Betreff
Bürgeranregung gemäß § 24 GO NRW vom 26.11.2019 zu einem Zebrastreifen und Tempo 30 Strecke an der Kreuzung Dorfstraße mit Altem Kirchweg und Friedhofsweg (siehe auch TOP Ö2 der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses vom 10.3.2020)
Vorlage
FB5/1125/2020
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss zieht die Entscheidung des Bau- und Umweltausschusses an sich. Er kommt auch nach nochmaliger Überprüfung nicht zu einem anderen Ergebnis und folgt dem Antrag gemäß § 24 GO NRW vom 26.11.2019 auf Einrichtung eines Zebrastreifens und einer Tempo 30 Strecke an der Kreuzung Dorfstraße mit Altem Kirchweg und Friedhofsweg nicht. Die örtlichen Verhältnisse lassen angesichts der rechtlichen Vorgaben die Einrichtung einer Tempo 30 Strecke oder eines Zebrastreifens nicht zu.

 


Sachverhalt:

 

Die Bürgeranregung war bereits Gegenstand der Diskussion in der Sitzung des Bau- und Umweltausschuss am 10.03.2020. Dieser hatte die Verwaltung mit der Prüfung beauftragt, welche Rahmenbedingungen für eine Tempo 30 Strecke und andere Maßnahmen für eine bessere Querung der Kreuzung Dorfstraße mit Altem Kirchweg und Friedhofsweg gelten. Das Ergebnis der Prüfung sollte dem Ausschuss vorgelegt werden.

 

Dem Beschluss folgend hat die Verwaltung sowohl noch einmal die örtlichen Verhältnisse als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen geprüft, denn nur wenn vor Ort bestimmte Gegebenheiten und Voraussetzungen erfüllt sind, kann rechtlich eine Tempo 30 Strecke oder ein Fußgängerüberweg angeordnet und eingerichtet werden.

 

  • Grundsätzliches zur Anordnung von Geschwindigkeitsbegrenzungen:

 

Gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch unter ungünstigen Umständen innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h. Dies ist der Grundsatz. Andere Geschwindigkeitsanordnungen innerhalb geschlossener Ortschaften bilden die Ausnahme und müssen besonders begründet sein und werden, so dass die dafür gesetzlich abschließend vorgesehenen Tatbestände eng auszulegen und nur dann erfüllt sind, wenn die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten unter die entsprechenden Ausnahmevorschriften „passen“.

 

§ 45 Abs. 1 S. 1 StVO bietet die gesetzliche Grundlage für solche (ausnahmsweisen) Beschränkungen des Verkehrs. Danach dürfen die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten. Zur konkreten Art und Weise der Beschränkung ist dann § 45 Abs. 9 S. 1 StVO mit zu beachten. Danach sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den Absätzen 1 bis 6 von § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. § 45 Abs. 1 i.V.m. dem gerade zitierten § 45 Abs. 9 S. 3 StVO setzt für Verbote und Beschränkungen des fließenden Verkehrs also eine qualifizierte konkrete Gefahrenlage voraus. Diese muss – erstens – auf die besonderen örtlichen Verhältnisse zurückzuführen sein und – zweitens – das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter erheblich übersteigen. Eine solche Gefahrenlage kann aus einer Gemengelage verschiedener Faktoren bestehen. Besondere örtliche Verhältnisse im vorgenannten Sinne können insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen oder der dort anzutreffenden Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein.

 

Um diese Kriterien zu verifizieren, insbesondere die Unfallzahlen, hat die Verwaltung die Kreispolizeibehörde und den Straßenbaulastträger der Landesstraße, den Straßenbetrieb NRW, um Stellungnahme zu möglichen Maßnahmen in dem Kreuzungsbereich gebeten.

 

Die Kreispolizeibehörde hat die Unfalldatenliste der letzten drei Jahre ausgewertet. Die meisten Unfälle gab es an der Kreuzung Dorfstraße/Brühler Weg, am Fußgängerüberweg am Landsknecht gab es überhaupt keine Unfälle. Alle Unfälle hatten nichts mit Geschwindigkeitsüberschreitungen zu tun. Resümierend bewertet die Kreispolizei den Bereich als unfallunauffällig, zumal der Abschnitt auf einer Landesstraße mit entsprechendem Verkehrsaufkommen liegt. Das bedeutet, dass das Kriterium Unfallhäufigkeit – und damit die geforderte, gerade auf die örtlichen Verhältnisse zurückzuführende Gefahrenlage – nicht zum Tragen kommt.

 

Der Straßenbaulastträger, der Straßenbetrieb NRW, wurde von der Verwaltung zweimal um Stellungnahme gebeten. Bis zum Zeitpunkt der Vorlagenfertigstellung lag noch keine Rückäußerung des Straßenbaulastträgers vor. Die Zustimmung des Straßenbaulastträgers zu einer Tempo 30 Strecke (oder auch einem Fußgängerüberweg) wäre allerdings zudem Voraussetzung für deren Realisierung, wenn sie denn überhaupt rechtlich zulässig wäre, was – wie geschildert – nicht der Fall ist.

 

Neben den vorstehend eher allgemeinen Voraussetzungen gibt es seit einer der letzten Änderungen der StVO im dortigen § 45 Abs. 9 S. 4 eine spezielle Möglichkeit für die Einrichtung einer Tempo 30 Strecke. Danach dürfen innerörtliche streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf sonstigen Vorfahrtsstraßen im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen sozialen Einrichtungen angeordnet werden. Solche Einrichtungen sind (Aufzählung ist abschließend)

 

> Kindergärten,

> Kindertagesstätten,

> Schulen,

> Alten- und Pflegeheime,

> Krankenhäuser,

 

allerdings auch nur, wenn die entsprechende Einrichtung über einen unmittelbaren Zugang zur Hauptverkehrsstraße verfügt, wenn ein Ausweichen auf das Wohnumfeld abseits dieser Hauptverbindungsachsen ausgeschlossen ist und wenn die Geschwindigkeitsbeschränkung für alle Verkehrsteilnehmer einsichtig ist. Zu beachten ist hier insbesondere, dass der abgesenkte Geschwindigkeitsbereich i.d.R. auf den unmittelbaren Bereich der tatsächlich benutzten Eingänge und auf insgesamt 300 m Länge zu begrenzen ist (wobei beide Fahrtrichtungen nicht gleich behandelt werden müssen) und dass die Anordnung soweit wie möglich auf die Öffnungszeiten der Einrichtungen zu beschränken ist. Auch dies passt hier ersichtlich nicht.

 

D.h., auf der L 30 Dorfstraße ist aufgrund der oben dargelegten Gründe in dem Bereich zwischen Brühler Weg und Landsknecht keine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h zulässig.

 

  • Voraussetzungen für die Anordnung eines Fußgängerüberweges (Zebrastreifen):

 

Neben einer Geschwindigkeitsreduzierung steht die Frage der Einrichtung eines Fußgängerüberweges im Raum. Die diesbezüglichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 26 StVO und den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften und Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ 2001), die dem Protokoll der letzten Sitzung bereits beigefügt waren.

 

Danach dürfen Fußgängerüberwege nur angelegt werden

 

Ø  innerhalb geschlossener Ortschaften

Ø  auf Straßenabschnitten mit durchgängig zulässiger Höchstgeschwindigkeit von maximal 50 km/h

Ø  an Stellen, wo nur ein Fahrstreifen je Fahrtrichtung überquert werden muss

Ø  nur dort, wo auf beiden Fahrbahnseiten ein Gehweg oder ein weiterführender Fußweg vorhanden ist.

 

Sie dürfen nicht angelegt werden

 

Ø  in der Nähe von Lichtzeichenanlagen (LZA)

Ø  auf bestimmten Straßenabschnitten (mit koordinierter LZA, ohne eigenen Gleiskörper, auf bevorrechtigten Straßen an Kreuzungen und Einmündungen mit abknickender Vorfahrt u.a.).

 

Zu den speziellen örtlichen und verkehrlichen Voraussetzungen gehören:

 

Ø  Erkennbarkeit bei 50 km/h = mind. 100 m Entfernung,

Ø  nur dann, wenn der Fußgängerquerverkehr im Bereich der vorhandenen Überquerungsstelle hinreichend gebündelt auftritt,

Ø  Anordnung bei einer Kfz-Stärke nur von unter 750 Kfz/h möglich und nur wenn mindestens 50 bis 100 Personen in der Stunde die Fahrbahn überqueren.

 

Konkret auf die örtlichen und verkehrlichen Verhältnisse auf der Dorfstraße bezogen bedeutet dies: Die Nähe zur Lichtzeichenanlage an der Dorfstraße (L30) / Brühler Weg und zum Fußgängerüberweg an der Einmündung Mataréstraße / Poststraße vor der Bahnschranke macht das Einrichten eines Fußgängerüberweges unmöglich. Auch die Anzahl der Fußgänger, die die Fahrbahn an dieser Stelle queren wollen, dürfte die 50-100 in der Stunde bei weitem nicht erreichen. Zur Straße Alter Kirchweg befindet sich in einer Entfernung von 173 m ein Fußgängerüberweg (Landsknecht) sowie in einer Entfernung von 146 m eine Lichtzeichenanlage (Brühler Weg), die ein sicheres Queren ermöglichen.

 

D.h., auf der L 30 Dorfstraße ist aufgrund der oben dargelegten Gründe in dem Bereich zwischen Brühler Weg und Landsknecht keine Anordnung eines Fußgängerüberweges zulässig.

 

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

Keine Auswirkungen

 


Alternativen:

 

Aufgrund der geltenden Vorschriften und der vorhandenen Gegebenheiten sind keine Alternativen möglich.