In der letzten Sitzung des Ausschusses für Mobilität am
09.06.2021 wurde die Verwaltung gebeten die rechtlichen Möglichkeiten der
Kommune regulativ in den Betrieb der E-Scooter einzugreifen, darzustellen und
über die Beschwerdestatistik des Anbieters zu berichten.
Rechtliche Regulierungsmöglichkeiten
In Deutschland sind bestimmte kleine Elektrofahrzeuge seit
Inkrafttreten der eKFV am 15. Juni 2019 im öffentlichen Straßenverkehr zugelassen. Seitdem werden
stationslose E-Tretroller von Sharing-Anbietern in verschiedenen Städten zum
Verleih angeboten. Die Regulierung der Anbieter obliegt den einzelnen Städten.
Im Hinblick auf die Regulierungsoptionen stellt sich zunächst die
grundlegende Frage, ob das Bereitstellen der E-Tretroller unter die
Sondernutzung oder unter den Gemeingebrauch öffentlicher Flächen fällt.
Infolge der rechtlichen Unsicherheiten haben sich die meisten
Städte dazu entschlossen, unter dem Vorbehalt einer Regelung durch
„Sondernutzung“, zunächst „freiwillige Vereinbarungen“ mit den Anbietern über
die Nutzung des öffentlichen Raums zu treffen. Diese enthält verschiedene
Regelungen, durch die insbesondere die Verkehrssicherheit und ein geordnetes
Stadtbild aber auch ein positives öffentliches Ansehen des Anbieters
gewährleistet werden sollen.
Freiwillige Vereinbarung
Ein Qualitäts-Agreement oder eine
Selbstverpflichtungserklärung ist kein rechtsverbindliches Dokument, sondern
ein gemeinsames Vision Statement der Unterzeichner. Es skizziert Bereiche, in
denen eine Zusammenarbeit zwischen einer Kommune und einem Anbieter
erforderlich ist. Auch in Meerbusch ist eine solche Vereinbarung mit dem
Anbieter der E-Scooter getroffen worden (Anlage 1). Darin
sind folgenden Aspekte geregelt:
- Ausbringung und Nutzung des
Leihangebots im Straßenraum,
- Standards für Umverteilung
und Wartung,
- Regeln für die gemeinsame
Nutzung von Daten,
- Beschwerdemanagement und
Kommunikation.
Die Anzahl der Fahrzeuge pro Anbieter ist bilateral abgestimmt
worden. In der Selbstverpflichtungserklärung wird sie bislang nicht aufgeführt,
soll künftig aber in die Vereinbarung integriert werden. Auch die
Parkverbotszonen für den Betrieb der E-Tretroller wurden im direkten Austausch
zwischen Anbieter und Stadtverwaltung definiert und bei eingehenden Beschwerden
im Rahmen der Testphase ergänzt. Temporäre Verbotszonen, z.B. während
Veranstaltungen, können kurzfristig übernommen werden. Der Kontakt zu dem
Anbieter ist im Allgemeinen als gut und zielführend zu bewerten.
Sondernutzungserlaubnis
Eine zweite Möglichkeit, E-Scooter-Verleihsysteme im
öffentlichen Raum zu steuern, stellt die Sondernutzungsgenehmigung dar. Der
Hauptvorteil der Sondernutzungserlaubnis besteht darin, dass ein rechtlicher
Rahmen geschaffen wird und Sondernutzungsgebühren entnommen werden.
Inhaltlich ähneln sich
die beiden Instrumente stark.
Die Sondernutzung macht keine besonderen Auflagen, die über
die freiwillige Selbstverpflichtung hinausgehen. Beide regeln den notwendigen
Zustand der E-Scooter, die permanente Erreichbarkeit über bestimmte
Kommunikationskanäle, einen geregelten Datenaustausch und Fristen für
gegebenenfalls notwendige Umverteilungen im Stadtgebiet. Abgesehen davon, dass
im Falle der Sondernutzung die Vorgaben für die jeweilige Stadt modifiziert und
konkretisiert werden.
Dies liegt auch an den limitierten Möglichkeiten zu Auflagen,
die in Sondernutzungen festgeschrieben werden können. Anders als bei
Ausschreibungen in anderen Städten innerhalb der Europäischen Union kann u.a.
die Anzahl der Anbieter nicht beschränkt werden. Auch qualitative Merkmale
lassen sich nur bedingt aufnehmen.
Bisher gibt es allerdings nur drei Großstädte, die
Sondernutzungsgenehmigungen für E-Scooter ausstellen – Bremen, Düsseldorf und
Leipzig.
Beispiel Düsseldorf
Nach der Testphase im Rahmen von
Selbstverpflichtungsvereinbarungen hat sich Stadt Düsseldorf dazu entschieden,
ab Januar 2020 die Nutzung des öffentlichen Verkehrsraums über die
Sondernutzungserlaubnis zu regeln (Anlage 2). Dazu wurde eine Neufassung der
Sondernutzungssatzung von der Stadt erarbeitet. Durch den Status der
Sondernutzung sollen zum einen die Angebote im Sinne einer multimodalen und
stadtverträglichen Nutzung geordnet, und zum anderen der Verwaltung ein
Instrument an die Hand gegeben werden, mit dem im Bedarfsfall schneller und
gezielter eingeschritten werden kann. Außerdem werden von der Stadt Düsseldorf
Verwaltungs- und Sondernutzungsgebühren erhoben. (Düsseldorf erhofft sich, dass
durch die Erhebung der Gebühr die Anzahl der E-Scooter dem tatsächlichen Bedarf
der Nutzer angepasst wird). Die Gebühr für Sharing-Fahrzeuge liegt pro Jahr bei
derzeit 20€ pro E-Tretroller und bei 5€ pro Fahrrad.
Aktuell gibt es in Düsseldorf drei Anbieter mit rund 9000 E-Tretrollern und zwei
Bike-Sharing-Anbieter. Die Sondernutzungsvereinbarung legt dabei keine
Obergrenze für die Anzahl der Fahrzeuge fest. Weiterhin müssen alle Anbieter,
die ihr Interesse bekunden, zum Markt zugelassen werden. Die Stadt Düsseldorf
zieht das Fazit, dass eine Sondernutzungsregelung in Großstädten und Metropolen
zu empfehlen ist, um die Masse an Anbietern und Fahrzeugen mit der Gebühr zu
regulieren.
Öffentliche Ausschreibung
Als dritte Regulierungsoption könnte eine öffentliche
Ausschreibung für Mikromobilitäts-Mietsysteme genutzt werden. Diese wurde in
Deutschland noch nicht für stationslose E-Scooter praktiziert. Für ausgewiesene
E Bike-und Roller-Parkplätze im Stadtgebiet wäre diese Art der Regelung
anwendbar und sie könnte die Anzahl der Sharing- Anbieter und der E-Scooter im
Stadtgebiet tatsächlich begrenzen.
Fazit:
In Klein- und
Mittelstädten ist aus heutiger Sicht keine Sondernutzungssatzung und
öffentliche Ausschreibung erforderlich, da bei der geringen Anzahl der
E-Scooter, die bisherigen Erfahrungen mit den freiwilligen
Selbstverpflichtungen sehr positiv sind. Verbotszonen können sowohl über
freiwillige Selbstverpflichtungen als auch über eine Sondernutzungserlaubnis
geregelt werden.
Unabhängig von der gewählten Regelung stellen Nutzer*innen die
Fahrzeuge im Stadtgebiet verkehrswidrig ab. Die E- Scooter werden in den
Verbotszonen abgestellt, in den Fluss geworfen etc.
Dies wird als Vergehen des Fahrenden bewertet, der weiter
Gebühren zahlen muss. Ein solcher Fall liegt außerhalb des Einflussbereichs der
Verwaltung und der Anbieter.
Beschwerdestatistik
Während der seit April laufenden Testphase des E-Scooter-Betriebs
in Meerbusch sind über das interne Ticketsystem des Betreibers 33 Meldungen
eingegangen (Stand Juli). Etwas weniger als die
Hälfte bezieht sich auf schlecht geparkte Roller. Normalerweise handelt es sich um einen Roller, den ein Fahrer
ungünstig auf dem Gehweg oder vor der Einfahrt eines Anwohners abgestellt hat.
Die Bearbeitungszeit des Anbieters beträgt hier in der Regel 8 Stunden, wobei
versucht wird sich schnellstmöglich um eine Beseitigung zu kümmern. Häufig
kommt es jedoch vor, dass der betroffene Roller dann schon wieder entliehen
wurde, bis ein Mitarbeitender des Logistikpartners vor Ort ist. Es gab
zudem auch wiederholte Meldungen von Personen, die sich beschwert haben, weil
sie in unmittelbarer Nähe zu häufigen Nutzer*innen wohnen und ihr generelles
Missfallen über die Roller in ihrem jeweiligen Wohngebiet äußern wollen, auch
wenn die Roller an sich regelkonform geparkt waren. Der Betreiber weist darauf
hin, dass es sich bei den Beschwerden um eine moderate Menge handelt, die dem
Niveau der Städten Troisdorf und Siegburg, die eine ähnliche Flottengröße wie
Meerbusch haben, entspricht.
Ein Drittel der Meldungen geht auf positive
Bewertungen und Anfragen nach einer Erweiterung des Servicebereichs in
Meerbusch zurück. Die übrigen Meldungen sind allgemeine Fragen zur Nutzung der
Roller und Problemen mit dem Zahlungsmittel zuzuordnen.
Anlagen
- Selbstverpflichtungserklärung
der Stadt Meerbusch
- E Scooter Sondernutzungserlaubnis Düsseldorf
In Vertretung
gez.
Michael Assenmacher
Technischer Beigeordneter