Betreff
Planfeststellungsverfahren zur Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf - hier: Stellungnahme der Stadt Meerbusch im Rahmen der 2. Offenlage
Vorlage
BJ/1160/2020
Aktenzeichen
10.01/18
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat beschließt, den Antrag der Flughafen Düsseldorf GmbH auf Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses weiterhin abzulehnen und zur Begründung eine Stellungnahme im Sinne des als Anlage 1 beigefügten Entwurfs und des in Auftrag gegebenen Fachgutachtens abzugeben. Die Verwaltung wird ermächtigt, die im Entwurf beschriebenen Einwände nach Vorliegen des Fachgutachtens ggf. noch zu erweitern, anzupassen und / oder zu präzisieren.

 


Sachverhalt:

 

Die Flughafen Düsseldorf GmbH (FDG) hat unter dem 16.02.2015 einen Antrag auf Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses bei der zuständigen Planfeststellungsbehörde, dem damaligen Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, gestellt. Der Antrag wurde unter dem 29.02.2016 noch einmal überarbeitet.

 

Gegenstand des Antrags- und damit des Planfeststellungsverfahrens ist die abschließende Zulassung

  • von tiefbaulichen Änderungen der vorhandenen Flughafenanlage, nämlich der Herstellung von insgesamt acht neuen Flugzeug-Abstellpositionen sowie der Erweiterung von Flugbetriebsflächen (Rollweg-/Rollgassenanschlüsse im Vorfeldbereich) nebst weiterer Bodenversiegelungs- und Arrondierungsmaßnahmen sowie
  • von Änderungen der geltenden Betriebsregelungen, nämlich die Erhöhung der im Voraus planbaren Flugbewegungen in nachfragestarken Zeitstunden am Tage sowie eine bedarfsgerechte Anpassung der Nutzungsmöglichkeiten beider Start- und Landebahnen zur Abwicklung des Flugverkehrs.

 

Die daraufhin ergangenen Einwendungen und sonstigen Stellungnahmen von Behörden, Vereinigungen und Betroffenen zum bzw. gegen das Vorhaben hat die zuständige Anhörungsbehörde, die Bezirksregierung Düsseldorf, im Rahmen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung in der Zeit von April 2016 bis März 2017 aufgenommen und im Februar 2017 an sechs Verhandlungstagen mit den Betroffenen erörtert. Dieses Anhörungsverfahren schloss die Bezirksregierung mit der Übermittlung ihrer Stellungnahme (Abschlussbericht) an die Planfeststellungsbehörde ab.

 

In der Folgezeit hat das Verkehrsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen als nunmehr zuständige Planfeststellungsbehörde sowohl die von der FDG eingereichten Pläne und Antragsunterlagen als auch die gegen das Vorhaben vorgebrachten Fachgutachten und ca. 40.770 Einwendungen von Privatpersonen, Bürgerinitiativen und Verbänden sowie 51 behördliche Stellungnahme und sämtliche Wortlautniederschriften aus den sechs Verhandlungstagen des Erörterungstermins geprüft und ausgewertet. Im Laufe dieser Untersuchungen hat die Planfeststellungsbehörde die Antragstellerin schriftlich zu weiteren Erklärungen sowie zu Änderungen und Ergänzungen der Antragsunterlagen aufgefordert. Dazu hat sie sowohl förmliche „Aufklärungsschreiben“ als auch weitere fachspezifische Nachfragen an die FDG und deren Gutachter gerichtet.

 

Die „Aufklärungsschreiben“ betrafen im Einzelnen die folgenden als kritisch angesehenen Themenbereiche (stichwortartig):

 

  • Aufklärungsschreiben vom 07.05.2018:

 

Thema: Weitere Sachverhaltsaufklärung betreffend die Luftverkehrsprognose

 

Kritik: Fehlen eines plausiblen methodischen Nachweises für das konkret anzusetzende Aufkommen an Flugbewegungen am Flughafen Düsseldorf im prognostischen Referenz- und Planszenario; die dazu vorgelegten Unterlagen der Potentialanalyse der Airport Research Center GmbH (ARC) vom 06.11.2015 und der Erläuterung zu den Eingangsdaten der Datenerfassungssysteme der airsight GmbH (DES-Bericht) vom 18.12.2015 reichen nicht aus

 

Forderung: Beantwortung der Frage, warum die Ausschöpfungsquote für das jeweilige Slotvolumen um Prognosezieljahr 2030 in annährend gleicher Höhe (84,4 %) anzusetzen ist wie im Jahr 2011 durch weitergehende fachgutachterliche Darlegungen bzw. durch Überarbeitung der vorgelegten Gutachten

 

  • Aufklärungsschreiben vom 18.10.2018:

 

Thema: Weitere Sachverhaltsaufklärung zu den Datenerfassungssystemen, zur Verwirklichung des Vorhabens „Verlängerung Flugsteig C“, zu den Auswirkungen der beantragten Flexibilisierungsregelung zur Nutzung der nördlichen Start- und Landebahn in Bezug auf das Verkehrsgeschehen zur Nachtrandzeit sowie zu den Auswirkungen der Umstellung der Koordinierungspraxis auf gleitende Stunden

 

Kritik / Forderung: Aufklärung von Unstimmigkeiten in den Antragsunterlagen; Auswahl eines ordnungsgemäßen Untersuchungszeitraums; Vorlage eines bisher fehlenden statistischen Nachweises über die sechs verkehrsreichsten Monate des Jahres; Stellungnahme zu nicht nachvollziehbaren Prognosen bzw. Prämissen zum Luftfahrzeuggruppenmix (AzD, nach Wirbelschleppenkategorien); Vorlage eines bisher fehlenden Nachweises der DFS über die Einhaltung der Standardsteigprofile; Erläuterungsbedürftigkeit der Betriebsrichtungsverteilung; Klärung der nicht erkennbaren Nummerierung der Flugwege; Erklärungsbedürftigkeit der Bahnnutzungsverteilung; Klärung der Erfahrungswerte beim APU; Mitteilung des geplanten Umsetzungshorizonts zur Verlängerung des Flugsteigs C; Vorlage bisher fehlender statistischer Auswertungen der Nachtflugbewegungen; Forderung von vier Szenario-Betrachtungen; Darlegung der Vereinbarkeit der umgestellten Koordinierungspraxis mit bestimmten Teilen der Antragsunterlagen

 

 

  • Aufklärungsschreiben vom 17.04.2019:

 

Thema: Weitere Sachverhaltsaufklärung betreffend die auf das Zweibahnsystem begrenzten Kapazitätsuntersuchung und die Gesamtlärmbetrachtung

 

Kritik / Forderung: Klärung des gutachterlichen Simulationsmodells des Instituts für Flugführung (DLR) vom 30.10.2015 / Ergebniskontrolle durch Angaben von Flugbewegungen zu absoluten und typischen Spitzenstunden; Nachforderung von Angaben / Fragen zum Entwurf einer Gesamtlärmbetrachtung der ACCON GmbH vom 28.03.2018

 

  • Aufklärungsschreiben vom 22.11.2019:

 

Thema: Weitere Sachverhaltsaufklärung / Fragen

- zur Verkehrsprognose 2030 mit Ausweisung des flughafenbezogenen Verkehrs für den Flughafen Düsseldorf der MUVEDA Hellebrandt & Saeid Mahmoudi GbR aus Dezember 2015

- zum Luftqualitätsgutachten-Prognosejahr 2030 der Müller-BBM GmbH vom 22.02.2016

- zum Landschaftspflegerischen Begleitplan der Froelich & Sporbeck GmbH & Co. KG aus Februar 2016

- zur Artenschutzprüfung der Froelich & Sporbeck GmbH & Co. KG aus Februar 2016

- zu den FFH-Vorprüfungen der Froelich & Sporbeck GmbH & Co. KG

- zum Entwurf für einen „Fachbeitrag Wasser zur EG-Wasserrahmrichtilinie der Froelich & Sporbeck GmbH & Co. KG vom 02.11.2017

 

Kritik / Forderung: Anpassungen / Ergänzungen / tiefergehende Begründungen der diesbezüglich teilweise unzureichenden / nicht nachvollziehbaren Gutachten

 

  • Schreiben vom 23.01.2020:

 

Thema / Kritik / Forderung: Fragen / Ergänzungen zum Flug- und Bodenlärmgutachten der ACCON GmbH vom 14.02.2016 durch Vergleiche und kartographische Darstellungen

 

 

Laut Angaben der Bezirksregierung Düsseldorf ist die FDG den Anforderungen nachgekommen und hat die fachlichen Stellungnahmen, Erläuterungen und ergänzten / überarbeiteten / neuen Gutachten in das Verfahren eingebracht. Da diese sehr umfangreich sind, hat sich das Verkehrsministerium im laufenden Planfeststellungsverfahren zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung hinsichtlich der ergänzend angeforderten Unterlagen entschlossen. Die Durchführung dieses Beteiligungsverfahrens – die Offenlage läuft seit dem 04.05.2020 bis einschließlich 15.06.2020 – hat es der Bezirksregierung Düsseldorf übertragen.

 

Am Zeitpunkt der Offenlage ist sowohl von der Stadt Meerbusch als auch von anderen betroffenen Städten sowie der Bürgerinitiative gegen Fluglärm bereits im Vorfeld sowohl gegenüber dem Verkehrsministerium als auch gegen der Bezirksregierung Düsseldorf scharf kritisiert worden, dass eine breite und effektive Öffentlichkeitsbeteiligung gerade aufgrund der im Zeitraum der Corona-Pandemie geltenden Kontaktverbote und anderen Einschränkungen faktisch unmöglich gemacht bzw. erheblich erschwert wird. Es ist äußerst widersprüchlich, wenn auf der einen Seite durch landesweite Corona-Verordnungen Veranstaltungen und Ansammlungen verboten werden und Kommunen ihre Räumlichkeiten für den Publikumsverkehr schließen müssen, andererseits aber gerade in diesen Räumlichkeiten die umfangreichen Unterlagen ausgelegt werden sollen, in die interessierte Bürger dann aber nur nach Voranmeldung und unter erschwerten, ebenso vorgeschriebenen Hygiene-, Abstands- und anderen Schutzbedingungen Einsicht nehmen dürfen.

 

 

Bei den Unterlagen, die u.a. bei der Stadt Meerbusch ausliegen, handelt es sich stichwortartig und zusammenfassend insbesondere um folgende:

 

  • zum geplanten „Mehr-Betrieb“ des Flughafens:

-           Verkehrsprognose (Flugverkehr am Standort Düsseldorf in 2030)

-           Gutachten zur beantragten Flexibilisierung der Zweibahnnutzung

-           Praktische Kapazität der Flugbetriebsflächen (nicht nur Start- und Landebahnen)

 

  • zum Bereich Fluglärm/Geräusch-, Luftschadstoff- und sonstige Immissionen (Gerüche):

-           Auswirkungen des Verzichts auf die Verlängerung des Flugsteigs C für die Lärmsituation und die Luftqualität sowie die Lichtimmissionen in der Flughafenumgebung

-           Gesamtlärmbetrachtung

-           flughafeninduzierter Bodenverkehr / Straßenverkehrslärm

-           Betrachtung der von Fluglärm betroffenen Personen

-           Belastung öffentlicher Einrichtungen

 

  • zum Bereich Naturschutz, Artenschutz, Gewässerschutz u.a.:

-           zusätzliche floristische u. faunistische Erhebungen / Kartierungsergänzungen

-           Ergänzungen für FFH-Vorprüfungen

-           wasserrechtlicher Fachbeitrag (WRRL)

-           Ergänzungen zur Entwässerungsplanung

 

 

Es besteht nun wieder Gelegenheit, zu den ergänzten Unterlagen Stellung zu nehmen, und zwar für die Öffentlichkeit bis zum 26.06.2020 und für Behörden / Kommunen bis 31.07.2020. Dazu ist auszuführen, dass die Ergänzung der Antragsunterlagen nicht zu einer Änderung des Vorhabens oder des Planungskonzepts der FDG selbst führt. Das bedeutet, dass die erneute Öffentlichkeitsbeteiligung sich nur auf die neuen, ergänzend vorgelegten Unterlagen bezieht. Die bereits im durchgeführten Anhörungsverfahren 2016 / 2017 eingebrachten Einwendungen und Stellungnahmen bleiben erhalten und müssen nicht erneut vorgetragen werden. Sie sind vollumfänglich gültig und bleiben weiterhin Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens.

 

Das betrifft auch die im damaligen Verfahren von der Stadt Meerbusch und von dem von ihr und anderen Städten beauftragten Büro RegioConsult eingebrachten Stellungnahmen, von denen die städtische der Vorlage noch einmal als Anlage 2 beigefügt ist.

 

Vor diesem Hintergrund galt und gilt es aktuell zu prüfen, ob die FDG die von der Planfeststellungsbehörde angeforderten Erläuterungen und Überarbeitungen der Unterlagen und Gutachten tatsächlich ordnungsgemäß und im angeforderten Umfang vorgelegt hat. Dazu hat zum einen die Verwaltung die Unterlagen gesichtet und darauf ausgewertet, inwieweit die Gutachten und Erläuterungen die Interessen der Stadt Meerbusch und ihrer Bürgerschaft berühren und ggf. neue oder veränderte Sachverhalte gegenüber den bisherigen Darstellungen aufzeigen. Diese Auswertung hat zu dem als Anlage 1 beigefügten Entwurf einer Stellungnahme geführt. Mit der weiteren fachlichen Prüfung der umfangreichen und spezialisierten Gutachten haben die Stadt Meerbusch und die anderen betroffenen Städte zum anderen erneut das Büro RegioConsult Verkehrs- und Umweltmanagement beauftragt. Dessen Ausführungen liegen aufgrund des Umfangs der neuen Unterlagen und der knapp bemessenen Fristen im Zeitpunkt der Erstellung dieser Vorlage noch nicht vor.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, den Entwurf der städtischen Stellungnahme zunächst wie vorliegend zu beschließen mit der Maßgabe, dass sie – sobald die gutachterlichen Ergebnisse von RegioConsult vorliegen – ggf. noch ergänzt und angepasst werden sowie auf die Ausführungen von RegioConsult verweisen kann. Vor der eigentlichen Abgabe soll die endgültige Fassung der Stellungnahme mit den Fraktionen noch einmal abgestimmt werden.

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses wird der Haushalt mit den Gutachterkosten für das Büro RegioConsult in Höhe von (anteilig) rund 8.000,00 € belastet.

 


Alternativen:

 

Der Rat beschließt, keine / folgende Stellungnahme abzugeben: …