Beschlussvorschlag:

 

Den nachfolgenden beantragten planungsrechtlichen Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 138, Meerbusch-Lank-Latum, “Marktplatz" und den Abweichungen von der Gestaltungssatzung Nr. 11 “Ortskern Lank-Latum“ für das Bauvorhaben Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit 8 seniorengeeigneten Wohnungen und Tiefgarage "Hauptstraße 6" gemäß Anlage 2 in Meerbusch-Lank-Latum wird für folgenden Tatbestand gemäß § 31 Abs. 2 BauGB - unter Auflagen - zugestimmt:

 

  1. Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf einer Fläche, die im Bebauungsplan als „Fläche für Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung Kirchen und kirchliche Zwecke dienende Gebäude und Einrichtungen“ festgesetzt ist
  2. Überschreitung der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen durch das Mehrfamilienhaus inklusive Balkonen
  3. Errichtung einer Tiefgarage inklusive Zufahrt außerhalb der festgesetzten Baugrenzen
  4. Abweichung von der in der Gestaltungssatzung festgesetzten Dachneigung von mindestens 45° zur Errichtung eines Satteldachs mit einer Dachneigung von 43.5°

 

 


Sachverhalt:

 

Ausgangssituation

Das geplante Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 138, Meerbusch-Lank-Latum, “Marktplatz“ (Rechtskraft: 23.08.1984), der für das Grundstück “Hauptstraße 6“ eine „Fläche für Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung Kirchen und kirchliche Zwecke dienende Gebäude und Einrichtungen“, II zulässige Vollgeschosse und Baugrenzen (16.50 m x 12.00 m) festsetzt sowie weitere textliche Festsetzungen trifft. Darüber hinaus liegt das Vorhaben im Geltungsbereich der Gestaltungssatzung Nr. 11 Ortskern Lank-Latum“, welche Gestaltungsfestzungen, u.a. zu der Dachneigung trifft. Im rückwärtigen Bereich des Vorhabens befindet sich die St.-Stephanus-Kirche.

 

 

Geplantes Bauvorhaben und erforderliche Befreiungen

Der Antragsteller begehrt in der Bauvoranfrage (Az.: BV-1265/2020) Auskunft darüber, ob er auf seinem Grundstück ein Mehrfamilienhaus (MFH) mit 8 seniorengeeigneten Wohnungen, welches die festgesetzten Baugrenzen (Baufenster) überschreiten sowie einer Tiefgarage inklusive Zufahrt außerhalb des Baufensters errichten kann. Das Gebäude ist mit zwei Vollgeschossen und einem zusätzlichen Nicht-Vollgeschoss sowie mit einem Satteldach geplant. Dem Haus sind 10 PKW-Stellplätze in der Tiefgarage zugeordnet. Überdachte Fahrradstellplätze und Müllabstellflächen sind in den Außenanlagen integriert. Das bestehende Wohngebäude und frühere Organistenwohnung „Hauptstraße 6“ (ca. 8.30 m x 8,50 m) würde inklusive der Garage abgerissen werden.

 

Zu 1.) Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf einer Fläche, die im Bebauungsplan als „Fläche für Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung Kirchen und kirchliche Zwecke dienende Gebäude und Einrichtungen“ festgesetzt ist

Begründet werden die beantragte Befreiungen zur Errichtung eines Wohnhauses auf einer „Fläche für Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung Kirchen und kirchliche Zwecke dienende Gebäude und Einrichtungen“ durch den Antragsteller zum einen mit der Tatsache, dass in den vergangenen Jahrzehnten die Mitgliederzahlen und Priesterzahlen der katholischen Kirche erheblich gesunken wären und in der Folge Gemeinden zusammengelegt werden und die Zahl der „kirchentypischer“ Mitarbeiter (Priester, Küster, Organisten etc.) deutlich vermindert werden mussten. Für die Grundstückseigentümerin seien weder die Notwendigkeiten noch die finanziellen Möglichkeiten für die Schaffung weiterer Mitarbeiterwohnungen an dieser Stelle gegeben. Andererseits bestünde im Großraum Düsseldorf und besonders in Lank-Latum erheblicher Bedarf, weiteren angemessenen Wohnraum zu schaffen; dies würde besonders für seniorengerechten, barrierefreien Wohnraum in zentraler Ortslage gelten. Gerade in Lank-Latum gäbe es für ältere Einwohner, die eventuell aus einem inzwischen zu großen Haus in eine angenehme Wohnung im Ort umziehen möchten, kaum Angebote. Ein solches Angebot soll nun mit den beantragten 8 Wohnungen, die alle kleiner als 75 m² sind, gemacht werden und zwar in einer zentralen Lage, die fußläufig alle Infrastruktur erreichen ließe.

 

Zu 2.) Überschreitung der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen durch das Mehrfamilienhaus inklusive Balkonen

Das festgesetzte Baufenster (16.50 m x 12.00 m) würde durch das MFH (18.00 m x 14.00 m) auf drei Seiten überschritten werden. Zusätzlich würde das Baufenster durch drei Balkone an der westlichen Gebäudeseite auf einer Breite von ca. 2.30 m überschritten werden. Die Überschreitung wird durch den Antragsteller mit dem Ziel der Errichtung von seniorengerechten, barrierefreien Wohnraum begründet, welcher zwingend den Einbau eines Aufzuges über alle Etagen benötigen würde. Ohne einen solchen Aufzug wären nur zwei Wohneinheiten im Erdgeschoss barrierefrei zu erstellen. Zudem ergäbe sich das beantragte vergrößerte Baufenster aus der überholten Bautiefe von 12.00 m und aus den nötigen Flexibilität in den Wohnungsgrundrissen. Folglich wären 8 etwas kleinere Wohneinheiten, anstelle von nur 6 Wohneinheiten möglich. Ferner könnte ein Aufzug nur durch die Verteilung sowohl der Investitions- als auch der Betriebskosten auf mehr Parteien wirtschaftlich dargestellt werden; zudem würde das leicht größere Baufenster dessen bessere räumliche Einplanung ermöglichen.

Die Balkone können in Übereinstimmung mit der Gestaltungssatzung nur zur straßenabgewandten Seite und als untergeordnete Bauteile in den Maßen von § 6 Ans. 6 Nr. 2 BauO NRW gestattet werden. Ohne Balkone oder Loggien, die den Aufenthalt auch im Freien ermöglichen, wären, laut Antragsteller, heutzutage gutwertige Wohnungen nicht mehr vermarktbar; Umgekehrt würden reine Loggien zur Westseite den bei einer Bautiefe von 14.00 m gewonnenen Gestaltungsraum zur Schaffung von 8 kleineren Wohneinheiten gleich wieder vermindern.

 

Zu 3) Errichtung einer Tiefgarage inklusive Zufahrt außerhalb der festgesetzten Baugrenzen

Die Anlage einer Tiefgarage wurde in Vorgesprächen von der Verwaltung angeregt, da so die ebenerdigen Stellplätze, welche gemäß Bebauungsplan als öffentliche Stellplätze festgesetzt sind, entlang der Hauptstraße erhalten werden können, obwohl sie sich im Eigentum der Kirchengemeinde befinden und der aktuelle Pachtvertrag ausläuft. Diese werden auch überwiegend von Besucherinnen und Besuchern des Ortskerns, der Kirche und der Nachbarschaft genutzt. Zudem wäre es städtebaulich zu begrüßen, wenn die neuen Stellplätze bzw. die Fahrzeuge aus dem öffentlichen Raum unter die Erde verlegt würden. Auch die späteren Bewohnerinnen und Bewohner würden einen Komfort- / Nutzungsvorteil in der Anlage einer Tiefgarage erhalten.

 

Zu 4.) Abweichung von der in der Gestaltungssatzung festgesetzten Dachneigung von mindestens 45° zur Errichtung eines Satteldachs mit einer Dachneigung von 43.5°

Bezüglich der Unterschreitung der in der Gestaltungssatzung Nr. 11 festgesetzten Dachneigung führt der Antragsteller zunächst auf, dass sowohl Bebauungsplan als auch Gestaltungssatzung keine Firsthöhen festsetzen. Die bauliche Höhe würde sich vielmehr aus der Bautiefe in Verbindung mit der vorgegebenen Mindestdachneigung sowie den Höhen der zulässigen Geschosse ergeben. Zugleich soll die Firsthöhe des direkt schräg gegenüberliegenden Wohnhauses „Hauptstraße 1 - 3“ von 45.24 m ü NN nicht überschritten werden. Diese Vorgabe könnte laut Antragsteller, in Bezug auf das beantragte Vorhaben, bei heutzutage üblichen und nutzungsangemessenen Geschosshöhen entweder über einen Verzicht auf einen Drempel oder über eine leichte Verminderung der Dachneigung erreicht werden. Beide Varianten wären möglich. Architektonisch und städtebaulich wäre aber die Variante mit einem 0.5 m hohen Drempel und einer 43.5° Dachneigung zu bevorzugen. Diese Variante wurde in Vorgesprächen von der Verwaltung favorisiert, da das Vorhaben somit einerseits weniger gedrungen erscheinen würde und andererseits die 1.5°-Abweichung mit dem Auge kaum wahrnehmbar sein wird. Zudem befinden sich in der unmittelbaren Umgebung auch einige ältere zweigeschossige Objekte mit weniger als 45° Dachneigung.

 

 

Empfehlung und Auflagen

Die vorliegende Planung stellt das Ergebnis umfangreicher Vorgespräche und bereits erfolgter Umplanungen auf Vorschlag der Verwaltung dar. Die beantragten Befreiungen der Bauvoranfrage können seitens der Verwaltung nachvollzogen und in Aussicht gestellt werden. Da es sich um wesentliche Befreiungen handelt, ist die Zustimmung des Ausschusses für Planung und Liegenschaften erforderlich.

 

Die Verwaltung empfiehlt den Beschluss der Befreiungen unter folgenden Auflagen:

-       Abstimmung der Farbigkeit sowie der Musterung der Klinkerfassade mit der Verwaltung, um ein harmonisches Einfügen des Gebäudes vor der Kirche zu gewährleisten (Bemusterung)

-       Einhaltung der in der Gestaltungssatzung Nr. 11 unter § 12 Schaufenster getroffenen Festsetzungen in Abstimmung mit der Bauaufsicht der Stadt Meerbusch.

Dies betrifft insbesondere die Errichtung eines 0,5 m hohen Sockels. Zwar handelt es sich bei dem beantragten Vorhaben um ein Wohngebäude ohne Schaufenster, die Verwaltung empfiehlt dennoch die Anwendung dieser gestalterischen Festsetzung, um ein harmonischen Einfügen der beantragten Planung in die städtebaulich sensible Umgebung zu gewährleisten.

-       Qualitative Errichtung von zusätzlichen Fahrradstellplätzen in Abstimmung mit der Bauaufsicht der Stadt Meerbusch

-       Ersatzpflanzung für den Baum im vorderen Grundstücksbereich, welcher im Zuge der Neubebauung gefällt werden müsste. Die Neupflanzung ist mit dem SB11 abzustimmen und sollte in angemessener Qualität im öffentlichen Straßenraum erfolgen.

 

Im weiteren Verfahren ist auf Hinweis der Unteren Denkmalbehörde eine archäologische Sachverhaltsermittlung durchzuführen, um den Boden auf erhaltene archäologische Relikte zu untersuchen und diese zu bewerten. Eine schnellstmögliche entsprechende Untersuchung wurde von der Eigentümerin bereits veranlasst.

 

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen keine Auswirkungen auf den Haushalt

 


Alternativen:

 

  1. Den Befreiungen wird nicht zugestimmt
  2. Änderung des Bebauungsplans