In den Haushaltsberatungen zum Haushalt 2020 hatte die SPD-Fraktion den Antrag gestellt, den Schüler*innen der Sekundarstufe II der Meerbuscher Schulen ab dem Schuljahr 2020/21 ein kostenloses Schokoticket zur Verfügung zu stellen.
Gesetzliche Grundlagen der Schülerbeförderung und aktuelle Regelung
Das Schulfinanzgesetz in Verbindung mit der Schülerfahrkostenverordnung regelt, ab welcher Entfernung zwischen Wohnung und Schule der Schüler/die Schülerin einen gesetzlichen Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten hat. Vorzugsweise erstattungsfähig sind Kosten, die für die Nutzung des ÖPNV entstehen.
Im Schulfinanzgesetz enthalten ist die Ermächtigungsgrundlage für den Schulträger, dass bei einer Bewilligung von Monatstickets für den ÖPNV, die auch Fahrten in der Freizeit ermöglichen, von den Eltern ein Eigenanteil bis zu 12,00 € pro Beförderungsmonat erhoben werden kann.
Die Stadt Meerbusch ist Mitglied im Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR), das Verkehrsunternehmen, welches die Buslinien in der Stadt Meerbusch betreibt, ist die Rheinbahn.
Im Jahr 2002 wurde im VRR die Schülerbeförderung neu geregelt, das sogenannte Schokoticket wurde eingeführt. Die bis zu diesem Zeitpunkt geltende Regelung, dass der Schulträger für jede(n) einzelnen Schüler/Schülerin ein Busticket im Abo kauft, wurde abgeschafft. Stattdessen wurden monatliche Pauschalsummen für jeden Schulträger ausgehandelt, die dieser an den Verkehrsträger zu zahlen hat und die seitdem bis heute mit einem Preisindex von Jahr zu Jahr verändert wurden.
Weiterhin haben die Schulträger ihr Recht auf Erhebung eines Eigenanteils der Eltern an den VRR bzw. das jeweilige Verkehrsunternehmen abgetreten.
Im Gegenzug zur stabilen Einnahmesituation seitens der Schulträger wird seitdem im VRR ein sogenanntes Schokoticket angeboten. Dies ist ein günstiges Ticket, das es Jugendlichen bis zum 25. Lebensjahr (sofern sie eine Schule besuchen) ermöglicht, für derzeit 37,35 € pro Monat im VRR Gebiet den ÖPNV zu nutzen. Dieses Ticket richtet sich an Jugendliche, die kein Ticket nach den gesetzlichen Grundlagen der Schülerfahrkostenverordnung von ihrem Schulträger erhalten.
Das sogenannte Schokoticket zu dem vorgenannten Preis gibt es nur zu erwerben, wenn die jeweilige Stadt einen entsprechenden Vertrag mit dem Verkehrsunternehmen zur pauschalen Abrechnung der Schülerbeförderung abgeschlossen hat. Dies ist für die Stadt Meerbusch der Fall.
Zurzeit erhalten gerundet 1.500 Schüler*innen ein von der Stadt Meerbusch bezuschusstes Schokoticket, die nach Kinderzahl gestaffelten Eigenanteile zahlen die Eltern direkt an die Rheinbahn.
Prüfung entsprechend dem Antrag der SPD-Fraktion
Am 12. Februar 2020 fand ein Gespräch zwischen Vertretern der Rheinbahn und dem Schulträger statt, um entsprechende Möglichkeiten zu diskutieren. Grundsätzlich sieht die Rheinbahn die Bevorzugung einer Gruppe im Rahmen einer festgelegten Tarifstruktur als kritisch. Ob neben dem angebotenen Schokoticket ein weiterer Fahrausweis für Schüler*innen der Stadt Meerbusch separat eingerichtet werden könnte, muss zunächst auch die Frage nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz geklärt sein.
In der weiteren Prüfung des Sachverhaltes entstand folgende Stellungnahme durch das Justiziariat der Stadt Meerbusch:
Der Antrag der
SPD-Fraktion wurde anhand der einschlägigen Vorschriften, der bestehenden
Verträge zwischen der Stadt Meerbusch sowie der Rheinbahn AG und dem Verkehrsverbund
Rhein-Ruhr AöR sowie anhand der weiteren von dort schriftlich mitgeteilten
Informationen geprüft. Danach stellt sich die Sach- und Rechtslage wie folgt
dar:
Zum einen dürfte zu unterscheiden sein zwischen den Rechts- und
Vertragsverhältnissen, die die Stadt mit Rheinbahn und VRR unterhält, auf der
einen Seite und den Angeboten bzw. Leistungen, die die Stadt als Schulträger
"ihren" Schülern gewährt, auf der anderen Seite.
In die erste
"Rubrik" gehören die Hinweise von Rheinbahn und VRR in den
vorliegenden Mails, wonach das Personenbeförderungsgesetz und die Satzung des
VRR das jeweilige Verkehrsunternehmen verpflichten, Angebote jedem und zu
gleichen Bedingungen zugänglich zu machen sowie auf eine einheitliche Anwendung
des Gemeinschaftstarifs hinzuwirken. Das schließt es allerdings nicht von
vornherein aus, bestimmte Angebote oder
Vergünstigungen nur bestimmten Personengruppen zur Verfügung zu stellen (z.B. Auszubildenden),
wenn und soweit dafür die Stadt als Vertragspartner im Innenverhältnis zu den
Verkehrsunternehmen die entsprechenden Kosten übernimmt.
Zum anderen muss aber beachtet werden, dass die Stadt im Außenverhältnis zu den
Schülern (die die Stadt als Schulträger zwar nicht befördern, für deren
notwendig entstehende Fahrkosten die Stadt als Schulträger aber aufkommen muss)
ebenfalls verpflichtet ist, gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln und nur
dann zu differenzieren, also unterschiedlich zu verfahren, wenn die zugrunde
liegenden Sachverhalte auch nicht vergleichbar sind. Nun könnte man
argumentieren, dass auch die Schülerfahrkostenverordnung selbst nach Primar-
und Sekundarstufe differenziert und daran anknüpfend den Anspruch auf
Fahrtkosten von unterschiedlichen Schulweglängen und Entfernungen abhängig
macht. Allerdings liegt der Sachgrund für diese Differenzierung wohl darin
begründet, dass älteren, "erwachsenen" Schülern längere Wege
zuzumuten sind als kleineren bzw. jüngeren (Stichwort: kurze Beine - kurze
Wege).
Das ist - wenn man
anhand der Maßgaben des Gleichheitsgrundsatzes argumentiert - weder willkürlich
noch intransparent, sondern ein sachgerechtes Kriterium und damit
nachvollziehbar.
Aus dem Ansatz der SPD-Fraktion ist - wiederum an den Kriterien des
Gleichheitsgrundsatzes anknüpfend - dagegen nicht ersichtlich, warum in den
Genuss eines kostenlosen, also von der Stadt zu finanzierenden Schokotickets
nur die Schüler der Sek. II kommen sollen, und damit auch gerade noch die
ältesten und "erwachsensten", für die die Schülerfahrkostenverordnung
die höchste Zumutbarkeitsschwelle vorsieht. Allein der finanzielle Grund der
niedrigeren Kosten kann aus rechtlicher Sicht kein einschlägiges Kriterium
sein, weil es weder am Alter der Schüler noch an Wegelängen noch an sonstigen "individualisierbaren"
Eigenschaften der betroffenen Personen anknüpft, sondern am Haushalt der Stadt.
Diese ist aber gerade - siehe oben - zur Gleichbehandlung aller Schüler
verpflichtet, wenn und soweit es keine sachlichen Kriterien zur Differenzierung
gibt. Und die SPD-Fraktion begründet ihren Antrag selbst damit, dass "die
Schüler" an den ÖPNV herangeführt werden sollen - was umso schwieriger
sein dürfte, je älter sie sind.
Ergebnis
Die Übernahme der Fahrtkosten für die Nutzung des ÖPNV für
eine festgelegte Schülergruppe ohne Differenzierung mit sachlichen Kriterien
wird nicht empfohlen, da sie nicht rechtssicher umgesetzt werden kann.
In Vertretung
gez.
Frank Maatz
Erster Beigeordneter