Betreff
Aktive Grundstückspolitik zur Entwicklung von Siedlungsflächen
Vorlage
FB6/0621/2017
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss und der Ausschuss für Planung und Liegenschaften empfiehlt dem Rat der Stadt, das nachfolgende Verfahren zur strategischen Baulandentwicklung zu beschließen:

 

1. Entwicklung von Grundstücken über ein Umlegungsverfahren

Soweit die Stadt mindestens zu ein Drittel  Eigentümerin von unbebauten Grundstücken in einem mehr als 2.000 m² großen Plangebiet ist, erfolgt die Flächenentwicklung über ein Umlegungsverfahren. Sofern keine Einigung mit den Grundstückseigentümern zustande kommt, erfolgt keine Entwicklung.

 

Der Ankauf von landwirtschaftlichen Flächen erfolgt auf der Grundlage von 10 % des jeweiligen ortstypischen Bodenrichtwertes für Wohnbauland des Gutachterausschusses beim Rhein-Kreis-Neuss. Liegen verschiedene Bodenrichtwerte vor, so ist derjenige Wert anzusetzen, der am plausibelsten für das zukünftige Baugebiet anzusetzen wäre.

 

Der Ankauf von Grundstücken, die innerhalb einer Bebauung liegen und als typisches Gartenland zu bewerten sind, erfolgt auf der Grundlage von 30 % des jeweiligen ortstypischen Bodenrichtwertes von Wohnbauland des Gutachterausschusses beim Rhein-Kreis-Neuss. Liegen verschiedene Bodenrichtwerte vor, so ist derjenige Wert als Grundlage anzusetzen, der am plausibelsten für das zukünftige Baugebiet anzusetzen wäre.

 

Für vorhandene bauliche Anlagen, Anpflanzungen und für sonstige Einrichtungen zahlt die Stadt eine angemessene Geldabfindung, soweit Grundstücke wegen dieser Einrichtungen einen über den gezahlten Bodenwert hinausgehenden höheren Wert hat.

 

Dem jeweiligen verkaufswilligen Eigentümer wird auf dessen Wunsch ein Selbstbehalt an den neuen baureifen Baugrundstücken von 10% seines an die Stadt verkauften Bruttogrundstückes, mindestens jedoch in der Größe eines durchschnittlichen, baureifen Baugrundstückes im Plangebiet eingeräumt. Der Kaufpreis wird mit dem erschließungsbeitragsfreien Bodenrichtwert des zugeteilten Baugrundstückes verrechnet. Der Eigentümer ist verpflichtet innerhalb von 3 Jahren nach Rechtskraft des Bebauungsplanes und Gebrauchsfertigstellung (Baustraße) der Erschließungsanlagen die Bebauung zu realisieren.

 

Abweichend vom vorgenannten Verfahren können Flächen im Innenbereich durch Umlegungsverfahren entwickelt werden, wenn die Entwicklung von besonderer städtebaulicher Bedeutung ist.

 

2. Städtebaulicher Vertrag gemäß § 11 BauGB

Baugrundstücke auf Flächen, die größer als 2.000 m² sind und sich zu 100 % im Privateigentum befinden, werden entwickelt, wenn der Eigentümer bereit ist, ein Drittel der Bruttobaulandfläche an die Stadt Meerbusch zu den unter Zif. 1 genannten Konditionen zu verkaufen und einen städtebaulichen Vertrag gemäß § 11 BauGB abzuschließen, in dem er sich zur Übernahme der durch den Vertrag ausgelösten Leistungen und Kosten verpflichtet.

 

Hierunter fallen insbesondere:

 

-       Übernahme der Planungskosten

-       Übernahme und Durchführung der Erschließungs- und Kanalbaukosten

-       Übernahme der Notar- und Vermessungskosten

-       Kostenfreie Übertragung der öffentlichen Verkehrs- und Grünflächen, sowie sonstiger für den öffentlichen Bedarf benötigter Flächen, in das Eigentum der Stadt

-       Durchführung und Übernahme der Ausgleichsmaßnahmen bzw. Ablösung im städtischen Ausgleichsflächenpool

-       Übernahme der durch die Maßnahme ausgelösten Folgekosten; hierzu gehören insbesondere Aufwendungen zur Errichtung von zusätzlichen Betreuungsgruppen in Kindertagesstätten sowie Kinderspielplätze.

-       Personalaufwand der Stadt
Für den der Stadt entstehenden Personalaufwand für die Mitwirkung und Betreuung des städtebaulichen Vertrags und des Bebauungsplanes werden 2,00 €/m² bezogen auf die Bruttobaulandfläche erhoben.

-       Die Stadt erhält abzüglich ihres an den Infrastrukturflächen zu tragenden Flächenanteils entsprechend Nettobauland.

 

Sofern keine Einigung mit den Grundstückseigentümern zustande kommt, erfolgt keine Entwicklung.

 

3. Entwicklung von Flächen durch vorhabenbezogene Bebauungspläne gemäß § 12 BauGB

Bei Grundstücken im Innenbereich, die aufgrund ihrer besonderen städtebaulichen Bedeutung im Rahmen von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen (§12 BauGB) entwickelt werden sollen, erfolgt kein Erwerb von Flächen durch die Stadt. Der Eigentümer ist verpflichtet, die unter Ziffer 2 aufgeführten Leistungen und Kosten zu übernehmen. Sofern keine Einigung mit den Grundstückseigentümern zustandekommt, erfolgt keine Entwicklung.

 


Sachverhalt:

 

In seiner Sitzung am 14.06.2016 hatte der Ausschuss für Planung und Liegenschaften die Verwaltung beauftragt  einen Beschlussvorschlag zur aktiven Grundstückspolitik zu erarbeiten.

 

Die Städte sind in der Regel die größten Grundeigentümer in ihrem Stadtgebiet. Auch wenn ein Teil davon wie Infrastrukturflächen, Verkehrsflächen, Ver- und Entsorgungsanlagen oder öffentliche Gebäude und Anlagen primär nicht disponibel sind, sind die Städte doch ein einflussreicher Akteur am Grundstücksmarkt. Diese Rolle erfordert gerade auch im Hinblick auf bestehende und künftige Wohnraumbedarfe, welche im Rahmen der Untersuchungen des ISEK mit 2.300 WE bis zum Jahre 2030 beziffert sind, eine aktive Bodenpolitik.

Instrument einer strategischer Baulandentwicklung zur Mehrung notwendiger Wohnbaulandflächen ist ein gezielter Erwerb von Grundstücken, für die noch keine konkreten Planungsabsichten bestehen, durch die Stadt Meerbusch.

Eine solche Bodenbevorratungs- und Entwicklungspolitik erfolgte in der Vergangenheit für größere, zwischenzeitlich realisierte Baugebiete, wie z.B. in Lank-Latum, Am Heidbergdamm, im Ortsteil Strümp im Bereich der Forststraße und des Strümper Buschs und in Osterath im Bereich Bommershöfer Weg. Hier wurden die Grundstücke von der Stadt gekauft und anschließend über ein Bodenordnungsverfahren realisiert. Die der Stadt zugeteilten Baugrundstücke wurden dann durch diese verkauft.

Die Umlegung ist ein gesetzlich geregeltes Grundstückstauschverfahren. Das dem Ziel dient, im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes i.S. des § 30 BauGB oder innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile i. S. des § 34 BauGB  bebaute und unbebaute Grundstücke so zu ordnen, dass  nach Lage, Form und Größe für die bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltete Grundstücke entstehen. Neben der Neuordnung der Grundstücke werden auch die Flächen die für Erschließungsmaßnahmen (Straßen, Wege, Parkplätze, Kinderspielplätze etc.) und auch die Flächen, die für Ausgleichsmaßnahmen benötigt werden bereitgestellt. Sofern die eingeworfenen Grundstücke (Einwurf) der Eigentümer noch kein Baurecht haben, werden diese als Rohbauland mit 2/3 des Baulandwertes bewertet. Im Umlegungsplan werden den Eigentümern dann anstelle ihrer Einwurfsgrundstücke fertige Baugrundstücke (Zuteilung) zum vollen Baulandwert zugeteilt. Somit wird der umlegungsbedingte Vorteil zu 1/3 abgeschöpft.

 

Die Schaffung von Baurechten in Gebieten in Privateigentum erfolgte in der jüngeren Vergangenheit i.d.R. durch städtebauliche Verträge, nach denen die Planungs- und Erschließungskosten vom Eigentümer zu tragen waren. Die dadurch in der Verwaltung ausgelöste, zum Teil erhebliche Personalbindung, wurde nicht ausgeglichen. Vorhabenbedingte Folgekosten wurden nur teilweise vom Investor/Eigentümer erstattet, da der Kostenerstattung enge Grenzen hinsichtlich der Angemessenheit gesetzt sind. Die ganz überwiegende Wertschöpfung und der Plangewinn flossen insofern in der Vergangenheit an die jeweiligen Investoren/Eigentümer. Nach einer beispielhaften Berechnung auf der Grundlage dieses Beschlussentwurfs für ein Büdericher rd. 25.000 m² großes Baugebiet kann nach Abzug aller Kosten für die Entwicklung des Baugebietes von einer Wertschöpfung in einer Größe von rd. 5 Mio € ausgegangen werden.

 

Aufgrund des hohen und differenzierten Bedarfes an Wohnraum, auch im Segment sozialer und preisgünstigen Wohnraum, werden künftig umfänglich auch solche Flächen zu entwickeln sein, die nicht in städt. Eigentum stehen. Die Entwicklung dieser Flächen soll in Zukunft auf der Basis eines im weiteren näher erläuterten strategischen Konzeptes zur Baulandentwicklung nachkommen. Damit soll zum einen eine Steuerung der Wohnungsmarktentwicklung im Hinblick auf identifizierte Bedarfe ermöglicht werden, um gezielt den Wohnraumansprüchen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen nach finanzierbaren Baugrundstücken nachzukommen. Zum anderen soll mit dem Konzept die Flächenverfügbarkeit für soziale Infrastruktur, z.B. für Kindertagesstätten, Spielplätze pp. erhöht und der personelle Aufwand für die Baulandentwicklung durch die Verwaltung ausgeglichen werden.

 

Wesentlicher Inhalt des Konzeptes soll es sein, dass die Stadt bei der Entwicklung von Flächen im Privateigentum mindestens ein Drittel der Bruttobaulandfläche in dem Plangebiet besitzt bzw. zu den nachgenannten Konditionen erwirbt. Das Konzept soll künftig für Flächen ab 2.000 qm Anwendung finden. Auf einem 2.000 m² großen Grundstück lassen sich bis zu 6 Doppelhaushälften errichten.

 

Soweit Flächen nicht im Bodenordnungsverfahren entwickelt werden, erfolgt die Entwicklung über städtebauliche Verträge gemäß §11 BauGB oder vorhabenbezogene Bebauungspläne gemäß § 12 BauGB nur dann, wenn der Investor/Eigentümer sich zur Übernahme der im Beschlussvorschlag unter Punkt 2. bzw. Punkt 3. aufgeführten Leistungen und Kosten verpflichtet.

 

Der vorhabenbezogene Bebauungsplan gemäß § 12 BauGB regelt im Gegensatz zum „normalen“ Bebauungsplan die Durchführung eines konkretes Bauvorhabens. Im städtebaulichen Vertrag gemäß §11 BauGB ist eine solche direkte Verknüpfung mit dem konkreten Bauvorhaben nach dem Baugesetz nicht vorgesehen. Dieser beschränkt sich im Wesentlichen auf die Regelung der Erschließung und den ausgelösten Folgekosten des Baugebiets.

 

Bei einer Entwicklung landschaftlicher Flächen erfolgt der Ankauf der Bruttobaulandfläche auf der Grundlage von 10% des jeweiligen ortstypischen Bodenrichtwertes für Wohnbauland des Gutachterausschusses beim Rhein-Kreis-Neuss. Dieser Preis entspricht der untersten Stufe von Bauerwartungsland. Das Kaufangebot an einem vielfachen vom Ackerlandwert zu koppeln würde nicht die unterschiedlichen Werteverhältnisse von Bauland in den verschiedenen Ortsteilen berücksichtigen. Die Verwaltung geht auch davon aus, dass sich dieser Maßstab besser bei den Eigentümern vermitteln lässt.

 

Der Ankauf von Grundstücken, die innerhalb einer Bebauung liegen und als typisches Gartenland zu bewerten sind, soll auf der Grundlage von 30% des jeweiligen ortstypischen Bodenrichtwertes erfolgen. Dieser Wert liegt über den durchschnittlichen Wert von Gartenland (15%-25% des Baulandwertes). Durch dieses Angebot soll ein erhöhter Anreiz zur Verkaufsbereitschaft geschaffen werden. Darüber hinaus hat der Eigentümer einen Selbstbehalt und wird in Form von Bauland entschädigt.

 

Damit die Ziele der Baulandentwicklungskonzeptes erreicht werden, wird eine Bauverpflichtung von 3 Jahren nach Rechtskraft des Bebauungsplanes und Gebrauchsfertigstellung (Baustraße) der Erschließungsanlagen bei Geltendmachung des Eigenvorbehaltes in dem unter Ziffer 1 dargestellten Verfahren aufgenommen. Bei städtebaulichen Verträgen nach §11 BauGB und vorhabenbezogenen Bebauungsplänen nach §12 BauGB wird eine Fertigstellungsfrist von 3 Jahren für die Hochbauten vereinbart.                                                                                   

Das vorgestellte Baulandkonzept sollte nicht als starres Gebilde betrachtet werden und ist sicherlich bei seiner Umsetzung ggf. noch den nicht vorhersehbaren individuellen Umständen anzupassen.

Wegen der finanziellen Auswirkungen soll diese Angelegenheit in der gemeinsamen Sitzung des APL und des HFWA behandelt werden.

 


Finanzielle Auswirkung:

 

Durch die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen auf den Haushalt:

 

Zur Finanzierung der Grunderwerbskosten bei Umsetzung des vorgenannten Modells sind Mittel im Haushalt auszuweisen, im Gegenzug werden durch eine Veräußerung von Grundstücken Erträge generiert. Die Höhe richtet sich nach den jeweiligen Planvorhaben.

 

 

 


Alternativen:

 

Keine