Betreff
Beschwerdestatistik und regulative Möglichkeiten für E-Scooter in Meerbusch
Vorlage
DezIII/0497/2021
Art
Informationsvorlage

In der letzten Sitzung des Ausschusses für Mobilität am 09.06.2021 wurde die Verwaltung gebeten die rechtlichen Möglichkeiten der Kommune regulativ in den Betrieb der E-Scooter einzugreifen, darzustellen und über die Beschwerdestatistik des Anbieters zu berichten.

 

Rechtliche Regulierungsmöglichkeiten

In Deutschland sind bestimmte kleine Elektrofahrzeuge seit Inkrafttreten der eKFV am 15. Juni 2019 im öffentlichen Straßenverkehr zugelassen. Seitdem werden stationslose E-Tretroller von Sharing-Anbietern in verschiedenen Städten zum Verleih angeboten. Die Regulierung der Anbieter obliegt den einzelnen Städten.

Im Hinblick auf die Regulierungsoptionen stellt sich zunächst die grundlegende Frage, ob das Bereitstellen der E-Tretroller unter die Sondernutzung oder unter den Gemeingebrauch öffentlicher Flächen fällt.

Infolge der rechtlichen Unsicherheiten haben sich die meisten Städte dazu entschlossen, unter dem Vorbehalt einer Regelung durch „Sondernutzung“, zunächst „freiwillige Vereinbarungen“ mit den Anbietern über die Nutzung des öffentlichen Raums zu treffen. Diese enthält verschiedene Regelungen, durch die insbesondere die Verkehrssicherheit und ein geordnetes Stadtbild aber auch ein positives öffentliches Ansehen des Anbieters gewährleistet werden sollen.

 

Freiwillige Vereinbarung

Ein Qualitäts-Agreement oder eine Selbstverpflichtungserklärung ist kein rechtsverbindliches Dokument, sondern ein gemeinsames Vision Statement der Unterzeichner. Es skizziert Bereiche, in denen eine Zusammenarbeit zwischen einer Kommune und einem Anbieter erforderlich ist. Auch in Meerbusch ist eine solche Vereinbarung mit dem Anbieter der E-Scooter getroffen worden (Anlage 1). Darin sind folgenden Aspekte geregelt:

 

  1. Ausbringung und Nutzung des Leihangebots im Straßenraum,
  2. Standards für Umverteilung und Wartung,
  3. Regeln für die gemeinsame Nutzung von Daten,
  4. Beschwerdemanagement und Kommunikation.

 

Die Anzahl der Fahrzeuge pro Anbieter ist bilateral abgestimmt worden. In der Selbstverpflichtungserklärung wird sie bislang nicht aufgeführt, soll künftig aber in die Vereinbarung integriert werden. Auch die Parkverbotszonen für den Betrieb der E-Tretroller wurden im direkten Austausch zwischen Anbieter und Stadtverwaltung definiert und bei eingehenden Beschwerden im Rahmen der Testphase ergänzt. Temporäre Verbotszonen, z.B. während Veranstaltungen, können kurzfristig übernommen werden. Der Kontakt zu dem Anbieter ist im Allgemeinen als gut und zielführend zu bewerten.

 

Sondernutzungserlaubnis

Eine zweite Möglichkeit, E-Scooter-Verleihsysteme im öffentlichen Raum zu steuern, stellt die Sondernutzungsgenehmigung dar. Der Hauptvorteil der Sondernutzungserlaubnis besteht darin, dass ein rechtlicher Rahmen geschaffen wird und Sondernutzungsgebühren entnommen werden.

 Inhaltlich ähneln sich die beiden Instrumente stark.

Die Sondernutzung macht keine besonderen Auflagen, die über die freiwillige Selbstverpflichtung hinausgehen. Beide regeln den notwendigen Zustand der E-Scooter, die permanente Erreichbarkeit über bestimmte Kommunikationskanäle, einen geregelten Datenaustausch und Fristen für gegebenenfalls notwendige Umverteilungen im Stadtgebiet. Abgesehen davon, dass im Falle der Sondernutzung die Vorgaben für die jeweilige Stadt modifiziert und konkretisiert werden.

Dies liegt auch an den limitierten Möglichkeiten zu Auflagen, die in Sondernutzungen festgeschrieben werden können. Anders als bei Ausschreibungen in anderen Städten innerhalb der Europäischen Union kann u.a. die Anzahl der Anbieter nicht beschränkt werden. Auch qualitative Merkmale lassen sich nur bedingt aufnehmen.

 

Bisher gibt es allerdings nur drei Großstädte, die Sondernutzungsgenehmigungen für E-Scooter ausstellen – Bremen, Düsseldorf und Leipzig.

 

Beispiel Düsseldorf

 

Nach der Testphase im Rahmen von Selbstverpflichtungsvereinbarungen hat sich Stadt Düsseldorf dazu entschieden, ab Januar 2020 die Nutzung des öffentlichen Verkehrsraums über die Sondernutzungserlaubnis zu regeln (Anlage 2). Dazu wurde eine Neufassung der Sondernutzungssatzung von der Stadt erarbeitet. Durch den Status der Sondernutzung sollen zum einen die Angebote im Sinne einer multimodalen und stadtverträglichen Nutzung geordnet, und zum anderen der Verwaltung ein Instrument an die Hand gegeben werden, mit dem im Bedarfsfall schneller und gezielter eingeschritten werden kann. Außerdem werden von der Stadt Düsseldorf Verwaltungs- und Sondernutzungsgebühren erhoben. (Düsseldorf erhofft sich, dass durch die Erhebung der Gebühr die Anzahl der E-Scooter dem tatsächlichen Bedarf der Nutzer angepasst wird). Die Gebühr für Sharing-Fahrzeuge liegt pro Jahr bei derzeit 20€ pro E-Tretroller und bei 5€ pro Fahrrad.

 

Aktuell gibt es in Düsseldorf drei Anbieter mit rund 9000 E-Tretrollern und zwei Bike-Sharing-Anbieter. Die Sondernutzungsvereinbarung legt dabei keine Obergrenze für die Anzahl der Fahrzeuge fest. Weiterhin müssen alle Anbieter, die ihr Interesse bekunden, zum Markt zugelassen werden. Die Stadt Düsseldorf zieht das Fazit, dass eine Sondernutzungsregelung in Großstädten und Metropolen zu empfehlen ist, um die Masse an Anbietern und Fahrzeugen mit der Gebühr zu regulieren.

 

Öffentliche Ausschreibung

Als dritte Regulierungsoption könnte eine öffentliche Ausschreibung für Mikromobilitäts-Mietsysteme genutzt werden. Diese wurde in Deutschland noch nicht für stationslose E-Scooter praktiziert. Für ausgewiesene E Bike-und Roller-Parkplätze im Stadtgebiet wäre diese Art der Regelung anwendbar und sie könnte die Anzahl der Sharing- Anbieter und der E-Scooter im Stadtgebiet tatsächlich begrenzen.

 

 

 

 

Fazit:

 

In Klein- und Mittelstädten ist aus heutiger Sicht keine Sondernutzungssatzung und öffentliche Ausschreibung erforderlich, da bei der geringen Anzahl der E-Scooter, die bisherigen Erfahrungen mit den freiwilligen Selbstverpflichtungen sehr positiv sind. Verbotszonen können sowohl über freiwillige Selbstverpflichtungen als auch über eine Sondernutzungserlaubnis geregelt werden.

 

Unabhängig von der gewählten Regelung stellen Nutzer*innen die Fahrzeuge im Stadtgebiet verkehrswidrig ab. Die E- Scooter werden in den Verbotszonen abgestellt, in den Fluss geworfen etc.

Dies wird als Vergehen des Fahrenden bewertet, der weiter Gebühren zahlen muss. Ein solcher Fall liegt außerhalb des Einflussbereichs der Verwaltung und der Anbieter.

Beschwerdestatistik

Während der seit April laufenden Testphase des E-Scooter-Betriebs in Meerbusch sind über das interne Ticketsystem des Betreibers 33 Meldungen eingegangen (Stand Juli). Etwas weniger als die Hälfte bezieht sich auf schlecht geparkte Roller. Normalerweise handelt es sich um einen Roller, den ein Fahrer ungünstig auf dem Gehweg oder vor der Einfahrt eines Anwohners abgestellt hat. Die Bearbeitungszeit des Anbieters beträgt hier in der Regel 8 Stunden, wobei versucht wird sich schnellstmöglich um eine Beseitigung zu kümmern. Häufig kommt es jedoch vor, dass der betroffene Roller dann schon wieder entliehen wurde, bis ein Mitarbeitender des Logistikpartners vor Ort ist. Es gab zudem auch wiederholte Meldungen von Personen, die sich beschwert haben, weil sie in unmittelbarer Nähe zu häufigen Nutzer*innen wohnen und ihr generelles Missfallen über die Roller in ihrem jeweiligen Wohngebiet äußern wollen, auch wenn die Roller an sich regelkonform geparkt waren. Der Betreiber weist darauf hin, dass es sich bei den Beschwerden um eine moderate Menge handelt, die dem Niveau der Städten Troisdorf und Siegburg, die eine ähnliche Flottengröße wie Meerbusch haben, entspricht. 

 

Ein Drittel der Meldungen geht auf positive Bewertungen und Anfragen nach einer Erweiterung des Servicebereichs in Meerbusch zurück. Die übrigen Meldungen sind allgemeine Fragen zur Nutzung der Roller und Problemen mit dem Zahlungsmittel zuzuordnen.

Anlagen

  1. Selbstverpflichtungserklärung der Stadt Meerbusch
  2. E Scooter Sondernutzungserlaubnis Düsseldorf

 

 

 


In Vertretung

 

gez.

 

Michael Assenmacher

 

Technischer Beigeordneter