Betreff
Live-Stream von Ratssitzungen ("Rats-TV")
Vorlage
BJ/1377/2021
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Digitalisierung und Informationstechnologie beschließt, dass sich die Stadt Meerbusch an der von der ITK-Rheinland organisierten Ausschreibung für das Livestreaming von ca. sieben Ratssitzungen pro Jahr beteiligt.

 


Sachverhalt:

 

Im Rahmen der Haushaltsberatungen im Februar d.J. ist auf Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen die Verwaltung beauftragt worden, die Möglichkeit der Live-Übertragung von Ratssitzungen im Internet zu prüfen.

 

 

I.          Ausgangslage

 

Im Rahmen der Abarbeitung dieses Prüfauftrages hat sich herausgestellt, dass die ITK-Rheinland für mehrere Kommunen ihres Mitgliedsbereichs eine Ausschreibung vorbereitet, um die technischen und personellen Voraussetzungen für die Live-Übertragung von Sitzungen der politischen Gremien abzufragen und zu schaffen. Als Mitgliedskommune der ITK-Rheinland hat auch die Stadt Meerbusch ihr Interesse an einer Beteiligung an einer solchen Ausschreibung unmittelbar nach dem eingangs benannten Beschluss bei der ITK-Rheinland angemeldet.

 

In der Folgezeit hat sie gemeinsam mit der ITK-Rheinland und den anderen beteiligten Kommunen die Anforderungen an eine solche Live-Übertragung und die anschließende Abrufbarkeit im Internet entwickelt und definiert. Dabei konnte auf Erfahrungen aus anderen (Mitglieds-)Kommunen zurückgegriffen werden, die zum Teil lediglich testweise für vereinzelte Sitzungen, zum Teil schon regelmäßig und „professionell“ Live-Übertragungen von Ratssitzungen durchführen. Zudem hat die Verwaltung an vom Städte- und Gemeindebund organisierten Erfahrungsaustauschen teilgenommen, in denen andere Kommunen u.a. über ihre Herangehensweise berichtet haben. Gemeinsam war und ist dabei allen, dass die Kommunen die Live-Übertragungen der Sitzungen und die anschließende Aufbereitung des aufgezeichneten Materials für die Bereitstellung und Abrufbarkeit auf ihren Internetseiten nicht selbst „mit Bordmitteln“, sondern mit professioneller Unterstützung durch externe, darauf spezialisierte Dienstleistungsunternehmen durchführen.

 

Nachdem die Verwaltung auf diese Weise erste Grundlagen zusammengetragen hatte, hat sie zum einen im Ältestenrat und im Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss bei den Fraktionen angefragt, ob es aus deren Sicht spezielle Wünsche und Anforderungen an das in Meerbusch zu prüfende Livestreaming gibt. Zum anderen wurde an alle Ratsmitglieder ein Fragebogen ausgegeben, in dem diese um Auskunft über ihre Bereitschaft gebeten wurden, in welcher Form und in welchem Umfang sie sich aufzeichnen lassen möchten. Aus den Fraktionen wurden der Verwaltung keine besonderen Wünsche oder Anforderungen an die Art und Weise des Livestreamings mitgeteilt; der Rücklauf der Fragebögen ist zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Vorlage noch nicht vollständig; bisher ist die Tendenz, dass die Mandatsträger/innen grundsätzlich mit der Aufzeichnung und Übertragung einverstanden sind. Bislang liegen 27 Rückmeldungen vor, davon sind vier Mandatsträger/innen lediglich mit der Übertragung, aber nicht mit einer Speicherung auf der Internetseite einverstanden.

 

 

II.         Zu beachtende Aspekte

 

Von den zahlreichen Rahmenbedingungen, die bei der Einführung und Durchführung von Livestreaming zu beachten sind, seien an dieser Stelle nur die wichtigsten grob zusammengefasst, um sich ein Bild machen zu können:

 

  • Kommunalverfassungs- und datenschutzrechtliche Aspekte:

 

Es gilt zum einen der Grundsatz, dass Sitzungen der politischen Gremien öffentlich durchzuführen sind. Gemeint ist damit tatsächlich die „Saalöffentlichkeit“ und nicht die „Medienöffentlichkeit“, d.h. die Sitzungen müssen nach derzeit (noch) geltender Rechtslage in Präsenz stattfinden, und interessierte Gäste müssen daran „live vor Ort“ teilnehmen können.

 

Zum anderen handelt es sich beim Livestreaming von Sitzungen, also dem Aufzeichnen und Übertragen von Bild und Ton, sowie beim anschließenden Einstellen der Aufzeichnung ins Internet um das Erheben, Verarbeiten und Verbreiten von personenbezogenen Daten, wobei die Betroffenen (also Ratsmitglieder, Verwaltungsbeschäftigte und Gäste) dazu ihre jeweilige Einwilligung erklären und jederzeit widerrufen können müssen.

 

Während ein von einer Fraktion in den nordrhein-westfälischen Landtag eingebrachter Vorschlag zur Änderung der Gemeindeordnung mit dem Ziel der Zulassung von Sitzungen kommunaler Gremien ohne Anwesenheit der Mitglieder im Versammlungsraum noch abgelehnt worden war, hat der nordrhein-westfälische Landtag im Juli d.J. dann ein sog. „Modellprojekt für digitale und hybride Sitzungen kommunaler Gremien“ beschlossen. Das Modellprojekt hat insbesondere die Entwicklung von technischen (Verfahrens-)Standards sowie die Klärung von kommunalverfassungs- und datenschutzrechtlichen Fragen (siehe oben) zum Ziel, das mit jeweils drei Kreisen, drei kreisfreien und drei kreisangehörigen Kommunen realisiert werden soll. Die Stadt Meerbusch hat sich unmittelbar nach Veröffentlichung des Aufrufs am 22.07.2021 beim zuständigen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen um eine Teilnahme an dem Modellprojekt beworben und die Rückmeldung erhalten, dass das Interesse Meerbuschs vermerkt sei, eine verbindliche Rückäußerung oder die Benennung konkreter Verfahrensschritte jedoch noch nicht erfolgen könne. Mit allgemeiner Mitteilung vom 19.08.2021 hat der Städte- und Gemeindebund NRW zwischenzeitlich darüber informiert, welche Städte ausgewählt wurden; Meerbusch gehört nicht dazu.

Unabhängig davon sollte allerdings eine etwaig (neu) anzuschaffende technische Ausstattung vorausschauend schon so ausgewählt werden, dass sie auch diesen möglichen zukünftigen (digitalen und hybriden) Anforderungen gerecht wird.

 

  • Technische, räumliche und personelle Aspekte:

 

Der Stream muss öffentlich, ohne Zugangsbeschränkungen, mittels gängiger Browser, in einer bestimmten Audio- und Videomindestqualität und von einer unbestimmten Anzahl von „Usern“ (gleichzeitig) abrufbar sein. Das setzt bestimmte Datenleitungskapazitäten und entsprechende Mikrophon-, Lautsprecher- und Kameratechnik voraus, die in Meerbusch derzeit nicht vorhanden sind. Da in Meerbusch zudem Sitzungen an verschiedenen Orten in unterschiedlichen Räumlichkeiten stattfinden, muss die gesamte von einem Dienstleister zu stellende Technik transportabel und an mehreren Orten flexibel einsetzbar sein.

 

Während des Streams müssen Informationen zu dem gerade Sprechenden (Name, Funktion, Fraktionszugehörigkeit) sowie zum jeweiligen Tagesordnungspunkt eingeblendet bzw. abrufbar sein (einschließlich etwaig vorgetragener Präsentationen). Ggf. müssen mehrere Kameras eingesetzt und bedient werden (Rednerpult, Verwaltungsbank, Plätze der Ratsmitglieder), und Personen, die keine Einwilligung zur Aufzeichnung erteilt haben, müssen aus dem Stream „herausgeschnitten“ werden. All dies setzt neben entsprechenden Räumlichkeiten und leistungsfähiger Technik auch Personal voraus, das die Technik bedient (Kameras, Schnitte, „Bauchbinden“, ggf. „Regie“) und die Nachbereitung übernimmt (Einstellen ins Internet, „Video-on-demand“). Sollte dies von dem auszuschreibenden Dienstleister gestellt werden, muss in der Verwaltung ein (fester) Ansprechpartner oder eine (feste) Ansprechpartnerin vorhanden sein, der / die den Dienstleister mit entsprechenden Informationen versorgt.

 

 

III.        Konkrete Anforderungen / Kosten

 

Aus allen diesen und weiteren Anforderungen hat die ITK-Rheinland eine Leistungsbeschreibung erstellt, die der durchzuführenden Ausschreibung bzw. (ggf. vorherigen) Angebotsabfrage zugrunde gelegt werden soll. Um überhaupt eine realistische Einschätzung zu den Kosten einer späteren Beauftragung und daher auch für den vorab zu bestimmenden (voraussichtlichen) Auftragswert zu bekommen, nach dessen Höhe sich die Art des Vergabeverfahrens richtet, hat die ITK-Rheinland vorab bei einem Anbieter ein grobes Angebot für einzelne Leistungsmodule eingeholt. Dabei konnte sie auf (den bisherigen) Anbieter zurückgreifen, der in einzelnen Mitgliedskommunen bereits Livestreams durchgeführt und erstellt hat. Dazu liegen aktuell folgende Angaben vor:

 

  • „Grundleistungen“:

 

-       Liveübertragung mit zwei Kameras von zwei Positionen

-       Schnitt des Livestreams, wenn Personen nicht gezeigt werden wollen

-       Belegung des Livestreams mit Untertiteln („Bauchbinden“, Name des Sprechenden usw.)

-       Bereitstellung des Materials nach dem Livestream auf der städtischen Homepage

-       Erfassung von Nutzungen (in gewissem Umfang) zur späteren statistischen Auswertung

 

Für diese „Grundleistungen“ berechnet der angefragte Anbieter derzeit pro Sitzung unter Corona-Bedingungen rund 2.100,00 €, ansonsten ca. 1.700,00 € (nur Audio liegt bei 1.000,00 € / 700,00 €).

 

  • „Zusatzleistungen“:

 

-       Barrierefreies Streaming

-       Re-Streaming in andere Kanäle, z.B. Social Media (30,00 €)

-       Liveuntertitelung (1. Stunde: 1.190,00 € // jede weitere Stunde 280,00 €)

-       Gebärdensprache (1. Stunde: 960,00 € // jede weitere Stunde 280,00 €)

-       Für Liveuntertitelung und Gebärdensprache ist ein zusätzlicher Streaming-Kanal nötig, der je Sendung zusätzlich 250,00 € kostet)

 

Bei allen Werten handelt es sich um ungefähre preisliche Angaben, die natürlich für die Ausschreibung nicht bindend wären und nur als Richtwert gelten.

 

Wie aus den aufgeführten Zahlen hervorgeht, richten sich die Kosten nach der Anzahl der aufzuzeichnenden Sitzungen. Um den (voraussichtlichen) Auftragswert ermitteln und die davon abhängige Art des Vergabeverfahrens bestimmen zu können, hat die ITK-Rheinland daher bei allen interessierten Kommunen angefragt, mit wie vielen Sitzungen jährlich zu rechnen ist. Das hängt davon ab, ob nur die Sitzungen des Rates oder auch diejenigen der Ausschüsse gestreamt werden sollen. Als Richtwert für die Ratssitzungen würde in Meerbusch sieben pro Jahr zugrunde zu legen sein; würden auch alle Ausschusssitzungen aufgezeichnet, wäre von rund 60 Sitzungen pro Jahr auszugehen. Bei angenommenen und gemittelten Kosten von rund 2.000,00 € pro Sitzung (zu den Einzelheiten vgl. oben), würden sich die jährlichen Kosten bei der Aufzeichnung nur der Ratssitzungen auf ca. 14.000,00 € belaufen, bei der Aufzeichnung auch der Ausschusssitzungen müsste mit jährlichen Kosten von rund 120.000,00 € gerechnet werden. Die Ausschreibung erfolgt für die Dauer der Wahlperiode.

 

Um zu klären, mit welcher konkreten Sitzungsanzahl die Ausschreibung (für alle Kommunen) durchgeführt werden soll und davon abhängend, welches Vergabeverfahren gewählt werden muss, braucht die ITK nun (aus allen beteiligten Kommunen) eine Entscheidung, die für Meerbusch mit dieser Vorlage herbeigeführt werden soll. Ggf. wird es bei einer der nächsten (Rats-)Sitzungen einen testweisen „Probelauf“ geben; das klärt die ITK Rheinland derzeit noch ab. Über die weitere Entwicklung wird die Verwaltung zu gegebener Zeit berichten. Je nach Entscheidung und Verlauf wird dann – wie von der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen ebenfalls beantragt – die Geschäftsordnung des Rates an die Neuerungen anzupassen sein.

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

 

Im Falle der Live-Übertragung von sieben Ratssitzungen ist im Produkt 010.111.120 (Service DV-Management und Telekommunikation), Sachkonto 5255.1010 (TUIV Datenverarbeitung ITK), mit voraussichtlichen Kosten von ca. 14.000,00 € pro Jahr zu rechnen und bei der Live-Übertragung von rund 60 Rats- und Ausschusssitzungen mit Kosten von ca. 120.000,00 € pro Jahr.

 


Alternativen:

 

Der Ausschuss für Digitalisierung und Informationstechnologie beschließt, dass sich die Stadt Meerbusch an der von der ITK-Rheinland organisierten Ausschreibung für das Livestreaming von rund 60 Rats- und Ausschusssitzungen pro Jahr beteiligt.