Der
Sozialausschuss hat sich in seiner letzten Sitzung mit der Problematik der
Unterbringung und Betreuung obdachloser Menschen in Meerbusch befasst. Die
Verwaltung hatte zugesagt, die Problematik grundsätzlich für die Folgesitzung
aufzubereiten und dabei auch die Fragen zu beantworten, die von der
SPD-Fraktion gestellt wurden (siehe Anlage). Darüber hinaus hat die Verwaltung
zugesagt, konzeptionelle Überlegungen für eine Weiterentwicklung der
bestehenden Praxis vornehmen zu wollen. Mit dieser Vorlage und der Diskussion
im Ausschuss soll ein Einstieg gefunden werden.
Obdachlos
im ordnungsrechtlichen Sinne sind
Personen,
·
die
unfreiwillig ohne Unterkunft sind,
·
denen
der Verlust der ständigen oder vorübergehenden Unterkunft unmittelbar droht,
·
die
unter Ausschöpfung aller zumutbaren Eigenmaßnahmen keine, ggf. auch nur
vorübergehende Unterkunft erlangen können,
·
deren
Wohnung nach objektiven Kriterien nicht mehr einer menschenwürdigen Unterkunft
entspricht und
·
die
aufgrund einer ordnungsbehördlichen Einweisung in einer Notunterkunft bzw. in
einer Wohnung untergebracht sind.
Gemeinsames Merkmal aller
Untergruppen von Obdachlosigkeit ist, dass sie nicht über Normalwohnraum auf
mietvertraglicher Grundlage verfügen. Zu diesem Personenkreis
gehören aber solche Personen nicht, die nicht sesshaft sind und auch keine
Anzeichen für eine freiwillige Sesshaftigkeit erkennen lassen (freiwillige
Obdachlosigkeit). Als Ursachen für Obdachlosigkeit kommt in aller Regel nur die
Vollstreckung eines zivilrechtlichen Räumungsurteils (und kein anderweitiges
Unterkommen) in Frage. Zunehmend wird für die Stadt Meerbusch jedoch auch
festgestellt, dass sich junge Erwachsene melden, die ohne Unterkunft sind, über
kein eigenes Einkommen verfügen und auch anderweitig, z.B. durch das Elternhaus
nicht versorgt/unterstützt werden.
Unfreiwillige Obdachlosigkeit
stellt eine Störung der öffentlichen Sicherheit dar. Sie gefährdet akut
Grundrechte und grundrechtlich geschützte Lebensgüter des Obdachlosen, insb.
dessen Gesundheit und Leben, aber auch sein allgemeines Persönlichkeitsrecht,
namentlich die Menschenwürde. Diese Rechte und Lebensgüter gehören zu den
Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit. Es ist Aufgabe der örtlichen
Ordnungsbehörden, Gefahren bzw. Störungen der öffentlichen Sicherheit
abzuwehren. Bei den ordnungsrechtlich versorgten Wohnungslosen
kann diese Gefahr dadurch abgewendet werden, dass diese in kommunale
Obdachlosenunterkünfte, in leer stehenden Wohnraum oder in die eigene Wohnung
eingewiesen werden. Einweisungen sind Maßnahmen nach dem OBG, die ein
öffentlich-rechtliches Nutzungsverhältnis (kein Normalmietverhältnis)
begründen. Sie werden in der Praxis am häufigsten dann ergriffen, wenn die
betroffenen Haushalte ihre Wohnung im Zuge einer Zwangsräumung verloren haben.
Aufgrund dieser Zuständigkeiten
zur ordnungsrechtlichen Beseitigung der Obdachlosigkeit wurden die damit
verbundenen Aufgaben auch zunächst durch das ehemalige Ordnungsamt, nun durch
den Fachbereich 1, wahrgenommen.
Eine
gesetzliche Verpflichtung, Obdachlosenunterkünfte zu schaffen und vorzuhalten
besteht nicht. Jedoch muss im Einzelfall bei Eintritt der Obdachlosigkeit dafür
Sorge getragen werden, dass diese Pflichtaufgabe (zur Erfüllung nach Weisung -
§§ 3 und 9 OBG NRW) erfüllt wird.
Eine
Unterbringung obdachloser Personen kann demnach in eigens erbauten, gekauften
oder angemieteten Obdachlosenunterkünften erfolgen. Es können auch z.B. normale
Mietwohnungen (ohne Widmungsrecht) in Anspruch genommen werden. Auch eine von
der Gemeinde von Dritten angemietete Wohnung kann kurzfristig zur
Obdachlosenunterkunft gewidmet werden. Die Widmung kann durch Satzung,
Veröffentlichung einer Benutzungsordnung oder aber auch durch konkludente
Handlung erfolgen. Sie bedarf grundsätzlich keiner bestimmten Form (§ 37 Abs. 2
VwVfG). Liegt also kein förmlicher Beschluss hinsichtlich der Widmung einer
Unterkunft vor, ist trotzdem Anstaltsrecht anzuwenden.
Auch
die Unterbringung in einem Wohnwagen, der mit Stromanschluss, Brennstelle,
Kühlschrank, Heizung, Waschgelegenheit und Toilette ausgestattet ist, stellt
eine menschenwürdige Unterbringung dar, wenn Größe und Schlafgelegenheiten
ausreichen; dies zumindest bei einer vorübergehenden Unterbringung. OVG NRW,
Beschl. vom 11.04.1990, NVwZ 1991 S. 692.
Die Anforderungen an Notunterkünfte sind dabei nicht mit dem
allgemeinen Wohnungsbegriff gleichzusetzen. Art und Ausstattung der
Obdachlosenunterkünfte sind weder vorgeschrieben noch reglementierbar. Es
sollen Hausratsgegenstände vorhanden sein, welche zum täglichen Leben
unentbehrlich sind, z.B. Tisch, Stuhl, Bett, Schrank, Koch- und
Waschgelegenheit und ggf. ein WC in der Wohnung sein; ein solches kann auch auf
dem Flur sein. Eine Grundversorgung mit Strom, Wasser und Abwasser muss
vorhanden sein, wobei es nicht notwendig ist, dass die Entnahme von Wasser in
der Wohnung möglich ist. Dasselbe gilt für Toiletten, Duschen und Bäder. Die
Räume müssen ausreichend beleuchtet sein, ein Warmwasseranschluss ist nicht
erforderlich. Die Beheizbarkeit
in der kalten Jahreszeit muss möglich sein. Es genügt allerdings ein Kohleherd.
Die
Einweisung erfolgt durch eine Einweisungsverfügung.
Der
benutzende Obdachlose steht während der Unterbringung in einer durch
Anstaltsordnung/-satzung gebildeten unselbständigen Anstalt in einem besonderen
Rechts- und Gewaltverhältnis zur Gemeinde. Es handelt sich um ein
öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis, wo der Benutzer der
Anstaltsordnung unterworfen ist (BVerwG. Urt. vom 29.10.1963, DVBl. 1964 S.
356).
Situation in
Meerbusch:
1. Entwicklung der
Fallzahlen
Die
Zahl der in Obdachlosenunterkünften untergebrachten Personen ist in den letzten
Jahren deutliche zurückgegangen. Dieser Entwicklung folgend konnte auch das
Angebot städtischer Obdachlosenunterkünfte erheblich zurückgefahren werden.
Waren
in den 80er Jahren noch weit über 200 Personen in Obdachlosenunterkünften
untergebracht, belief sich die Zahl im Jahre 1993 noch auf 100 Personen und ist
bis zum heutigen Tage auf 31 Personen gesunken.
Noch
markanter ist die Entwicklung in Bezug auf die Zahl der untergebrachten
Familienverbände. Waren im Jahre 1993 noch 22 Familien und im Jahr 1999 noch 14
Familien untergebracht, sind zum heutigen Tag nur noch 3 Familien in einer
Obdachlosenunterkunft untergebracht. Und hierzu ist festzuhalten, dass davon
zwei Familien Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen und
somit eigentlich nicht zum Personenkreis der obdachlosen Personen zu zählen
sind.
Dieser Entwicklung folgend konnten die 63 Wohneinheiten mit 2.916,03 qm
Wohnfläche auf 24 Wohneinheiten mit 1.024,44 qm Wohnfläche heruntergefahren
werden.
Von den ursprünglich vorgehaltenen
Obdachlosenunterkünften
- Alter
Kirchweg, Büderich
- Dorfstr.,
Büderich
- Düsseldorfer
Straße 190 - 194, Büderich
- Am Damm 2-4,
Lank
- Strümper
Straße 79 – 83, Osterath
konnten bis auf die Unterkünfte in Osterath
alle übrigen Standorte aufgegeben werden.
Belegung
2004 - 2011
Im Jahr 2011 hat es in Meerbusch insgesamt 42 Räumungsklagen gegeben. Lediglich 3 Personen mussten infolgedessen in den Obdachlosenunterkünften untergebracht werden. Gleichwohl gestaltet sich eine Prognose zukünftiger Fallzahlen mangels einer landes- oder bundeseinheitlichen Wohnungsnotfall-Berichterstattung auf gesetzlicher Grundlage schwierig. Trotz allgemein entspannter Lage auf dem Wohnungsmarkt ist das Angebot an erschwinglichem Wohnraum nach wie vor knapp. Bei zunehmender Einkommensdifferenzierung und Verfestigung von Arbeitslosigkeit wird es daher für ohnehin benachteiligte Bevölkerungsgruppen noch schwieriger werden, angemessenen Wohnraum zu finden. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. rechnet daher bis zum Jahr 2015 mit einem Anstieg der wohnungslosen Personen um ca. 10 – 15%.
Die integrierte
Wohnungsnotfall-Berichterstattung 2011 in NRW gibt zwar Hinweise auf die
Zusammensetzung der untergebrachten wohnungslosen Personen nach Alter,
Geschlecht und Haushaltsstruktur, zeigt aber bislang leider keine Entwicklung
auf.
2. Aktuelle
Situation
Derzeit
unterhält die Stadt zur Unterbringung obdachloser Personen auf einer
Grundstücksfläche von rd. 2.700 qm die Unterkünfte Strümper Straße 79 und 81 –
83 in Osterath vor.
Dabei
handelt es sich um
·
1.324
qm Nutzfläche mit
·
24
Wohneinheiten
·
63
Räumen
·
1.024,44
qm Wohnfläche
Zum
Stand 01.03.2012 sind insgesamt 31 Personen in 20 Wohneinheiten untergebracht.
Es
handelt sich hierbei um 3 Familien mit 9 Personen (davon 1 Person unter 16
Jahren) und 22 Einzelpersonen.
Eine allein durch die Obdachlosigkeit begründete sozialpädagogische Betreuung in den Schlichtwohnungen auf der Strümper Straße gibt es nicht. Soweit Familien mit Minderjährigen untergebracht werden müssen, wird das Jugendamt eingeschaltet und bietet gegebenenfalls Hilfen an. Natürlich ist es so, dass der überwiegende Teil der Nutzer aufgrund des Bezugs von Transferleistungen oder eines sonstigen Hilfebedarfs eine Betreuung, Beratung und Unterstützung erhält.
Für die bauliche
Instandhaltung und den Betrieb der Unterkünfte an der Strümper Straße wurden in
den letzten Jahren folgende Mittel aufgewendet:
2008 |
2009 |
2010 |
2011 |
|
Allg. Bauunterhaltung |
28.446,36 € |
11.913,83 € |
16.397,57 € |
12.595,87 € |
Baumaterial |
8.115,18 € |
14.255,77 € |
6.501,08 € |
3.248,07 € |
Allg. Wartung |
317,42 € |
426,40 € |
0,00 € |
0,00 € |
Betriebskosten |
28.040,73 € |
24.011,72 € |
23.534,75 € |
20.499,36 € |
Summe |
64.919,69 € |
50.607,72 € |
46.433,40 € |
36.343,30 € |
Die jährliche Abschreibung
beträgt 19.904,00 €. Die o.g.
Aufwendungen berücksichtigen nicht den Personalaufwand im Bereich der baulichen
Unterhaltung und das Personal des FB 1; hier ist ein Mitarbeiter mit einem
zeitlichen Anteil von 20% für die Aufgabenerfüllung zuständig, einen
Hausmeister gibt es nicht.
Der Restwert der Gebäude beläuft
sich derzeit auf insgesamt 757.729,00 €.
Den Ausgaben stehen derzeit
jährlich Benutzungsgebühren in Höhe von ca. 20.000,00 € gegenüber. Die Gebühr
beträgt 3,02 €/qm für die Unterkunft Strümper Straße 79 und 4,29 €/qm für die
Strümper Straße 81-83.
Die Verweildauer der derzeit
untergebrachten Personen stellt sich wie folgt dar:
Verweildauer in Jahren |
Anzahl der Personen |
0 – 1 Jahr |
13 |
1 – 2 Jahre |
7 |
2 – 3 Jahre |
4 |
3 – 4 Jahre |
2 |
4 – 5 Jahre |
1 |
über 7 Jahre |
2 |
über 10 Jahre |
1 |
über 19 Jahre |
1 |
In der Fachdiskussion herrscht
weitgehend Einigkeit darüber, dass unter die unmittelbar von Wohnungslosigkeit
Betroffenen auch diejenigen zu subsumieren sind, die als ausländische
Zuwanderer vorübergehend untergebracht sind und, obwohl sie zur Begründung
eines Wohnsitzes, zur Anmietung von Normalwohnraum und beispielsweise auch zum
Bezug von Sozialwohnungen berechtigt wären, (noch) nicht mit Wohnraum auf
mietvertraglicher Grundlage versorgt wurden. Asylbewerber hingegen werden nicht
zu den Wohnungsnotfällen gezählt, weil ihnen der Aufenthalt in Deutschland nur
zum Zweck der Durchführung des Asylverfahrens gestattet ist und die gesamte
Gesetzgebung darauf abhebt, dass sie nicht als Nachfrager auf dem Wohnungsmarkt
in Erscheinung treten sollen. Allerdings gibt es auch ausländische Flüchtlinge
in größerem quantitativem Umfang, deren Aufenthaltsstatus sehr wohl eine
Normalwohnraumversorgung zulässt und erfordert, weil sich die Betroffenen für
einen längeren Zeitraum oder dauerhaft in Deutschland aufhalten und dazu auch
über eine entsprechende rechtliche Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsbefugnis
oder Duldung verfügen. Dies gilt zum einen für anerkannte Asylberechtigte, die
mit ihrer Anerkennung eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten und damit
auch Wohnberechtigte nach §§ 4 und 5 des Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG)
sind. Es gilt aber auch für Kontingentflüchtlinge und für Flüchtlinge, die eine
Duldung für einen längeren Zeitraum erhalten sowie für andere Ausländer mit
einer mindestens einjährigen Aufenthaltserlaubnis. Als längerfristig werden
Duldungen und Aufenthaltsbefugnisse definiert, wenn sie für länger als ein Jahr
gelten.
Für die Unterbringung der
ausländischen Flüchtlinge und Spätaussiedler stehen derzeit in den
Übergangswohnheimen in Meerbusch-Büderich an der Cranachstraße sowie in
Meerbusch-Lank Am Heidbergdamm insgesamt 80 belegbare Räume zur Verfügung, 6
Räume davon sind für die Aufnahme von Spätaussiedlern vorbehalten. Die sozialpädagogische Betreuung wird dort
durch Sozialarbeiterinnen des Caritasverbandes und der Diakonie Meerbusch
sichergestellt. Ferner kümmern sich um die Wohnheime und die
Überwachung der Einhaltung der Benutzungsordnung 2 Hausmeister, davon einer mit
einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden, sowie der eingesetzte Wach- und
Pfortendienst einer Fremdfirma.
Spätaussiedler in
Aussiedlerunterkünften sind Familien und Einzelpersonen, denen es (noch) nicht
gelungen ist, sich nach Zuwanderung in die Bundesrepublik mit Normalwohnraum zu
versorgen. Zwar ist die Freizügigkeit von Spätaussiedlern im Rahmen des
Zuweisungsverfahrens eingeschränkt, sie haben aber bei Ankunft in Meerbusch
bereits die deutsche Staatsangehörigkeit und damit auch das Recht, einen
Wohnsitz zu gründen und sich sowohl am freien Wohnungsmarkt als auch im
belegungsgebundenen Bestand um Wohnraum zu bemühen. In der Regel bedürfen sie
ebenfalls institutioneller Hilfen zur Erlangung von Normalwohnraum. Solange
diese nicht erfolgreich sind, sind Spätaussiedler in Unterkünften
(Übergangseinrichtungen) untergebracht, die der vorübergehenden Unterbringung
dienen. Spätaussiedler in Aussiedlerunterkünften sind zu den aktuell von
Wohnungslosigkeit betroffenen Wohnungsnotfällen zu zählen.
Während die zuvor
genannten Gruppen also als aktuell von Wohnungslosigkeit betroffene
Wohnungsnotfälle zu verstehen sind, gilt dies nicht für Asylantragsteller im
laufenden Asylverfahren und für andere ausländische Flüchtlinge, die sich ohne
längerfristige Duldung oder Aufenthaltsbefugnis vorübergehend in Meerbusch
aufhalten. Zwar müssen auch diese Personengruppen mit vorübergehender
Unterkunft – vorrangig in Gemeinschaftsunterkünften bzw. Übergangsheimen –
versorgt werden; von der Wohnungsversorgung bleiben sie aber ausgeschlossen.
Konzeptionelle
Überlegungen
Wenn
man sich auf kommunaler Ebene mit dem Thema Obdachlosigkeit befasst, ist es
zweckmäßig, die Gesamtproblematik der sogenannten Wohnungsnotfälle zu
betrachten.
Der
Deutsche Städtetag definiert Wohnungsnotfälle wie folgt:
"Wohnungsnotfälle sind Personen, die überwiegend momentan nicht in
der Lage sind, ohne Hilfe ihre Wohnungsversorgung zu sichern. Sie sind gegeben,
wenn Personen unmittelbar von Obdachlosigkeit bedroht oder aktuell von Obdachlosigkeit
betroffen sind, oder aus sonstigen Gründen in unzumutbaren Wohnverhältnissen
leben." (Quelle: Deutscher Städtetag: Sicherung der Wohnungsversorgung in
Wohnungsnotfällen und Verbesserung der Lebensbedingungen in sozialen
Brennpunkten. Köln 1987)
In NRW wurde auf Grundlage dieses Verständnisses von Wohnungsnot das
Konzept der Zentralen Fachstellen entwickelt und später durch die KGSt ergänzt.
Es
konzentriert alle Möglichkeiten zur Vermeidung und Behebung von
Wohnungslosigkeit an einer zentralen Stelle in der Verwaltung. Die Hilfe in
Wohnungsnotfällen wird dadurch effektiver und erreicht schnell die betroffenen
Familien und Einzelpersonen. Doppelarbeit und unklare Zuständigkeiten werden
vermieden, da Leistungen, die zuvor in den Ressorts Soziales, Wohnungswesen und
Ordnung angesiedelt waren, in einer einzigen Organisationseinheit mit nur einer
Leitung zusammengefasst werden.
Ziel aller Maßnahmen der Zentralen
Fachstellen ist es, neue Fälle von Wohnungslosigkeit zu vermeiden, bestehende
Wohnungslosigkeit abzubauen, die Entstehung neuer sozialer Brennpunkte zu
verhindern und bestehende soziale Brennpunkte zu entschärfen. (Quelle: Zentrale
Fachstellen zur Hilfe in Wohnungsnotfällen, Ministerium für Arbeit, Soziales
und Stadtentwicklung, Kultur und Sport NRW u.a. (Hrsg.), Köln 1999) Ausführliche Informationen zum
Fachstellenkonzept liefert auch heute noch das seinerzeit als Praxisleitfaden
herausgegebene Handbuch zur Umsetzung der Fachstellen in den Kommunen.
Neben erfolgreich eingeführten Fachstellen im Sinne des oben genannten
Basiskonzeptes finden sich auch sogenannte Fachdienste, die nur teilweise die
Leistungen zur Bearbeitung der Wohnungsnotfallproblematik zusammengeführt haben
wie auch Koordinierungsstellen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die
Leistungen organisatorisch nicht zusammengeführt sind, sondern in der Regel ein
zentraler Ansprechpartner für Wohnungsnotfälle benannt ist.
In der Weiterentwicklung der Hilfe in Wohnungsnotfällen gewinnen zudem
die Berücksichtigung der heterogenen Problemlagen der Betroffenengruppen und
somit aufsuchende Hilfe- und Beratungsangebote an Bedeutung. In diesem
Zusammenhang sind auch verbindliche Kooperationen der kommunalen
Wohnungsnothilfe und den freien Trägern der Wohnungshilfe zur Entwicklung der
Angebote gem. §§ 67 ff SGB XII (Personen in besonderen sozialen
Schwierigkeiten) wie auch mit der Wohnungswirtschaft von besonderer Relevanz.
Unter
Berücksichtigung der geänderten Anforderungen an die Hilfen für Obdachlose und
von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen soll das Themenfeld auch in Meerbusch
im Hinblick auf eine fiskalische wie auch sozialpolitische Optimierung neu
konzipiert werden.
Der bisherige Umgang der Stadtverwaltung mit Notfällen war an
einem eher reaktiven versorgenden Ansatz orientiert. Vermeidung von
Obdachlosigkeit verlangt eine ganzheitliche Betrachtung der unterschiedlichen
Problemlagen in der sich von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen befinden. Der qualitative Unterstützungsbedarf wird
nicht in allen Fällen und nicht immer vorrangig abgedeckt durch reine
Geldleistungen bzw. die Bereitstellung von Wohnraum; in vielen Fällen besteht
zusätzlich Bedarf an einem differenzierten Hilfeangebot, welches in die Felder
Kinderbetreuung, Qualifizierung, Verbesserung der Arbeitsfähigkeit, Schuldenregulierung,
Arbeitsplatzsuche, Gewaltschutz, Suchtberatung hineinreichen bis hin zur
Alltagsbewältigung wohnbegleitender Maßnahmen.
Folgende
Zielsetzungen sollen bei der verwaltungsseitigen Prüfung Berücksichtigung
finden:
·
Zusammenführung
der Aufgaben zum Thema Wohnungsnotfälle in einer für Meerbusch
zweckmäßigen Verwaltungsstruktur
·
Verbesserung
der Präventionsarbeit zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit
·
Gezielte
Betreuung und Begleitung der Wohnungslosen mit dem Ziel einer Unterbringung und
dem Verbleib in regulärem Wohnraum
- Keine
langfristigen Aufenthalte in Schlicht- und Notunterkünften; Schlicht- und
Notunterkünfte durch mietvertraglich abgesicherte Wohnungen ersetzen
·
Kann trotz der
präventiven Maßnahmen ein drohender Wohnungsverlust nicht verhindert werden,
hat die Ersatzbeschaffung von Wohnraum im Mittelpunkt der weiteren Hilfe zu
stehen
·
Stärkung
der Kooperation mit anderen Leistungsträgern im Rahmen von Wohnungsnotfällen
sowie mit der Wohnungswirtschaft
- Aufsuchende Hilfen installieren und die
nachhaltige Ausrichtung der Hilfen
·
Bedarfsgerechte
Anpassung der Kapazitäten in den bestehenden Unterkünften im Zuge des
grundsätzlichen Anspruches der Vermittlung der wohnungslosen Personen in
regulären Wohnraum
Für den Bereich der
Hilfen in Wohnungsnotfällen wird angestrebt, dass die Obdachlosen- und Wohnungslosenhilfe inhaltlich,
organisatorisch und wirtschaftlich zu einer integrativen Wohnungsnotfallhilfe zusammengeführt wird. Denn die Kategorisierung
in Obdachlose oder Wohnungslose, in allein stehende Personen oder Familien oder
in Einpersonen- oder Mehrpersonenhaushalte sind weder den Ursachen eines
Wohnungsnotfalls noch dem Hilfebedarf angemessen.
Im Hinblick auf
Wohnungssicherung berät die Meerbuscher Fachstelle Menschen, die vom Verlust
ihrer Wohnung bedroht sind, um das noch bestehende Mietverhältnis zu sichern.
Dazu wird die aktuelle Situation geklärt und bei Bedarf werden weitergehende
Hilfen, wie z.B. eine Schuldnerberatung, vermittelt. Bei bestehenden Mietschulden
besteht die Möglichkeit, diese durch ein Darlehen zu übernehmen. Wird die
Fachstelle durch Dritte – wie Gerichte, Vermieter oder andere Dienststellen –
darüber informiert, dass ein Mietverhältnis in Gefahr ist, nimmt sie
unmittelbar Kontakt zu dem betroffenen Mieter auf.
Im Rahmen einer
erforderlichen öffentlich-rechtlichen Unterbringung bewilligt die Fachstelle
zur Abwendung einer drohenden Obdachlosigkeit die Unterbringung in einer
öffentlichen Unterkunft. Dieses Angebot gilt auch für Menschen, deren Wohnung
nicht erhalten werden konnte und die kurzfristig eine Unterkunft benötigen.
Eine
mögliche Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Förderkonzept des Landes
„Obdachlosigkeit verhindern - Weiterentwicklung der Hilfen in
Wohnungsnotfällen“ wird ebenfalls geprüft.
In Vertretung
Angelika Mielke-Westerlage
Erste Beigeordnete