Beschlussvorschlag:
Der Bau-und Umweltausschuss beauftragt die Verwaltung, die Maßnahmen zum Schutz und zur Stabilisierung des Bestandes an Vögeln auf Meerbuscher Stadtgebiet umzusetzen.
Sachverhalt:
In der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am 22.11.2017 ist die Verwaltung beauftragt worden, Kontakt zu BUND und NABU aufzunehmen, um mit deren Unterstützung Maßnahmen zum Schutz und zur Stabilisierung des Bestandes an Vögeln auf Meerbuscher Stadtgebiet zu erarbeiten.
Da die Durchführung einiger der von den Naturschutzverbänden vorgeschlagenen Maßnahmen (Anlage 1) teilweise den bereits gefassten politischen Beschlüssen widerspricht (z.B. Baumschutzsatzung) und die Durchführung der Maßnahmen nicht in die Zuständigkeit der Stadt liegt (z.B. Kontrolle der Landwirte) sind diese nicht vollständig in den Maßnahmenkatalog der Verwaltung aufgenommen worden.
In Deutschland und Europa ist die Anzahl der Vögel drastisch gesunken. Vogelarten, die in Agrarlandschaften leben, sind besonders betroffen. Fast drei Viertel der einheimischen Vogelarten stehen auf der aktuellen Roten Liste der Brutvögel Deutschlands, 17 von 24 Arten sind mindestens gefährdet. In den letzten 30 Jahren hat beispielsweise der Bestand von:
- Kiebitze um 80 Prozent,
- Braunkehlchen um 63 Prozent,
- Uferschnepfen um 61 Prozent,
- Feldlerchen um 35 Prozent,
- Rebhühner um 84 Prozent
abgenommen.
Insgesamt zeigen sich seit Ende der 1990er Jahre bei einem Drittel aller Vogelarten „signifikante Bestandsabnahmen“. Diese Zahlen sind von der Bundesregierung veröffentlicht.
Als Gründe für das Vogelsterben nennt die Bundesregierung unter anderem das Fehlen geeigneter Lebensräume und das fehlende Angebot an Nahrung. Vielen Vögeln dienen Insekten als Nahrung, doch bei diesen ist ebenfalls ein massives Artensterben zu beobachten. Auch den Insekten fehlt es durch den Einsatz von Unkrautvernichtern an Lebensraum und Nahrung, oder sie werden gezielt durch Insektengifte vernichtet. Bei einigen Insektenarten ist der Bestand bundesweit um 90 Prozent zurückgegangen, einige Arten sind bereits ganz verschwunden.
Nach Untersuchungen der Biologischen Station liegt die Entwicklung der Insektenpopulation für den Rhein-Kreis Neuss im Trend aktueller Studien. Es zeigt sich ein mittlerer Rückgang zwischen 74,8
und 78,5% über den Zeitraum von 27 Jahren. Speziell für das Stadtgebiet Meerbusch liegen jedoch keine Zahlen vor.
Für Meerbusch wäre es empfehlenswert, vor allem solche Maßnahmen zum Schutz und zur Stabilisierung des Bestands der Vögel und zum Schutz der Insekten voranzutreiben, die auf bereits vom Rhein-Kreis Neuss erarbeiteten Programmen basieren, z.B. Förderung für Maßnahmen zum Schutz des Kiebitz auf Ackerflächen, Artenschutzkonzepte für die europäisch geschützten Insektenarten wie Ameisenbläuling, Eremitenkäfer usw.
Da das Insekten- und Vogelsterben viele Ursachen hat – wie beispielsweise Klimawandel, Verlust von Nahrungs-und Bruthabitaten infolge der intensiven und industrialisierten Landwirtschaft (Einsatz von Pestiziden und Insektiziden), Entstehung von Gewerbe- und Wohngebiete –, schlägt die Verwaltung vor, Maßnahmen zum Schutz und zur Stabilisierung des Vogelbestands zum einen in Zusammenhang mit der Landwirtschaft und zum anderen im Rahmen eigener Initiativen zu fassen.
1. Maßnahmen für den Bereich Landwirtschaft.
Um den Verlust von Nahrungs- und Bruthabitaten zu begrenzen, hat das Umweltbundesamt eine Empfehlung zum Pestizidverbot in Schutzgebieten ausgesprochen. Diese Empfehlung wurde bis dato nicht umgesetzt. Die Landwirtschaft ist jedoch bemüht, gemeinsam mit den Naturschützern eine Strategie und Wege zu finden, die das Insektensterben begrenzen (Insekten sind auch für die Landwirtschaft wichtig, da sie wichtige Bestäuber für die angebauten Kulturen sind).
Auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung zwischen dem Land NRW, den Landwirtschaftsverbänden in NRW und der Landwirtschaftskammer NRW wurde auf Kreisebene ein Runder Tisch Artenvielfalt in der Agrarwirtschaft gegründet, der sich mit der Thematik beschäftigt und konkrete Maßnahmen in Angriff nimmt. Bei der Umsetzung der Maßnahmen ist in vielen Fällen Unterstützung der kreisangehörigen Kommunen notwendig.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Runden Tisch und der Stadt Meerbusch wird bei den Maßnahmen und Initiativen, die das Stadtgebiet Meerbusch betreffen, intensiviert.
a) Initiative Kiebitzschutz:
Im März/April 2017 hat der Rhein-Kreis Neuss zusammen mit der Biologischen Station und der Landwirtschaftskammer Rheinland eine Initiative unternommen, um kurzfristig Maßnahmen zum Kiebitzschutz im Rhein-Kreis durchzuführen. Es erfolgte die kartographische Ermittlung der Kiebitzvorkommen im Rhein-Kreis. In Meerbusch wurden die meisten Standorte bestimmt. Die Ermittlung der jeweiligen Flächenbewirtschafter (Eigentümer/Pächter) für insgesamt neun Flächen konnte vom Rhein-Kreis Neuss nicht erfolgreich abgeschlossen werden, so dass bis heute keine Maßnahmen zum Kiebitzschutz im Stadtgebiet Meerbusch durchgeführt wurden.
Die Verwaltung wird gemeinsam mit dem Rhein-Kreis Neuss und den hiesigen Ortslandwirten versuchen die betroffenen Landwirte dazu zu gewinnen, kiebitzgerechte Einsaat auf den betroffenen Ackerflächen (ein Ausgleichbetrag von 1.250 Euro pro Hektar und Jahr steht zur Verfügung) zu betreiben.
b) Verzicht auf Glyphosat und andere Herbizide auf städtischen Grundstücken:
Hierfür sind die Überarbeitung der Pachtverträge und ein entsprechender Beschluss des Fachausschusses notwendig.
c) Verbesserung der Biodiversität (biologische Vielfalt ) in der Agrarlandschaft:
Anlage von zusätzlichen Blüh- und Pufferstreifen als Insektenschutzzonen.
Kontrollen und Aufforderung der Landwirte zur Wiederherstellung der verbreiterten grünen Ackerraine.
Vernichtung der nicht bewirtschafteten Flächen, z.B.
Wegeraine, Brachen ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz (§ 39 Absatz 5)
verboten. Zuwiderhandlungen (z.B. Anwendungen von Herbiziden, Abbrennen,
Umpflügen) werden seitens der Unteren Naturschutzbehörde bzw. seitens des
Direktors der Landwirtschaftskammer NRW (Pflanzenschutzrecht) als
Ordnungswidrigkeit verfolgt. Kontrollen vor Ort werden jedoch nur sehr selten durchgeführt, was
dazu geführt hat, dass die bewirtschafteten Flächen an vielen Orten direkt am
Wirtschaftsweg enden.
Unterstützung und Intensivierung
der Zusammenarbeit mit dem
Rhein-Kreis-Neuss.
d) Bepflanzung der Ackerflurstreifen mit heimischen, standortgerechten Sträuchern (Anpassung der Pachtverträge ggf. notwendig).
e) Umsetzung der Maßnahmen zur Förderung der naturschutzgerechten Bewirtschaftung von Flächen, die im Kreiskulturlandschaftsprogramm für das Stadtgebiet Meerbusch beschrieben ist.
2. Maßnahmen im städtischen Zuständigkeitsbereich
a) Anlage naturnaher Wildblumenwiesen im Stadtgebiet:
In 2016 hat der Bau- und Umweltausschuss ein Konzept zur
Anlage und Pflege von naturnahen Wildblumenwiesen beschlossen. Insgesamt wurden bis
jetzt an neun Standorten Flächen angelegt:
-
Landschaftspark
Strümp (3 x ca. 250 qm),
-
Fläche
zwischen Fouesnantplatz und Städtischem Meerbusch-Gymnasium (ca. 4.400 qm),
-
Meerbuscher
Str. gegenüber Haus Meer (ca. 3.250 qm),
-
Zufahrt
zum Herrenbusch (ca. 3.290qm),
- A+E Fläche Am Heidbergdamm (ca.3.650qm),
- Fläche hinter dem Bürgerwäldchen 1( ca. 16.200 qm),
- Fläche neben Kreisverkehr am Latumer See (ca.1.070 qm),
- Alte Müllkippe (Lank) (ca.21.400 qm),
- Buschstr. (Strümp) (ca. 2.790 qm).
Weitere im Konzept genannte Projekte werden sukzessiv umgesetzt.
b) Umstellung der intensiven Bewirtschaftung der städtischen Rasenflächen in extensive Wiesen:
Um den Insekten Lebens-und Nahrungsraum zu bieten, werden in
diesem Jahr die folgend genannten Rasenflächen aus der intensiven Pflege
genommen und als extensive Wiesen angelegt:
-
Wiese am technischen Rathaus Wittenberger Str.,
-
Rasenfläche neben der Turnhalle Stettiner Str.,
-
Bolzfläche am Pfad der Jahresbäume,
-
Pfad der Jahresbäume,
-
Grünanlage Mollsfeld in Osterath.
c) Entsiegelung nicht mehr genutzter versiegelter Flächen:
Welche städtischen Flächen in Frage kommen, muss noch ermittelt werden.
d) Bei der Anlage neuer Waldflächen (z.B. Bürgerwäldchen Am Eisenbrand) wird zu benachbarten landwirtschaftlich genutzten Flächen ein Streifen von sechs bis zehn Metern Breite mit heimischen, standortgerechten Sträuchern bepflanzt.
e) In den städtischen Wäldern wird das Totholz liegengelassen als Entwicklungsbiotop für Insekten und Nahrungsquelle für Vögel.
f) Optimierung der Freiraumbelange in der Bauleitplanung:
Die
Berücksichtigung und Optimierung der Freiraumbelange in der Bauleitplanung ist
grundsätzlich ein wesentlicher Bestandteil bei der Erarbeitung von
Bebauungsplänen. So ist die Grünordnungsplanung von Anfang an bereits ein
wichtiger Bestandteil der Planung und des Verfahrens. Bei der nach BauGB
durchzuführenden Umweltprüfung werden zudem die voraussichtlich betroffenen
Schutzgüter ermittelt sowie neben einer ersten Einschätzung der
Umweltauswirkungen auch freiraumrelevante Empfehlungen für die weitere Planung
gegeben, so dass diese Belange bereits zu einem sehr frühen Stadium des
Bebauungsplanverfahrens Eingang in die Planung finden können.
Diese werden dann im Bebauungsplan nach Abwägung aller Belange in
textliche und zeichnerische Festsetzungen überführt. Hierfür steht u.a. eine
Art Musterkatalog mit grünordnerischen Festsetzungen, wie Festsetzungen zur
Versiegelung, Festsetzungen zur Begrünung von Dächern und Tiefgaragen sowie
Festsetzungen zum Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern aus Auswahllisten
zur Verfügung, die bei jedem Bebauungsplan auf Relevanz überprüft und
ggf. im Einzelfall angepasst werden. Da jeder Bebauungsplan stark vom
Einzelfall durch unterschiedliche Rahmenbedingungen bestimmt ist, ist eine
Standardisierung diese Festsetzungen schwer möglich.
3. Öffentlichkeitsarbeit
Neben den beschriebenen Maßnahmen ist es unerlässlich, auch die Bürgerinnen und Bürger für den Vogel- und Insektenschutz zu sensibilisieren. Dies wird z.B. bereits heute durch gesetzliche Vorgaben und Satzungen sowie bei Beratungen über das Umwelttelefon und in Veröffentlichungen, z.B. Umweltkalender, geleistet.
Hierzu gehören zum Beispiel Beratungen und Empfehlungen
- zum Umgang mit Wespennestern (möglichst bis zum Ende des Lebenszyklus tolerieren),
- zum Verbot von Streusalz,
- zum Verzicht auf Laubbläser und -sauger,
- zur Kompostierung und naturnaher Gartengestaltung,
-
zur Winterfütterung
usw.
Finanzielle
Auswirkung:
Durch
die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen Auswirkungen auf den
Haushalt, die jedoch noch nicht definiert werden können.
In Vertretung
Michael Assenmacher
Technischer Beigeordneter