Beschlussvorschlag:
Der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt die Verwaltung zu beauftragen, die als Anlage beigefügte öffentlich-rechtliche Vereinbarung der Stadt Meerbusch mit dem Rhein-Kreis Neuss über die Betreuung des Archivgutes der Stadt durch den Kreis abzuschließen.
Sachverhalt:
Der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss und der Rat haben in den September-Sitzungen beschlossen, das Erwin-Heerich-Haus um einen Archivtrakt auszubauen und die freiwerdenden Räumlichkeiten am derzeitigen Standort für Zwecke der Adam-Riese-Schule baulich herzurichten.
Eine Entscheidung zur Übernahme der Betriebsträgerschaft durch den RK Neuss bzw. des Betriebs durch städt. Personal wurde vertagt.
In der Fachausschusssitzung haben sich der Kulturdezernent des RK Neuss, Herr Lonnes, sowie der Leiter des Stadtarchivs, Herr Dr. Schröder, zu den Synergien und möglichen qualitativen Verbesserungen der Aufgabenerledigung im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit und des Betriebs als Außenstelle des Kreisarchivs geäußert.
Ausgeführt wurde, dass die Übernahme der Aufgabenstellung durch den Kreis auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages im Auftrag der Stadt erfolge, die Stadt sei Herrin des Verfahrens und verbleibe auch im Eigentum des Archivgutes. Das Archiv würde als Außenstelle mit rechnerisch 1,58 Mitarbeitern besetzt, die ständig ihren Dienst in Meerbusch versehen würden.
Synergieeffekte mit einem erkennbaren Mehrwert einer Archivkooperation bestehen insbesondere auf drei zentralen Feldern:
a) Personal
Das Archiv im Rhein-Kreis Neuss verfügt derzeit über 8 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter sowie eine Auszubildende im Bereich „FAMI“ (Fachangestellte für
Medien- und Informationsdienste, Fachrichtung Archiv). Diese Personalgröße
ermöglicht es nicht nur, die Öffnungszeiten des Archivs auch in Urlaubszeiten
und bei krankheitsbedingten Ausfällen weithin aufrechtzuerhalten. Sie eröffnet
zudem die Möglichkeit einer Spezialisierung im Team, was namentlich angesichts
des gravierenden Wandels des Archivarberufs infolge der „digitalen Revolution“
und der damit verbundenen erheblichen Aufgabenvermehrung für die Archive
bedeutsam erscheint.
b) Archivtechnik
Infolge der Archivkooperationen, welche der Rhein-Kreis Neuss mit
verschiedenen kreisangehörigen Kommunen unterhält, kann spezielle und vielfach
kostenintensive Archivtechnik gemeinschaftlich genutzt werden. So stehen am
Hauptstandort des Archivs in Dormagen-Zons sowohl ein
Zeutschel-Aufsichtsscanner zur schonenden Digitalisierung von Archiv- und
Bibliotheksgut zur Verfügung, als auch eine Werkbank mit entsprechender
Ausstattung zur Reinigung, technischen Bearbeitung, Beschneidung oder
Laminierung von Unterlagen. Für besonders verschmutztes Archivgut bzw. zur
Entfernung von inaktiven Schimmelsporen kann ein Spezialstaubsauger eingesetzt
werden.
c) Digitalisierung
In mehrfacher Hinsicht eröffnet das weite Feld der „Digitalisierung“
Synergieeffekte in Bezug auf eine Archivkooperation. Dies gilt erstens in
Hinsicht auf eine Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten der beteiligten
Archive für die Bürgerinnen und Bürger. Solche Verbesserungen entstehen
namentlich durch die Zusammenführung der archivischen Erschließungsdaten
(Verzeichnungsinformationen) in einer Datenbank, sodass von einem
Archivstandort aus über die Bestände sämtlicher Standorte nach geeigneten
Archivalien zu einem bestimmten Thema recherchiert werden kann. Durch die
mögliche Anbindung von archivischen Außenstellen an das IT-Netz des
Rhein-Kreises Neuss ist mit der Recherche auch die Option verbunden, von jedem
Standort aus auf das bereits digitalisierte Archivgut des Archivs im
Rhein-Kreises Neuss Zugriff zu nehmen. Neben den im Rahmen des kreisweiten
Kooperationsprojekts digitalisierten Zivil- und Personenstandsregistern liegen
bislang insbesondere große Teile der Bild-, Grafik- und Kartenüberlieferung des
Archivs im Rhein-Kreis Neuss in digitaler Form vor. Zweitens ergeben sich
Synergieeffekte bei der Langzeitarchivierung von elektronischen Unterlagen –
einer der Kernaufgaben öffentlicher Archive – durch gemeinsame Mandantschaft am
Softwareprodukt DIPS.kommunal. DIPS.kommunal stellt eine elektronische
Langzeitarchivlösung im Rahmen des übergeordneten Lösungsverbundes „Digitales
Archiv NRW“ dar, welcher wiederum eine Kooperation zwischen Land und Kommunen
zur digitalen Langzeitarchivierung von Kulturgut aus Bibliotheken, Archiven und
Museen beschreibt. In besonderem Maße geeignet erscheint DIPS.kommunal für die Langzeitarchivierung sogenannter „born
digitals“ aus elektronischen Fachverfahren oder E-Akten der Verwaltungen. Der
Rhein-Kreis Neuss hat im Jahre 2019 eine Mandantschaft für DIPS.kommunal erworben (Anschaffungskosten inklusive Schnittstelle
zur Verzeichnungssoftware: ca. 31.000,- €), an der er die von ihm archivseitig
betreuten Kommunen teilhaben lässt. Neben finanziellen Vorteilen ergeben sich
in diesem Kontext personelle Synergieeffekte durch gemeinsame Nutzung von
fachlichem „Know-how“.
Auch kostenmäßig würde sich eine Zusammenarbeit gegenüber dem Eigenbetrieb günstiger darstellen.
Bei einem Eigenbetrieb würde der städt. Haushalt jährlich wie folgt belastet:
- Abschreibung des Gebäudes: 11.250 €,
- Abschreibung der Kompaktusanlage: 3.000 €,
- Personal- und Arbeitsplatzkosten von 131.470 €,
- Lizenzkosten für das Verfahren DIPS kommunal mit Schnittstelle von rd. 31.000 €
- Betriebskosten von rd. 15.000 €,
- Sachkosten von 5.500 €
- gesamt mithin 197.220,-
€ /jährlich
Bei einer Betriebsträgerschaft
durch den RK Neuss würde sich die Belastung für den städt. Haushalt
wie folgt darstellen:
- Abschreibung des Gebäudes: 11.250 €,
- Abschreibung der Kompaktusanlage: 3.000 €,
- Personal- und Arbeitsplatzpauschale 100.000 €,
- Sachkosten von 5.500 €
- Gesamt mithin 119.750 €/jährlich
Die Pauschalen orientieren sich an den Werten, die für die Archivbetriebe für Dormagen, Grevenbroich, Jüchen und Rommerskirchen erhoben werden. Aufgrund der Synergien des Betriebes eines gemeinsamen Archivs ist im Kreis Viersen eine Planung für den Neubau eines Kreisarchivs für alle kreisangehörigen Kommunen erstellt worden. Die Fertigstellung ist für 2020 vorgesehen.
Finanzielle
Auswirkung:
Durch
die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen
auf den Haushalt:
Der Eigenbetrieb würde den städt.
Haushalt mit jährlich rd. 197.220 €, der Betrieb im Rahmen einer
Betriebsträgerschaft durch den RK Neuss mit 119.750 € belasten. Neben dem
fachlichen Mehrwert einer Zusammenarbeit könnte der Haushalt bei einer
Übertragung um 77.470 € / jährlich entlastetet werden.
Alternativen:
Der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt das Stadtarchiv in Eigenregie weiter zu betreiben.