss oder die Untere Denkmalbehörde über die Unterschutzstellung von Denkmälern entscheiden dürfe. Der Ausschuss stimmte diesem Antrag einstimmig zu, so dass die Verwaltung eine entsprechende Bewertung zugesagt hat. Diese wird mit dieser Vorlage wie folgt abgegeben:

 

 

I.

 

Die Beantwortung der Frage nach Zuständigkeiten in denkmalschutzrechtlichen Belangen richtet sich nach dem Denkmalschutzgesetz (DSchG) NRW, der Gemeindeordnung (GO) NRW, der Hauptsatzung der Stadt Meerbusch und der Zuständigkeitsordnung des Rates und seiner Ausschüsse. Im Einzelnen:

 

  • Nach § 30 Abs. 2 des am 01.06.2022 neu in Kraft getretenen Denkmalschutzgesetzes NRW hat der Rat einen Denkmalausschuss zu bilden oder zu beschließen, dass die Aufgaben des Denkmalausschusses von einem anderen Ausschuss wahrgenommen werden. Diese Vorschrift entspricht sinngemäß dem bisherigen § 23 Abs. 2 des bis zum 31.05.2022 geltenden Denkmalschutzgesetzes.

 

  • Die Stadt Meerbusch hat von der zweiten Möglichkeit Gebrauch gemacht und in § 13 ihrer Hauptsatzung bestimmt, dass für die Beratung und Beschlussfassung über Aufgaben nach dem Denkmalschutzgesetz mit Ausnahme der Entscheidung über denkmalrechtliche Erlaubnisse in Zusammenhang mit baurechtlichen Entscheidungen der Kulturausschuss zuständig ist, soweit es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt.

 

  • Die Zuständigkeitsordnung konkretisiert diese Festlegung, indem sie in § 9 Abs. 2 bestimmt, dass der Kulturausschuss u.a. über die Eintragung von Denkmälern in die Denkmalliste und deren Löschung entscheidet. Über denkmalrechtliche Erlaubnisse in Zusammenhang mit baurechtlichen Entscheidungen entscheidet gemäß § 5 Abs. 2 e) der Zuständigkeitsordnung der Ausschuss für Planung und Liegenschaften, ebenfalls soweit es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt.

 

Mit dem jeweils einschränkenden Passus „soweit es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt“ greift die Zuständigkeitsordnung allgemein die entsprechende Formulierung aus § 41 Abs. 3 GO NRW auf. Danach gelten Geschäfte der laufenden Verwaltung im Namen des Rates als auf den Bürgermeister übertragen, soweit nicht der Rat sich oder einem Ausschuss für einen bestimmten Kreis von Geschäften oder für einen Einzelfall die Entscheidung vorbehält. Der zitierte Absatz ist in Zusammenhang mit § 41 Abs. 1 GO NRW zu lesen, wonach der Rat für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig ist, soweit dieses Gesetz (also die Gemeindeordnung) nichts anderes bestimmt. Etwas „anderes“ in diesem Sinne bestimmt die Gemeindeordnung in den §§ 62 ff GO NRW, wonach der Bürgermeister – und nicht der Rat – originär für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsganges der gesamten Verwaltung verantwortlich ist und die Geschäfte leitet und verteilt.  Zudem ist der Bürgermeister „unbeschadet der dem Rat und seinen Ausschüssen zustehenden Entscheidungsbefugnissen“ der gesetzliche Vertreter der Gemeinde in Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten.

 

Um nun die Entscheidungsbefugnisse der beiden genannten kommunalen Organe – also Rat und Ausschüsse einerseits sowie Bürgermeister und Verwaltung andererseits – speziell in denkmalrechtlichen Fragen – konkret zuordnen zu können, ist noch einmal auf das hier einschlägige Fachrecht, also das Denkmalschutzgesetz NRW, einzugehen, da es in der Ausgangsfrage von Ratsherr Wartchow um die Zuständigkeit für die Unterschutzstellung von Denkmälern geht:

 

Dazu bestimmt § 23 Abs. 4 DSchG NRW n.F. (ähnlich § 3 Abs. 2 bis 5 DSchG NRW a.F.), dass die Eintragung oder die Löschung von Denkmälern in die Denkmalliste von Amts wegen erfolgt, auf Anregung des/der Eigenütmer/in des Denkmals oder auf Antrag des zuständigen Denkmalfachamtes, sofern die Voraussetzungen der Eintragung erfüllt oder die Eintragungsvoraussetzungen entfallen sind. Zuständig für die Führung der Denkmalliste ist gemäß § 23 Abs. 7 DSchG NRW die Untere Denkmalbehörde, die gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 3 DSchG NRW als Ordnungsbehörde bei den Gemeinden angesiedelt ist.

 

 

II.

 

Da auch dies noch keine endgültige Auskunft darüber gibt, wer innerhalb der Gemeinde nun die Entscheidung über die Unterschutzstellung von Denkmälern und damit die Eintragung in die Denkmalliste trifft (Rat / Ausschuss oder Bürgermeister / Verwaltung), hat das Justiziariat schon vor einigen Monaten in Zusammenhang mit den denkmalschutzrechtlichen Fragestellungen zum Lindenhof eine Anfrage an den zuständigen Bereich beim Städte- und Gemeindebund (StGB) NRW gestellt.

 

Dieser hat mit Mail vom 15.03.2022 – wiederum unter Rückgriff auf die allgemeinen Zuständigkeitsregelungen in der Gemeindeordnung NRW (siehe oben) – geantwortet, dass denkmalschutzrechtliche Entscheidungen wie die Eintragung von Denkmälern in die Denkmalliste (oder auch die Erteilung von denkmalrechtlichen Erlaubnissen bei baurechtlichen Entscheidungen) „in den allermeisten Fällen als Geschäfte der laufenden Verwaltung im Sinne des § 41 Abs. 3 GO zu qualifizieren“ seien. „Zuständig ist somit grundsätzlich der Bürgermeister, sprich die Verwaltung. Nur bei Denkmälern von besonderer Bedeutung für die Stadt wird man ein Geschäft der laufenden Verwaltung verneinen müssen“. Weiter heißt es dann, dass der Rat aufgrund seiner Allzuständigkeit nach § 41 Abs. 1 GO befugt ist, die Zuständigkeit auch in denkmalrechtlichen Entscheidungen zu regeln, d.h. im Einzelfall an sich zu ziehen oder auf einen Ausschuss zu übertragen.

 

Letzteres hat der Rat der Stadt Meerbusch mit den oben zitierten Regelungen in der Hauptsatzung und der Zuständigkeitsordnung getan und dem Kulturausschuss sowie dem Ausschuss für Planung und Liegenschaften in denkmalrechtlichen Fragen entsprechende Befugnisse eingeschränkt übertragen, soweit es sich eben nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt.

 

Dies bedeutet nach den weiteren Ausführungen des Städte- und Gemeindebundes NRW jedoch nicht, dass der Rat bzw. die Ausschüsse frei entscheiden könnten, ob eine Denkmaleigenschaft vorliegt oder eine Erlaubnis erteilt wird: „Denkmalrechtliche Entscheidungen sind allein denkmalfachlich zu treffen und stellen in aller Regel gebundene Entscheidungen dar“ (vgl. auch den Wortlaut der einschlägigen Vorschriften der §§ 9, 13, 15, 20 des Denkmalschutzgesetzes NRW: „Die Erlaubnis … ist zu erteilen, wenn Belange des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt“).

 

Insbesondere ein Abweichen von Gutachten des Denkmalfachamtes (gemäß § 22 DSchG NRW ist das das LVR-Amt für Bau- bzw. Bodendenkmalpflege im Rheinland) ist laut Städte- und Gemeindebund NRW „nur aus sachlichen Gründen zulässig, eine Entscheidung aus sachfremden Gründen führt zur Aufhebung von Entscheidungen und zu Amtshaftungsansprüchen“.

 

Abschließend spricht der Städte- und Gemeindebund NRW folgende Empfehlung aus: „Daher erscheint es empfehlenswert, die Zuständigkeit des Rates bzw. eines Ausschusses lediglich auf für die Stadt besonders wichtige Fälle zu beschränken. Und auch hier ist der Rat bzw. der Ausschuss … nicht frei in seiner Entscheidung, sondern muss eine denkmalfachlich begründete Entscheidung treffen“ (das E-Mail-Schreiben ist der Vorlage als Anlage beigefügt).

 

Dieser Empfehlung schließt sich das Justiziariat an; sie wird insoweit ohnehin schon umgesetzt, als dass die städtische Zuständigkeitsordnung die entsprechenden denkmalrechtlichen Entscheidungen den beiden genannten Ausschüssen nur eingeschränkt übertragen hat, „soweit es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt“. Dies ist in Anlehnung an die Empfehlung des Städte- und Gemeindebundes NRW so zu interpretieren, dass der Kulturausschuss (und folglich auch der Ausschuss für Planung und Liegenschaften) nur über besonders wichtige und für die Stadt bedeutsame Bauwerke bzw. Denkmäler und deren Eintragung in die Denkmalliste (und die Erteilung entsprechender Erlaubnisse in baurechtlichen Fällen) zu entscheiden hat.

 

 


In Vertretung

 

gez.

 

Frank Maatz

Erster Beigeordneter

 

 

Anlage:

 

E-Mail-Schreiben des Städte- und Gemeindebundes vom 15.03.2022