Betreff
Quartiersentwicklung "RheinEck" - Letter of Intent zwischen GWH und Stadt Meerbusch
Vorlage
FB4/1337/2021
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat der Stadt Meerbusch beschließt den als Anlage 1 beigefügten Letter of Intent (LoI) zwischen den Vertragspartnern GWH und Stadt Meerbusch zur Quartiersentwicklung „RheinEck“ aufbauend auf dem bisherigen Planungs- und Abstimmungsprozess.

 

 


Sachverhalt:

 

Kurzzusammenfassung

 

Seit 2011 ist die hessische Wohnungsgesellschaft GWH Eigentümerin hunderter Wohnungen der sogenannten „Böhlersiedlung“, welche heute als „RheinEck“ bezeichnet wird. In den 1950er Jahren wurde im Stadtteil Meerbusch-Büderich die Wohnsiedlung für mehr als 3.000 Mitarbeiter des Stahlveredlers Böhler gebaut. Die Wohnqualität und insbesondere die Wohnumfeldqualität haben jedoch in den letzten Jahrzehnten an Attraktivität und Aufenthaltsqualität verloren. Die GWH und die Stadt Meerbusch sind sich einig darüber, bereits getätigte Investitionen der Wohnungsgesellschaft zu verstärken und die eingeleitete positive Entwicklung für das Quartier und seine Bewohner zu forcieren. Mithilfe externer Partner wurde ein städtebauliches Konzept sowie ein Maßnahmenkatalog entwickelt, welches im Dezember 2020 vom Rat der Stadt Meerbusch als integriertes, informelles städtebauliches Entwicklungskonzept beschlossen wurde (Verwaltungsvorlage FB4/1247/2020). Um eine höhere Verbindlichkeit der geplanten Maßnahmen im Quartier sicherstellen zu können, soll zudem ein Letter of Intent zwischen den Vertragspartnern GWH und Stadt Meerbusch vereinbart werden.

 

Die folgenden Ausführungen blicken zunächst zurück auf den bisherigen Prozess und die gemeinsam formulierte Zielsetzung der Quartiersplanung und greifen dann konkret den Letter of Intent sowie einige zentrale soziale Aspekte aus dem Quartier auf.

 

 

Historie zur Vorlage

 

-       Bebauungsplan Nr. 224 und Veränderungssperre Nr. 64, Meerbusch-Büderich, Böhler-Siedlung aus der Sitzung 16.06.2010 (APL) und 24.06.2010 (Rat)

-       Beschlussvorlage FB4/353/2012: 1. Verlängerung der Veränderungssperre Nr. 64 für den Bereich des Bebauungsplans Nr. 224, Meerbusch-Büderich, Böhler-Sieldung aus der Sitzung 06.06.2012 (APL) und 28.6.2012 (Rat)

-       Beschlussvorlage FB4/391/2012: Teilraumentwicklungsplan für die Böhler-Siedlung in Meerbusch-Büderich gem. § 1 (6) Nr. 11 BauGB aus der Sitzung 29.08.2012 (APL)

-       Beschlussvorlage FB4/487/2012: Zustimmung zum Teilraumentwicklungsplan; Bebauungsplan Nr. 224, Meerbusch-Büderich, Böhler-Siedlung, Änderung des Aufstellungsbeschlusses gem. § 2 (1) BauGB aus der Sitzung 28.02.2013 (APL) und 28.02.2013 (Rat)

-       Beschlussvorlage FB4/559/2013: 2. Verlängerung der Veränderungsperre Nr. 64 für den Bereich des Bebauungsplans Nr. 224, Meerbusch-Büderich, Böhler-Siedlung aus der Sitzung 04.06.2013 (APL) und 27.06.2013 (Rat)

-       Beschlussvorlage FB4/0040/2014: Bebauungsplan Nr. 224, Meerbusch-Büderich, Böhler-Siedlung, Zustimmung zum Entwurf des städtebaulichen Vertrages aus der Sitzung 02.09.2014 (APL)

-       Information zur Wiederaufnahme der Planungen mit GWH, ICM und Herkrath & Herkrath aus der Sitzung 17.06.2020 (APL)

-       Beschlussvorlage FB4/1247/2021: Quartierskonzept „RheinEck“, Beschlussfassung als integriertes, informelles städtebauliches Entwicklungskonzept gem. § 1 Abs. 6 Nr. 11 Baugesetzbuch am 10.12.2020 (APL) und 17.12.2020 (Rat)

 

 

1.      Das Plangebiet „RheinEck“

 

Das Quartier „RheinEck“, südlich gelegen im Stadtteil Meerbusch-Büderich unmittelbar angrenzend an Düsseldorf und Neuss, besteht aus ca. 150 Einzelgebäuden mit ca. 800 Wohneinheiten. Realisiert wurden diese ca. von 1956 bis 1988, überwiegend als Werkswohnungen für Beschäftigte der Böhlerwerke und deren Familien. Zum größten Teil befinden sich die Gebäude des in die Jahre gekommenen Quartiers im Eigentum der GWH Wohnungsgesellschaft mbH Hessen. Das städtebauliche Konzept umfasst dabei den nördlichen Teil des Quartiers, flankiert von der Römerstraße, Neusser Straße und dem Laacher Weg. Der Maßnahmenkatalog bezieht sich hingegen auch auf den südlichen Teil des Quartiers, bis hin zur A52. Dabei umfasst der Bereich des Entwicklungskonzeptes rund 500 Wohneinheiten im Bestand der GWH. Weitere 78 Wohneinheiten sind nicht im Besitz der GWH, wurden im Rahmen der durchgeführten Stellplatzuntersuchung jedoch mit betrachtet.

 

 

2.      Anlass und Ziel der Planung

 

Ein Großteil der GWH-Gebäude entspricht nicht mehr den heutigen Wohnstandards. Gleichwohl hat die GWH in den letzten 12 Jahren mit ca. 13 Millionen Euro bereits erhebliche Investitionen in die Modernisierung einzelner Objekte und des Wohnumfelds getätigt. Dies genügt jedoch nicht, um die Investitionsversäumnisse aus den Jahren davor auszugleichen. Als weiteren wichtigen Entwicklungsimpuls beabsichtigt die GWH daher ein differenziertes Quartierskonzept in Abstimmung mit der Stadt Meerbusch umzusetzen. Dabei ist das vorrangige Ziel, das Quartier durch unterschiedliche Wohnraumangebote für verschiedenste Zielgruppen zukunftsfähig zu entwickeln, in seinen positiven Eigenschaften weiter zu qualifizieren und zu stabilisieren. Es soll eine ausgewogene soziale Durchmischung im Quartier etabliert werden, welche die Wohnsituation für die Bestandsmieterinnen und -mieter attraktiviert und durch den Neubau von neun Mehrfamilienhäusern auf insgesamt sieben Baufeldern das Mieterklientel im Sinne einer sozialen Durchmischung erweitert. 

 

Die Verbesserung der Wohnraumversorgung wird begleitet von einer Aufwertung der öffentlichen Räume und Freiflächen, einem Konzept zur Neuordnung des ruhenden Verkehrs, ergänzender sozialer Infrastruktur und einer Förderung der Gemeinschaft und Quartiersidentität. Beispielsweise sollen hierzu die Eingangsbereiche der Wohngebäude saniert, ein Beleuchtungskonzept im Quartier etabliert, Aufenthaltsflächen attraktiviert, Spielflächen qualifiziert und ein Quartierscafé am Böhlerhof etabliert werden.

 

 

3.      Zusammenarbeit der Akteure und gemeinsames Verständnis des Letter of Intent

 

Zum Erreichen der zuvor genannten Zielsetzung wurde in enger Zusammenarbeit zwischen der InnovationCity Management GmbH, dem Architekturbüro Herkrath & Herkrath und dem Ingenieurbüro Spiekermann GmbH Consulting Engineers als externe Planer im Auftrag der GWH, der GWH selbst und der Verwaltung der Stadt Meerbusch in den letzten Monaten ein Maßnahmenkatalog und ein städtebauliches Konzept erarbeitet, das politisch bereits beraten und beschlossen wurde. Die erarbeiteten Maßnahmen sollen im Sinne der Selbstverpflichtung kurz- sowie mittelfristig, in einzelnen Fällen langfristig, umgesetzt werden. Grundsätzlich können die Maßnahmen jedoch unabhängig voneinander und unabhängig von einer möglichen Förderung umgesetzt werden.

 

Der überwiegende Teil der Maßnahmen fällt in den Verantwortungsbereich der GWH. Es gibt jedoch auch Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich der Stadt Meerbusch, insbesondere die Neugestaltung des Böhlerhofs, optimalerweise in Verbindung mit der Instandsetzung und Straßenraumgestaltung der dort hinführenden Straße „Am Farnacker“ oder im Bereich öffentlicher Grünflächen. Gleichwohl ist mit Blick auf die Umsetzung der Maßnahmen angedacht, dies weiterhin in engem Austausch vorzusehen.

 

Einige der genannten Maßnahmen sowie sonstige bereits erfolgte Absprachen zwischen den Akteuren werden nun mithilfe eines Letter of Intent (LoI) konkretisiert und vertraglich festgehalten. Der LoI versteht sich dabei als eine Absichtserklärung bzw. Grundsatzvereinbarung zwischen den Vertragspartnern über bisherige Gesprächsergebnisse. Das ernsthafte Interesse der Durchführung der enthaltenen Maßnahmen und Vereinbarungen wird dadurch bekräftigt und strukturiert zugleich den noch folgenden (Planungs-)Prozess. Die Konsensbildung und (vor-)vertragliche Fixierung im Rahmen eines solchen LoI kann dabei künftig den Prozess unterstützen und zugleich beschleunigen.

 

Inhaltlich bezieht sich der LoI RheinEck insbesondere auf die Punkte: Planungsrecht, Wohnungsbau, Mietpreis- und Belegungsbindung, Stellplatz- und Mobilitätsmanagement sowie Neugestaltung Böhlerhof/Am Farnacker. Die Vertragslaufzeit sowie sonstige Bestimmungen sind ebenfalls enthalten und können, neben den inhaltlichen Aspekten, der Anlage 1 „Letter of Intent RheinEck“ entnommen werden. Verwaltungsseitig wurden dabei alle durch den LoI bzw. die Quartiersentwicklung betroffenen Fachbereiche einbezogen und es wurde ein gemeinsames, abgestimmtes Grundverständnis erreicht.

 

Im folgenden Kapitel soll nun nochmals explizit auf die sozialen Gegebenheiten / Faktoren im Quartier eingegangen werden. Dies ist auch zentraler Bestandteil des LoI und soll an dieser Stelle differenziert betrachtet und anhand bereits heutiger im Quartier etablierten Institutionen und Begriffsbestimmungen etc. erläutert werden.  

 

 

4.      Soziale Faktoren im Quartier

 

Betrachtet man die einzelnen Institutionen und Maßnahmen, die speziell für die Bewohnerinnen und Bewohner des Büdericher-Südens, also in der ehemaligen Böhlersiedlung bzw. in deren Erweiterung jenseits des Laacher Weges angeboten werden, erkennt man vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten und Hilfestellungen. Diese sind schon heute auf spezifische, aber auch allgemeine Lebenslagen abgestimmt.

 

·         Bereits seit 1998 besteht das Stadtteilprojekt und ist inzwischen zu einer festen Institution im Stadtteil geworden. Es bietet Unterstützung „in der Nähe“. Im Stadtteilbüro besteht ein regelmäßiges Beratungsangebot des Jugendamtes.

·         Weiterhin ist das freizeitpädagogische Angebot des Abenteuerspielplatzes zu nennen. Neben der täglichen Öffnung gibt es größere Projekte, an denen sich auch Eltern beteiligen.

·         Die Kindertagesstätte „Am Sonnengarten“ im heutigen Neubau „Sonnengarten“ trägt als erste Einrichtung in Meerbusch seit 2007 das Gütesiegel „Familienzentrum NRW“. Neben dem Betreuungsangebot werden weitere Dienste und Unterstützungen angeboten und über feste Kooperationen mit anderen Institutionen kontinuierlich an den Bedarfen im Quartier ausgerichtet.

·         Seit dem Jahr 2010 ist die AWO in Büderich-Süd mit einem Mütterprojekt ansässig. In den ehemaligen Räumen des Lukaskindergartens macht eine sozialpädagogische Fachkraft verschiedene Angebote, die sich primär an Mütter mit Migrationshintergrund richten. Die Informations-, Beratungs- und Bildungsangebote sind speziell auf die Zielgruppe zugeschnitten. Ziel ist die Verbesserung der Erziehungskompetenz durch eine Stärkung der Mütter.

·         Als einzige Seniorenbegegnungsstätte im Stadtgebiet ist die Begegnungsstätte der AWO „Am Kapittelsbusch“ seit Jahrzehnten eine feste Anlaufstelle für viele Seniorinnen und Senioren aus Büderich und insbesondere aus dem Umfeld, um sich z.B. in einem PC Kurs fortzubilden, gemeinsam Sport zu machen, zu reisen oder sich einfach nur zu treffen.

·         In den Mietwohnungen der GWH im RheinEck konnte z.B. auch die Stiftung Hephata mit einer Wohnform für behinderte Menschen oder der ev. Verein für Jugend und Familienhilfe mit einem Standort für flex. Erziehungshilfen und einem Trainingswohnen verortet werden.

 

Mit dem hier zu beratenden Letter of Intent und in dessen Umsetzung mit der Quartiersentwicklung im RheinEck soll eine soziale Durchmischung unterstützt werden, ohne z.B. sozial benachteiligte Bewohnerinnen und Bewohner zu verdrängen. Die GWH und ICM haben in der anstehenden Quartiersentwicklung den Fachbereich Soziales frühzeitig einbezogen und sich von Beginn der Gespräche an auch für eine Entwicklung der sozialen Strukturen und der sozialen Sicherung offen gezeigt. Dabei wurde seitens der Sozialverwaltung auch zugrunde gelegt, dass z.B. eine Entlastung der sozialen Sicherungssysteme durch die Förderung selbstbestimmten Wohnens im Alter erreicht werden kann. Ebenso wird im LoI die Wohnraumförderung als Instrument zur Ausweitung von Mietpreis- und Belegungsbindungen im Wohnungsbestand, durch die so genannte mittelbare Belegung, festgelegt.

 

Mittelbare Belegung bedeutet: "Bei der Förderung von bindungsfreiem Mietwohnraum ist ein Benennungsrecht für Begünstigte der Einkommensgruppe A an geeigneten Ersatzwohnungen zu begründen". Das Förderinstrument ermöglicht es Wohnungsvermietern, in einem Quartier geförderten Wohnungsbau zu betreiben, diesen jedoch dauerhaft ohne Mietpreis- und Belegungsbindung zu vermieten, wenn sie im Gegenzug ein Besetzungsrecht an freien oder freiwerdenden Ersatzwohnungen im Bestand einräumen. Letztlich soll die mittelbare Belegung die Stabilisierung von Quartieren mit einseitigen sozialen Belegungsstrukturen unterstützen, indem Wohnraum für den Mittelstand geschaffen und ohnehin preisgünstiger Wohnraum auch auf Dauer gesichert wird.

 

Der aktuelle Bestand der geförderten Wohnungen in Bindung, liegt in Büderich bei 357 WE (Bauverein 82, GWG 33, GWH 242) gegenüber 2020 ist die Zahl um 59 WE gewachsen obwohl 20 WE aus der Bindung gefallen sind. Im Rahmen der Gespräche mit der GWH wurde davon ausgegangen, dass 113 Wohneinheiten neu geschaffen werden sollen und es zu einer mittelbaren Bindung von 30% also rund 34 Bestandswohnungen kommen soll.

 

Zu Begrüßung ist auch die weitergehende Selbstverpflichtung der GWH zu einer Weiterführung der sogenannten „Sozialcharte“, zumindest soweit eine „soziale Härte“ nachweislich entstünde. Wie viele der ehemaligen Werkswohnungen heute von Menschen mit einem Anspruch z.B. eines Wohnberechtigungsscheines bewohnt werden oder Transferleistungen beziehen, ist der Verwaltung nicht bekannt.

 

Mit der Schaffung eines Angebotes im „Wohnen mit Service“ für Senioren kommen wir einem Wunsch nach, den sehr viele Senioren auch in der aktuellen Seniorenbefragung als bevorzugte Wohnform im Alter angegeben haben. Auch wenn in Meerbusch ein im Kreis vergleichbar gutes Angebot schon heute vorgehalten wird, gibt es Wartelisten für solche Wohnformen. Die GWH verfügt schon über einige Erfahrung mit solchen Wohnformen und beabsichtigt die Umsetzung mit einem sozialen Träger, der schon in Meerbusch tätig ist und auf dessen etablierten Strukturen zurückgegriffen werden kann. Die Senioren werden alleine oder zu zweit in kleinen Mietwohnungen leben und dabei auf Gemeinschafträume und die Dienstleistungen des Trägers zurückgreifen können.

 

Auch in dem weiteren Gebäude am Böhlerhof könnte eine Nutzung im Bereich Pflege oder Betreuung verortet werden. An die Sozialverwaltung wurde zuletzt immer wieder der Wunsch nach Wohnformen für behinderte Menschen gerichtet. Zuletzt konnte gemeinsam mit dem Investor am Schweinheimer Kirchweg ein solches Projekt entstehen, welches gerade jungen Menschen trotz ihrer Behinderung eine eigene Wohnung und damit einen wesentlichen Schritt in Richtung eines selbstbestimmten Lebens außerhalb des Elternhauses oder einer Einrichtung erlaubt.

 

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Finanzielle Auswirkungen für die Stadt Meerbusch ergeben sich erst durch die konkrete Umsetzung städtischer Maßnahmen in Folge noch zu fassender Ausführungsbeschlüsse. Bis dahin sind auf Grundlage noch zu erstellender Objektplanungen die voraussichtlichen Ausführungskosten und städtischen Kostenanteile zu ermitteln und die Möglichkeiten einer Förderung auszuloten. Die vorgenannten Kosten werden zu gegebener Zeit im Zuge der Haushaltsplanung angemeldet.

 


Alternativen:

 

Verzicht auf den Beschluss des Letter of Intent oder ergänzende Verhandlungen