Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss unterstützt die Regelungen zum Kinderschutz in Meerbusch im Rahmen einer Dienstanweisung für Bedienstete der Stadtverwaltung und nimmt diese zustimmend zur Kenntnis.


Sachverhalt:

 

Die gesetzliche Grundlage für die Arbeit des Jugendamtes ist insbesondere das SGB VIII. Als wesentliche hoheitliche Aufgabe wird in §1 dem Jugendamt ein sogenanntes „Wächteramt“ übertragen.

 

§ 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe

 

(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.

 

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvorderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

 

(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere

1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,

2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen,

3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen,

4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.

 

Das Jugendamt als öffentlicher Jugendhilfeträger verantwortet in der Folge den staatlichen Schutzauftrag zur Sicherung des Kindeswohls, auch wenn die Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern an erster Stelle ihren Eltern obliegt.

 

Das Jugendamt soll Eltern und andere Erziehungsberechtigte beraten und geeignete (niederschwellige) Hilfen anbieten, um die Eltern in ihrer Erziehungsverantwortung zu stärken und so eine förderliche Erziehung zu ermöglichen. Die Inanspruchnahme von Beratung und Hilfen ist grundsätzlich freiwillig. Besteht allerdings eine Kindeswohlgefährdung und sind die Eltern nicht gewillt oder in der Lage, diese abzuwenden, sind die zuständigen staatlichen Stellen zum Tätigwerden verpflichtet. Dieser Schutzauftrag ist für das Jugendamt nach § 8a SGB VIII und für das Familiengericht nach §§ 1666, 1666a BGB geregelt.

 

Im Jugendamt der Stadt Meerbusch nehmen die Fachkräfte des Allgemeinen Sozialen Dienstes als Kinderschutzfachkräfte auf Grundlage des 8a SGB VIII den staatlichen Schutzauftrag wahr. Sie sind verpflichtet, in Fällen akuter und drohender Kindeswohlgefährdung unverzüglich Gefahren abzuwenden, zum Beispiel durch Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche, durch das Angebot geeigneter Hilfen zur Erziehung, notfalls durch den Eingriff in elterliche Verantwortung unter Einbeziehung des Familiengerichtes. Dabei sind Kindeswohlinteressen immer vorrangig vor allen anderen Interessen zu beachten; familienunterstützende Maßnahmen haben Vorrang vor familienersetzenden Maßnahmen, solange das Kindeswohl sichergestellt werden kann.

 

Rechtliche Grundlagen

 

§ 8a SGB VIII     Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung

(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist, sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.

(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.

(3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.

(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass

 

1. deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen,

2. bei der Gefährdungseinschätzung eine „insoweit erfahrene Fachkraft“ beratend hinzugezogen wird sowie

3. die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

In die Vereinbarung ist neben den Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden „insoweit erfahrenen Fachkraft“ insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

 

(5) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

 

 

§ 79a SGB VIII    Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe

 

Um die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach § 2 zu erfüllen, haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität sowie geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung für

 

      1.   die Gewährung und Erbringung von Leistungen,

 

      2.   die Erfüllung anderer Aufgaben,

 

      3.   den Prozess der Gefährdungseinschätzung nach § 8a,

 

      4.   die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen

 

weiterzuentwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu überprüfen. Dazu zählen auch Qualitätsmerkmale für die Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und ihren Schutz vor Gewalt. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe orientieren sich dabei an den fachlichen Empfehlungen der nach § 85 Absatz 2 zuständigen Behörden und an bereits angewandten Grundsätzen und Maßstäben für die Bewertung der Qualität sowie Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung.

 

Der Verfahrensstandard zum Kinderschutz wird im Rahmen der Qualitätsentwicklung prozesshaft aufgrund von gesetzlichen und fachlichen Änderungen (SGB VIII, Bundeskinderschutzgesetz, Empfehlungen des LVR) kontinuierlich überprüft und überarbeitet; in den letzten vier Jahren haben hierzu mehrere Inhouse-Fortbildungen stattgefunden.

 

Die Regelungen zum Kinderschutz in Meerbusch sollen nun auch im Rahmen einer Dienstanweisung verbindlich festgelegt werden. Alle Beschäftigten der Stadt Meerbusch werden verpflichtet, die hier beschriebenen Regelungen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung für Kinder und Jugendliche von 0 bis 18 Jahren verbindlich anzuwenden. Für den Fachbereich Soziale Hilfen, Jugend werden die Regelungen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung entsprechend der Aufgabenbereiche erweitert beschrieben.

 

Mit der Entwicklung der Dienstanweisung „Kinderschutz“ soll die Qualität von Verfahren und Abläufen sichergestellt werden und in der Folge das strafrechtliche Risiko der MitarbeiterInnen begrenzt bzw. objektiviert werden. Die Dienstanweisung beinhaltet zum Beispiel die Behandlung von Mitteilungen der Kindeswohlgefährdung, die Risikoeinschätzung – auch im Kontext von Zusammenarbeit mit der Familie und Hilfeplanung, die Anrufung des Familiengerichtes, die Dokumentation, die Fallabgabe und Fallübernahme durch Zuständigkeitswechsel, die Kooperation mit Trägern der freien Jugendhilfe und die Beachtung des Datenschutzes.

 

Die inhaltlichen Änderungen der aktuellen Neuauflagen der Landesjugendämter „Gelingensfaktoren“ zur Wahrnehmung des Schutzauftrags gemäß § 8a SGB VIII“ und „Grundsätze und Maßstäbe zur Bewertung der Qualität einer insoweit erfahrenen Fachkraft“ sind in der Dienstanweisung bereits integriert. Dies betrifft zum Beispiel die standardisierte Folge-Gefährdungseinschätzung bei Vorliegen neuer Informationen sowie die Etablierung eines Schutzkonzeptes als eigenständiges Verfahren im Rahmen der Hilfeplanung. Neu ist, dass die Grundlagen zum Kinderschutz nicht mehr eine Orientierungshilfe darstellen, sondern eine Empfehlung, die Verbindlichkeitscharakter besitzt. Die fachliche Ausrichtung des Kinderschutz-Verfahrens im ASD Meerbusch basiert auf der gesetzlichen Grundlage des SGB VIII und auf den Empfehlungen der Landesjugendämter.

 

Zur Umsetzung der Dienstanweisung Kinderschutz wurde bereits im letzten Jahr eine Schulung für die Leitungsmitarbeiter und die Fachkräfte der Abteilungen des FB2 durchgeführt, um Sicherheit im Umgang mit Kinderschutzfragen zu entwickeln. Es ist geplant, im 2. Halbjahr 2021 eine weitere Schulung anzubieten; zur Entwicklung von Handlungssicherheiten bedarf es perspektivisch bedarfsgerecht jährlicher Netzwerktreffen mit den Leitungsmitarbeitern und den Kinderschutzteams. Die gesetzlich vorgeschriebene Beratung zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung für die Einrichtungen der Jugendhilfe wird parallel umgesetzt. Die Fachberatung Kinderschutz wurde dem JHA am 13.09.2017 vorgestellt.

 

Die Dienstanweisung Kinderschutz wird von Herrn Bürgermeister Bommers erlassen.

 

Es ist nicht nur unser Auftrag, sondern auch unser Anliegen, kontinuierlich an einer guten Umsetzung unseres Kinderschutzauftrages zu arbeiten.


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

 

keine


Alternativen:

 

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