Betreff
Elektromobilitätskonzept für die Stadt Meerbusch
Vorlage
DezIII/0287/2018
Art
Informationsvorlage

Die Fraktion Die Linke und Piratenpartei hatte eine Anfrage zum Elektromobilitätskonzept in der Sitzung des Bau-und Umweltausschusses am 19.09.2018 gestellt, die durch die Verwaltung mündlich beantwortet wurde.

 

Ob ein Elektromobilitätskonzept für die Stadt Meerbusch durch Dritte erstellt werden soll und die hierfür möglichen Fördermittel für das Jahr 2020 beantragt werden sollen, muss der Ausschuss noch entscheiden.

 

Die Verwaltung hat folgende Informationen zur Erläuterung des aktuellen Sachstands zusammengestellt.

 

 

I. Elektromobilitätskonzepte  und deren inhaltliche Schwerpunkte.

Kommunen haben die Möglichkeit, ihre Elektromobilitätskonzepte im Rahmen der Förderrichtlinie Elektromobilität des BMVI fördern zu lassen. Ziel der Förderung von kommunalen Elektromobilitätskonzepten ist es, die Kommunen in die Lage zu versetzen, die vorhandenen Investitionsmittel im Bereich Elektromobilität gezielt und maximal nutzbringend einzusetzen. Dies soll sie in ihrer Funktion als Vorreiter und Multiplikator für Elektromobilität unterstützen und die Zahl der E-Fahrzeuge signifikant erhöhen. Insgesamt wurden bundesweit nach drei Förderaufrufen bereits 129 Elektromobilitätskonzepte bewilligt.

Inhaltliche Schwerpunkte der Elektromobilitätskonzepte sind:  

-        Elektrifizierung des kommunalen Fuhrparks,

-        Elektrifizierung von Flotten und/oder Abschätzung von Potentialen bei der Elektrifizierung von z.B. ÖPNV Flotten und Flotten im Bereich Logistik / Wirtschaftsverkehr,

-        Erstellung kommunaler Ladeinfrastrukturkonzepte,

-        Elektrifizierung der Flotten in Verknüpfung mit selbsterzeugter regenerativen Energien,

-        Integration der Elektromobilität in die Stadtentwicklungskonzepte und /oder der Mobilitätskonzepte,

-        Öffentlichkeitsarbeit.

Gefördert werden maximal 80% der Beratungskosten bis zu einer maximalen, gesamten Fördersumme von 24.000€

 Für die Folgejahre 2019, 2020 ist mit der gleichen Förderung zu rechnen.

Für die  Erstellung des Elektromobilitätskonzeptes für eine Stadt der Größe Meerbuschs  ist mit 35.000 bis 60.000 € zu rechnen.

 

 

II.  Vorhandene Grundlagen der Elektromobilität -bereits erstellte  Konzepte in Meerbusch

 

Elektrifizierung des kommunalen Fuhrparks

 

1) E-Autos:

 

Mit der Umsetzung des kommunalen Elektromobilitätskonzeptes wurde in der Stadtverwaltung bereits begonnen. Für das Jahr 2018 ist die  Förderung von E-Fahrzeugen (fünf Smarts und ein E-Hochdachkombi) beantragt und genehmigt (zwei Smarts sind Mitte 2018 beschaffen worden, zwei weitere sollen im April 2019 geliefert werden, die Vergabe zur Beschaffung des E- Hochdachnutzfahrzeugs läuft).

 

Im Jahr 2019 wird die Förderung für weitere drei E-Fahrzeuge (zwei E-Kastenwagen, ein Kleinst-LKW) und ein E-Lastenrad beantragt. 

 

2) Elektrofahrräder:

 

Die Vorteile von E-Bikes im privaten und dienstlichen Bereich sind zahlreich und daher auch sehr reizvoll: umweltfreundlich, gestaltet den Stadtverkehr ruhiger, bringt gesundheitliche Vorteile mit sich und bereitet nicht zuletzt auch eine Menge Spaß, Entspannung und Freiheit.

 

Die Stadt Meerbusch hat deshalb bereits im dienstlichen Bereich sowie ab 2019 im privaten Bereich die Elektroräder gefördert.

 

a) Dienst E-Bikes

Für den dienstlichen Gebrauch sind in den letzten Jahren insgesamt zwölf E-Bikes angeschafft worden. Weitere zwei kommen noch in diesem Jahr dazu.

 

b) Private E-Bikes

Sich ein eigenes Elektrofahrrad zu besorgen um mal vielleicht 10 und mehr Kilometer zur Arbeit zu fahren liegt  nah. Und doch ist es für viele Mitarbeiter mit einem schmaleren Portemonnaie nicht immer ganz einfach, das E-Bike auf einen Schlag zu finanzieren. Die Stadt wird in diesem Jahr den Mitarbeitern ein zinsloses Arbeitgeberdarlehen in Höhe von 1500 €  für fünf Jahre gewähren. Im Haushalt 2019 sind hierfür 45.000 € veranschlagt.

 

Elektrifizierung von Flotten Dritter, z.B. Wirtschaft, Logistik, ÖPNV

 

Bei der Umstellung der gewerblichen  Fuhrparke in den Betrieben auf E-Fahrzeuge ist der Einfluss der Stadt gering. Für die Umstellung des Fuhrparks auf E-Fahrzeuge stehen den Betrieben Fördermittel des Bundes zur Verfügung.

 

Die Stadtwerke Meerbusch haben bereits Fördermittel für die Erweiterung der E-Flotte genehmigt bekommen und verfügen zurzeit über acht E-Dienstfahrzeuge.

 

Im Stadtgebiet Meerbusch sind ca. 80 E-Fahrzeuge gemeldet (Stand Ende 2018).

 

ÖPNV-Einsatz von E-Bussen in Meerbusch:

Im Masterplan Green-City Mobility der Stadt Düsseldorf hat die Rheinbahn die Beschaffung und Erprobung von E-Bussen beschrieben und stellt damit die strategische Ausrichtung der Rheinbahn in Bezug auf die Elektromobilität dar (Maßnahme M-14). Geplant ist ein großflächiger Einsatz von serienreifen Elektrobussen ab 2023. Im Jahr 2019 soll die erste Innovationslinie in Düsseldorf, die vorher mit Diesel-Bussen gefahren ist, mit 10 E-Bussen betrieben werden. Ab 2021 sollen weitere Linien mit 10 E-Bussen dazu kommen. Wann genau E-Busse in Meerbusch eingesetzt werden, kann heute noch nicht gesagt werden.

 

E-Car-Sharing in Meerbusch.

 

Wegen der Siedlungsstruktur und der hohen PKW-Dichte pro Einwohner in Meerbusch hat  die Neugründung von Car-Sharing-Systemen  bis heute (mit vielen Anbietern hat die Verwaltung Kontakt aufgenommen und Gespräche geführt) keinen Erfolg.

 

Die Car-Sharing Anbieter arbeiten entweder „angebotsorientiert“ (diese Strategie wird in den Großstädten praktiziert) oder „nachfrageorientiert“(in Städten bis zu 100.000 Einwohner).

 

Anbieter, die nachfrageorientiert arbeiten, wachsen langsam, Auto für Auto, Stadtteil für Stadtteil, Nutzer-Community für Nutzer-Community. Diese langsame Expansion funktioniert nur mit stationsbasierten Fahrzeugen. Erst mittel- und langfristig können auch free-floatende Fahrzeuge im wachsenden Operationsgebiet stationiert werden.

 

Das einzige  Car-Sharing-Auto in Büderich ist nicht ausgelastet, der Anbieter hat gegenüber der Stadt nicht die Absicht bekundet wachsen zu wollen. Ob E-Car-Sahring mehr Erfolg haben würde, ist fraglich.

 

Die Verwaltung befürwortet die Neugründung von E-Car-Sharing-Systemen im Stadtgebiet, und bei zukünftigen Nachfragen der Anbieter wird diese unterstützen.

 

Die Stadtwerke Meerbusch planen die Erprobung eines E-Car-Sharing-Konzeptes für einzelne Wohnquartiere in Meerbusch und Willich.

 

Erstellung kommunaler Ladeinfrastrukturkonzepte.

 

In der Sitzung des Umwelt-und Bauausschusses am 13.06.2018 wurde das Konzept der Lade-Infrastruktur im öffentlichen Raum der Stadtwerke Meerbusch beschlossen (die ersten E-Ladesäulen sind bereits installiert). Insgesamt 13 Elektroladesäulen der Stadtwerke Meerbusch werden bis zum Ende des ersten Quartals 2019 auf öffentlichen Parkplätzen noch aufgestellt.

 

Die Stadtwerke Meerbusch erarbeiten zusätzlich ein Konzept zur Förderung der privaten

Wallboxen.

 

Integration der Elektromobilität in die Stadtentwicklungskonzepte und /oder die Mobilitätskonzepte

Einflussmöglichkeiten der Stadt zur Berücksichtigung der E-Mobilität in der Planung:

 

B-Plan:

        E-Mobilität könnte  im Rahmen eines politisch beschlossenen Rahmenplans als städtebauliches Entwicklungskonzept gem. § 1 Abs. 6 BauGB eingebettet sein.

        Es fehlt derzeit  noch eine direkte Festsetzungsmöglichkeit gem. § 9 BauGB, die sich konkret auf E-Mobilität bezieht. Zusätzlich sind B-Plangebiete häufig für flächendeckende E-Car-Sharing-Modelle zu kleinteilig.

 

Stellplatzsatzung:

Im Entwurf der novellierten BauO (noch nicht eingeführt) besteht die Möglichkeit der Regelung von E-Ladeinfrastruktur. So könnte festgelegt werden, dass ab einer bestimmten Anzahl von Stellplätzen, x% Einstellplätze mit einer Stromzuleitung für E-Fahrzeuge versehen werden müssen. Über den Stellplatzschlüssel könnte auch E-Mobilität implementiert werden: Reduzierung von notwendigen Stellplätzen kann mit der Bedingung zur Errichtung von Ladesäulen verbunden werden.

 

Die Verwaltung arbeitet derzeit an einer Stellplatzsatzung, die im Entwurf o.g. Sachverhalte bereits zum Inhalt hat. Der Entwurf wird in einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses für Planung und Liegenschaften eingebracht.

 

III. Studie des Fraunhofer-Instituts

 

Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) hat im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung eine Studie „Strategien von Städten zur Elektromobilität“ veröffentlich. Sie untersucht die Einführung der Elektromobilität in Deutschland aus der Perspektive von Städten in mehreren Pilotregionen. Neben der Analyse der kommunalen Herangehensweise sind dort vor allem Fragen zu notwendigen Rahmenbedingungen und Akteurs-Strukturen erörtert sowie Best-Practice Beispiele aus deutschen und internationalen Städten vorgestellt.

 

In der Studie sind die Ergebnisse der vom Fraunhofer IAO durchgeführten Städtebefragung zusammengefasst und im Gesamtkontext städtischer Mobilitätskonzepte betrachtet.

 

Diese Studie könnte als Grundlage der praxistauglichen Handelsempfehlungen dienen, die - ohne ein Konzept erstellen zu müssen - als praktische  Maßnahmen und /oder strategische Vorgehensweise politisch beschlossen werden könnten.

 

Die Studie hat für die zentralen  Handlungsfelder einer Kommune im Bereich der E-Mobilität  folgende praxistaugliche Handlungsempfehlungen und Anreizmaßnahmen benannt:

 

  • Integration und Erprobung der Elektrofahrzeuge bei den Flottenbetrieb städtischer Einrichtungen, Sozialdienste, Stadtwerke und Müllabfuhr.
  • Bedarfsgerechter Ausbau der E- Ladeinfrastruktur z.B. in Zusammenarbeit mit dem Energieversorger.
  • Vernetzung der einzelnen Fachbereiche und Abteilungen innerhalb der kommunalen Verwaltung.
  • Integration der Elektromobilität bei der Planung von neuen Wohnquartieren (die Integration der Elektromobilität in Bestandsquartieren ist schwerer umsetzbar und setzt die Bereitschaft der Bewohner voraus, das gewohnte Verhalten aufzugeben):

- Umsetzung der Ladesäulen für PKW und eventuell E-Bikes der Bewohnerschaft,

- Schaffung von geeigneten Alternativen zum eigenen Auto wie: Quartier-E-Car-Sharing,  qualitativ hochwertige Fahrradabstellanlagen, die geschützt und sicher z.B.in Tiefgaragen untergebracht sind,

- Ausbau der Fahrradwege, die gute Verbindung zwischen  Quellen und Zielen ermöglichen,

      - attraktive ÖPNV-Anbindung,

      - Stellplatzsatzung.               

  • Abbau der behördlichen Hürden beim Aufbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur, Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens.
  • Kostenlose Bereitstellung von Parkraum und Ladestrom.
  • Schaffung von zusätzlichen Zweirad-Parkplätzen.
  • Gemeinsam mit den Stadtwerken eine enge Verbindung von Elektromobilität und erneuerbaren Energien zusammenstellen.
  • Vernetzung der zahlreichen Akteure auf  kommunaler und regionaler Ebene (Stadtwerke, Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Industrie, Handwerk).
  • Vernetzung mit dem Umland und weiteren Kommunen, um gebietsübergreifende Konzepte sowie die Abstimmung auf gemeinsames Vorgehen und einheitliche Normen voranzutreiben.
  • Integration der E-Mobilität in übergeordnete Entwicklungskonzepte, z.B. Stadtentwicklungskonzept, Klimaschutzkonzept, Verkehrskonzept  etc.
  • Organisation der Aktionstage, an denen Elektrofahrzeuge für Probefahrten zur Verfügung     stehen.
  • Infoveranstaltungen zum Thema Elektromobilität.
  • Organisation von Konferenzen und Diskussionsrunden für interessierte Bürger.
  • Einen Showroom mit öffentlicher Ausstellung von Elektrofahrzeugen und Technologie-Komponenten im Stadtgebiet einrichten.
  • Erkennbare Positionierung der Stadt als Standort für Elektromobilität mittels eines Corporate Designs.

 

 

IV. Fazit

 

Die Erstellung eines E-Mobilitätskonzeptes ist sinnvoll in den Großstädten (vorhandene, breite Handlungsfelder) und in den kleineren Städten, die bis jetzt das Thema Elektromobilität in andere Konzepte nicht  integriert haben.

 

Dass in einer Stadt von der Größe Meerbuschs mit der hiesigen Siedlungsstruktur, den gegebenen Entwicklungsmöglichkeiten, den bereits gefassten politischen Beschlüssen und den bereits unternommenen Aktivitäten in Bereich der Elektromobilität ein zusätzliches Konzept notwendig und sinnvoll wäre, ist für die Verwaltung nicht ersichtlich: In Meerbusch ist eine ganze Reihe der oben beschriebenen Möglichkeiten längst umgesetzt oder eingeleitet.

 

Nicht ein Konzept, sondern die Bereitschaft der Stadt, das Thema Elektromobilität als Bereich mit hohem Zukunftspotential anzuerkennen und es ganzheitlich in kommunalen Strukturen und Planungen zu verankern, bringt Erfolg auf dem Weg zur CO2-Reduzierung.

 


In Vertretung

 

gez.

 

Michael Assenmacher

Technischer Beigeordneter