Betreff
Bürgeranregung gemäß § 24 GO NRW der Bürgerinnen und Bürger des Wohngebietes Lank-Ost zum Thema "Fluglärm"
Vorlage
DezIII/0678/2017
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussvorschlag:

Der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss verweist den Antrag gemäß § 24 GO NW zum Thema „Fluglärm“ an den Bau- und Umweltausschuss.


Sachverhalt:

Die Petenten und 57 weitere Anwohner im Lanker Osten fordern im Wege einer Anregung nach § 24 GO NW, die Stadt Meerbusch möge sich stärker gegen die Belastung mit Fluglärm einsetzen, indem das sogenannte Flachstartverfahren aufgehoben, die nördliche Abflugroute neu ausgerichtet und die Verteilung der Belastung neu geprüft wird.

Lank-Latum ist bei Westwindwetterlagen für Starts in westlicher Richtung über die Routenführung MEVEL und SONEB von durchschnittlich 27 Prozent der Abflüge betroffen, etwa zwei Prozent nutzen die Routen LMA und NETEX über Strümp. Über Büderich führen sowohl die Abflüge auf der Route MODRU (etwa 24 Prozent) als auch auf den übrigen Routen (47 Prozent) sowie bei Ostwindwetterlagen alle Landungen.

Flugrouten werden nach geltender Rechtslage durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung und die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) in Zusammenarbeit mit der jeweiligen örtlichen Fluglärmkommission entwickelt und festgelegt. Die Fluglärmkommission besteht aus rd. 40 Mitgliedern, davon sind 23 Mitglieder stimmberechtigt. Die Stadt Meerbusch ist durch die Bürgermeisterin mit einer Stimme vertreten. Der Fluglärmkommission kommt lediglich eine beratende Funktion zu.

Die Route über Lank-Latum besteht in ihrer jetzigen Ausprägung seit dem Jahr 2000. Am 20. Februar 2014 hat der Rat die Verwaltung beauftragt, überprüfen zu lassen, ob durch eine Verschiebung der Flugroute Entlastungen möglich sind, ohne dass neue Belastungen entstehen. Die DFS hat daraufhin eine Variante entwickelt, die eine Route östlich von Lank beinhaltete. Gegen diese Routenführung erhob sich Widerstand aus Nierst, das von der neuen Route betroffen worden wären. Zudem hätten aus techn. Gründen nicht alle Maschinen diese Route fliegen können, so dass als Parallelroute die bestehende Nordroute erhalten bliebe.

Der Rat, dem die Möglichkeit der Einrichtung einer Parallelroute vorgestellt wurde, hat bisher die Auffassung vertreten, dass durch eine geänderte Routenführung keine neue Betroffenheit ausgelöst werden soll. 

Dem Wusch der Petenten, die Routenführung neu auszurichten und die Verteilung der Belastung neu zu prüfen, kann von der Stadt Meerbusch wegen der fehlenden Zuständigkeit nicht in dieser Form entsprochen werden. Die Bürgermeisterin kann bestenfalls eine neuerliche Initiative zur Entwicklung und Prüfung anderer Routenführungen an die Fluglärmkommission herantragen, wenn dies vom Rat gewünscht wird. Dieser muss allerdings dann entscheiden, ob er Belastungen westlich oder östlich von Lank hinnehmen möchte.

Auch die von den Petenten geforderte Aufhebung des sogenannten Flachstartverfahrens liegt nicht in der Zuständigkeit der Stadt Meerbusch. Die Fluggesellschaften sind verpflichtet, pro Flugzeugtyp zwei Startverfahren zu beschreiben, die vom Luftfahrtbundesamt genehmigt werden. Dabei handelt es sich meist um die von der ICAO (International Civil Aviation Organization) empfohlenen Verfahren „Noise Abatement Departure Procedures“ (NADP 1 und 2). Welches Verfahren sie einsetzt, entscheidet die Fluggesellschaft.

Lufthansa und Air Berlin verwenden seit langem das Verfahren NADP 2. Hierbei wird der anfängliche Startschub ab einer bestimmten Flughöhe auf Steigschub zurückgenommen („Cutback“) und gleichzeitig bis zum Einfahren der Klappen beschleunigt. Dieses Cutback darf frühestens bei 800 Fuß stattfinden. Es wurde früher üblicherweise ab 1.500 Fuß durchgeführt und bei Lufthansa aus Gründen der Treibstoffersparnis im September 2014 auf 1.000 Fuß abgesenkt. Damit stieg im Nahbereich des Flughafens die Belästigung der Bevölkerung an: Insbesondere in den Sommermonaten, in denen physikalisch bedingt das Steigverhalten eines Luftfahrzeugs ohnehin schlechter ist, werden Flugbewegungen niedriger und lauter wahrgenommen.

Dem gegenüber steht das Verfahren NADP 1, bei dem der Startschub durch das Cutback komplett auf Steigleistung bei konstanter Geschwindigkeit reduziert wird. Die Flugzeuge sind also höher, aber langsamer, was wiederum zu einer längeren Lärmeinwirkung führt. Erst nach Erreichen einer bestimmten Zielhöhe (spätestens bei 3.000 Fuß) wird weiter beschleunigt und werden die Klappen eingefahren. Für den Flughafen Hamburg wurde das Verfahren NADP 1 kürzlich als Empfehlung ins Luftfahrthandbuch aufgenommen. Der Flughafen steht zu 51 % im Eigentum der Hansestadt Hamburg.

In der Fluglärmkommission für den Flughafen Düsseldorf wurde das Thema in einer Konsensrunde behandelt. Im Auftrag der Kommission wurde durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt eine vergleichende Untersuchung durchgeführt, um eine etwaige Änderung der Fluglärmbelastung nach Einführung des Cutback bei 1.000 Fuß zu überprüfen. Die Ergebnisse wurden in der Ratssitzung am 25. Februar 2016 vorgestellt. Am Beispiel der damaligen Messstellen 6 (Lank-Latum, Waldweg) und 27 (Lank-Latum Süd, jetzt MP 6 neu, Wasserwerk) wurden die Unterschiede anhand verschiedener Flugzeugmuster und Destinationen untersucht. Im Ergebnis sind die Änderungen der Lärmbelastung uneinheitlich. So verursachte der Airbus A 340, der ein besonders schlechtes Steigprofil hat, an der seitlich gelegenen Messstelle 6 einen höheren, an der direkt unter der Abflugroute liegenden Messstelle 27 dagegen einen geringeren Lärmpegel.

Die Radaraufzeichnungen der DFS zeigen, dass insbesondere der A 340 am Ortsrand von Lank-Latum eine Höhe noch unter 3.000 Fuß hat. Der weit überwiegende Teil aller Flugzeuge hat bereits Flughöhen weit über 3.000 Fuß.


Derzeit wird an einer zusätzlichen mobilen Messstelle (MP 27 in Büderich, Am Roten Kreuz) durch den Flughafen Düsseldorf eine neuerliche Untersuchung zur Korrelation zwischen Flughöhe und Lärmbelastung durchgeführt. Die Ergebnisse liegen allerdings noch nicht vor.

Es bleibt festzuhalten, dass die Handlungsmöglichkeiten der Stadt Meerbusch in Fragen des Luftverkehrs leider beschränkt sind. So hat sie im Planfeststellungsverfahren zum Antrag des Flughafens Düsseldorf auf Ausweitung der Betriebserlaubnis zwar eindeutig und konsequent eine ablehnende Stellung bezogen, Genehmigungsbehörde ist jedoch das Verkehrsministerium, das die städtischen Einwände in seiner Abwägung berücksichtigen, ihnen jedoch nicht folgen muss.

Bei der Auswahl der Startverfahren der Luftverkehrsgesellschaften ist die Möglichkeit der Einflussnahme eher noch geringer. Solange diese sich im durch das Luftfahrtbundesamt zugelassenen Rahmen bewegen, haben weder die Kommunen noch die DFS, der Flughafen oder das Verkehrsministerium die Handhabe, ein bestimmtes Verfahren vorzuschreiben. Bestenfalls wäre es möglich, dies den Fluggesellschaften als Empfehlung anheim zu stellen.

In einem Gespräch zwischen mir und dem Geschäftsführer des Flughafens Düsseldorf, Herrn Thomas Schnalke, hatte dieser in Aussicht gestellt, sich für eine Rückkehr zum Cutback bei 1.500 Fuß einzusetzen, dies ist jedoch trotz wiederholter Mahnung bis heute nicht weiter verfolgt. Der Flughafen vertritt die Position, hierfür nicht zuständig zu sein.

In der letzten Fluglärmkommission am 27. März 2017 habe ich nochmals beantragt, eine Empfehlung zur Anhebung der Cutback-Höhe auszusprechen. Von den Vertretern der übrigen Kommunen habe ich hierbei keine Unterstützung erfahren; diese sahen im praktizierten Abflugverfahren kein Problem, dagegen wurde der geringere Schadstoffausstoß begrüßt. Die vertretenen Fluggesellschaften haben unisono ausgeführt, dass das Steigverhalten wesentlich durch Flugzeugtyp, Thermik und Beladung bestimmt werde. Die oben erwähnte vergleichende Untersuchung habe keine relevante Erhöhung der Lärmwerte ergeben. Im Ergebnis hat sich in der Fluglärmkommission keine Mehrheit für meinen Antrag gefunden.

Hieraus wird der begrenzte Spielraum der Stadt Meerbusch ersichtlich, wenn es darum geht, die Bevölkerung vor schädlichen Einwirkungen durch Fluglärm zu schützen. Der Wunsch der Petenten, seitens der Stadt Meerbusch in Person der Bürgermeisterin über Abflugverfahren, die Neuausrichtung von Flugrouten oder die Verteilung der Belastung zu entscheiden, ist so nicht erfüllbar. Insofern ist die Frage zu stellen, ob eine Prüfung der Anregung durch den Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss überhaupt erfolgen kann oder er gemäß § 7 Absatz 6 der Hauptsatzung von einer Prüfung absehen muss, da die Stadt Meerbusch für die Entscheidung über den Grund der Anregung sachlich unzuständig ist.

Da das Thema Fluglärm auch für die Unterzeichnerin ein wichtiges Thema ist und sie sich entgegen der Behauptung der Petenten in der Vergangenheit immer wieder für eine Reduzierung der Lärmbelastung eingesetzt hat, beruft sie sich ausdrücklich nicht auf Rechtsvorschriften, sondern wird auch weiterhin die gegebenen Möglichkeiten ausschöpfen, um eine Ausweitung des Flugverkehrs zu verhindern und die Belastung der hier lebenden Menschen so gering wie möglich zu halten.


Der Bau- und Umweltausschuss wird sich in seiner Sitzung am 8. November 2017 mit dem Thema Fluglärm befassen, zu dieser Sitzung wird die Verwaltung den Flughafen einladen.