Betreff
Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen für das Ultranet A 2 sowie Trasse A 1 – Nord einschl. Konverter
Vorlage
BM/0192/2017
Art
Informationsvorlage

Bis zum Jahre 2022 werden die heute noch in Deutschland betriebenen Kernkraftwerke abgeschaltet. Dann soll Windenergie, aber auch Strom aus konventionellen Kraftwerken, aus dem Norden in den Süden transportiert werden. Zugleich soll Solarstrom aus dem Süden in die Verbrauchszentren in Nordrhein-Westfalen geleitet werden. Zu Zeiten hohen Windaufkommens im Norden dient die Leitung dem Abtransport in südliche Richtung, bei hoher Sonneneinspeisung kann Leistung aus Süddeutschland in die Rhein-Ruhr–Region transportiert werden.

 

Für die Übertragung größerer Strommengen fehlen nach Einschätzung der Netzbetreiber entsprechende Kapazitäten. Die bestehenden Höchstspannungsverbindungen sind nach deren Aussage heute schon überlastet. Zur Sicherung der Versorgung soll deshalb das künftige Netz zwischen Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg als Gleichstromverbindung ausgebaut werden. Die Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom und umgekehrt erfolgt an den Endpunkten der Stromtrassen in einem Konverter. Der am Netzverknüpfungspunkt Osterath geplante Konverter – dies wird in den weiteren Ausführungen präzisiert - erfüllt eine doppelte Rolle: zum einem soll er der Anfang der Gleichstrompassage Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sein, zum anderen das Ende der Gleichstrompassage Niedersachsen und NRW. Die Gleichstromtrasse von Norden nach Süden Deutschlands wird sozusagen an dem Netzverknüpfungspunkt Osterath unterbrochen. Netzverknüpfungspunkt ist die vorhandene Umspannanlage.

 

Die geplante Konverteranlage bedarf lt. Angabe des Netzbetreibers Amprion einer Fläche von knapp 100.000 Quadratmetern, die bebaute Fläche beträgt ca. 20.000 qm, die Gebäudehöhe 18 Meter.

 

Für den Konverter muss ein geeigneter Standort gefunden werden, der am Netzverknüpfungspunkt (Umspannwerk Osterath) bzw. auch zehn Kilometer oder mehr entfernt gelegen sein kann.

 

Im Bundesbedarfsplangesetz ist Osterath als sog. Netzverknüpfungspunkt bestimmt. Gegen dieses Gesetz hat die Stadt Meerbusch bereits am 23. Juli 2013 Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Eine Entscheidung von Seiten des Gerichtes ist bis heute nicht erfolgt.

 

Für die Trasse A-2 Süd soll die 340 km lange Gleichstromverbindung, die mit Ultranet bezeichnet wird, zwischen Osterath und Philippsburg auf der bestehenden Trasse und vorhandenen Masten installiert werden. Die Leitung soll lt. Amprion 2021 in Betrieb gehen.

 

Amprion als Netzbetreiber hat hierzu bereits den Antrag auf Bundesfachplanung für einzelne Abschnitte der Trasse bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Darüber hinaus haben sich die Belegenheitskommunen unter Vermittlung der Baden-Württembergischen Landesregierung einvernehmlich auf einen Standort für den südlichen Konverter verständigt. Anstelle von dem zuerst durch TransnetBW vorgeschlagenen, wohnortnahen Konverterstandort wird ein von allen Betroffenen akzeptierter Konverterstandort auf einem ehemaligen Kernkraftgelände realisiert.

 

Auf der Trasse A 1-Nord, also zwischen Osterath und Emden, hat für die 300 km lange Gleichstromverbindung aufgrund der im letzten Jahr erfolgten Festlegung im Bundesbedarfsplangesetz Erdverkabelung Vorrang. Insbesondere die Möglichkeit einer gradlinigen Leitung ist Kraft Gesetzes von der Bundesnetzagentur zu prüfen. Die Leitung soll lt. Angabe von Amprion 2025 in Betrieb gehen. Hierzu bedarf es der Festlegung eines rd. 1 km breiten Trassenkorridors, der den Anforderungen der Raum- und Umweltverträglichkeit, Geradlinigkeit, Rechtssicherheit, techn. Umsetzbarkeit etc. entspricht. Die Festlegung des Trassenkorridors erfolgt ebenfalls in einem Bundesfachplanungsverfahren durch die Bundesnetzagentur auf Antrag von Amprion.

 

Amprion führt daher derzeit für die Trasse A-Nord im Rahmen der sog. Dialogphase Bürgerinfomärkte durch und stellt den Bürgern die möglichen Trassenkorridore entlang der 300 km langen Trasse vor. Im letzten Quartal 2017 möchte Amprion den Vorzugskorridor vorstellen und den Antrag auf die Bundesfachplanung stellen. Im 1. Quartal 2018 soll die sog. Antragskonferenz zur Festlegung des Untersuchungsrahmens für den Vorzugskorridor stattfinden.

 

Da Osterath gesetzlich als Netzverknüpfungspunkt bestimmt ist, kann der Trassenkorridor nur so gewählt werden, dass die Leitung über einen Konverter an den Netzverknüfungspunkt, d.h. die Umspannanlage in Osterath, angebunden werden kann.

 

Dies ist insofern von entscheidender Bedeutung, als die Trasse Auswirkungen auf den Konverterstandort hat, obwohl der Konverter selbst noch nicht Gegenstand des Bundesfachplanungsverfahrens zur Festlegung des Verfahrens des Trassenkorridors auf der Trasse A-Nord und dem Ultranet ist. Die jeweilige Vorzugstrasse muss also die Errichtung eines Konverters ermöglichen.

 

Da der Konverter für den Netzverknüpfungspunkt die Funktion eines Doppelkonverters haben soll, also  nicht nur Strom von Norden, sondern auch von Süden kommend von Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt und die Trasse A-2 bis 2021 fertiggestellt sein soll, besteht insofern Zeitdruck. Amprion hat lt. eigener Aussage deshalb auch die Fertigung des Konverters bereits vor Monaten beauftragt und benötigt lt. eigenen Angaben zeitnah Klarheit bezgl. des Standortes, um die standortabhängigen Teile beauftragen zu können. 

 

Vor dem vorstehend geschilderten Hintergrund und der Wechselbeziehungen von Trasssenkorridor und Konverterstandort halte ich es für erforderlich, dass der Rat sowie die Bürgerinnen und Bürger in einer Sondersitzung frühzeitig, und nicht erst zum regulären Sitzungstermin am 28. September 2017 durch die Verwaltung sowie Vertreter von Amprion über die möglichen Trassenkorridore der Verbindung A-Nord und den aktuellen Stand zur Konverterstandortsuche aufgrund des neuen Gutachtens vom 28. Juni 2017 informiert werden.

 

Für die Suche eines geeigneten Konverterstandortes für das Ultranet unter Berücksichtigung der Trasse A – Nord hat Amprion ein abschließendes Gutachten bei ERM - Environmental Ressources Management - beauftragt. Dieses, am 30.06.2017 vorgestellte Gutachten, führt die drei Gutachten aus den Jahren 2014 und 2015 zu einem Gesamtgutachten zusammen, wobei die Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes, nach der die Gleichstromverbindung A 1-Nord vorrangig als Erdkabel zu realisieren ist, Berücksichtigung gefunden hat.

 

Das aktualisierte Gutachten vom 28. Juni 2017 zeigt, dass der Standortbereich 20 - Dreiecksfläche in Kaarst aufgrund seiner dezentralen Lage, der vergleichsweise geringen Sichtbarkeit und der vergleichsweise geringen Betroffenheit für das Schutzgut Mensch kriterienübergreifend der geeigneteste Standort ist. Es bestätigt damit auch die Ergebnisse der vorgehenden Gutachten des Standortsuchprozesses, nach denen die Dreiecksfläche im Vergleich zu allen anderen potentiellen Standorten die höchste Gesamteignung hat. Amprion ist Eigentümer der Fläche.

Im Regionalplan ist diese Fläche allerdings als sog. BSAB-Fläche, d.h. Auskiesungsfläche ausgewiesen. Insofern ist eine Realisierung dieses Standortes voraussichtlich nur möglich, wenn die BSAB aufgehoben wird, weil ansonsten die Planung mit einem Konverter den Zielen der Raumordnung widerspricht.

 

Den Standortbereich 20 - Dreiecksfläche in Kaarst hatte der Rhein-Kreis Neuss im Verfahren als zusätzlich zu untersuchenden Standortbereich aufgrund seiner Lage, von der Autobahn A 57, der Landstraße, Bahnlinie und einem See abgeschirmt und einer weit größeren Entfernung – 860 m -, zu ganz wenigen vereinzelten Häusern, benannt.

 

Als nächstgeeignete Alternative für die auch von Amprion weiterhin eindeutig favorisierte Dreiecksfläche benennt das Gutachten jetzt überraschenderweise den Standortbereich 2 – Osterath in der Nähe des Umspannwerkes, sollte sich der Standort der Dreiecksfläche nicht realisieren lassen, weil ein Ziel der Raumordnung, hier die Ausweisung einer Fläche für den Kiesabbau - dies weiterhin verhindert. Im Standortbereich 2 ist Amprion Eigentümer von Teilflächen. Die nächstgelegene geschlossene Wohnbebauung befindet sich in einem Abstand von rd. 200 m. Dieser Fläche war in den Gutachten von Mai 2015 wegen des angestrebten Abstandes von 500 Metern zur geschlossenen Wohnbebauung die geringste Gesamteignung der Standortbereiche beigemessen worden. Im Gutachten von November 2015 tauchte der Standort nicht einmal mehr auf, so dass man davon ausgehen konnte, dass die Fläche 2 als Standort für den nördlichen Konverter im weiteren Verfahren ausgeschieden sei.

 

Die Änderung der Reihenfolge für die Eignung der Konverterstandorte wird durch die Gutachter zum einen mit der jetzt vorgeschriebenen, deutlich aufwändigeren Erdverkabelung auf der Trasse A –Nord, des Weiteren damit, dass die Entfernung zur Wohnbebauung kein rechtssicheres Kriterium sei, begründet. Auf dieses als wichtigstes zu wertende Kriterium hatten sich aber alle Bürgermeister im RK Neuss bereits 2013 und auch alle Bürgerinitiativen verständigt.

 

Als gleichwertig zum Standortbereich 2 ist der Standortbereich II an der Stadtgrenze Meerbusch-Osterath, Willich, Kaarst in dem Gesamtgutachten bezeichnet. Diese Fläche befand sich in den bisherigen Gutachten auf einem der hinteren Plätze der Eignungsreihe. Diese Fläche ist im Regionalplan als regionaler Grünzug ausgewiesen und wird nordwestlich von einem Landschaftsschutzgebiet überlagert. Etwa 65% der Fläche befindet sich auf Kaarster Stadtgebiet, rd. 25% auf Meerbuscher Gebiet, rd. 10% auf Willicher Gebiet. Allein die Fläche, die auf Meerbuscher Stadtgebiet liegt, steht im Eigentum von 6 Privateigentümern sowie ein kleiner Teil des nördlichen Weges am Rand der Stadt Meerbusch. Amprion hat dort kein Eigentum.

 

Aufgrund der der Verwaltung mit der Vorstellung des neuen Gutachtens bekanntgewordenen Platzierung des Standortbereiches 2 hat sich die Unterzeichnerin mit einem Brandbrief an die Regierungspräsidentin, den Landrat als Vorsitzenden des Regionalrates sowie die Regionalratsmitglieder gewandt, in der derzeit lfd. 51. Änderung des Regionalplanes, die Gegenstand der Sitzung des Regionalrates am 6. Juli 2017 war, die Ausweisung der Kiesabbaufläche auf der in allen Gutachten eindeutig favorisierten Fläche des Standortbereiches 20 – Dreiecksfläche in Kaarst aufzuheben.

 

Als Argument hatte die Unterzeichnerin insbesondere angeführt, „dass sich die Fläche des Standortbereiches 2 -  in unmittelbarer Nähe des Ortseingangs und der Ortsrandbebauung des Meerbuscher Stadtteils Osterath befinde. Die vorhandene Umspannstation im Süden des Ortsteils mit ihren Schaltfeldern und Trafogebäuden umfasse schon jetzt eine Fläche von ca. 18 ha. Der Abstand zur Wohnbebauung am Pullerweg betrage im Mittel ca. 350 m, zur geschlossenen Wohnbebauung am Ingerweg und Am Hagelkreuz nur ca. 180 m. In der Standortbewertung von Mai 2015 sei die Fläche erst an sechster Stelle hinter fünf besser geeigneten Standorten genannt worden, weil sie wegen des Flächenzuschnitts und der geringen Größe nur wenig Möglichkeiten zur Anordnung eines Konverters und dann nur im Abstand von weniger als 200 Metern zur nächstgelegenen geschlossenen Wohnbebauung in Osterath böte. Im raumordnerischen Gutachten von November 2015 tauche die Fläche nicht einmal mehr auf.

 

Bereits im Workshop in Neuss am 4. Dezember 2013 auf Einladung der Fa. Amprion und der in ihrem Auftrag tätigen Fa. ERM GmbH hätten alle Städte und Gemeinden des RK Neuss das Kriterium des Abstands zur Wohnbebauung als wichtigstes Kriterium benannt. Im Standortsuchprozess sei richtigerweise vom Rhein-Kreis Neuss als zusätzliche Standortalternative die Dreiecksfläche in die zu untersuchenden Bereiche eingebracht worden, da diese von der Lage, Sichtbarkeit und Betroffenheit die geringste Beeinträchtigung durch einen derart riesigen Industriebau wie den Doppelkonverter zur Folge hat.

 

Die Realisierung der Kaarster Dreiecksfläche scheitere allein an der fehlenden Umwidmung der Kaarster Dreiecksfläche im Regionalplan. Die im Auftrag der Staatskanzlei vom Zentralinstitut für Raumplanung an der Universität Münster (ZIR) erstellte Expertise komme zum Ergebnis, dass es sehr wohl möglich sei, die BSAB-Planung, d.h. die Ausweisung der Auskiesungsfläche -  zu ändern. Diese Fläche mache weniger als 1% der Gesamtfläche der BSAB-Flächen aus und sei insofern unbedeutend. Selbst der Verband der Kiesbranche habe in seiner Stellungnahme zu der von Amprion bei der Bezirksregierung Düsseldorf im Oktober 2016 für die Regionalplanänderung beantragten Zieländerung zum Ausdruck gebracht, dass er eine Herausnahme der Dreiecksfläche aus der BSAB-Kulisse befürworte, weil sie mit Abstand der geeignetste Standort für den Konverter sei.

 

Der Konverter selbst befinde sich lt. Aussage von Amprion bereits im fortgeschrittenen Fertigungsstadium, im Herbst müssten die standortabhängigen Teile in die Fertigung gehen. Insofern bedürfe es einer kurzfristigen Entscheidung.“

 

Der Regionalrat ist der Bitte der Stadt Meerbusch in seiner Sitzung am 6.07.2017 nicht gefolgt; vielmehr wurde die Bundesnetzagentur mehrheitlich aufgefordert, „das neue Gutachten zügig zu prüfen und baldmöglichst das Planverfahren weiterzuführen und in diesem die Standortfrage des Konverters zu beantworten“.

 

Die Verwaltung hat zwischenzeitlich ein Gespräch mit der Bundesnetzagentur geführt. Die Bundesnetzagentur ist verfahrensleitende Behörde, die den Trassenkorridor genehmigt; dabei hat sie zu prüfen, ob dabei auch ein Konverter möglich ist. In dem Gespräch wurde insbesondere eruiert, inwieweit die Behörde als Genehmigungsbehörde Einfluss auf den Konverterstandort nehmen kann.

 

Zur Sondersitzung des Rates sind auch Vertreter der Bundesnetzagentur eingeladen, die zu dieser Frage Stellung nehmen werden, die Vertreter von Amprion werden neben der Vorstellung des Trassenkorridore A-Nord auch zum aktualisierten Gutachten vom 28. Juni 2017 Stellung nehmen.

 

Im Verfahren hat die Stadt Meerbusch von der Bundesnetzagentur Gelegenheit erhalten, zum konsolidierten Standortgutachten bis zum 18.08.2017 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme wird der Bundesnetzagentur rechtzeitig zugehen. Im weiteren Bundesfachplanungsverfahren betreffend das Ultranet erfolgt dann noch eine öffentliche Auslegung des abschließenden Antrages der Fa. Amprion mit förmlicher Beteiligung der Öffentlichkeit und der Stadt, bevor die Bundesnetzagentur entscheidet.

 

Des Weiteren läuft derzeit die 3. Offenlage der 51. Regionalplanänderung, in der die Stadt Meerbusch ebenfalls Gelegenheit hat, Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmefrist endet am 18. Oktober 2017. Auch wenn sich die Beteiligung laut ausdrücklichem Beschluss des Regionalrates nur auf die Änderungen gegenüber dem 2. Entwurf des Regionalplanes bezieht – der Standort für den Doppelkonverter war und ist nicht Gegenstand der Regionalplanänderung – wird die Verwaltung hierzu Einwendungen vortragen. Eine Beschlussfassung über die Stellungnahme der Stadt wird Gegenstand der Tagesordnung der Sitzung des Ausschusses für Planung und Liegenschaften am 12. September 2017 und des Rates am 28. September 2017 sein.

 

Die Sondersitzung ist einvernehmlich mit der Initiative gegen den Doppelkonverter Osterath so terminiert, dass der Rat und die Bürgerinnen und Bürger für die Veranstaltung am Sonntag, 27. August 2017 auf dem Kirchplatz in Osterath umfassend über die aktuelle Situation – Trassenkorridore, aktualisiertes Gutachten zum Konverterstandort sowie die Aufgaben und Einflussmöglichkeiten der Bundesnetzagentur auf den Standort – informiert sind. 

 

 

 


 

gez.

 

Angelika Mielke-Westerlage

Bürgermeisterin