Betreff
Obdachlosenhilfe in Meerbusch
Vorlage
FB2/111/2012
Art
Informationsvorlage

Der Sozialausschuss hat sich in seiner letzten Sitzung mit der Problematik der Unterbringung und Betreuung obdachloser Menschen in Meerbusch befasst. Die Verwaltung hatte zugesagt, die Problematik grundsätzlich für die Folgesitzung aufzubereiten und dabei auch die Fragen zu beantworten, die von der SPD-Fraktion gestellt wurden (siehe Anlage). Darüber hinaus hat die Verwaltung zugesagt, konzeptionelle Überlegungen für eine Weiterentwicklung der bestehenden Praxis vornehmen zu wollen. Mit dieser Vorlage und der Diskussion im Ausschuss soll ein Einstieg gefunden werden.

 

Obdachlos im ordnungsrechtlichen Sinne sind Personen,

 

·         die unfreiwillig ohne Unterkunft sind,

·         denen der Verlust der ständigen oder vorübergehenden Unterkunft unmittelbar droht,

·         die unter Ausschöpfung aller zumutbaren Eigenmaßnahmen keine, ggf. auch nur vorübergehende Unterkunft erlangen können,

·         deren Wohnung nach objektiven Kriterien nicht mehr einer menschenwürdigen Unterkunft entspricht und

·         die aufgrund einer ordnungsbehördlichen Einweisung in einer Notunterkunft bzw. in einer Wohnung untergebracht sind.

 

Gemeinsames Merkmal aller Untergruppen von Obdachlosigkeit ist, dass sie nicht über Normalwohnraum auf mietvertraglicher Grundlage verfügen. Zu diesem Personenkreis gehören aber solche Personen nicht, die nicht sesshaft sind und auch keine Anzeichen für eine freiwillige Sesshaftigkeit erkennen lassen (freiwillige Obdachlosigkeit). Als Ursachen für Obdachlosigkeit kommt in aller Regel nur die Vollstreckung eines zivilrechtlichen Räumungsurteils (und kein anderweitiges Unterkommen) in Frage. Zunehmend wird für die Stadt Meerbusch jedoch auch festgestellt, dass sich junge Erwachsene melden, die ohne Unterkunft sind, über kein eigenes Einkommen verfügen und auch anderweitig, z.B. durch das Elternhaus nicht versorgt/unterstützt werden. 

 

Unfreiwillige Obdachlosigkeit stellt eine Störung der öffentlichen Sicherheit dar. Sie gefährdet akut Grundrechte und grundrechtlich geschützte Lebensgüter des Obdachlosen, insb. dessen Gesundheit und Leben, aber auch sein allgemeines Persönlichkeitsrecht, namentlich die Menschenwürde. Diese Rechte und Lebensgüter gehören zu den Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit. Es ist Aufgabe der örtlichen Ordnungsbehörden, Gefahren bzw. Störungen der öffentlichen Sicherheit abzuwehren. Bei den ordnungsrechtlich versorgten Wohnungslosen kann diese Gefahr dadurch abgewendet werden, dass diese in kommunale Obdachlosenunterkünfte, in leer stehenden Wohnraum oder in die eigene Wohnung eingewiesen werden. Einweisungen sind Maßnahmen nach dem OBG, die ein öffentlich-rechtliches Nutzungsverhältnis (kein Normalmietverhältnis) begründen. Sie werden in der Praxis am häufigsten dann ergriffen, wenn die betroffenen Haushalte ihre Wohnung im Zuge einer Zwangsräumung verloren haben.

 

Aufgrund dieser Zuständigkeiten zur ordnungsrechtlichen Beseitigung der Obdachlosigkeit wurden die damit verbundenen Aufgaben auch zunächst durch das ehemalige Ordnungsamt, nun durch den Fachbereich 1, wahrgenommen.

 

Eine gesetzliche Verpflichtung, Obdachlosenunterkünfte zu schaffen und vorzuhalten besteht nicht. Jedoch muss im Einzelfall bei Eintritt der Obdachlosigkeit dafür Sorge getragen werden, dass diese Pflichtaufgabe (zur Erfüllung nach Weisung - §§ 3 und 9 OBG NRW) erfüllt wird.

 

Eine Unterbringung obdachloser Personen kann demnach in eigens erbauten, gekauften oder angemieteten Obdachlosenunterkünften erfolgen. Es können auch z.B. normale Mietwohnungen (ohne Widmungsrecht) in Anspruch genommen werden. Auch eine von der Gemeinde von Dritten angemietete Wohnung kann kurzfristig zur Obdachlosenunterkunft gewidmet werden. Die Widmung kann durch Satzung, Veröffentlichung einer Benutzungsordnung oder aber auch durch konkludente Handlung erfolgen. Sie bedarf grundsätzlich keiner bestimmten Form (§ 37 Abs. 2 VwVfG). Liegt also kein förmlicher Beschluss hinsichtlich der Widmung einer Unterkunft vor, ist trotzdem Anstaltsrecht anzuwenden.

 

Auch die Unterbringung in einem Wohnwagen, der mit Stromanschluss, Brennstelle, Kühlschrank, Heizung, Waschgelegenheit und Toilette ausgestattet ist, stellt eine menschenwürdige Unterbringung dar, wenn Größe und Schlafgelegenheiten ausreichen; dies zumindest bei einer vorübergehenden Unterbringung. OVG NRW, Beschl. vom 11.04.1990, NVwZ 1991 S. 692.

 

Die Anforderungen an Notunterkünfte sind dabei nicht mit dem allgemeinen Wohnungsbegriff gleichzusetzen. Art und Ausstattung der Obdachlosenunterkünfte sind weder vorgeschrieben noch reglementierbar. Es sollen Hausratsgegenstände vorhanden sein, welche zum täglichen Leben unentbehrlich sind, z.B. Tisch, Stuhl, Bett, Schrank, Koch- und Waschgelegenheit und ggf. ein WC in der Wohnung sein; ein solches kann auch auf dem Flur sein. Eine Grundversorgung mit Strom, Wasser und Abwasser muss vorhanden sein, wobei es nicht notwendig ist, dass die Entnahme von Wasser in der Wohnung möglich ist. Dasselbe gilt für Toiletten, Duschen und Bäder. Die Räume müssen ausreichend beleuchtet sein, ein Warmwasseranschluss ist nicht erforderlich. Die Beheizbarkeit in der kalten Jahreszeit muss möglich sein. Es genügt allerdings ein Kohleherd.

 

Die Einweisung erfolgt durch eine Einweisungsverfügung.

 

Der benutzende Obdachlose steht während der Unterbringung in einer durch Anstaltsordnung/-satzung gebildeten unselbständigen Anstalt in einem besonderen Rechts- und Gewaltverhältnis zur Gemeinde. Es handelt sich um ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis, wo der Benutzer der Anstaltsordnung unterworfen ist (BVerwG. Urt. vom 29.10.1963, DVBl. 1964 S. 356).


 

Situation in Meerbusch:

1. Entwicklung der Fallzahlen

 

Die Zahl der in Obdachlosenunterkünften untergebrachten Personen ist in den letzten Jahren deutliche zurückgegangen. Dieser Entwicklung folgend konnte auch das Angebot städtischer Obdachlosenunterkünfte erheblich zurückgefahren werden.

 

Waren in den 80er Jahren noch weit über 200 Personen in Obdachlosenunterkünften untergebracht, belief sich die Zahl im Jahre 1993 noch auf 100 Personen und ist bis zum heutigen Tage auf 31 Personen gesunken.

Noch markanter ist die Entwicklung in Bezug auf die Zahl der untergebrachten Familienverbände. Waren im Jahre 1993 noch 22 Familien und im Jahr 1999 noch 14 Familien untergebracht, sind zum heutigen Tag nur noch 3 Familien in einer Obdachlosenunterkunft untergebracht. Und hierzu ist festzuhalten, dass davon zwei Familien Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen und somit eigentlich nicht zum Personenkreis der obdachlosen Personen zu zählen sind.

 

Dieser Entwicklung folgend konnten die 63 Wohneinheiten mit 2.916,03 qm Wohnfläche auf 24 Wohneinheiten mit 1.024,44 qm Wohnfläche heruntergefahren werden.

 

Von den ursprünglich vorgehaltenen Obdachlosenunterkünften

 

  • Alter Kirchweg, Büderich
  • Dorfstr., Büderich
  • Düsseldorfer Straße 190 - 194, Büderich
  • Am Damm 2-4, Lank
  • Strümper Straße 79 – 83, Osterath

 

konnten bis auf die Unterkünfte in Osterath alle übrigen Standorte aufgegeben werden.

 

Belegung 2004 - 2011

 

 

Im Jahr 2011 hat es in Meerbusch insgesamt 42 Räumungsklagen gegeben. Lediglich 3 Personen mussten infolgedessen in den Obdachlosenunterkünften untergebracht werden. Gleichwohl gestaltet sich eine Prognose zukünftiger Fallzahlen mangels einer landes- oder bundeseinheitlichen Wohnungsnotfall-Berichterstattung auf gesetzlicher Grundlage schwierig. Trotz allgemein entspannter Lage auf dem Wohnungsmarkt ist das Angebot an erschwinglichem Wohnraum nach wie vor knapp. Bei zunehmender Einkommensdifferenzierung und Verfestigung von Arbeitslosigkeit wird es daher für ohnehin benachteiligte Bevölkerungsgruppen noch schwieriger werden, angemessenen Wohnraum zu finden. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. rechnet daher bis zum Jahr 2015 mit einem Anstieg der wohnungslosen Personen um ca. 10 – 15%.

 

Die integrierte Wohnungsnotfall-Berichterstattung 2011 in NRW gibt zwar Hinweise auf die Zusammensetzung der untergebrachten wohnungslosen Personen nach Alter, Geschlecht und Haushaltsstruktur, zeigt aber bislang leider keine Entwicklung auf.

 

2. Aktuelle Situation

 

Derzeit unterhält die Stadt zur Unterbringung obdachloser Personen auf einer Grundstücksfläche von rd. 2.700 qm die Unterkünfte Strümper Straße 79 und 81 – 83 in Osterath vor.

 

Dabei handelt es sich um

 

·         1.324 qm Nutzfläche mit

·         24 Wohneinheiten

·         63 Räumen

·         1.024,44 qm Wohnfläche

 

Zum Stand 01.03.2012 sind insgesamt 31 Personen in 20 Wohneinheiten untergebracht.

 

Es handelt sich hierbei um 3 Familien mit 9 Personen (davon 1 Person unter 16 Jahren) und 22 Einzelpersonen.

 

Eine allein durch die Obdachlosigkeit begründete sozialpädagogische Betreuung in den Schlichtwohnungen auf der Strümper Straße gibt es nicht. Soweit Familien mit Minderjährigen untergebracht werden müssen, wird das Jugendamt eingeschaltet und bietet gegebenenfalls Hilfen an. Natürlich ist es so, dass der überwiegende Teil der Nutzer aufgrund des Bezugs von Transferleistungen oder eines sonstigen Hilfebedarfs eine Betreuung, Beratung und Unterstützung erhält.

 

Für die bauliche Instandhaltung und den Betrieb der Unterkünfte an der Strümper Straße wurden in den letzten Jahren folgende Mittel aufgewendet:

 

 

 

2008

2009

2010

2011

Allg. Bauunterhaltung

28.446,36 €

11.913,83 €

16.397,57 €

12.595,87 €

Baumaterial

8.115,18 €

14.255,77 €

6.501,08 €

3.248,07 €

Allg. Wartung

317,42 €

426,40 €

0,00 €

0,00 €

Betriebskosten

28.040,73

24.011,72

23.534,75

20.499,36

Summe

64.919,69

50.607,72

46.433,40

36.343,30

 

 

 

 

Die jährliche Abschreibung beträgt 19.904,00 €. Die o.g. Aufwendungen berücksichtigen nicht den Personalaufwand im Bereich der baulichen Unterhaltung und das Personal des FB 1; hier ist ein Mitarbeiter mit einem zeitlichen Anteil von 20% für die Aufgabenerfüllung zuständig, einen Hausmeister gibt es nicht.

 

Der Restwert der Gebäude beläuft sich derzeit auf insgesamt 757.729,00 €.

 

Den Ausgaben stehen derzeit jährlich Benutzungsgebühren in Höhe von ca. 20.000,00 € gegenüber. Die Gebühr beträgt 3,02 €/qm für die Unterkunft Strümper Straße 79 und 4,29 €/qm für die Strümper Straße 81-83.

 

Die Verweildauer der derzeit untergebrachten Personen stellt sich wie folgt dar:

 

Verweildauer in Jahren

Anzahl der Personen

0 – 1 Jahr

13

1 – 2 Jahre

7

2 – 3 Jahre

4

3 – 4 Jahre

2

4 – 5 Jahre

1

über 7 Jahre

2

über 10 Jahre

1

über 19 Jahre

1

 

 

In der Fachdiskussion herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass unter die unmittelbar von Wohnungslosigkeit Betroffenen auch diejenigen zu subsumieren sind, die als ausländische Zuwanderer vorübergehend untergebracht sind und, obwohl sie zur Begründung eines Wohnsitzes, zur Anmietung von Normalwohnraum und beispielsweise auch zum Bezug von Sozialwohnungen berechtigt wären, (noch) nicht mit Wohnraum auf mietvertraglicher Grundlage versorgt wurden. Asylbewerber hingegen werden nicht zu den Wohnungsnotfällen gezählt, weil ihnen der Aufenthalt in Deutschland nur zum Zweck der Durchführung des Asylverfahrens gestattet ist und die gesamte Gesetzgebung darauf abhebt, dass sie nicht als Nachfrager auf dem Wohnungsmarkt in Erscheinung treten sollen. Allerdings gibt es auch ausländische Flüchtlinge in größerem quantitativem Umfang, deren Aufenthaltsstatus sehr wohl eine Normalwohnraumversorgung zulässt und erfordert, weil sich die Betroffenen für einen längeren Zeitraum oder dauerhaft in Deutschland aufhalten und dazu auch über eine entsprechende rechtliche Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsbefugnis oder Duldung verfügen. Dies gilt zum einen für anerkannte Asylberechtigte, die mit ihrer Anerkennung eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten und damit auch Wohnberechtigte nach §§ 4 und 5 des Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG) sind. Es gilt aber auch für Kontingentflüchtlinge und für Flüchtlinge, die eine Duldung für einen längeren Zeitraum erhalten sowie für andere Ausländer mit einer mindestens einjährigen Aufenthaltserlaubnis. Als längerfristig werden Duldungen und Aufenthaltsbefugnisse definiert, wenn sie für länger als ein Jahr gelten.

 

Für die Unterbringung der ausländischen Flüchtlinge und Spätaussiedler stehen derzeit in den Übergangswohnheimen in Meerbusch-Büderich an der Cranachstraße sowie in Meerbusch-Lank Am Heidbergdamm insgesamt 80 belegbare Räume zur Verfügung, 6 Räume davon sind für die Aufnahme von Spätaussiedlern vorbehalten. Die sozialpädagogische Betreuung wird dort durch Sozialarbeiterinnen des Caritasverbandes und der Diakonie Meerbusch sichergestellt. Ferner kümmern sich um die Wohnheime und die Überwachung der Einhaltung der Benutzungsordnung 2 Hausmeister, davon einer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden, sowie der eingesetzte Wach- und Pfortendienst einer Fremdfirma.

 

Spätaussiedler in Aussiedlerunterkünften sind Familien und Einzelpersonen, denen es (noch) nicht gelungen ist, sich nach Zuwanderung in die Bundesrepublik mit Normalwohnraum zu versorgen. Zwar ist die Freizügigkeit von Spätaussiedlern im Rahmen des Zuweisungsverfahrens eingeschränkt, sie haben aber bei Ankunft in Meerbusch bereits die deutsche Staatsangehörigkeit und damit auch das Recht, einen Wohnsitz zu gründen und sich sowohl am freien Wohnungsmarkt als auch im belegungsgebundenen Bestand um Wohnraum zu bemühen. In der Regel bedürfen sie ebenfalls institutioneller Hilfen zur Erlangung von Normalwohnraum. Solange diese nicht erfolgreich sind, sind Spätaussiedler in Unterkünften (Übergangseinrichtungen) untergebracht, die der vorübergehenden Unterbringung dienen. Spätaussiedler in Aussiedlerunterkünften sind zu den aktuell von Wohnungslosigkeit betroffenen Wohnungsnotfällen zu zählen.

 

Während die zuvor genannten Gruppen also als aktuell von Wohnungslosigkeit betroffene Wohnungsnotfälle zu verstehen sind, gilt dies nicht für Asylantragsteller im laufenden Asylverfahren und für andere ausländische Flüchtlinge, die sich ohne längerfristige Duldung oder Aufenthaltsbefugnis vorübergehend in Meerbusch aufhalten. Zwar müssen auch diese Personengruppen mit vorübergehender Unterkunft – vorrangig in Gemeinschaftsunterkünften bzw. Übergangsheimen – versorgt werden; von der Wohnungsversorgung bleiben sie aber ausgeschlossen.

 

 

Konzeptionelle Überlegungen

 

Wenn man sich auf kommunaler Ebene mit dem Thema Obdachlosigkeit befasst, ist es zweckmäßig, die Gesamtproblematik der sogenannten Wohnungsnotfälle zu betrachten.

 

Der Deutsche Städtetag definiert Wohnungsnotfälle wie folgt:

 

"Wohnungsnotfälle sind Personen, die überwiegend momentan nicht in der Lage sind, ohne Hilfe ihre Wohnungsversorgung zu sichern. Sie sind gegeben, wenn Personen unmittelbar von Obdachlosigkeit bedroht oder aktuell von Obdachlosigkeit betroffen sind, oder aus sonstigen Gründen in unzumutbaren Wohnverhältnissen leben." (Quelle: Deutscher Städtetag: Sicherung der Wohnungsversorgung in Wohnungsnotfällen und Verbesserung der Lebensbedingungen in sozialen Brennpunkten. Köln 1987)

 

In NRW wurde auf Grundlage dieses Verständnisses von Wohnungsnot das Konzept der Zentralen Fachstellen entwickelt und später durch die KGSt ergänzt. Es konzentriert alle Möglichkeiten zur Vermeidung und Behebung von Wohnungslosigkeit an einer zentralen Stelle in der Verwaltung. Die Hilfe in Wohnungsnotfällen wird dadurch effektiver und erreicht schnell die betroffenen Familien und Einzelpersonen. Doppelarbeit und unklare Zuständigkeiten werden vermieden, da Leistungen, die zuvor in den Ressorts Soziales, Wohnungswesen und Ordnung angesiedelt waren, in einer einzigen Organisationseinheit mit nur einer Leitung zusammengefasst werden.

 

Ziel aller Maßnahmen der Zentralen Fachstellen ist es, neue Fälle von Wohnungslosigkeit zu vermeiden, bestehende Wohnungslosigkeit abzubauen, die Entstehung neuer sozialer Brennpunkte zu verhindern und bestehende soziale Brennpunkte zu entschärfen. (Quelle: Zentrale Fachstellen zur Hilfe in Wohnungsnotfällen, Ministerium für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport NRW u.a. (Hrsg.), Köln 1999) Ausführliche Informationen zum Fachstellenkonzept liefert auch heute noch das seinerzeit als Praxisleitfaden herausgegebene Handbuch zur Umsetzung der Fachstellen in den Kommunen.

 

Neben erfolgreich eingeführten Fachstellen im Sinne des oben genannten Basiskonzeptes finden sich auch sogenannte Fachdienste, die nur teilweise die Leistungen zur Bearbeitung der Wohnungsnotfallproblematik zusammengeführt haben wie auch Koordinierungsstellen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Leistungen organisatorisch nicht zusammengeführt sind, sondern in der Regel ein zentraler Ansprechpartner für Wohnungsnotfälle benannt ist.

 

In der Weiterentwicklung der Hilfe in Wohnungsnotfällen gewinnen zudem die Berücksichtigung der heterogenen Problemlagen der Betroffenengruppen und somit aufsuchende Hilfe- und Beratungsangebote an Bedeutung. In diesem Zusammenhang sind auch verbindliche Kooperationen der kommunalen Wohnungsnothilfe und den freien Trägern der Wohnungshilfe zur Entwicklung der Angebote gem. §§ 67 ff SGB XII (Personen in besonderen sozialen Schwierigkeiten) wie auch mit der Wohnungswirtschaft von besonderer Relevanz.

 

Unter Berücksichtigung der geänderten Anforderungen an die Hilfen für Obdachlose und von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen soll das Themenfeld auch in Meerbusch im Hinblick auf eine fiskalische wie auch sozialpolitische Optimierung neu konzipiert werden.

 

Der bisherige Umgang der Stadtverwaltung mit Notfällen war an einem eher reaktiven versorgenden Ansatz orientiert. Vermeidung von Obdachlosigkeit verlangt eine ganzheitliche Betrachtung der unterschiedlichen Problemlagen in der sich von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen befinden. Der qualitative Unterstützungsbedarf wird nicht in allen Fällen und nicht immer vorrangig abgedeckt durch reine Geldleistungen bzw. die Bereitstellung von Wohnraum; in vielen Fällen besteht zusätzlich Bedarf an einem differenzierten Hilfeangebot, welches in die Felder Kinderbetreuung, Qualifizierung, Verbesserung der Arbeitsfähigkeit, Schuldenregulierung, Arbeitsplatzsuche, Gewaltschutz, Suchtberatung hineinreichen bis hin zur Alltagsbewältigung wohnbegleitender Maßnahmen.

 

Folgende Zielsetzungen sollen bei der verwaltungsseitigen Prüfung Berücksichtigung finden:

 

·         Zusammenführung der Aufgaben zum Thema Wohnungsnotfälle in einer für Meerbusch
zweckmäßigen Verwaltungsstruktur

·         Verbesserung der Präventionsarbeit zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit

·         Gezielte Betreuung und Begleitung der Wohnungslosen mit dem Ziel einer Unterbringung und dem Verbleib in regulärem Wohnraum

  • Keine langfristigen Aufenthalte in Schlicht- und Notunterkünften; Schlicht- und Notunterkünfte durch mietvertraglich abgesicherte Wohnungen ersetzen

·         Kann trotz der präventiven Maßnahmen ein drohender Wohnungsverlust nicht verhindert werden, hat die Ersatzbeschaffung von Wohnraum im Mittelpunkt der weiteren Hilfe zu stehen

·         Stärkung der Kooperation mit anderen Leistungsträgern im Rahmen von Wohnungsnotfällen sowie mit der Wohnungswirtschaft

  • Aufsuchende Hilfen installieren und die nachhaltige Ausrichtung der Hilfen

·         Bedarfsgerechte Anpassung der Kapazitäten in den bestehenden Unterkünften im Zuge des grundsätzlichen Anspruches der Vermittlung der wohnungslosen Personen in regulären Wohnraum

 

Für den Bereich der Hilfen in Wohnungsnotfällen wird angestrebt, dass die Obdachlosen- und Wohnungslosenhilfe inhaltlich, organisatorisch und wirtschaftlich zu einer integrativen Wohnungsnotfallhilfe zusammengeführt wird. Denn die Kategorisierung in Obdachlose oder Wohnungslose, in allein stehende Personen oder Familien oder in Einpersonen- oder Mehrpersonenhaushalte sind weder den Ursachen eines Wohnungsnotfalls noch dem Hilfebedarf angemessen.

 

 

Im Hinblick auf Wohnungssicherung berät die Meerbuscher Fachstelle Menschen, die vom Verlust ihrer Wohnung bedroht sind, um das noch bestehende Mietverhältnis zu sichern. Dazu wird die aktuelle Situation geklärt und bei Bedarf werden weitergehende Hilfen, wie z.B. eine Schuldnerberatung, vermittelt. Bei bestehenden Mietschulden besteht die Möglichkeit, diese durch ein Darlehen zu übernehmen. Wird die Fachstelle durch Dritte – wie Gerichte, Vermieter oder andere Dienststellen – darüber informiert, dass ein Mietverhältnis in Gefahr ist, nimmt sie unmittelbar Kontakt zu dem betroffenen Mieter auf.

 

Im Rahmen einer erforderlichen öffentlich-rechtlichen Unterbringung bewilligt die Fachstelle zur Abwendung einer drohenden Obdachlosigkeit die Unterbringung in einer öffentlichen Unterkunft. Dieses Angebot gilt auch für Menschen, deren Wohnung nicht erhalten werden konnte und die kurzfristig eine Unterkunft benötigen.

 

Eine mögliche Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Förderkonzept des Landes „Obdachlosigkeit verhindern - Weiterentwicklung der Hilfen in Wohnungsnotfällen“ wird ebenfalls geprüft.

 


In Vertretung

 

 

 

Angelika Mielke-Westerlage

Erste Beigeordnete