Betreff
Einführung einer dritten Qualifikationsstufe in der Kindertagespflege
Vorlage
FB2/0440/2021
Art
Informationsvorlage

In Meerbusch erhalten Tagespflegepersonen (TPP), die über eine Grundqualifizierung verfügen, die laufende Geldleistung nach der Stufe 1. Gleichzeitig sind sie verpflichtet, innerhalb von weiteren zwei Jahren die Aufbauqualifikation zu absolvieren, damit sie insgesamt über eine Qualifizierung von 160 Stunden verfügen.

Haben sie dies erfolgreich geschafft, erhalten sie die Geldleistung nach der Stufe 2 (Aufbauqualifikation). Mit der Verpflichtung zur Aufbauqualifikation soll erreicht werden, dass eine vergleichbare Leistung von allen TPPs erbracht werden kann.

Pädagogische Fachkräfte (Erzieher*innen, Kinderpfleger*innen und sonstige Fachkräfte) erhalten die Stufe 2 direkt nach Absolvierung der Grundqualifikation, da sie bereits aufgrund ihrer pädagogischen Ausbildung über vertiefte pädagogische Kenntnisse verfügen.

Kindertagespflegeperson ist demnach kein „Ausbildungsberuf“, nicht selten sind Tagespflegepersonen jedoch bereits langjährig erfahren in ihrer Tätigkeit oder sind ursprünglich mal als Erzieherin oder Kinderpflegerin ausgebildet worden. Zukünftig werden auch vermehrt Qualifizierungsmaßnahmen nach dem sg. Qualitätshandbuch (QHB) erfolgen, wonach die TPPs dann insgesamt 360 Stunden Qualifizierung vorweisen können und somit umfangreichere Kenntnisse auch bzgl. der frühkindlichen Entwicklung, pädagogischer Handlungsansätze, Hygiene, Ernährung, Entwicklungsbeobachtung und -dokumentation etc. erwerben.

Es gibt drei mögliche Gruppen von Kindertagespflegepersonen, für die eine dritte Qualifizierungsstufe in Frage kommen würde:

1.      Einführung einer dritten Qualifikationsstufe für pädagogische Fachkräfte

Für eben diese Gruppe von Tagespflegepersonen wird seit einiger Zeit immer wieder die Einführung einer zusätzlichen (dritten) Qualifikationsstufe diskutiert, um ihre „Fachlichkeit“ besonders zu honorieren.

Die Verwaltung gibt an dieser Stelle zu bedenken, dass die Zahlung einer höheren laufenden Geldleistung für Tagespflegepersonen, die über eine Ausbildung als pädagogische Fachkraft verfügen, zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Tagespflegepersonen in Meerbusch führen und zudem zu einem ungewollten Verdrängungswettbewerb beitragen könnte, falls die Eltern in der Annahme, mit einer pädagogischen Fachkraft die qualitativ bessere Betreuung für ihr Kind zu bekommen, diese Angebote präferieren würden. In den Kindertageseinrichtungen gilt das sg. Fachkräftegebot, was dazu führt, dass die Qualifizierung zur Tagespflegeperson nicht ausreicht um in einer Kita im Rahmen der vorgegebenen Mindestpersonalbesetzung nach KiBiz beschäftigt zu werden. Seit einigen Jahren herrscht ein deutlicher Fachkräftemangel vor, was zu einer höheren Belastung des vorhandenen Kita-Personals führt, da freiwerdende Stellen oft sehr lange nicht nachbesetzt werden können. Infolge einer höheren Bezahlung der Tagespflegepersonen könnten sich möglicherweise auch mehr Fachkräfte entscheiden, den Weg als selbständige Tagespflegeperson einzuschlagen, was den Mangel an Fachkräften in den Kitas noch weiter verschärfen würde. Auch das wäre ein Effekt, der nicht gewollt wäre.

Entscheidet sich eine Familie im Rahmen des gesetzlich verankerten Wunsch- und Wahlrechtes für die Betreuungsform der Kindertagespflege, so entscheidet sie sich für eine familienähnliche Betreuung in einer kleinen Gruppe durch die qualifizierte Tagespflegeperson als konstante Bezugsperson für das Kind und einem verbindlichen Ansprechpartner für die Eltern.

Die Voraussetzung für die Betreuung im Rahmen der Kindertagespflege ist, dass die betreuende Person als Kindertagespflegeperson qualifiziert ist und nicht, dass sie pädagogische Fachkraft im Sinne des KiBiz NRW ist.

Kind, Eltern und Tagespflegeperson entscheiden anhand individuell unterschiedlicher Faktoren, ob sie miteinander arbeiten und eine Erziehungspartnerschaft eingehen wollen.

Für Eltern darf bei der Diskussion über die Bezahlung der Tagespflegeperson nicht der Eindruck entstehen, ihr Kind sei bei einer pädagogischen Fachkraft qualitativ besser betreut, als bei einer qualifizierten Tagespflegeperson.

Entscheidet sich eine pädagogische Fachkraft als Tagespflegeperson tätig zu sein, so muss sie bedenken, dass sie nach der geforderten Qualifikation bezahlt wird und nicht nach der, die sie zusätzlich, über diese Anforderung hinaus mitbringt.

Darüber hinaus ist die Verwaltung gehalten, nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit vorzugehen. Wenn es mehrere frei verfügbare und geeignete Leistungserbringer oder Maßnahmen gibt, ist prinzipiell zunächst die günstigere Leistung / Maßnahme zu wählen.

Verwaltungsseitig wären wir also – sofern es eine Auswahl an freien Plätzen gäbe – verpflichtet, den günstigeren Tagespflegeplatz zu vermitteln, sofern das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern nicht eingeschränkt würde.

2.      Einführung einer dritten Qualifikationsstufe nach Jahren der Berufserfahrung in der Kindertagespflege:

Bei der Kindertagespflege handelt es sich um eine Dienstleistung, die in ihrer Konzeption und Umsetzung von großer Individualität geprägt ist und sich maßgeblich an den Bedürfnissen der zu betreuenden Kindern und ihren Familien orientiert.

Die Dauer der Ausübung dieser Tätigkeit als alleiniges Kriterium ist kein eindeutiges Kennzeichen für die erhöhte inhaltliche Qualität in der Ausübung der Tätigkeit.

Die Gewährung einer höheren Geldleistung auf der Basis eines Leistungsbewertungssystems ist nicht möglich, da die Qualität der inhaltlichen Arbeit, abgesehen von der Einhaltung gültiger Standards, die eine sichere Betreuung und altersgerechte Förderung beinhalten, kaum objektiv messbar ist. Kind, Eltern, Kindertagespflegeperson und die Fachberatung bewerten ein und dieselbe Situation qualitativ durchaus unterschiedlich.

3.      Einführung einer dritten Qualifikationsstufe nach besonderer Spezifikation,

·         der Betreuungstätigkeit (Betreuung von Kindern mit Inklusionsbedarf)

Die Voraussetzungen für die zusätzliche Betreuung von Kindern mit Inklusionsbedarf ist bereits in der Satzung der Stadt Meerbusch geregelt.

·         oder für die Betreuung in Randzeiten

Für die Betreuung in Randzeiten vor oder nach der Inanspruchnahme eines Betreuungsangebotes in einer Kita oder des Offenen Ganztages ist derzeit keine Zahlung eines höheren Stundensatzes vorgesehen. Hier könnte man jedoch über die Anwendung von Zeitzuschlägen z. B. für Nachtarbeit, Samstags- oder Sonntagsarbeit nachdenken.

Die Betreuungsangebote sollen sich nach dem individuellen Bedarf der Kinder und ihrer Familien richten, sollten in der Regel jedoch insgesamt die tägliche Dauer von 9 Stunden nicht überschreiten. Im Rahmen der Satzung über die Förderung von Kindern in der Kindertagespflege wurde daher für die Inanspruchnahme der Randzeitenbetreuung eine Obergrenze von insgesamt 55 Stunden wöchentlicher Betreuungszeit durch öffentlich geförderte Betreuungsangebote festgelegt.

In einigen der anliegenden Kommunen wurden weitere Differenzierungen bei den Qualifizierungsstufen vorgenommen, in Kaarst und Willich gibt es weiterhin – wie aktuell in Meerbusch – zwei Qualifizierungsstufen. Anbei folgt die Übersicht über die aktuellen Stundensätze der umliegenden Kommunen.

Grundqualifikation

Aufbauqualifikation (160 Std. nach DJI)

Aufbauqualifikation (160 Std.) zuzgl. Berufserfahrung/ päd. Ausbildung

Bemerkung

Willich

3,30 €

5,50 €

5,50 €

keine 3. Stufe

Düsseldorf

2,76 € (allerdings gilt dies für Kräfte, die keine Qualifikation haben)

4,60 €

5,05 €

3. Stufe für päd. FK und TPPs mit fünfjähriger Tätigkeit in Stufe 2

Duisburg

4,35 € (hierfür ist bereits die 160 Std. Qualifikation notwendig)

4,35 €

5,35 €

sehr weit differenzierte Quali-Regelungen, max. 5,85 €, wenn eine päd. Ausbildung plus Fortbildung nach QHB (360 Std.) vorliegt

Neuss

4,50 €

5,00 €

5,50 €

Stufe 3 nach "mehrjähriger verwertb. Erfahrung"

Kaarst

4,20 €

5,20 €

5,20 €

keine 3. Stufe

Grevenbroich

4,50 €

5,00 €

5,50 €

3. Stufe für päd. FK und TPPs mit dreijähriger Erf.

Rhein-Kreis-Neuss

5,00 €

5,50 €

6,00 €

3. Stufe für päd. FK und TPPs mit dreijähriger Erf.

Die Stadt Krefeld orientiert sich bei der Höhe der Förderleistung der einzelnen Stufen am Grundgehalt der Vergütungsgruppe S4 TVöD und differenziert darüber hinaus nach insgesamt 6 Qualifikationsstufen. Eine Umrechnung auf Stundensätze pro Kind ist nicht ohne aufwändige Berechnungen möglich.

Insgesamt ist festzustellen, dass die Kommunen teils sehr differenzierte Stufenzuordnungen vornehmen, da nun auch die Weiterqualifizierung nach dem QHB (360 Std.), die ja für die Zukunft generell angestrebt wird, in die Beurteilung einfließt.

Der Haushaltsentwurf enthält zunächst noch keinen Ansatz für die Einführung einer dritten Qualifizierungsstufe. Der Haushaltsansatz wäre um rd. 154.000 € zu erhöhen, wenn die Entscheidung getroffen würde, eine dritte Qualifikationsstufe einzuführen. Die Kalkulation des Mehraufwandes erfolgte hierbei auf der Basis eines Betrages von 5,50 € pro Kind und pro Stunde.

Im Rahmen der regulären Erhöhung für alle TPPs von 1,5% betragen die Stundensätze in Meerbusch ab 01.01.2021:

Grundqualifikation:                3,93 € / Kind / Std.

Aufbauqualifikation:              5,15 € / Kind / Std.


In Vertretung

gez.

Frank Maatz

Erster Beigeordneter