Die Fraktion Die Linke und Piratenpartei hatte eine Anfrage zum Elektromobilitätskonzept in der Sitzung des Bau-und Umweltausschusses am 19.09.2018 gestellt, die durch die Verwaltung mündlich beantwortet wurde.
Ob ein Elektromobilitätskonzept für die Stadt Meerbusch durch Dritte erstellt werden soll und die hierfür möglichen Fördermittel für das Jahr 2020 beantragt werden sollen, muss der Ausschuss noch entscheiden.
Die Verwaltung hat folgende Informationen zur Erläuterung des aktuellen Sachstands zusammengestellt.
I.
Elektromobilitätskonzepte und deren
inhaltliche Schwerpunkte.
Kommunen haben die Möglichkeit, ihre
Elektromobilitätskonzepte im Rahmen der Förderrichtlinie Elektromobilität des
BMVI fördern zu lassen. Ziel der
Förderung von kommunalen Elektromobilitätskonzepten ist es, die Kommunen in die
Lage zu versetzen, die vorhandenen Investitionsmittel im Bereich
Elektromobilität gezielt und maximal nutzbringend einzusetzen. Dies soll
sie in ihrer Funktion als Vorreiter und Multiplikator für Elektromobilität
unterstützen und die Zahl der E-Fahrzeuge signifikant erhöhen. Insgesamt wurden
bundesweit nach drei Förderaufrufen bereits 129 Elektromobilitätskonzepte
bewilligt.
Inhaltliche Schwerpunkte der
Elektromobilitätskonzepte sind:
-
Elektrifizierung des kommunalen Fuhrparks,
-
Elektrifizierung von Flotten und/oder Abschätzung
von Potentialen bei der Elektrifizierung von z.B. ÖPNV Flotten und Flotten im
Bereich Logistik / Wirtschaftsverkehr,
-
Erstellung kommunaler Ladeinfrastrukturkonzepte,
-
Elektrifizierung der Flotten in Verknüpfung mit
selbsterzeugter regenerativen Energien,
-
Integration der Elektromobilität in die
Stadtentwicklungskonzepte und /oder der Mobilitätskonzepte,
-
Öffentlichkeitsarbeit.
Gefördert werden maximal 80% der Beratungskosten bis zu einer maximalen, gesamten Fördersumme von 24.000€
Für die Folgejahre 2019, 2020 ist mit der gleichen Förderung zu rechnen.
Für die Erstellung des Elektromobilitätskonzeptes für eine Stadt der Größe Meerbuschs ist mit 35.000 bis 60.000 € zu rechnen.
II. Vorhandene Grundlagen der Elektromobilität
-bereits erstellte Konzepte in Meerbusch
Elektrifizierung des kommunalen Fuhrparks
1) E-Autos:
Mit der Umsetzung des kommunalen Elektromobilitätskonzeptes
wurde in der Stadtverwaltung bereits begonnen. Für das Jahr 2018 ist die Förderung von E-Fahrzeugen (fünf Smarts und
ein E-Hochdachkombi) beantragt und genehmigt (zwei Smarts sind Mitte 2018
beschaffen worden, zwei weitere sollen im April 2019 geliefert werden, die
Vergabe zur Beschaffung des E- Hochdachnutzfahrzeugs läuft).
Im Jahr 2019 wird die Förderung für weitere drei E-Fahrzeuge (zwei E-Kastenwagen, ein Kleinst-LKW) und ein E-Lastenrad beantragt.
2) Elektrofahrräder:
Die Vorteile von E-Bikes im privaten und dienstlichen Bereich sind zahlreich und daher auch sehr reizvoll: umweltfreundlich, gestaltet den Stadtverkehr ruhiger, bringt gesundheitliche Vorteile mit sich und bereitet nicht zuletzt auch eine Menge Spaß, Entspannung und Freiheit.
Die Stadt Meerbusch hat deshalb bereits im dienstlichen Bereich sowie ab 2019 im privaten Bereich die Elektroräder gefördert.
a) Dienst E-Bikes
Für den dienstlichen Gebrauch sind in den letzten Jahren insgesamt zwölf E-Bikes angeschafft worden. Weitere zwei kommen noch in diesem Jahr dazu.
b) Private E-Bikes
Sich ein eigenes Elektrofahrrad zu besorgen um mal vielleicht 10 und mehr Kilometer zur Arbeit zu fahren liegt nah. Und doch ist es für viele Mitarbeiter mit einem schmaleren Portemonnaie nicht immer ganz einfach, das E-Bike auf einen Schlag zu finanzieren. Die Stadt wird in diesem Jahr den Mitarbeitern ein zinsloses Arbeitgeberdarlehen in Höhe von 1500 € für fünf Jahre gewähren. Im Haushalt 2019 sind hierfür 45.000 € veranschlagt.
Elektrifizierung von Flotten Dritter, z.B. Wirtschaft,
Logistik, ÖPNV
Bei der Umstellung der gewerblichen Fuhrparke in den Betrieben auf E-Fahrzeuge ist der Einfluss der Stadt gering. Für die Umstellung des Fuhrparks auf E-Fahrzeuge stehen den Betrieben Fördermittel des Bundes zur Verfügung.
Die Stadtwerke Meerbusch haben bereits Fördermittel für die Erweiterung der E-Flotte genehmigt bekommen und verfügen zurzeit über acht E-Dienstfahrzeuge.
Im Stadtgebiet Meerbusch sind ca. 80 E-Fahrzeuge gemeldet (Stand Ende 2018).
ÖPNV-Einsatz von E-Bussen in Meerbusch:
Im
Masterplan Green-City Mobility der Stadt Düsseldorf hat die Rheinbahn die
Beschaffung und Erprobung von E-Bussen beschrieben und stellt damit die
strategische Ausrichtung der Rheinbahn in Bezug auf die Elektromobilität dar
(Maßnahme M-14). Geplant ist ein großflächiger Einsatz von serienreifen Elektrobussen
ab 2023. Im Jahr 2019 soll die erste Innovationslinie in Düsseldorf, die vorher
mit Diesel-Bussen gefahren ist, mit 10 E-Bussen betrieben werden. Ab 2021
sollen weitere Linien mit 10 E-Bussen dazu kommen. Wann genau E-Busse in
Meerbusch eingesetzt werden, kann heute noch nicht gesagt werden.
E-Car-Sharing
in Meerbusch.
Wegen der Siedlungsstruktur und der hohen PKW-Dichte pro Einwohner in Meerbusch hat die Neugründung von Car-Sharing-Systemen bis heute (mit vielen Anbietern hat die Verwaltung Kontakt aufgenommen und Gespräche geführt) keinen Erfolg.
Die Car-Sharing Anbieter arbeiten entweder „angebotsorientiert“ (diese Strategie wird in den Großstädten praktiziert) oder „nachfrageorientiert“(in Städten bis zu 100.000 Einwohner).
Anbieter, die nachfrageorientiert arbeiten, wachsen langsam, Auto für Auto, Stadtteil für Stadtteil, Nutzer-Community für Nutzer-Community. Diese langsame Expansion funktioniert nur mit stationsbasierten Fahrzeugen. Erst mittel- und langfristig können auch free-floatende Fahrzeuge im wachsenden Operationsgebiet stationiert werden.
Das einzige Car-Sharing-Auto in Büderich ist nicht ausgelastet, der Anbieter hat gegenüber der Stadt nicht die Absicht bekundet wachsen zu wollen. Ob E-Car-Sahring mehr Erfolg haben würde, ist fraglich.
Die Verwaltung befürwortet die Neugründung von E-Car-Sharing-Systemen im Stadtgebiet, und bei zukünftigen Nachfragen der Anbieter wird diese unterstützen.
Die Stadtwerke Meerbusch planen die Erprobung eines E-Car-Sharing-Konzeptes für einzelne Wohnquartiere in Meerbusch und Willich.
Erstellung kommunaler Ladeinfrastrukturkonzepte.
In der Sitzung des Umwelt-und Bauausschusses am 13.06.2018 wurde das Konzept der Lade-Infrastruktur im öffentlichen Raum der Stadtwerke Meerbusch beschlossen (die ersten E-Ladesäulen sind bereits installiert). Insgesamt 13 Elektroladesäulen der Stadtwerke Meerbusch werden bis zum Ende des ersten Quartals 2019 auf öffentlichen Parkplätzen noch aufgestellt.
Die Stadtwerke Meerbusch erarbeiten zusätzlich ein Konzept zur Förderung der privaten
Wallboxen.
Integration
der Elektromobilität in die Stadtentwicklungskonzepte und /oder die
Mobilitätskonzepte
Einflussmöglichkeiten der Stadt zur Berücksichtigung der E-Mobilität in der Planung:
B-Plan:
E-Mobilität könnte im
Rahmen eines politisch beschlossenen Rahmenplans als städtebauliches
Entwicklungskonzept gem. § 1 Abs. 6 BauGB eingebettet sein.
Es fehlt derzeit noch eine
direkte Festsetzungsmöglichkeit gem. § 9 BauGB, die sich konkret auf
E-Mobilität bezieht. Zusätzlich sind B-Plangebiete häufig für flächendeckende
E-Car-Sharing-Modelle zu kleinteilig.
Stellplatzsatzung:
Im Entwurf der novellierten BauO (noch nicht eingeführt) besteht
die Möglichkeit der Regelung von E-Ladeinfrastruktur. So könnte festgelegt
werden, dass ab einer bestimmten Anzahl von Stellplätzen, x% Einstellplätze mit
einer Stromzuleitung für E-Fahrzeuge versehen werden müssen. Über den
Stellplatzschlüssel könnte auch E-Mobilität implementiert werden: Reduzierung
von notwendigen Stellplätzen kann mit der Bedingung zur Errichtung von
Ladesäulen verbunden werden.
Die Verwaltung arbeitet derzeit an einer Stellplatzsatzung, die im
Entwurf o.g. Sachverhalte bereits zum Inhalt hat. Der Entwurf wird in einer der
nächsten Sitzungen des Ausschusses für Planung und Liegenschaften eingebracht.
III. Studie des
Fraunhofer-Instituts
Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation
(IAO) hat im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung eine Studie „Strategien
von Städten zur Elektromobilität“ veröffentlich. Sie untersucht die Einführung der Elektromobilität in
Deutschland aus der Perspektive von Städten in mehreren Pilotregionen. Neben
der Analyse der kommunalen Herangehensweise sind dort vor allem Fragen zu
notwendigen Rahmenbedingungen und Akteurs-Strukturen erörtert sowie
Best-Practice Beispiele aus deutschen und internationalen Städten vorgestellt.
In
der Studie sind die Ergebnisse der vom Fraunhofer IAO durchgeführten
Städtebefragung zusammengefasst und im Gesamtkontext städtischer
Mobilitätskonzepte betrachtet.
Diese
Studie könnte als Grundlage der praxistauglichen Handelsempfehlungen dienen, die
- ohne ein Konzept erstellen zu müssen - als praktische Maßnahmen und /oder strategische
Vorgehensweise politisch beschlossen werden könnten.
Die
Studie hat für die zentralen
Handlungsfelder einer Kommune im Bereich der E-Mobilität folgende praxistaugliche
Handlungsempfehlungen und Anreizmaßnahmen benannt:
- Integration und Erprobung der Elektrofahrzeuge bei
den Flottenbetrieb städtischer Einrichtungen, Sozialdienste, Stadtwerke
und Müllabfuhr.
- Bedarfsgerechter Ausbau der E- Ladeinfrastruktur z.B.
in Zusammenarbeit mit dem Energieversorger.
- Vernetzung der einzelnen Fachbereiche und Abteilungen
innerhalb der kommunalen Verwaltung.
- Integration der Elektromobilität bei der Planung von
neuen Wohnquartieren (die Integration der Elektromobilität in Bestandsquartieren
ist schwerer umsetzbar und setzt die Bereitschaft der Bewohner voraus, das
gewohnte Verhalten aufzugeben):
- Umsetzung der Ladesäulen für PKW und eventuell E-Bikes der Bewohnerschaft,
- Schaffung von geeigneten Alternativen zum eigenen Auto wie: Quartier-E-Car-Sharing, qualitativ hochwertige Fahrradabstellanlagen, die geschützt und sicher z.B.in Tiefgaragen untergebracht sind,
- Ausbau der Fahrradwege, die gute Verbindung zwischen Quellen und Zielen ermöglichen,
- attraktive ÖPNV-Anbindung,
- Stellplatzsatzung.
- Abbau der behördlichen Hürden beim Aufbau der
öffentlichen Ladeinfrastruktur, Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens.
- Kostenlose Bereitstellung von Parkraum und Ladestrom.
- Schaffung von zusätzlichen Zweirad-Parkplätzen.
- Gemeinsam mit den Stadtwerken eine enge Verbindung
von Elektromobilität und erneuerbaren Energien zusammenstellen.
- Vernetzung der
zahlreichen Akteure auf kommunaler
und regionaler Ebene (Stadtwerke, Forschungseinrichtungen, Hochschulen,
Industrie, Handwerk).
- Vernetzung mit dem Umland und weiteren Kommunen, um
gebietsübergreifende Konzepte sowie die Abstimmung auf gemeinsames
Vorgehen und einheitliche Normen voranzutreiben.
- Integration der E-Mobilität in übergeordnete Entwicklungskonzepte,
z.B. Stadtentwicklungskonzept, Klimaschutzkonzept, Verkehrskonzept etc.
- Organisation der Aktionstage, an denen
Elektrofahrzeuge für Probefahrten zur Verfügung stehen.
- Infoveranstaltungen zum Thema Elektromobilität.
- Organisation von Konferenzen und Diskussionsrunden
für interessierte Bürger.
- Einen Showroom mit öffentlicher Ausstellung von Elektrofahrzeugen und Technologie-Komponenten im Stadtgebiet einrichten.
- Erkennbare Positionierung der Stadt als Standort für Elektromobilität mittels eines Corporate Designs.
IV. Fazit
Die Erstellung eines E-Mobilitätskonzeptes ist sinnvoll in den Großstädten (vorhandene, breite Handlungsfelder) und in den kleineren Städten, die bis jetzt das Thema Elektromobilität in andere Konzepte nicht integriert haben.
Dass in einer Stadt von der Größe Meerbuschs mit der hiesigen Siedlungsstruktur, den gegebenen Entwicklungsmöglichkeiten, den bereits gefassten politischen Beschlüssen und den bereits unternommenen Aktivitäten in Bereich der Elektromobilität ein zusätzliches Konzept notwendig und sinnvoll wäre, ist für die Verwaltung nicht ersichtlich: In Meerbusch ist eine ganze Reihe der oben beschriebenen Möglichkeiten längst umgesetzt oder eingeleitet.
Nicht
ein Konzept, sondern die Bereitschaft der Stadt, das Thema Elektromobilität als
Bereich mit hohem Zukunftspotential anzuerkennen und es ganzheitlich in
kommunalen Strukturen und Planungen zu verankern, bringt Erfolg auf dem Weg zur
CO2-Reduzierung.
In Vertretung
gez.
Michael Assenmacher
Technischer Beigeordneter