Mit Schreiben vom 16. März 2020 wurde von der SPD Fraktion die Anfrage gestellt, ob die Gründung einer GmbH für die Sanierung von Schulen denkbar wäre. Hintergrund der Anfrage war ein Bericht in der Sendung WDR Markt, nachdem einige Städte (u.a. Düsseldorf und Geldern) für die Sanierung von Schulen eine GmbH gegründet haben, welche bei der Auftragsvergabe nicht der Ausschreibungspflicht unterliegen würden. Somit könnten auch leichter Handwerker aus der Region beauftragt werden.
Die Stadt Meerbusch kann
grundsätzlich für die Übernahme von kommunalen Aufgaben privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche
Unternehmen/Betriebe gründen. Theoretisch könnte eine solche GmbH nach der
Gründung mit städtischem Personal betrieben werden, welches jedoch aufgrund der
eigenen Personalwirtschaft an die Gesellschaft abgeordnet werden müsste. Alternativ
wäre eine Ausstattung mit eigenem Personal. Im Falle einer privatrechtlichen
GmbH wäre dies mindestens ein Geschäftsführer und eine entsprechende Anzahl an
Mitarbeitern. Diese zusätzlichen Personalkosten gehen, da die Gesellschaft als
Dienstleister für die Stadt fungiert und keine eigenen Einnahmen generiert, zu
Lasten des städtischen Haushalts.
Des Weiteren sind die
Investitionen im städtischen Haushalt abzubilden und führen zu einer
entsprechenden Belastung des Finanzplans. Auch der Ergebnisplan wird in der
Folge belastet. Die Stadt Geldern plant mittlerweile in ihrem aktuellen
Haushalt einen zusätzlichen ergebniswirksamen Aufwand von 200.000,- € als
laufenden Verlustausgleich für die Gelderner Bau Gesellschaft mbH. Im
entsprechenden Wirtschaftsplan der städtischen Tochter findet sich der Hinweis,
dass zur Abdeckung des Kapitalbedarfes in den folgenden Jahren eine
Kapitalzuführung der Stadt Geldern erforderlich ist.
Nicht zu
vernachlässigen ist die Umsatzsteuerpflicht eines städtischen Unternehmens nach
§ 2a Umsatzsteuergesetz (UStG).
Unabhängig von diesen finanziellen Auswirkungen ist der
Aspekt der Auftragsvergabe zu beleuchten. Ob eine solche GmbH an das
Vergaberecht gebunden ist, bedarf einer differenzierten Betrachtung:
·
Im Oberschwellenbereich erfüllt sie die Voraussetzungen der
Definition als öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 2 des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Sie ist demnach an EU-Vergaberecht gebunden,
sobald die zu vergebenden Leistungen die EU-Schwellenwerte erreichen. Bei der
Kostenschätzung sind die Regeln des § 3 Vergabeverordnung (VgV) zu
beachten.
·
Im Unterschwellenbereich ist die GmbH grundsätzlich nicht an das
Vergaberecht gebunden. Die aufgrund von § 26 Abs. 2 der Kommunalen
Haushaltsverordnung (KomHVO) durch die Landesregierung erlassenen Kommunalen
Vergabegrundsätze NRW nehmen kommunal beherrschte Unternehmen und Einrichtungen
in der Rechtsform des Privatrechts ausdrücklich vom Geltungsbereich der
Vorschrift aus.
·
Im Einzelfall kann jedoch die GmbH doch zur Beachtung von
Vergaberecht verpflichtet sein. Dann nämlich, wenn
a) ein Förderbescheid die
Einhaltung von Vergaberecht verlangt und / oder
b) aufgrund von europäischen
Primärrecht dies geboten ist. Das ist dann der Fall, wenn der Auftrag die s.g. Binnenmarktrelevanz
aufweist. Dies Bedarf immer einer Einzelfallbetrachtung. Eines von mehreren
Kriterien für das Vorliegen der Binnenmarktrelevanz ist die Auftragshöhe, die
jedoch nicht an einer normierten Wertgrenze festgemacht ist. Die in der
Vergabedienstanweisung der Stadt Meerbusch vorgeschriebene
25.000,00 €-Wertgrenze dient lediglich der Verwaltungsvereinfachung und
ist nicht bindend. Es können auch Aufträge von deutlich geringerem Wert
Binnenmarktrelevanz aufweisen wie auch deutlich höhere diese verneinen. Hinzu
kommen weitere Kriterien wie die geographische Lage des Auftraggebers zum
grenznahen Raum oder die Art des Auftrages selbst. Im Einzelfall ist darauf
abzustellen, ob der Auftrag potentiell ein grenzüberschreitendes Interesse
auslösen könnte. Die Erwägungen zu dieser Fragestellung unterliegen der
Nachprüfung und sind daher eingehend zu dokumentieren.
Sollte die Binnenmarktrelevanz des Auftrages
bejaht werden, so ist durch eine geeignete Bekanntmachung auf ihn hinzuweisen,
damit Unternehmen aus den Mitgliedstaaten ihr Interesse an dem Auftrag bekunden
und ihre Eignung nachweisen können. Die Folge wäre für den Auftraggeber, dass
er die zu beauftragende Leistung in einem wie auch immer ausgestalteten
wettbewerblichen Verfahren zu vergeben hätte, das den europäischen
Primärrechten durch Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Fairness, der
Gleichbehandlung und Transparenz sowie dem Diskriminierungsverbot gerecht wird.
Bezüglich der Annahme,
dass von einer GmbH Handwerker aus der Region leichter beauftrag werden können,
muss festgestellt werden, dass der Wunsch nach Bevorzugung regionaler oder gar
ortsansässiger Unternehmen zwar nachvollziehbar ist, es ist aber rechtlich
unzulässig. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Informationsvorlage
(SFi/0290/2019) die sich mit der Berücksichtigung lokaler Anbieter bei der
freihändigen Vergabe beschäftigt hat.
Rechtlich unzulässig ist
die Bevorzugung regionaler Unternehmen deshalb, weil wegen der aus dem
europäischen Primärrecht abgeleiteten Vergabegrundsätze, welche weiterhin auch
für die gegründete GmbH gelten würden, all jene Unternehmen, welche nicht der Region
oder dem Stadtgebiet zugeordnet werden, diskriminiert würden. Folgen einer solchen
Bevorzugung können eine verzögerte Auftragserteilung durch ein entsprechendes
Nachprüfungsverfahren und im schlimmsten Falle Schadenersatzansprüche des in
seinen Rechten verletzten ortsfremden Konkurrenten sein.
Zusammenfassend sieht die Verwaltung keinen Vorteil durch die Gründung einer GmbH für die Sanierung von Schulen.
gez.
Angelika Mielke-Westerlage
Bürgermeisterin