Betreff
Reform des Kinderbildungsgesetzes - Sachstand und Auswirkungen
Vorlage
FB2/0343/2019
Art
Informationsvorlage

Zum Kindergartenjahr 2020/2021 soll das bisher geltende Kinderbildungsgesetz (KiBiz) vollständig reformiert werden. Ein erster Referentenentwurf wurde zum 06.05.2019 durch das MKFFI vorgelegt und die erste Lesung im Landtag fand am 10.07.2019 statt. Ziel der Reform ist die Beseitigung der strukturellen Unterfinanzierung der Kindertagesbetreuung in NRW.

 

 

„Gesetz zur qualitativen Weiterentwicklung der frühen Bildung“ (LT-Drs. 17/6726)

 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/GB_II/II.2/Gesetzgebung/Aktuell/01_Aktuelle_Gesetzgebungsverfahren/Kinderbildungsgesetz/index.jsp

 

 

 

1. Finanzierung der Kindertagesstätten

Die daraus entstehenden zusätzlichen Kosten für die Kindertagesbetreuung in Einrichtungen teilen sich die Kommunen und das Land NRW zur Hälfte. Aus dieser Regelung ergibt sich eine Neustrukturierung der Finanzierungsgemeinschaft, bei der die Trägeranteile abgesenkt werden und die prozentualen Anteile der Kommunen und des Landes entsprechend steigen sollen. Durch eine Erhöhung der Kindpauschalen wird insgesamt mehr Finanzierung in das Gesamtsystem hinein gegeben. Der Erhöhung der Kindpauschalen steht jedoch die Streichung der bisher allein durch das Land gezahlten Verfügungspauschale (ca. 211.000 € jährlich, inklusive ca. 28.000 € für die drei neuen Kitas) und der zusätzlichen U3-Pauschale (ca.700.000 €, inklusive ca. 138.000 € für die drei neuen Kitas) gegenüber. Diese Veränderungen führen insgesamt zu einer Mehreinnahme in Höhe von jährlich ca.
4,8 Mio. € (inklusive Mehreinnahme aufgrund der drei neuen Kitas in Höhe von ca. 1,43 Mio. €) durch die Erhöhung der Landesanteile und auf der anderen Seite zu Mehrausgaben für die Stadt Meerbusch in Höhe von ca. 6,3 Mio. € jährlich (inklusive Mehrausgaben aufgrund der drei neuen Kitas in Höhe von ca. 1,52 Mio. €) wegen der gestiegenen kommunalen Anteile bei der Finanzierung der Kindpauschalen. Insgesamt ergibt sich für den städt. Haushalt eine zusätzliche Belastung von jährlich rd. 1,4 Mio. Euro. Hinzu kommt der nicht durch Landesmittel kompensierte Einnahmeausfall bei den Elternbeiträgen (s. Punkt 7 dieser Vorlage).

Um der tatsächlichen Kostenentwicklung in den Folgejahren Rechnung zu tragen, ist vorgesehen, die Kindpauschalen jährlich anzupassen. Hierbei soll sich die jährliche Steigerungsrate zu 90% an der Kostenentwicklung für päd. Personal nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, Sozial- und Erziehungsdienst (TVöD-SuE) und zu 10% an der Steigerung des allgemeinen Verbraucherpreisindex orientieren. Bislang betrug die gesetzlich festgelegte Steigerung jährlich 1,5 % bzw. seit dem Kita-Jahr 2016/2017 3%, was im Ergebnis im Verlauf der Jahre seit Einführung des KiBiz zum Kita-Jahr 2008/2009 unter anderem zu dieser nicht mehr auskömmlichen Finanzierung des Gesamtsystems geführt hat.

 

 

Finanzierungsgemeinschaft nach KiBiz - vor und nach der geplanten Reform

 

 

 

 

 

 

 

Träger

Trägeranteil

Zuschuss

 

 

 

 

 

gesamt

davon:

 

 

 

 

 

Landesanteil

unterstellter Elternbeitrag

Kommunaler Anteil

01.08.2008 bis vorauss. 31.07.2020

 

 

 

Kirchlich

12,0%

88,0%

36,5%

19,0%

32,5%

Andere freie

9,0%

91,0%

36,0%

19,0%

36,0%

Elterninitiative

4,0%

96,0%

38,5%

19,0%

38,5%

Kommunal

21,0%

79,0%

30,0%

19,0%

30,0%

ab vorauss. 01.08.2020 (nach KiBiz-Reform)

 

 

 

Kirchlich

10,3%

89,7%

40,3%

16,9%

32,5%

Andere freie

7,8%

92,2%

40,0%

16,9%

35,3%

Elterninitiative

3,4%

96,6%

42,3%

16,9%

37,4%

Kommunal

12,5%

87,5%

37,2%

16,9%

33,4%

Veränderung alt/neu:

 

 

 

 

Kirchlich

-1,7%

1,7%

3,8%

-2,1%

0,0%

Andere freie

-1,2%

1,2%

4,0%

-2,1%

-0,7%

Elterninitiative

-0,6%

0,6%

3,8%

-2,1%

-1,1%

Kommunal

-8,5%

8,5%

7,2%

-2,1%

3,4%

 

 

2. Landesförderung zur Qualitätsentwicklung

 

Der Referentenentwurf sieht vor, neue Fördertatbestände für Qualifizierungsangebote zu schaffen. So sollen Praktikumsplätze für Schüler/innen in der praxisintegrierten Ausbildung und für Berufspraktikanten/innen im Anerkennungsjahr zum/zur staatlich anerkannten Erzieher/in mit 8.000 € bzw. 4.000 € vom Land bezuschusst werden. Außerdem soll die Fördersumme für Fami­lienzentren von aktuell 13.000 € jährlich auf 20.000 € erhöht werden, um die Schlüsselstellung dieser Einrichtungen weiter zu stärken. Die Förderung der plus-KITAs soll um 5.000 € auf jährlich 30.000 € gesteigert werden.

 

 

3. Bedarfsplanung

 

Mit der KiBiz-Reform wird festgelegt, dass die Bedarfsplanung der Kindertagesbetreuung in Kin­dertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege zukunftsorientiert zu erfolgen hat. Der Bedarfsplan soll daher vorhersehbare Entwicklungen für einen mehrjährigen Zeitraum einbeziehen und entsprechend zukünftig erforderliche Maßnahmen beinhalten. Des Weiteren ist insbesondere im Hinblick auf die benötigten Öffnungs- und Betreuungszeiten turnusmäßig eine Elternbefragung durchzuführen.

 

 

4. Flexibilisierung der Kindertagesbetreuung

 

Des Weiteren soll im Zuge des neuen KiBiz die Flexibilisierung der Kindertagesbetreuung in Ein­richtungen sowie durch Tagespflegepersonen gesteigert werden. Insbesondere die Erweiterung der Öffnungszeiten und die, soweit organisatorisch möglich, flexibel gestaltbaren täglichen Betreuungszeiten in Kindertagesstätten sowie verstärkte Randzeitenbetreuung durch Kinder­tagespflege-personen, die unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche Verträge für die Betreuung von Kindern für bis zu 15 Wochenstunden abschließen können, sollen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesetzlich verankert werden. In diesem Zusammenhang werden auch die Schließtage der Kindertagesstätten von derzeit jährlich maximal 30 Tagen auf 25 Tage reduziert.

 

 

5. Personaleinsatz in den Kindertageseinrichtungen

 

Gleichzeitig soll die Qualität der Kindertagesbetreuung erhöht werden. Hierzu soll unter anderem der Betreuungsschlüssel in Kindertagesstätten verbessert werden, sodass jeder Gruppe während der gesamten Öffnungszeiten zwei pädagogische Kräfte zugeordnet sind.

 

 

6. Neuregelungen zur Kindertagespflege

 

Die Kindertagespflege soll ebenfalls eine Zuschusserhöhung erfahren. Die derzeitige Förder­summe des Landes von jährlich 804,00 € pro Kindertagespflegeplatz wird voraussichtlich auf 1.109,00 € erhöht. Zudem soll die laufende Geldleistung an die Kindertagespflegepersonen ebenso wie der Landeszuschuss jährlich an die tatsächliche Kostenentwicklung angepasst werden. Außerdem wird die Zahlung der laufenden Geldleistung während der Eingewöhnungs­phase und bei Krankheit bzw. Abwesenheit eines Kindes gesetzlich verankert. Für die mittelbare Bildungs- und Betreuungsarbeit ist pro betreutem Kind mindestens eine Wochenstunde einzurechnen.

 

Hinsichtlich der Qualifikation der Kindertagespflegepersonen ist beabsichtigt, die Qualifizierung nach dem Kompetenzorientierten Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege zum Kinder­gartenjahr 2022/2023 verpflichtend für alle werdenden Kindertagespflegepersonen vorzuschreiben.

Zudem wird festgelegt, dass jede Kindertagespflegeperson jährlich mindestens fünf Stunden Fortbildungsangebote wahrnimmt.

 

 

7. Elternbeiträge

 

Eine weitere wesentliche Änderung, die im neuen KiBiz vorgesehen ist, betrifft die Eltern­beiträge. Zu August 2020 soll ein weiteres beitragsfreies Kindergartenjahr eingeführt werden. Die daraus entstehenden Einnahmeausfälle bei den Kommunen werden durch eine Ausgleichs­zahlung vom Land gemindert. Für die Stadt Meerbusch bedeutet dies jedoch deutliche Einnahmeausfälle, da die Ausgleichszahlung des Landes – wie bereits 2011 bei Einführung des ersten beitragsfreien Kindergartenjahres – weitaus geringer ausfallen wird, als der tatsächlich entstehende Einnahmeausfall. Der Beitragsverlust, der durch die Beitragsbefreiung von zwei Altersjahrgängen (letztes und vorletztes Kindergartenjahr) und der dazu gehörigen Geschwisterkinder beträgt rd. 2,22 Mio. Euro. Der Ausgleich des Landes beträgt 8,62% der insgesamt angemeldeten Kindpauschalen für Kinder im Alter von über drei Jahren, was rd. 1,16 Mio. Euro ausmacht. Es verbleibt jedoch ein nicht kompensierter Einnahmeausfall von rd. 1,06 Mio. Euro.

 

 

 

 

Weiteres Vorgehen

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens sind noch Änderungen des Gesetzentwurfs zu erwarten. Die kommunalen Spitzenverbände haben bis zum 16.08.2019 die Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Gesetzentwurf soll im Herbst 2019 im Landtag beschlossen werden. Sobald das neue KiBiz in seiner endgültigen Fassung verabschiedet ist, wird erneut im Jugendhilfeausschuss darüber berichtet. Im Haushaltsentwurf 2020 werden die aus dem diesem Referentenentwurf erwachsenen erforderlichen Anpassungen soweit berücksichtigt. Etwaige weitere Anpassungen für den kommenden Haushalt, aufgrund von Änderungen am Referentenentwurf, würden ggf. im Rahmen der Veränderungsliste veranschlagt werden müssen.

 


In Vertretung

 

gez.

 

Frank Maatz

Erster Beigeordneter