Betreff
Information zu Betreuungsplätzen in Kindertageseinrichtungen und deren Vergabe
Vorlage
FB2/0278/2018
Art
Informationsvorlage

Landesweit ist ein wachsender Bedarf an Betreuungsplätzen in Kindertageseinrichtungen zu verzeichnen. Die Zahl der Geburten steigt erfreulicherweise in Deutschland weiter an und der Zuzug in beliebte Großstädte wie Düsseldorf löst Zuzüge gerade von Familien in den umliegenden Regionen aus. Hinzu kommt der Wunsch der Eltern, nach der Elternzeit die Berufstätigkeit zeitnah aufnehmen zu wollen/müssen. Insbesondere die Zahl der zu versorgenden 2 Jährigen nimmt stetig zu. Schon heute liegt die Versorgungsquote bei den 2 Jährigen in Meerbusch bei über 62 %, gleichwohl dürfte eine Inanspruchnahme bei einem entsprechenden Angebot von deutlich über 80% zu erwarten sein.

 

Für Meerbusch erfolgt die Vormerkung der Kinder für einen Betreuungsplatz im Kita-Navigator. Nachdem die Platzvergabe für das jetzt laufende Kita-Jahr 2018/2019 weitgehend abgeschlossen war, fand am 31.07.2018 eine Datenbereinigung im Kita-Navigator statt. Die Vormerkung der Kinder, die für eine Aufnahme in diesem Jahr vorgemerkt waren, die jedoch noch nicht berücksichtigt wurden, musste vor der Datenbereinigung noch einmal aktualisiert/bestätigt werden. Alle Datensätze, die im Rahmen dieses Verfahrens nicht bestätigt werden, werden regelmäßig zum 31.07. eines Jahres gelöscht.

 

Vor einer Löschung werden die Eltern selbstverständlich aufgefordert, sich zur weiteren Vergabe der Plätze bei den Mitarbeitern/innen im Jugendamt zu melden, damit von dort die Verteilung der noch vorhandenen Plätze erfolgen kann. Es wird daher jugendamtsseitig, also trägerunabhängig, eine „interne“ Warteliste geführt, in der alle nicht versorgten Kinder erfasst werden. Vermerkt werden für diese Fälle wichtige Besonderheiten, derzeitige Betreuungssituation, Zeitpunkte, zu denen in jedem Fall eine Betreuung gewährleistet sein muss etc. Vermerkt wird zudem, wenn Eltern ein Platz angeboten/vermittelt wird/wurde oder die Eltern einen angebotenen Platz ablehnen.

 

Aktuell sind im laufenden Kindergartenjahr im Stadtgebiet noch rd. 30 Kinder im Alter von über drei Jahren nicht mit einem Kita-Platz versorgt, 16 davon in Büderich. Teilweise handelt es sich um Kinder aus Flüchtlingsfamilien, um Kinder, die derzeit in einer privat-gewerblichen Einrichtung betreut werden oder die kürzlich erst zugezogen sind oder deren Mütter sich gerade mit dem zweiten Kind noch in Elternzeit befinden, so dass es in diesen Fällen aktuell noch möglich ist, die Eltern zu vertrösten. Wohlwissentlich, dass diese Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben, den die Kommune nicht, wie als Bedarf angezeigt, erfüllen kann.

 

Rund 40 Kinder im Alter von unter drei Jahren auf der Warteliste für einen Kita Platz konnten bisher nur an die Angebote der Tagespflege verwiesen werden oder befinden sich noch in einer anderweitigen Betreuung. Inwieweit unser Angebot dann in Anspruch genommen wird, bleibt abzuwarten.

 

Für das kommende Kindergartenjahr sind mit Stand 02.11.2018 bereits 328 Ü3-Kinder für eine Aufnahme zum 01.08.2019 vorgemerkt und 572 U3-Kinder. Demgegenüber stehen auf der Basis der Vorjahreszahlen rd. 132 Ü3-Plätze und 325 U3-Plätze, die zum neuen Kita-Jahr 2019/2020 belegt werden könnten. Theoretisch ergibt sich damit eine Unterdeckung von 196 Ü3-Plätzen und 247
U3-Plätzen, allerdings sind hiervon noch einige Bedarfsanzeigen abzuziehen, denn einige der vorgemerkten Kinder sind bereits in einer Kindertagesbetreuung oder sind im Kita-Navigator für einen Einrichtungswechsel vorgemerkt. Diese Kinder würden dann an anderer Stelle wieder einen Platz frei machen. Leider kann hierbei nicht klar differenziert werden, wo sie den Platz frei machen (Tagespflege in Meerbusch, Einrichtung in Meerbusch oder jeweils in einer Nachbarstadt). Es bleibt also hinsichtlich des tatsächlichen Bedarfes eine gewisse Unsicherheit.

 

Schon für das aktuell laufende Kindergartenjahr 2018/2019 wurde ein Großteil des festgestellten Mehrbedarfes über die Erhöhung der Gruppenstärke um max. 2 Kinder pro Gruppe abgefedert. Hiermit konnten 80 Plätze im Vergleich zum Vorjahr „gewonnen“ werden. Diese Überbelegungen sind durch den ständig steigenden Mehrbedarf an Betreuungsplätzen in der Praxis auch bei vielen anderen Kommunen anzutreffen.

 

Als weitere Maßnahme werden provisorische Gruppen für Ü3 Kinder in der Dependance zur Kita Lummerland im alten Gebäude der alten Kita Sonnengarten eingerichtet. Hier wird die erste Gruppe schon seit 01.08.2016 in städt. Trägerschaft als provisorische zusätzliche Gruppe betrieben, zum 01.08.2017 kam eine weitere Gruppe in Trägerschaft der KiKu Nepomuk hinzu, die dort bis zur Realisierung des Anbaus einer sechsten Gruppe an der bis dato noch fünfgruppigen Einrichtung „Am Flehkamp“, betrieben werden sollte. Seit Beginn des aktuellen Kita-Jahres (01.08.2018) ist eine weitere Gruppe in städt. Trägerschaft im alten Sonnengarten eingerichtet.

 

Da inzwischen der Anbau der 6. Gruppe der Kiku Nepomuk fertig gestellt ist, sind die Kinder Ende Oktober, aus ihrem Provisorium im alten Sonnengarten, in den Neubau umgezogen, so dass die Räume im alten Sonnengarten-Gebäude für eine mögliche dritte Gruppe in städt. Trägerschaft genutzt werden könnten, die prinzipiell auch unterjährig eingerichtet werden könnte. Auch hier wird es eine Herausforderung sein, die nötige zusätzliche Personalressource gewinnen zu können.

 

Der alte Sonnengarten wird der Stadt wie in der Vergangenheit vom Eigentümer für den Betrieb ohne Mietzahlung überlassen. Der aktuelle Mietvertrag ist allerdings befristet bis 30.09.2019. Die Verwaltung klärt derzeit, ob und ggf. wie lange die GWH das Gebäude der Stadt weiterhin für den Betrieb der prov. Gruppen zur Verfügung stellt. Sollten diese Gruppen nicht mehr zur Verfügung stehen, fehlen weitere 66 Plätze.

 

Für den Ortsteil Büderich wird schon seit geraumer Zeit nach einem geeigneten Grundstück gesucht. Leider haben sich verschiedene Lösungsansätze als nicht realisierbar herausgestellt. Zuletzt musste ein Grundstück aufgegeben werden, weil die Feuerwehrzufahrt nicht möglich war. Das Grundstück am Hallenbad ließ leider, aufgrund der Lage in der Tagschutzzone des Flughafens, keine Genehmigung durch die Bezirksregierung erwarten.

 

Städtische Grundstücke, die eine absehbare Bebauung zulassen, konnten nicht identifiziert werden.

 

Aktuell wurden Verhandlungen mit einem kirchlichen Träger aufgenommen, der ein Grundstück zur Verfügung stellt, auf dem die Stadt eine viergruppige Einrichtung bauen kann. Der Träger würde die Einrichtung auch betreiben wollen.

 

Da wir uns noch am Anfang der Planungen befinden, ist es nicht zu erwarten, dass der Neubau zum 01.10.2019 bezugsfertig sein wird. Sollten die Provisorien im alten Sonnengarten nicht mehr zur Verfügung stehen, wären im schlimmsten Fall noch andere Räumlichkeiten für den weiteren Betrieb der Provisorien zu suchen.

 

Selbst wenn nicht alle Kinder, die derzeit für eine Aufnahme im Kita-Jahr 2019/2020 angemeldet sind, tatsächlich einen Platz benötigen, ist es aus Sicht der Verwaltung infolge der derzeitigen Anmeldesituation in jedem Fall erforderlich, neben der ohnehin bestehenden gesetzlich erlaubten Überbelegungsmöglichkeiten, weitere provisorische Lösungen zu finden und zu realisieren.

 

Im Laufe der Platzvergabe, die im kommenden Jahr - in Absprache mit den Trägern – bereits in der ersten Januarwoche 2019 beginnen wird, wird die Verwaltung genauere Erkenntnisse über den tatsächlichen Bedarf gewinnen. Mit der Vorlage zur Kindergartenbedarfsplanung im JHA am 27.02.2019 wird die Verwaltung diesen Bedarf darstellen und – sofern möglich – Lösungsvorschläge für evtl. Provisorien vorstellen.

 

Um eine Bedarfsdeckung im regulären Betreuungssystem, also ohne Überbelegungen (100 Plätze) und Provisorien (derzeit 66 Plätze) abbilden zu können, wäre allein schon eine Einrichtung mit rund 160 Plätzen erforderlich. Da aktuell auch 13 U3 taugliche Gruppen nicht mit U3 Kindern belegt werden können, weil die Ü3 Versorgung es nicht zulässt, wären für die Umwandlung dieser Gruppen und damit einer deutlichen Verbesserung der U3 Versorgung weitere 130 Plätze erforderlich. Zusätzliche Bedarfe aus weiteren Neubaugebieten der ISEK Prognosen sind hier noch nicht berücksichtigt.

 

Vergabekriterien der städt. Kitas in Meerbusch:

Vor dem Hintergrund eines, wie dargestellt, knappen Platzangebotes gewinnt eine transparente Platzvergabe zunehmend an Bedeutung. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 18.12.2017 setzt der Nachweis der Erschöpfung der Kapazitäten voraus, dass ein sachgerecht ausgestaltetes und durchgeführtes Verfahren zur Vergabe der städtischen Kindertagesplätze stattgefunden hat, was insbesondere die Vergabekriterien für einen Kita-Platz betrifft.

 

Zum Hintergrund des Urteils:

Nachdem die Stadt Münster einem knapp zweijährigen Kind keinen Platz in einer Kindertageseinrichtung zugeteilt, sondern nur die Betreuung in der Kindertagespflege angeboten hatte, hatten die Eltern beim Verwaltungsgericht Münster im Wege einer einstweiligen Anordnung erwirkt, dass ihr Kind vorläufig in einer Kita betreut wird. Diese Entscheidung, mit der das Verwaltungsgericht das Verfahren zur Vergabe der städtischen Kindertagesplätze beanstandet hatte, wurde dann vom Oberverwaltungsgericht bestätigt und die Beschwerde der Stadt Münster zurückgewiesen.

 

Zur Begründung führte der 12. Senat aus, dass die Stadt nicht nachgewiesen habe, dass die Betreuungsplätze in Kindertageseinrichtungen in einem ordnungsgemäßen Verfahren vergeben worden seien. Die Vergabe über den Kita-Navigator als Verfahren reichte nicht aus.

 

Am 19. September hatte das hiesige Jugendamt das Thema Vergabekriterien bereits auf die Tagesordnung der Trägerversammlung der Kitas in Meerbusch gesetzt und über das Urteil und seine Folgen berichtet.

 

Ende September diesen Jahres erhielten die Jugendämter eine Arbeitshilfe zur Aufstellung von transparenten und für Eltern nachvollziehbaren Kriterien zur Aufnahme von Kindern in das System der Kindertagesbetreuung. Die Arbeitshilfe wurde von den Landesjugendämtern LVR und LWL in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden erstellt, da das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster unter anderem ein für Eltern nachvollziehbares System der Aufnahmekriterien bei dem örtlichen Jugendamt anmahnte.

 

Zunächst betrifft die Forderung des Oberverwaltungsgerichtes im Hinblick auf die Vergabekriterien zwar lediglich die Kitas in städtischer Trägerschaft, das Jugendamt trägt jedoch die Darlegungs- und Beweislast für ein fehlerfreies Vergabeverfahren. Es wird daher vom Landesjugendamt empfohlen, mit den freien Trägern entsprechende Vereinbarungen bezüglich der Vergabekriterien zu treffen.

Aufgrund der heterogenen Trägerlandschaft in Meerbusch sind auch im Hinblick auf die Trägerautonomie keine einheitlichen Vergabekriterien zu erwarten, sondern vielmehr Leistungssicherstellungsvereinbarungen mit den jeweiligen Trägern abzuschließen. Über diese würde sichergestellt, dass alle Träger über transparente Vergabekriterien verfügen und für Eltern (z.B. über den Kita-Navigator) öffentlich einsehbar sind.

 

Bei den Vergabekriterien muss es sich um sachgerechte Entscheidungskriterien ohne Wertungsspielräume handeln, die unmissverständlich klar definiert sind. Es gibt somit bei der Platzvergabe keine Ermessensspielräume mehr für die jeweiligen Kita-Leitungen.

 

Die folgenden Vergabekriterien sind verwaltungsseitig für die neun städt. Kitas erarbeitet worden

 

Thematische Übersicht der voraussichtlichen Vergabekriterien

 

1.       Wohnort des Kindes:

 

Kinder, die in Meerbusch wohnen, werden, wie bereits im Jugendhilfeausschuss entschieden, vorrangig aufgenommen. Planen Eltern einen Zuzug, so müssen sie bei der Anmeldung einen Nachweis in Form eines Kauf- oder Mietvertrags vorlegen.

 

Berücksichtigt werden sollen auch Kinder aus dem jeweiligen Stadtteil. Auch wenn von stadtteilbezogenen Kriterien von Seiten des Landschaftsverbandes abgeraten wird, könnte dies dennoch in Meerbusch Anwendung finden, zumindest soweit die ortsnahe Versorgung künftig sichergestellt ist.  Die Lebenswelt der Meerbuscher Bevölkerung bezieht sich stärker als in anderen Kommunen auf ihren jeweiligen Stadtteil und die Stadtteile sind geografisch klarer abgegrenzt. Auch soll weiterhin der Leitsatz „kurze Beine kurze Wege“ Anwendung finden und ein längerer Anfahrtsweg vom Wohnort zur Kita vermieden werden.

 

2.       Kinder in persönlicher Notlage:

 

Als persönliche Notlage gelten der nachgewiesene Ausfall der wesentlichen Betreuungsperson/en durch Tod oder Erkrankung, die eine Betreuung unmöglich macht und die wirtschaftliche Absicherung der Familie gefährden sowie eine Betreuungsnotwendigkeit zum Schutz des Kindes, die vom ASD festgestellt ist. Die Prüfung und Entscheidung hierzu obliegt der Verwaltung des Fachbereichs Soziale Hilfen und Jugend.

 

3.       Berufstätigkeit der Eltern:

 

Kinder, deren Eltern berufstätig sind, einer Ausbildung oder einem Studium nachgehen bzw. dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müssen, werden vorrangig berücksichtigt. An dieser Stelle werden auch Alleinerziehende berücksichtigt.

Bei einem Betreuungsumfang von 45 Stunden muss der Kita ein Nachweis über den tatsächlichen Bedarf (z.B. Nachweis des Arbeitsgebers) vorgelegt werden.

Dieses Kriterium ist insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein entscheidender Faktor.

 

4.       Geschwisterkinder

 

Geschwisterkinder, die zeitgleich die jeweilige Kita besuchen, sollen bevorzugt behandelt werden.

 

5.       Vorgegangene Betreuungsangebote

 

Kinder, die bereits in einer öffentlich geförderten U3-Betreuung sind (z.B. Kindertagespflege), und die altersbedingt von der bisherigen Betreuung in eine Ü3-Betreuung wechseln müssen, haben Vorrang, damit eine lückenlose Fortsetzung der Betreuung sichergestellt werden kann.

 

6.       Alter des Kindes

 

Ältere Kinder (nach Geburtsdatum) sollen grundsätzlich vorrangig aufgenommen werden. Abweichend können jüngere Kinder bevorzugt aufgenommen werden, wenn trägerseitig eine bestimmte Altersstruktur aufgrund von Zweckbindung eingehalten werden muss. Bei gleichem Geburtstag ist der frühere Zeitpunkt der Anmeldung ausschlaggebend.

 

Die Aufnahmekriterien sollten in einer festen Reihenfolge für die freien Plätze, die im Rahmen der jeweils festgelegten Betreuungsstruktur nach den Gruppenformen Typ I, II und III zu vergeben sind, angewendet werden und müssen zum Zeitpunkt der Aufnahme eingetroffen sein.

 

In der kommenden Vergabephase ist vorgesehen in Anlehnungen an die Vergabekriterien deren Anwendung zu erproben. In der nächsten Ausschusssitzung des Jugendhilfeausschusses soll dann in Verbindung mit der Bedarfsplanung über die tatsächlichen Vergabekriterien entschieden werden sowie über das weitere Vorgehen im Hinblick auf die Leistungssicherstellungsvereinbarungen mit den freien Trägern.

Dieses Verfahren stellt gerade auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Sorge von Eltern, keinen Betreuungsplatz zu erhalten, sicher, dass für alle Kinder in Meerbusch die gleichen Vergabekriterien gelten und dass das Vergabeverfahren transparent ist.

 

Unerlässlich bleibt jedoch die Notwendigkeit, eine ausreichende Anzahl von Betreuungsplätzen bereit zu halten, was derzeit im Stadtgebiet leider nicht gegeben ist.

 

 


In Vertretung

 

gez.

 

Frank Maatz

Erster Beigeordneter