Betreff
Wohnen mit Service
Vorlage
FB2/0318/2019
Aktenzeichen
FB2/6
Art
Informationsvorlage

Immer mehr ältere Menschen suchen möglichst barrierefreie Wohnungen, die Selbstständigkeit und soziale Kontakte, aber auch Unterstützung und Sicherheit bieten.

 

Bei der Gestaltung und Anpassung altengerechter Wohnungen und Stadtviertel stellt der demografische Wandel die gesamte Gesellschaft vor neue Aufgaben. Insbesondere die Zahl der Hochaltrigen wächst und diese Lebensphase dauert länger an. Dies führt zu veränderten Anforderungen an den Wohnraum und das Wohnumfeld. Der Wohnalltag wird im Alter zwar beschwerlicher, dennoch wollen die meisten Menschen so lange wie möglich selbstbestimmt in der eigenen Wohnung und möglichst im gewohnten Umfeld verbleiben. Damit ist der Betroffene jedoch auf eine bedarfsgerechte, möglichst barrierefreie Wohnung angewiesen, die sich am besten noch den individuellen Bedürfnissen anpassen lässt.

 

Der Bedarf an altengerechten Wohnungen ist sowohl aktuell als auch zukünftig deutlich höher zu veranschlagen, als die bundesweit vorhandenen 0,7 Millionen weitgehend barrierefreien Wohneinheiten. Wenn für alle älteren Menschen entsprechende Wohnungsangebote zur Verfügung stehen sollen, entspricht das einem zusätzlichen Bedarf von mindestens 2,9 Millionen weitestgehend barrierefreien Wohnungen bis zum Jahr 2030 in ganz Deutschland (Stand 2016; AG zeitgemäßes Bauen). In Meerbusch wird dieser Tendenz bereits Rechnung getragen, indem alle neu erstellten bzw. noch zu erstellenden geförderten Wohnungen altengerecht bzw. barrierefrei hergestellt werden. Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) nimmt unter anderem Bezug auf die Meerbuscher Umfrage „Wie möchten Sie im Alter leben“(2011), in der altengerechte (bezahlbare) Wohnformen gewünscht wurden. Diese Umfrage wird nun in 2019/2020 erneut durchgeführt.

 

Wenn ein Leben in den bisherigen eigenen 4 Wänden - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr möglich ist, sollten, vor einer stationären Unterbringung, auch alternative Wohnformen zum Tragen kommen können, in denen mehr Betreuungs- und Serviceleistungen integriert sind. Als Möglichkeit steht damit das sogenannte Betreute Wohnen oder Service-Wohnen als neue Wohnform im Raume. Die Angebote und die Kosten für solche Wohnformen schwanken jedoch in der Praxis stark. Die Miete variiert je nach Förderung, Lage, Beschaffenheit und Ausstattung wie bei anderen Wohnungen auch. Neben den Kosten für die Wohnung wird in der Regel eine sogenannte Betreuungspauschale, etwa für die Leistungen der Ansprechperson und die Notrufsicherung, erhoben – auch hierfür schwanken die Kosten in der Praxis beträchtlich.

 

Eine lange Selbständigkeit bringen neben der altengerechten Wohnung die verschiedenen Dienstleistungen, die in Anspruch genommen werden können. Und ebenso von Bedeutung ist, dass auch der oder die Alleinstehende in einer Gemeinschaft mit anderen Bewohnern in ähnlicher Lebenssituation lebt. Gleichwohl bleibt auch hier das Risiko, dass der Bewohner dennoch ggf. noch einmal ausziehen muss, wenn er schwerst-pflegebedürftig wird oder demenziell erkrankt.

 

Die steigende Nachfrage nach diesen Wohnformen hat in den vergangenen Jahren zu einem wachsenden Angebot und neuen Projekten geführt, welche allerdings eine große qualitative Bandbreite aufweisen können. Erschwerend bei der Suche kommt hinzu, dass die Begriffe „Betreutes Wohnen“ und „Service-Wohnen“ gesetzlich nicht definiert sind. Die Bezeichnungen können daher für vielfältige Wohn- und Betreuungsangebote verwandt werden.

 

Die 2006 geschaffene DIN 77800 „Betreutes Wohnen für ältere Menschen“ soll Qualitätsstandards zum Leistungsangebot des betreuten Wohnens definieren und kann als Orientierung dienen. Zudem gibt es Gütesiegel und Leitfäden auf Landesebene. Vor diesem Hintergrund entstand unter Mitwirkung verschiedener Interessengruppen das Qualitätssiegel „Betreutes Wohnen für ältere Menschen Nordrhein-Westfalen“. Das Kuratorium in NRW vergibt das gleichnamige Qualitätssiegel an solche Projekte des Betreuten Wohnens/Service-Wohnens, die den Qualitätsstandards des Kuratoriums entsprechen und die sich einer Prüfung ihres Angebotes unterzogen haben. Das Qualitätssiegel „Betreutes Wohnen“ dient entsprechend als Entscheidungshilfe für interessierte Bewohner und als Planungshilfe für Investoren. Jedoch besteht keine Verpflichtung für die Anbieter, sich den strengen Prüfkriterien auszusetzen.

 

Der Bauverein Grevenbroich eG bietet als Einziger im Rhein-Kreis Neuss seinen Mitgliedern seit 2008 ein mit diesem Gütesiegel versehenes altengerechtes Wohnen dieser Art an. Durch den Umbau der ehemaligen Matthäuskirche entstanden hier z.B. 8 barrierefreie Wohnungen. Abgerundet wurde dieses Wohnungsangebot durch zwei Neubauten auf dem ehemaligen Kirchengelände mit weiteren 24 Wohnungen. Das Projekt wurde als Modellprojekt einer vorbildlichen Umnutzung ehemaliger Kirchen im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung des Landes Nordrhein-Westfalen abgerundet. Ein Teil der Kirche blieb aber erhalten, da das ehemalige Foyer heute in Form eines großzügigen Gemeinschaftsraums genutzt wird. Auch eine der ehemaligen Kirchenglocken fand hier ihren Platz und ruft die Bewohner zu gemeinsamen Aktivitäten. Für umfassende Serviceleistungen sorgt das Diakonische Werk im Rhein-Kreis Neuss.

 

Da durch die Vertragskonstellationen in Angeboten des Service-Wohnens aufgrund der freien Wählbarkeit der Zusatzleistungen der Schutzzweck des Wohn- und Teilhabe Gesetzes (WTG) nur in geringem Maße tangiert ist, stellt das Gesetz an die Gestaltung dieser Wohnangebote keine besonderen Anforderungen. Es sieht lediglich eine Melde- bzw. Anzeigepflicht vor, um der WTG-Behörde beim Rhein-Kreis Neuss einen vollständigen Überblick über alle im Zuständigkeitsbereich vorhandenen Angebote zu sichern und eine Überprüfung zu ermöglichen, ob – etwa bei fehlender Abschlussfreiheit für weitere Zusatzleistungen – statt eines Angebots des Service-Wohnens vielleicht doch ein anderer (stationärer) Angebotstyp nach dem WTG vorliegt.

 

Im Rahmen der Bestandsaufnahme der WTG-Behörde zum 31.12.2018 waren 463 Plätze/Appartements im Kreis vorhanden. Dabei verfügt Meerbusch schon jetzt mit 179 Plätzen über das zahlenmäßig größte Angebot im Kreisgebiet.

 

Im Folgenden werden verschiedene Formen und Projekte des Betreuten Wohnens/Service-Wohnens  vorgestellt und soweit die Angebotsformen in Meerbusch vorhanden sind mit aktuellen Zahlen versehen. Kleinere Abweichungen in der Summierung der Angebotszahlen für Meerbusch gegenüber den Zahlen aus der Tabelle ergeben sich aus Veränderungen im Platzangebot bzw. der Definition von Plätzen und Wohneinheiten.

 

Generationenübergreifende Wohnprojekte: Wohnen für Hilfe

Bei diesen generationenübergreifenden Wohnprojekten erhalten Vermieter/-innen statt einer Miete in Euro die Gewährung von Hilfeleistungen im Alltag, die variabel von beiden Parteien vorher vereinbart werden. Diese unentgeltlichen Gegenleistungen fallen unterschiedlich aus. Möglich sind Hilfen im Haushalt, Gartenpflege, Einkaufen, gemeinsame Spaziergänge oder Unternehmungen.

 

Die Initiative „Wohnen für/gegen/mit Hilfe“ gibt es in mehreren Städten Deutschlands. Für die meisten Programme gilt dieselbe Faustregel:

             Pro Quadratmeter bezogenen Wohnraum haben Mieter/-innen 1 Stunde Hilfe im Monat zu leisten.

             Die Anzahl und die Art und Weise der Hilfeleistungen kann dabei variieren und individuell verhandelt werden.

             Ausgenommen sind jedoch Pflegeleistungen jeglicher Art.

 

Die einzigen Kosten, die dem/der Mieter/-in entstehen, sind die Nebenkosten wie Gas, Wasser und Strom. Die Zielgruppen in den einzelnen Städten, in denen „Wohnen für Hilfe“ praktiziert wird, können unterschiedlich sein. Auch die Träger, die „Wohnen für Hilfe“ finanzieren und begleiten, sind verschieden.

 

Ein solches Wohnprojekt gibt es in Meerbusch nicht.

 

 

Gemeinsam mit anderen: Gemeinschaftliche Wohnformen

Hier steht das Zusammenleben mit anderen in einer Gemeinschaft neben einem hohen Maß an Selbstständigkeit. In diesen Projekten kann das Zusammenleben entweder nur mit Älteren oder generationenübergreifend mit jungen und alten Menschen gestaltet werden. Solchen Wohnprojekten liegt die Idee des selbstbestimmten, individuellen Wohnens bei gleichzeitiger Erfahrung von Gemeinschaft zugrunde. Dieser Gemeinschaftsgedanke kann weit über das hinausgehen, was man von Nachbarschaftsverhältnissen kennt: Oft werden die Wohnprojekte selbst geplant und in Kooperation mit anderen Akteuren umgesetzt. Das gemeinschaftliche Zusammenleben wird selbst organisiert. Die Bewohner/-innen unterstützen sich im Alltag gegenseitig, wenn kleinere Hilfen notwendig sind. Sie erfahren Gemeinschaft, gegenseitige Unterstützung in einem familienähnlichen sozialen Netz, gestalten gemeinsame Freizeitaktivitäten und können bei Bedarf im Alltag auf die Hilfe der Mitbewohner/-innen zurückgreifen. Zusätzliche fachpflegerische Leistungen können durch ambulante Pflegedienste erbracht werden. Für die Aufrechterhaltung solcher Wohnprojekte ist die Bereitschaft zum Leben in Gemeinschaft und zu gegenseitiger Hilfestellung erforderlich.

 

Ein solches Wohnprojekt gibt es in Meerbusch nicht.

 

 

Service in den eigenen vier Wänden: Betreutes Wohnen zuhause

Wenn den Betroffenen einzelne Hilfsdienste zuhause nicht mehr ausreichen und diese regelmäßig einen festen Ansprechpartner zuhause haben möchten, der sie umfassend informiert, berät und bei Bedarf weitere Dienstleistungen vermittelt, dann bieten manche Gemeinden auch das Angebot des „Betreuten Wohnens zuhause“ an. Das Angebot umfasst ein Paket aus professionell organisierten Betreuungs- und Vermittlungsleistungen, aber auch eine Hausnotrufsicherung sowie regelmäßige Hausbesuche. Dafür schließt der/die Betroffene mit dem Anbieter einen sogenannten Betreuungsvertrag ab und zahlt eine Betreuungspauschale. Diese kann je nach Größe des Leistungspakets erheblich schwanken. Angebote des „Betreuten Wohnens zuhause“ werden von sozialen Einrichtungen, aber auch von Kommunen und Wohnungsgesellschaften angeboten.

 

Ein solches Wohnprojekt gibt es in Meerbusch nicht.

 

 

Leben mit Service: Betreutes Wohnen in einer Wohnanlage

Wenn es um mehr Versorgungssicherheit als in der eigenen Wohnung geht und auch die Betreuungsmöglichkeiten dort nicht mehr ausreichen, ist das Leben in einer betreuten Wohnanlage eine mögliche Alternative. Das Betreute Wohnen bietet weitgehende Selbstständigkeit mit umfassenden Dienstleistungen: Je nach Wohnanlage und Vertragsgestaltung werden Mahlzeiten, Pflegedienste, Reinigungsservice oder auch Freizeitaktivitäten angeboten. Hier haben die Bewohner/-innen abgeschlossene, individuelle und meist barrierefrei gestaltete Wohnräume. In der Regel ist immer ein Ansprechpartner vor Ort, der berät und informiert. Darüber hinaus gibt es häufig auch Gemeinschaftsräume zum kommunikativen Austausch und zur gemeinsamen Freizeitgestaltung.

 

In Meerbusch gibt es verschiedene Anbieter einer solchen Wohnform.

 

In Osterath wird von der Caritas auf der Paul-Klee-Straße ein Betreutes Wohnen angeboten. Das Angebot umfasst die Teilnahme an gemeinsamen Aktivitäten auf freiwilliger Basis, den Anschluss an das Notruf-System, die Überwachung der Medikamenteneinnahme und ggf. im Notfall die Inanspruchnahme des Pflegepersonals des benachbarten Heimes Hildegundis von Meer. Zur Verfügung stehen 40 Ein-Personen-Wohnungen (49 m², 2 ZKDB, Abstellraum, Balkon, Keller) und 15 Zwei-Personen-Wohnungen (56 m², 2 ZKDB, Abstellraum, kleine Terrasse mit Grünparzelle, Keller). Es handelt sich dabei um geförderten Wohnraum, der nur mit einem WBS anzumieten ist. Die Miete beträgt für eine Ein-Personen-Wohnung mit 49 m² ca. 485,- € monatlich bis hin zu einer 2-Personen Wohnung mit 56 m² im 2. Förderweg mit ca. 880,- €. Hinzu kommt die Servicepauschale in Höhe von 98,- € bei Einzelpersonen und 146,- € bei Paaren sowie die Hausnotruf-Pauschale von ca. 20,- €.

 

In Büderich erfolgt ein Angebot seitens des Johanniter-Stifts auf der Schackumer Straße. Das Johanniter-Stift bietet 30 Stiftswohnungen. Die Appartements haben ein Zimmer (42 m²) oder drei Zimmer (63 m²). Alle Wohnungen sind barrierefrei, haben ein Bad mit bodengleicher Dusche und eine Kochnische mit Kochmulde, Kühlschrank und Spüle. Weitere Leistungen wie ein Freizeitprogramm, Betreuungsleistungen und eine Grundversorgung bei Erkrankung (14 Tage Krankenpflege pro Jahr) sowie die Erreichbarkeit der Mitarbeiter des Hauses rund um die Uhr über Notrufmöglichkeiten in der Wohnung sind inbegriffen. Die Wohnung wird wöchentlich gereinigt und regelmäßig werden die Fenster geputzt. Hierfür fallen Kosten von monatlich 1.281,69 € für 42 m² und 1.883,69 € für 63 m² an. Vielfältige weitere Serviceleistungen wie beispielsweise Mahlzeiten, Haushaltshilfen, Hausmeisterdienste und Pflege können bereitgestellt werden, aber verursachen weitere Kosten.

 

In Lank erfolgt das Angebot durch das Malteser Stift St. Stephanus, Am Wasserturm. Hier stehen 65 Appartements zur Verfügung. Der Service und die Wohnpauschale umfassen eine Wohnungsausstattung mit Parkett, Einbauküche, Loggia oder Balkon, Hausmeister-Kleindienste, 24-Stunden-Notruf, Mittagessen im Restaurant, einen PKW-Stellplatz, Bereitstellung von Gemeinschafts- und Freizeiteinrichtungen, Waschmaschinen und Trocknern, Seelsorge, Reinigung der Wohnung (einmal wöchentlich; regelmäßige Fensterreinigung) sowie eine ganztätig besetzte Rezeption und Verwaltung mit Beratung und Vermittlungsdiensten. Die Kosten belaufen sich hier auf 1.656,- € für 38 m² bis hin zu 2.506,- € für 70 m². Vielfältige weitere Serviceleistungen wie beispielsweise Mahlzeiten, Haushaltshilfen, Hausmeisterdienste und Pflege können bereitgestellt werden, aber verursachen weitere Kosten.

 

Alle vorgenannten Einrichtungen sind aktuell komplett belegt und es gibt eine Warteliste für frei werdende Wohnungen.

 

Außerdem gibt es in Lank ein weiteres Angebot mit der Senioren-Residenz „Leben Am Latumer See“ mit insgesamt 26 Ein- oder Zwei-Raum-Appartements (von ca. 37 m² bis ca. 73 m²). Die Wohnungen sind barrierefrei mit Balkon oder Loggia und über einen Aufzug zu erreichen. Sämtliche Mahlzeiten können individuell im Appartement oder gemeinsam im Gesellschaftsraum eingenommen werden. In der Grundpauschale sind ein Ansprechpartner im Haus, ein 24-Stunden-Notruf-Service, Seniorengymnastik, Organisation von Veranstaltungen im Haus und Ausflügen, die Nutzung der Gemeinschaftsräume, der Dachterrasse und der Gartenanlage sowie Hilfe bei der Vermittlung eines ambulanten Pflegedienstes nach Wahl enthalten. Die Kosten betragen hier für das kleinste Appartement 1.208,88 € bis zu 1.843,08 € für das größte 2-Zimmer-Appartement. Neben der Miete, den Nebenkosten und der Servicepauschale werden weiterhin zusätzlich als Wahlservice die Versorgung mit Frühstück, Mittagessen und Abendessen, ein Zimmerservice von Mahlzeiten, die Wohnungsreinigung sowie handwerkliche Dienste und ein Wäscheservice kostenpflichtig angeboten.

 

 

Selbstbestimmt wohnen auch bei Pflegebedarf: Wohn- und Hausgemeinschaften für Pflegebedürftige

Betreute Wohn- und Hausgemeinschaften sind eine interessante Alternative, die auch bei schwerer Pflegebedürftigkeit mehr Alltagsnormalität und ein hohes Maß an Selbstbestimmung ermöglichen. Sie verfolgen das Ziel einer möglichst individuell zugeschnittenen Hilfe in vertrauter Wohnumgebung. In der Regel leben zwischen sechs und zwölf betreuungsbedürftige Menschen in einer Wohngemeinschaft zusammen. Das eigene Zimmer oder das Appartement kann mit eigenen Möbeln eingerichtet werden, die geräumige Wohnküche sowie die Sanitäranlagen werden gemeinschaftlich genutzt. Den Haushalt und das Gruppenleben organisieren Betreuungskräfte, die bei Bedarf rund um die Uhr im Haushalt anwesend sein können. Zusätzlich werden die individuell notwendigen Pflegeleistungen durch Pflegekräfte erbracht. Diese Wohnform bietet als Chance ein hohes Maß an Alltagsnormalität und Selbstbestimmung, auch bei schwerstem Hilfe- und Pflegebedarf. Der Tagesrhythmus wird nicht durch die Pflege, sondern durch normale Alltagshandlungen, wie sie sonst auch in jedem Haushalt üblich sind, vorgegeben. Die Bewohner/-innen bestimmen selbst über die Mahlzeiten, die Wohnungseinrichtung und von wem sie Hilfeleistungen bekommen. Das Personal kann sich so intensiver um die Bewohner/-innen kümmern und mehr auf deren individuelle Bedürfnisse eingehen. Die Bewohner/-innen leben sehr intensiv und eng mit den anderen Wohngemeinschaftsmitgliedern zusammen und müssen bei der Gestaltung des Alltagslebens immer wieder kompromissbereit sein. Darüber hinaus gibt es auch kein breites Beschäftigungsangebot wie in großen stationären Einrichtungen. Bewohner/-innen und Angehörige bleiben selbst verantwortlich für die Gestaltung des Wohn- und Dienstleistungsangebots. Zur Finanzierung der Leistungen stehen unter Umständen nur die geringeren Sätze der ambulanten Pflegeversicherung zur Verfügung.

 

In Meerbusch befindet sich aktuell das Projekt „Alternatives Wohnen für alte Menschen mit Demenz“ der Caritas im alten Pfarrhaus an der Hochstraße in Osterath in Planung, welches diesen Vorgaben entsprechen würde. Es wurde bereits am 04.12.2018 im Sozialausschuss vorgestellt.

 

Als bestehende Einrichtung gibt es die „Wohngemeinschaft Am Wald“ auf dem Daddersweg in Büderich mit 10 Personen, die dort leben. Es gibt eine 24-Stunden Vor-Ort-Betreuung sowie die Versorgung mit Mahlzeiten. Die Kosten hierfür belaufen sich auf ca. 2.200,- € monatlich.

 

Bei der künftigen Wahl der jeweiligen Wohnform sollte darauf geachtet werden, dass die anfallenden Kosten möglichst auf Dauer aus dem eigenen Einkommen oder Vermögen finanziert werden können. Andernfalls sollten die Kosten für den Bedarfsfall angemessen sein, damit ggf. eine Unterstützung über die Grundsicherung möglich wäre. Wohnraum zu schaffen, der insbesondere bei den Kosten der Unterkunft, aber auch bei den Zusatzleistungen angemessen im Sinne der Sozialleistungsträger ist, läge durchaus auch im Interesse der Allgemeinheit. Denn diese Wohnform ermöglicht eine längere Selbständigkeit der älteren Menschen in der eigenen Wohnung und die Kosten sind in der Regel für alle Beteiligten geringer als bei einer stationären Unterbringung. Erfolgte die Unterbringung in einer kostenmäßig unangemessenen Wohnform, kann es dazu kommen, dass bei einer einsetzenden Bedürftigkeit auch in hohem Alter dann noch ein Umzug in eine preisgünstigere Alternative durchgesetzt werden muss. Gerade bei den hochpreisigen Angeboten des betreuten Wohnens kann der Effekt eintreten, dass eine Heimunterbringung durch die teilweise Kostenübernahme durch die Pflegekasse und das Pflegewohngeld, sowie die komplette Anrechnung der Rente, günstiger für die öffentliche Hand ist, als der Verbleib im hochpreisigen betreuten Wohnen. Ein Zwangsumzug ist eine Situation, die für alle Beteiligten nicht wünschenswert ist.

 

Wie zumindest die Zahlen für den Rhein-Kreis Neuss ausweisen, verfügt Meerbusch über ein vergleichsweise gutes Angebot im Bereich des Service-Wohnens. Für Meerbusch sollte es aus Sicht der Verwaltung daher auch weniger um einen rein quantitativen Ausbau der Angebote von Servicewohnformen gehen, sondern es sollten zielgerichtet bezahlbare Wohnprojekte angestoßen werden. Dabei sollte schon in der städtebaulichen Planung die Quartierarbeit einen festen Stellenwert haben, um soziale Kontakte und helfende Strukturen im Wohnumfeld zu ermöglichen.

 

Die Verwaltung bereitet gegenwärtig eine Befragung der älteren Bürgerinnen und Bürger in Meerbusch zu ihren derzeitigen, aber auch ihren geplanten „Lebensumständen“ vor. Zuletzt hatte eine solche Befragung im Jahr 2009/2010 bei 5.000 Menschen über 60 Jahre einen enormen Rücklauf von über 1.200 Fragebögen ergeben. Auch diesmal sollen gezielte Fragestellungen bzgl. der aktuellen Wohnsituation aber auch hinsichtlich der Wünsche, Bedürfnisse für die Zukunft Aufschluss für weitere Planungen geben. Der Fragebogen ist in Anlehnung an den damals unter wissenschaftlicher Begleitung erstellten Fragenkatalog geringfügig überarbeitet und mit dem Seniorenbeirat abgestimmt worden. Er soll diesmal im Rahmen der Befragung auch online zur Verfügung gestellt werden.

 


In Vertretung

gez.

 

Frank Maatz

Erster Beigeordneter