Betreff
Verkauf eines Gewerbegrundstücks an der Ladestraße; Erteilung von Befreiungen
Vorlage
BM/1170/2020
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Planung und Liegenschaften stimmt den nachfolgenden planungsrechtlichen Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 266, Meerbusch-Osterath, „Ostara“ für das Bauvorhaben – Neubau eines Bürokomplexes, Ladestraße, Meerbusch-Osterath – für folgende Tatbestände gemäß § 31 (2) BauGB zu:

 

1.    Nicht-Einhaltung der Baulinie im südöstlichen Bereich auf ca.17 m Länge, Rücksprung um 6 m

 

2.    Überschreitung der maximal zulässigen Bauhöhe bis zu 2,70 m

 

3.    Nicht-Einhaltung der Baulinie entlang der östlichen Grenze des Grundstücks, sofern im unbebauten Abschnitt der Baulinie eine Baumreihe, eine Scheinfassade als begrüntes Gerüst oder ein Parkhaus errichtet wird. 

 

4.    Stellplätze für den ruhenden Verkehr liegen nicht in den dafür vorgesehenen Flächen.

 


Sachverhalt:

 

Die Stadt Meerbusch hat in den vergangenen Monaten Gespräche mit einem inhabergeführten IT-Unternehmen, das 1999 gegründet wurde und seitdem stetig gewachsen ist, für die Ansiedlung auf der städt. Fläche Ladestr. und dem angrenzenden, im Eigentum des Projektentwicklers der Ostara-Fläche befindlichen Grundstücks geführt.

 

Das Unternehmen berät und realisiert -als führender Komplettanbieter für Aufbau und Weiterentwicklung von Analyseplattformen, Datenanalyse und Künstliche Intelligenz- Lösungen für gehobene Unternehmen aus dem Mittelstand sowie Großkonzerne. Das Angebot reicht von der Entwicklung der Datenstrategie über die Lösungskonzeption bis hin zur konkreten Umsetzung und Sicherung des laufenden Betriebs.

 

Das Unternehmen beschäftigt derzeit ca. 100 vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter mit einer personellen jährlichen Wachstumsrate von 15 %. Darunter befinden sich überwiegend Informatiker und Wirtschaftsinformatiker, aber auch Statistiker, Ingenieure und Geologen (ausschließlich Büroarbeitsplätze). Bis zum Jahr 2030 plant das Unternehmen mit einem Zuwachs auf bis zu 300 Mitarbeitern.

 

Das Unternehmen verfolgt eine innovative Arbeitsplatzphilosophie, beispielsweise durch eine bis zu 50 % reduzierte Präsenzquote bedingt durch Home-Office-Arbeitsplätze, aber auch durch vielfältige Angebote für die Arbeitnehmer am Arbeitsplatz, wie Aufenthaltsräume mit Freizeitangeboten, ein bewirtetes Café oder ein Outdoorbereich. Dass das Wohlgefühl der Mitarbeiter dem Unternehmen sehr wichtig ist, zeigt sich u.a. darin bestätigt, dass das Unternehmen bereits zweimal die Auszeichnung „Deutschlands bester Arbeitgeber – Great Place To Work“ (2019: Platz 6 und 2020: Platz 2) erhalten hat.

 

Für die Ratssitzung am 18.06.2020 schlägt die Verwaltung vor, das städt. Grundstück an der Ladestr. Gemarkung Osterath, Flur 11, Flurstück 277 teilweise, 760 teilweise und 850, ca. 4.400 qm groß an das Unternehmen zu veräußern. Neben der städtischen Gewerbefläche wird das Unternehmen zudem auch die angrenzende Gewerbefläche (Flur 11, Flurstücke 759 und 866) erwerben, um zu einem späteren Zeitpunkt einen Erweiterungsbau entsprechend des geplanten Wachstums errichten zu können.

 

Das geplante Bauvorhaben wird in zwei Bauabschnitten erfolgen. Im ersten Bauabschnitt wird ein Bürogebäude im südlichen Bereich mit einer Bruttogeschossfläche (BGF) von ca. 2.800 qm errichtet. Ein zweiter Bauabschnitt ist zu einem späteren Zeitpunkt mit einer BGF in ähnlicher Größenordnung direkt angrenzend geplant. Die nördliche Fläche soll als Parkfläche genutzt werden.

 

Durch das Bauvorhaben wird dem Planungsziel einer urbanen Quartiersentwicklung mit hoher räumlicher Qualität und der Steigerung der Attraktivität des Stadtteils Osterath durch die Bereitstellung von hochwertigen Arbeitsplätzen an der Schiene Rechnung getragen. Zudem wird durch die Errichtung des Bürogebäudes der Immissionsschutz durch eine Abschirmung der Wohnnutzung zur Bahnstrecke auf optimale Weise gewährleistet. Die vorgesehene Büronutzung entspricht im Wesentlichen den Inhalten des Bebauungsplans (B-Plan) Nr. 266, Meerbusch-Osterath, „Ostara“.

 

Das geplante Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 266, Meerbusch-Osterath, „Ostara“ (Rechtskraft: 28.09.2012), der für das Grundstück ein Gewerbegebiet (GE § 8 BauNVO), zwingend 3 bzw. 2-3 (Mindest- und Höchstmaß) Vollgeschosse und eine geschlossene Bauweise (g) festsetzt sowie weitere Festsetzungen, wie z.B. überbaubare Grundstücksflächen, Baugrenzen, Baulinien, trifft.

 

Der Antragssteller beabsichtigt die Errichtung eines dreigeschossigen Bürogebäudes in zwei nahezu gleich großen Bauabschnitten. Die hierzu erforderlichen, nachfolgend erläuterten Befreiungen sind zur Verwirklichung des geplanten Ansiedlungsvorhabens erforderlich und gem. § 31 (2) BauGB städtebaulich und planungsrechtlich vertretbar.

 

zu 1. Nicht-Einhaltung der Baulinie im südöstlichen Bereich auf ca.17 m Länge, Rücksprung um 6 m

 

Die Baulinien werden im südöstlichen Bereich nicht eingehalten. Das Gebäude wird ca. 6 Meter von der südlichen Baulinie abgerückt, um eine ausreichend breite Zu- und Ausgangssituation für die Mitarbeiter zu schaffen mit genügend Platz für Fahrräder und E-Bikes. Um dem Planungsziel „zu dem Grünzug klare bauliche Kanten ausbilden“ dennoch zu entsprechen, plant der Bauherr entlang der Baulinie eine ca. 2,5 Meter hohe begrünte Wand. Gleichzeitig dient diese Wand der Abgrenzung zum benachbarten Sportplatz.

 

zu 2. Überschreitung der maximal zulässigen Bauhöhe bis zu 2,70 m

 

Drei (zwingend) bzw. zwei bis drei (Mindest- und Höchstmaß) Vollgeschosse für das Gewerbegebiet sind im Bebauungsplan festgesetzt. Der Antragssteller beabsichtigt laut Schnitt ein Gebäude mit drei Vollgeschossen und erreicht so eine Höhe von 12,20 m. Die maximal zulässige Gebäudehöhe in diesem Bereich liegt jedoch bei 12 m bzw. 9,5 m. Die städtebaulichen Motive für diese Staffelung sind der Planbegründung nicht zu entnehmen.

Auf dem Dach des Gebäudes befinden sich zusätzlich Teile der Gebäudetechnik. Diese Einheit steht mit einem ausreichenden Abstand von der Attika und wird mithilfe einer Verkleidung (z.B. Metalllamellen) eingehaust. Die Oberkante der Einhausung soll ca. zwei Meter oberhalb der Attika liegen, also bei 14,20 m. Die Überschreitung durch technische Aufbauten ist untergeordnet.

Eine Staffelung des zweiten Obergeschosses wäre für den Bauherrn hinsichtlich der Flächennutzung äußerst ineffizient. Eine kompakte Kubatur ist zwingend erforderlich. Die Firsthöhe der gegenüberliegenden Wohnbebauung ist laut Bebauungsplan bei max. 12,0 m festgeschrieben, d.h. die maximalen Höhen sind insgesamt annähernd gleich. Die nachbarlichen Interessen sind gewahrt, da es nicht zu einer unzulässigen Verschattung o.ä. kommt.

 

 

zu 3. Nicht-Einhaltung der Baulinie entlang der östlichen Grenze des Grundstücks

 

Gemäß Bebauungsplan verläuft die Baulinie entlang der gesamten östlichen Grenze der Flurstücke 866 und 850 entlang der Werkstraße. Die Fassade des Bauvorhabens erstreckt sich nicht über die gesamte Länge der Baulinie. Der Bauherr wünscht eine geschlossene Bauweise und benötigt eine Nutzfläche, die sich im Hinblick auf die benötigte Länge lediglich auf ca. 109 Meter erstreckt. Der Baukörper wird in zwei Bauabschnitte aufgeteilt, die sich über ca. 60% der östlichen Grundstücksgrenze erstrecken. Da das Gebäude auch die Aufgabe eines Lärmschutzriegels übernehmen soll, der die Immissionen der Bahnstrecke abfängt für die dahinterliegende Wohnbebauung wäre eine Befreiung nur unter folgender Prämisse zu erteilen: 

 

  • eine Baumreihe
  • eine Scheinfassade als begrüntes Gerüst und/oder
  • ein offenes Parkhaus

 

füllt diese Lücke auf.

 

Somit wäre die Raumkante geschlossen, die dahinterliegende Wohnbebauung geschützter und im besten Falle zugunsten von zusätzlichem Grün weniger Fläche versiegelt.

 

zu 4. Stellplätze für den ruhenden Verkehr liegen nicht in den dafür vorgesehenen Flächen

 

Die Flächen für ruhenden Verkehr befinden sich nicht in dem Bereich, der laut Bebauungsplan dafür vorgesehenen ist. Der Entwurf sieht eine kompakte geschlossene Kubatur im südlichen Bereich des Grundstücks vor mit einer südwestlich gelegenen Terrasse. Die Parkplätze wurden, anders als im Bebauungsplan vorgesehen, nicht entlang zur Bahn orientiert und entlang der Baulinie, sondern gebündelt im nördlichen Grundstücksteil geplant. Zur Verwirklichung der Planung ist die Abweichung unter derselben Prämisse wie unter 3. städtebaulich vertretbar.

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

 

 

Erträge durch die Veräußerung des Grundstückes sowie Gewerbesteuereinnahmen.

 


Alternativen:

 

Den Befreiungen wird nicht zugestimmt.