Betreff
Ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus besonderem Anlass
Vorlage
FB1/1499/2022
Aktenzeichen
32.51-0001/0028
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Meerbusch, den Erlass der beigefügten Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Offenhalten von Verkaufs-stellen aus besonderem Anlass (Anlage 1) zu beschließen.

 


Sachverhalt:

Anlässlich von in diesem Jahr wieder stattfindenden Veranstaltungen wurde von den örtlichen Werbegemeinschaften die Freigabe der folgenden verkaufsoffenen Sonntage angeregt:

 

Datum                  Veranstaltung                  Ortsteil

22.05.2022          Ökomarkt                           Meerbusch-Lank

12.06.2022          Maimarkt                           Meerbusch-Osterath

 

Nach § 4 des Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz – LÖG NRW) vom 16.11.2006 (GV. NRW. 2006 S. 516 / SGV. NRW. 7113), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.03.2018 (GV. NRW. S. 172) dürfen Verkaufsstellen an Werktagen ohne zeitliche Begrenzung geöffnet sein (allgemeine Ladenöffnungszeit). Abweichend hiervon dürfen nach § 6 Abs. 1 des v.g. Gesetzes an jährlich höchstens acht, nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen Verkaufsstellen im öffentlichen Interesse ab 13 Uhr bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein.

 

Ein öffentliches Interesse liegt nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 v.g. Gesetzes insbesondere vor, wenn die Öffnung im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt.

 

 

 

 

Darüber hinaus muss zwischen der Veranstaltung und der Ladenöffnung ein angemessenes Verhältnis bestehen. D.h., dass die öffentliche Wirkung der Veranstaltung gegenüber der typischen werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss. Die Ladenöffnung darf nur bloßer Annex zur Veranstaltung sein (OVG Münster, Beschluss vom 02.11.2018).

 

Nach § 6 Abs. 4 des v.g. Gesetzes wird die zuständige Ordnungsbehörde ermächtigt, die Tage nach Abs. 1 durch Verordnung freizugeben. Die Freigabe kann sich auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige beschränken.

 

Die Gemeinden haben danach das Vorliegen eines hinreichenden öffentlichen Interesses zu prüfen und anhand konkreter Umstände insbesondere darzulegen und zu begründen, warum im Einzelfall ein hinreichendes öffentliches Interesse aufgrund der in § 6 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1 bis 5 LÖG NRW benannten Sachgründe oder eines anderen Sachgrundes vorliegt.

 

Ein öffentliches Interesse ist, wie zuvor dargelegt, aus vielerlei Sachgründen gegeben, so dass aus Sicht der Verwaltung die Voraussetzungen für die Freigabe der verkaufsoffenen Sonntage vorliegen.

 

Vor Erlass der Rechtsverordnung zur Freigabe der Tage nach Abs. 1 sind die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und Kirchen, die jeweilige Industrie- und Handels-kammer und die Handwerkskammer anzuhören. Dies ist mit Email vom 14.03.2022 erfolgt.

 

Im Rahmen dieser Anhörung wurden folgende Bedenken vorgetragen:

 

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di lehnt verkaufsoffene Sonntage aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Sie beruft sich dabei auf Entscheidungen sowohl des Bundesverfassungsgerichtes (Urteil vom 01.12.2009) wie auch des Bundesverwaltungsgerichtes (Urteile vom 11.11.2015 und 17.05.2017).

 

Mit Urteil vom 01.12.2009 hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass die Sonn- und Feiertagsgarantie nicht nur die Ausübung der Religionsfreiheit schützt und fördert. Die Arbeitsruhe dient darüber hinaus der physischen und psychischen Regeneration und damit der körperlichen Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz. Die Statuierung gemeinsamer Ruhetage dient dem Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG). Auch die Vereinigungsfreiheit lässt sich so effektiver wahrnehmen (Art. 9 Abs. 1 GG). Der Sonn- und Feiertagsgarantie kann schließlich ein besonderer Bezug zur Menschenwürde beigemessen werden, weil sie dem ökonomischen Nutzendenken eine Grenze zieht und dem Menschen um seiner selbst willen dient.

 

Mit Urteil vom 17.05.2017 hat das Bundesverwaltungsgericht die Unwirksamkeit einer Rechtsverordnung zur Freigabe der Ladenöffnung an einem Sonntag festgestellt. Im zu entscheidenden Fall war ein hinreichend gewichtiges öffentliches Interesse an der Freigabe der Ladenöffnung an einem Sonntag im zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Umfang nicht gegeben. Das alleinige Umsatz- und Erwerbsinteresse der Handelsbetriebe und Shoppinginteresse der Kundschaft reichte nicht aus.

 

Zudem weist ver.di auf die vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 22.06.2022 präzisierten Anforderungen an die räumliche Ausdehnung einer Ladenöffnung hin. Die Ladenöffnung darf sich danach nicht auf Gebiete erstrecken, in denen der Bezug zum Veranstaltungsgeschehen für die Öffentlichkeit nicht mehr zu erkennen ist.

 

Die Stellungnahme der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ist der Vorlage als Anlage 2 beigefügt.

 


 

Die evangelische Kirchengemeinde Osterath bittet, den verkaufsoffenen Sonntag und dafür Anlass gebende Veranstaltung vom 12.06.2022 auf den 19.06.2022 zu verschieben, da am 12.06.2022 in der evangelischen Kirche die Konfirmation stattfindet und befürchtet wird, dass die Veranstaltung wie auch der verkaufsoffene Sonntag die Familienfeste negativ beeinflussen könnte. Die Stellungnahme ist der Vorlage als Anlage 3 beigefügt.

 

Seitens des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen und der IHK wurden keine Bedenken erhoben. Seitens der katholischen Kirche Meerbusch wurde bislang keine Stellungnahme abgegeben.

 

Aus Sicht der Verwaltung sind die Voraussetzungen für die Freigabe verkaufsoffener Sonntage hier für beide genannten Sonntage erfüllt. Die Freigabe der verkaufsoffenen Sonntage erfolgt aus Anlass von in den jeweiligen Stadtteilen stattfindenden und nach § 69 Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.02.1999 (BGBl. I S. 202), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 17.10.2017 (BGBl. S. 3562) als Jahrmarkt festgesetzte Straßenfeste. Die Veranstaltungen zeichnen sich durch eine große Beliebtheit in der Bevölkerung aus. In Anbetracht der großen Besucherzahlen kann auch davon ausgegangen werden, dass diese Veranstaltungen von vielen Besuchern aus den umliegenden Stadtteilen und Gemeinden besucht werden. Nach den Erfahrungen in den vergangenen Jahren wie auch den Einschätzungen der jeweiligen Veranstalter kann anlässlich des Ökomarktes in Lank mit bis zu 3.000 Besuchern, anlässlich des Maimarktes in Osterath mit bis zu 5.000 Besuchern gerechnet werden. Insoweit ist auch davon auszugehen, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der ursächlichen Veranstaltung und der beabsichtigten Ladenöffnung besteht. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass nur ein geringer Anteil der Besucher der jeweiligen Veranstaltung auch die Ladenöffnung nutzt und zu Kunden des örtlichen Einzelhandels wird. Nach den in Vorjahren von den Veranstaltern durchführten Erhebungen sind nur 800 bis 1.000 Besucher des Ökomarktes auch zu Kunden des geöffneten Einzelhandels geworden. Für den Maimarkt in Meerbusch-Osterath lag die Zahl bei ca. 650 Besuchern.

 

Aufgrund des § 6 Abs. 1 LÖG NRW muss jedoch die Ladenöffnung räumlich beschränkt werden. Die Bereiche, für die der verkaufsoffene Sonntag gelten soll, ergeben sich im Detail aus den dem Entwurf der Ordnungsbehördlichen Verordnung beigefügten Karten und umfassen folgende Straßenteile:

 

In Lank anlässlich des Ökomarktes am 22.05.2022:

 

Hauptstraße, ab Höhe Haus-Nr. 13 bis Höhe Haus-Nr. 83

Gonellastraße, ab Höhe Haus-Nr. 1 bis Höhe Haus-Nr. 15

 

 

In Osterath anlässlich des Maimarktes am 12.06.2022:

 

Meerbuscher Straße, ab Höhe Haus-Nr. 59 bis Höhe Haus-Nr. 1

Willicher Straße, Haus-Nr. 2 bis Höhe Haus-Nr. 8

Kaarster Straße, Höhe Haus-Nr. 2 bis Höhe Haus-Nr. 14

Hochstraße, ab Höhe Haus-Nr. 15 bis Höhe Haus-Nr. 29

Bommershöfer Weg Höhe Haus-Nr. 1 bis Höhe Haus-Nr. 7

Kirchplatz, Höhe Haus-Nr. 1 bis Höhe Haus-Nr. 7

 

 

In Anbetracht der Ausstrahlungswirkung der v.g. Veranstaltungen erscheint es auch als angemessen, auf eine weitergehende räumliche Beschränkung der Freigabe als verkaufsoffener Sonntag zu verzichten. Die für eine Ladenöffnung in Frage kommenden Ladenlokale liegen in räumlicher Nähe zur ursächlichen Veranstaltung oder zumindest an den Zugangswegen, die von den Besuchern der Veranstaltung genutzt werden.

 

Somit ist das erforderliche öffentliche Interesse an der Freigabe der verkaufsoffenen Sonntage gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW gegeben.

 

Eine Verschiebung des Maimarktes in Osterath entsprechend der Einwendung der evangelischen Kirchengemeinde ist nach Auskunft des Veranstalters aufgrund bereits eingegangener vertraglichen Vereinbarungen nicht möglich. Aus Sicht der Verwaltung ist zudem anzumerken, dass sich aus den verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen keine Verpflichtung ergibt, bei der Planung örtlicher Feste und Märkte die Veranstaltungstermine mit den Kirchengemeinden abzustimmen. Nach § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage vom 23.04.1989 (GV. NW. 1989 S, 222 / SGV. NW 113) in der z.Zt. geltenden Fassung dürfen Märkte, soweit sie an Sonn- und Feiertagen zugelassen sind, lediglich erst nach der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes beginnen. Als Hauptzeit des Gottesdienstes gilt die Zeit von 6 bis 11 Uhr. Dieser Anforderung wird im vorliegenden Fall Genüge getan.

 

Nur hinsichtlich der Freigabe verkaufsoffener Sonntage ist eine vorherige Anhörung auch der Kirchen vorgeschrieben. Hier äußert sich die evangelische Kirchengemeinde lediglich hinsichtlich des konkreten Termins, nicht jedoch gegen die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntages schlechthin. Wie bereits dargestellt, darf der verkaufsoffene Sonntag nur ein Anhängsel zur eigentlichen Veranstaltung sein. Da aus Sicht der Verwaltung der Anteil an Besuchern, der an diesem Tag ausschließlich wegen der Ladenöffnung den Ortsteil Osterath besucht, zahlenmäßig eher geringfügig sein dürfte, erscheint es als angemessen, den verkaufsoffenen Sonntag trotz der Einwendung der evangelischen Kirchengemeinde durchzuführen.


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

 

keine

 


Alternativen:

Der Erlass der beigefügten Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Offenhalten von Verkaufs-stellen aus besonderem Anlass (Anlage 1) wird abgelehnt.