Beschlussvorschlag:
Der
Ausschuss für Digitalisierung und Informationstechnologie beschließt, dass sich
die Stadt Meerbusch an der von der ITK-Rheinland organisierten Ausschreibung
für das Livestreaming von ca. sieben Ratssitzungen pro Jahr beteiligt.
Sachverhalt:
Im
Rahmen der Haushaltsberatungen im Februar d.J. ist auf Antrag der Fraktion
Bündnis 90 / Die Grünen die Verwaltung beauftragt worden, die Möglichkeit der
Live-Übertragung von Ratssitzungen im Internet zu prüfen.
I.
Ausgangslage
Im
Rahmen der Abarbeitung dieses Prüfauftrages hat sich herausgestellt, dass die
ITK-Rheinland für mehrere Kommunen ihres Mitgliedsbereichs eine Ausschreibung
vorbereitet, um die technischen und personellen Voraussetzungen für die
Live-Übertragung von Sitzungen der politischen Gremien abzufragen und zu
schaffen. Als Mitgliedskommune der ITK-Rheinland hat auch die Stadt Meerbusch
ihr Interesse an einer Beteiligung an einer solchen Ausschreibung unmittelbar
nach dem eingangs benannten Beschluss bei der ITK-Rheinland angemeldet.
In der
Folgezeit hat sie gemeinsam mit der ITK-Rheinland und den anderen beteiligten
Kommunen die Anforderungen an eine solche Live-Übertragung und die
anschließende Abrufbarkeit im Internet entwickelt und definiert. Dabei konnte
auf Erfahrungen aus anderen (Mitglieds-)Kommunen zurückgegriffen werden, die
zum Teil lediglich testweise für vereinzelte Sitzungen, zum Teil schon
regelmäßig und „professionell“ Live-Übertragungen von Ratssitzungen
durchführen. Zudem hat die Verwaltung an vom Städte- und Gemeindebund
organisierten Erfahrungsaustauschen teilgenommen, in denen andere Kommunen u.a.
über ihre Herangehensweise berichtet haben. Gemeinsam war und ist dabei allen,
dass die Kommunen die Live-Übertragungen der Sitzungen und die anschließende
Aufbereitung des aufgezeichneten Materials für die Bereitstellung und
Abrufbarkeit auf ihren Internetseiten nicht selbst „mit Bordmitteln“, sondern
mit professioneller Unterstützung durch externe, darauf spezialisierte
Dienstleistungsunternehmen durchführen.
Nachdem
die Verwaltung auf diese Weise erste Grundlagen zusammengetragen hatte, hat sie
zum einen im Ältestenrat und im Haupt-, Finanz- und
Wirtschaftsförderungsausschuss bei den Fraktionen angefragt, ob es aus deren
Sicht spezielle Wünsche und Anforderungen an das in Meerbusch zu prüfende
Livestreaming gibt. Zum anderen wurde an alle Ratsmitglieder ein Fragebogen ausgegeben,
in dem diese um Auskunft über ihre Bereitschaft gebeten wurden, in welcher Form
und in welchem Umfang sie sich aufzeichnen lassen möchten. Aus den Fraktionen
wurden der Verwaltung keine besonderen Wünsche oder Anforderungen an die Art
und Weise des Livestreamings mitgeteilt; der Rücklauf der Fragebögen ist zum
Zeitpunkt der Erstellung dieser Vorlage noch nicht vollständig; bisher ist die
Tendenz, dass die Mandatsträger/innen grundsätzlich mit der Aufzeichnung und
Übertragung einverstanden sind. Bislang liegen 27 Rückmeldungen vor, davon sind
vier Mandatsträger/innen lediglich mit der Übertragung, aber nicht mit einer
Speicherung auf der Internetseite einverstanden.
II.
Zu beachtende Aspekte
Von den
zahlreichen Rahmenbedingungen, die bei der Einführung und Durchführung von
Livestreaming zu beachten sind, seien an dieser Stelle nur die wichtigsten grob
zusammengefasst, um sich ein Bild machen zu können:
- Kommunalverfassungs- und
datenschutzrechtliche Aspekte:
Es gilt
zum einen der Grundsatz, dass Sitzungen der politischen Gremien öffentlich
durchzuführen sind. Gemeint ist damit tatsächlich die „Saalöffentlichkeit“ und
nicht die „Medienöffentlichkeit“, d.h. die Sitzungen müssen nach derzeit (noch)
geltender Rechtslage in Präsenz stattfinden, und interessierte Gäste müssen
daran „live vor Ort“ teilnehmen können.
Zum
anderen handelt es sich beim Livestreaming von Sitzungen, also dem Aufzeichnen
und Übertragen von Bild und Ton, sowie beim anschließenden Einstellen der
Aufzeichnung ins Internet um das Erheben, Verarbeiten und Verbreiten von
personenbezogenen Daten, wobei die Betroffenen (also Ratsmitglieder,
Verwaltungsbeschäftigte und Gäste) dazu ihre jeweilige Einwilligung erklären
und jederzeit widerrufen können müssen.
Während
ein von einer Fraktion in den nordrhein-westfälischen Landtag eingebrachter
Vorschlag zur Änderung der Gemeindeordnung mit dem Ziel der Zulassung von
Sitzungen kommunaler Gremien ohne Anwesenheit der Mitglieder im
Versammlungsraum noch abgelehnt worden war, hat der nordrhein-westfälische
Landtag im Juli d.J. dann ein sog. „Modellprojekt für digitale und hybride
Sitzungen kommunaler Gremien“ beschlossen. Das Modellprojekt hat insbesondere
die Entwicklung von technischen (Verfahrens-)Standards sowie die Klärung von
kommunalverfassungs- und datenschutzrechtlichen Fragen (siehe oben) zum Ziel,
das mit jeweils drei Kreisen, drei kreisfreien und drei kreisangehörigen
Kommunen realisiert werden soll. Die Stadt Meerbusch hat sich unmittelbar nach
Veröffentlichung des Aufrufs am 22.07.2021 beim zuständigen Ministerium für
Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen um
eine Teilnahme an dem Modellprojekt beworben und die Rückmeldung erhalten, dass
das Interesse Meerbuschs vermerkt sei, eine verbindliche Rückäußerung oder die
Benennung konkreter Verfahrensschritte jedoch noch nicht erfolgen könne. Mit
allgemeiner Mitteilung vom 19.08.2021 hat der Städte- und Gemeindebund NRW
zwischenzeitlich darüber informiert, welche Städte ausgewählt wurden; Meerbusch
gehört nicht dazu.
Unabhängig
davon sollte allerdings eine etwaig (neu) anzuschaffende technische Ausstattung
vorausschauend schon so ausgewählt werden, dass sie auch diesen möglichen
zukünftigen (digitalen und hybriden) Anforderungen gerecht wird.
- Technische, räumliche und personelle
Aspekte:
Der
Stream muss öffentlich, ohne Zugangsbeschränkungen, mittels gängiger Browser,
in einer bestimmten Audio- und Videomindestqualität und von einer unbestimmten
Anzahl von „Usern“ (gleichzeitig) abrufbar sein. Das setzt bestimmte
Datenleitungskapazitäten und entsprechende Mikrophon-, Lautsprecher- und
Kameratechnik voraus, die in Meerbusch derzeit nicht vorhanden sind. Da in
Meerbusch zudem Sitzungen an verschiedenen Orten in unterschiedlichen
Räumlichkeiten stattfinden, muss die gesamte von einem Dienstleister zu
stellende Technik transportabel und an mehreren Orten flexibel einsetzbar sein.
Während
des Streams müssen Informationen zu dem gerade Sprechenden (Name, Funktion,
Fraktionszugehörigkeit) sowie zum jeweiligen Tagesordnungspunkt eingeblendet
bzw. abrufbar sein (einschließlich etwaig vorgetragener Präsentationen). Ggf.
müssen mehrere Kameras eingesetzt und bedient werden (Rednerpult,
Verwaltungsbank, Plätze der Ratsmitglieder), und Personen, die keine Einwilligung
zur Aufzeichnung erteilt haben, müssen aus dem Stream „herausgeschnitten“
werden. All dies setzt neben entsprechenden Räumlichkeiten und leistungsfähiger
Technik auch Personal voraus, das die Technik bedient (Kameras, Schnitte,
„Bauchbinden“, ggf. „Regie“) und die Nachbereitung übernimmt (Einstellen ins
Internet, „Video-on-demand“). Sollte dies von dem auszuschreibenden
Dienstleister gestellt werden, muss in der Verwaltung ein (fester)
Ansprechpartner oder eine (feste) Ansprechpartnerin vorhanden sein, der / die
den Dienstleister mit entsprechenden Informationen versorgt.
III.
Konkrete Anforderungen / Kosten
Aus
allen diesen und weiteren Anforderungen hat die ITK-Rheinland eine
Leistungsbeschreibung erstellt, die der durchzuführenden Ausschreibung bzw.
(ggf. vorherigen) Angebotsabfrage zugrunde gelegt werden soll. Um überhaupt
eine realistische Einschätzung zu den Kosten einer späteren Beauftragung und
daher auch für den vorab zu bestimmenden (voraussichtlichen) Auftragswert zu
bekommen, nach dessen Höhe sich die Art des Vergabeverfahrens richtet, hat die
ITK-Rheinland vorab bei einem Anbieter ein grobes Angebot für einzelne
Leistungsmodule eingeholt. Dabei konnte sie auf (den bisherigen) Anbieter
zurückgreifen, der in einzelnen Mitgliedskommunen bereits Livestreams
durchgeführt und erstellt hat. Dazu liegen aktuell folgende Angaben vor:
- „Grundleistungen“:
- Liveübertragung mit zwei Kameras von
zwei Positionen
- Schnitt des Livestreams, wenn Personen
nicht gezeigt werden wollen
- Belegung des Livestreams mit Untertiteln
(„Bauchbinden“, Name des Sprechenden usw.)
- Bereitstellung des Materials nach dem
Livestream auf der städtischen Homepage
- Erfassung von Nutzungen (in gewissem
Umfang) zur späteren statistischen Auswertung
Für diese „Grundleistungen“
berechnet der angefragte Anbieter derzeit pro Sitzung unter Corona-Bedingungen
rund 2.100,00 €, ansonsten ca. 1.700,00 € (nur Audio liegt bei 1.000,00 € /
700,00 €).
- „Zusatzleistungen“:
- Barrierefreies Streaming
- Re-Streaming in andere Kanäle, z.B.
Social Media (30,00 €)
- Liveuntertitelung (1. Stunde: 1.190,00 €
// jede weitere Stunde 280,00 €)
- Gebärdensprache (1. Stunde: 960,00 € //
jede weitere Stunde 280,00 €)
- Für Liveuntertitelung und
Gebärdensprache ist ein zusätzlicher Streaming-Kanal nötig, der je Sendung
zusätzlich 250,00 € kostet)
Bei allen Werten handelt es sich
um ungefähre preisliche Angaben, die natürlich für die Ausschreibung nicht
bindend wären und nur als Richtwert gelten.
Wie aus den aufgeführten Zahlen hervorgeht, richten sich
die Kosten nach der Anzahl der aufzuzeichnenden Sitzungen. Um den
(voraussichtlichen) Auftragswert ermitteln und die davon abhängige Art des
Vergabeverfahrens bestimmen zu können, hat die ITK-Rheinland daher bei allen
interessierten Kommunen angefragt, mit wie vielen Sitzungen jährlich zu rechnen
ist. Das hängt davon ab, ob nur die Sitzungen des Rates oder auch diejenigen
der Ausschüsse gestreamt werden sollen. Als Richtwert für die Ratssitzungen
würde in Meerbusch sieben pro Jahr zugrunde zu legen sein; würden auch alle
Ausschusssitzungen aufgezeichnet, wäre von rund 60 Sitzungen pro Jahr
auszugehen. Bei angenommenen und gemittelten Kosten von rund 2.000,00 € pro
Sitzung (zu den Einzelheiten vgl. oben), würden sich die jährlichen Kosten bei
der Aufzeichnung nur der Ratssitzungen auf ca. 14.000,00 € belaufen, bei der
Aufzeichnung auch der Ausschusssitzungen müsste mit jährlichen Kosten von rund
120.000,00 € gerechnet werden. Die Ausschreibung erfolgt für die Dauer der
Wahlperiode.
Um zu klären, mit welcher konkreten Sitzungsanzahl die
Ausschreibung (für alle Kommunen) durchgeführt werden soll und davon abhängend,
welches Vergabeverfahren gewählt werden muss, braucht die ITK nun (aus allen
beteiligten Kommunen) eine Entscheidung, die für Meerbusch mit dieser Vorlage
herbeigeführt werden soll. Ggf. wird es bei einer der nächsten (Rats-)Sitzungen
einen testweisen „Probelauf“ geben; das klärt die ITK Rheinland derzeit noch
ab. Über die weitere Entwicklung wird die Verwaltung zu gegebener Zeit
berichten. Je nach Entscheidung und Verlauf wird dann – wie von der Fraktion
Bündnis 90 / Die Grünen ebenfalls beantragt – die Geschäftsordnung des Rates an
die Neuerungen anzupassen sein.
Finanzielle Auswirkung:
Durch
die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen
auf den Haushalt:
Im
Falle der Live-Übertragung von sieben Ratssitzungen ist im Produkt 010.111.120
(Service DV-Management und Telekommunikation), Sachkonto 5255.1010 (TUIV
Datenverarbeitung ITK), mit voraussichtlichen Kosten von ca. 14.000,00 € pro
Jahr zu rechnen und bei der Live-Übertragung von rund 60 Rats- und
Ausschusssitzungen mit Kosten von ca. 120.000,00 € pro Jahr.
Alternativen:
Der
Ausschuss für Digitalisierung und Informationstechnologie beschließt, dass sich
die Stadt Meerbusch an der von der ITK-Rheinland organisierten Ausschreibung
für das Livestreaming von rund 60 Rats- und Ausschusssitzungen pro Jahr
beteiligt.